Diskriminierung am Arbeitsplatz

Laut einer EU-Studie fühlt sich fast die Hälfte aller Homosexuellen diskriminiert. Doch wie steht es um die Rechte oder Probleme von Homosexuellen am Arbeitsplatz?

Die EU-Richtlinie 2000/78/EG »zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf« verbietet jegliche Diskriminierung, u. a. auch aufgrund der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf. In Österreich wurden die europarechtlichen Vorgaben betreffend das Verbot der Diskriminierung (u. a.) aufgrund der sexuellen Orientierung im Bereich der Arbeitswelt im Wesentlichen im Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) umgesetzt. Das GlBG sieht Ansprüche der diskriminierten Personen bzw. Sanktionen bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vor.

Geschützter Personenkreis

Der Begriff der sexuellen »Ausrichtung« bzw. »Orientierung« ist weit auszulegen und wird allgemein als Schutz vor Diskriminierung für schwule, lesbische und bisexuelle Arbeitnehmer verstanden. Erfasst vom Schutz sind zudem Benachteiligungen homosexueller Lebensgemeinschaften gegenüber heterosexuellen Lebensgemeinschaften am Arbeitsplatz. Davon zu unterscheiden sind Benachteiligungen transsexueller Personen, die unter das Diskriminierungsverbot aufgrund des Geschlechts zu subsumieren sind.

Unmittelbare/mittelbare Diskriminierung

Diskriminierung ist laut GlBG jede benachteiligende Differenzierung, die ohne sachliche Rechtfertigung vorgenommen wird. Gemäß § 17 GlBG dürfen Arbeitnehmer aufgrund ihrer sexuellen Orientierung u. a. bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses, bei der Festsetzung des Entgelts, bei Beförderungen und bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses etc. weder unmittelbar noch mittelbar diskriminiert werden. Eine unmittelbare Diskriminierung liegt dann vor, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund seiner sexuellen Orientierung schlechter behandelt wird als ein anderer Arbeitnehmer. Um eine mittelbare Diskriminierung geht es hingegen dann, wenn Vorschriften, die auf den ersten Blick neutral scheinen, bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern gegenüber anderen Personen im Ergebnis dennoch benachteiligen. Wird ein Arbeitnehmer aufgrund seiner sexuellen Orientierung diskriminiert, kann dieser gegenüber dem Arbeitgeber Schadenersatzansprüche geltend machen. Die Höhe des Schadenersatzanspruchs hängt von den konkreten Umständen der Diskriminierung ab und kann in einem materiellen Schaden (z. B. mindestens zwei Monatsentgelte, wenn ein abgelehnter Stellenwerber bei diskriminierungsfreier Auswahl die Stelle erhalten hätte) und/oder in einem immateriellen Schaden für die erlittene persönliche Beeinträchtigung bestehen.

Belästigung und Mobbing

Eine Diskriminierung iSd § 17 GlBG liegt auch dann vor, wenn Arbeitnehmer aufgrund ihrer sexuellen Orientierung von ihrem Arbeitgeber oder ihren Kollegen belästigt werden. Unter einer »Belästigung« i.S.d. GlBG wird ein Verhalten verstanden, das mit einem im GlBG geschützten Bereich, wie z. B. der sexuellen Orientierung, in Zusammenhang steht und die Würde der belästigten Person verletzt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist, und ein einschüchterndes, feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes oder demütigendes Umfeld für die belästigte Person schafft oder dies bezweckt.

Von Belästigungen, die unter das GlBG fallen, ist grundsätzlich »Mobbing« zu unterscheiden. In der Praxis können sich aber Überschneidungen ergeben. Mobbing ist (anlehnend an die Rechtsprechung des OGH) eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz unter Kollegen bzw. zwischen Vorgesetzten und Arbeitnehmern, bei der die angegriffene Person unterlegen ist und von einer oder einigen Personen systematisch und während längerer Zeit mit dem Ziel des Ausstoßes aus dem Arbeitsverhältnis direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet. Wenn Belästigungen – auch im Zusammenhang mit sexueller Orientierung – in Form von Mobbing auftreten, gewährt das GlBG der belästigten Person Anspruch auf Ersatz des durch die Belästigung verursachten materiellen Schadens und zusätzlich Anspruch auf Ersatz des durch die Belästigung verursachten immateriellen Schadens, der mindestens 1.000,– € beträgt. Der Anspruch besteht zunächst gegenüber der mobbenden Person, unter Umständen aber auch gegenüber dem Arbeitergeber, sofern dieser verabsäumt, für angemessene Abhilfe zu sorgen.

Beweislastumkehr

Beruft sich eine Person im Streitfall auf einen Diskriminierungstatbestand i.S.d. GlBG, hat sie diesen glaubhaft zu machen. Dem Arbeitgeber obliegt es in diesem Fall, zu beweisen, dass ein anderes Motiv für die Ungleichbehandlung ausschlaggebend war, oder dass eine sachliche Rechtfertigung für diese vorliegt.

Judikatur

Gerichtlich ausjudizierte Fälle von Diskriminierungen aufgrund sexueller Orientierung am Arbeitsplatz sind nach wie vor spärlich. Zu dem im GlBG umgesetzten Diskriminierungsverbot betreffend sexuelle Orientierung in der Arbeitswelt sprach – soweit ersichtlich – erstmals das LG Salzburg einem Arbeitnehmer, der in seinem beruflichen Umfeld von Arbeitnehmern eines Geschäftspartners seines Arbeitgebers regelmäßig wegen seiner Homosexualität verspottet und belästigt wurde, einen Schadenersatzanspruch gegenüber den belästigenden Arbeitnehmern zu. In einem ähnlich gelagerten Fall sprachen das ASG Wien und diesem folgend das OLG Wien einem diskriminierten homosexuellen Arbeitnehmer einen Schadenersatzanspruch i.H.v. 1.000,– € gegenüber der belästigenden Arbeitskollegin zu. Beide Instanzen sahen in den diskriminierenden Äußerungen eine Belästigung i.S.d. § 21 GlBG. Der OGH bestätigte die Rechtsansicht der Vorinstanzen im Ergebnis und stellte klar, dass es seit der Novellierung des § 21 GlBG mit BGBl I 2008/98 für die Erfüllung des Belästigungstatbestandes genüge, dass – wie vom Erstgericht festgestellt worden war – eine Verletzung der Würde bezweckt sei. Der OGH betonte zudem, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung der belästigenden Arbeitnehmerin dort seine Grenze findet, wo in die dem belästigten Arbeitskollegen nach dem GlBG gewährten Rechte auf Gleichstellung eingegriffen wird. Aufschlussreich sind zudem auch die vom EuGH ergangenen richtungsweisenden Urteile, in denen der Gerichtshof insbesondere den durch die EU-RL 2000/78/EG gewährten Schutz konkretisierte. Der Gerichtshof hatte u. a. einen Anlassfall aus Frankreich zu beurteilen, in dem sich ein Arbeitnehmer aufgrund seiner sexuellen Orientierung diskriminiert fühlte, weil ihm, nachdem er einen zivilen Solidaritätspakt (PACS) mit einem Partner gleichen Geschlechts geschlossen hatte, Sonderurlaubstage und eine Eheschließungsprämie verweigert wurden, die Arbeitnehmern im Fall der Eheschließung gewährt wurden. Der Arbeitgeber begründete die Differenzierung damit, dass der maßgebliche Tarifvertrag die Prämie und den Sonderurlaub nur im Falle der Eheschließung vorsah (zum Zeitpunkt des Rechtsstreits war es in Frankreich nur heterosexuellen Paaren möglich, eine Ehe einzugehen). Der EuGH stellte fest, dass die Situation von Personen, die eine Ehe schließen und von Personen, die einen PACS eingehen, in Bezug auf das Arbeitsentgelt vergleichbar sei, und gelangte daher zum Schluss, dass die Regelung im Tarifvertrag eine unmittelbare, auf der sexuellen Ausrichtung beruhende Diskriminierung ist und hier daher eine Gleichstellung zu erfolgen hat.

Was Arbeitgeber tun können?

Um Diskriminierungsfälle möglichst zu vermeiden, empfiehlt es sich (insbesondere in größeren Unternehmen), eine Antidiskriminierungs-Richtlinie einzuführen, um zu verdeutlichen, dass Diskriminierungen jeglicher Art verpönt sind und entsprechende Pflichtverletzungen bedeuten. Die Richtlinie sollte dabei neben Verhaltensrichtlinien auch Rechtsfolgen für den Fall von Verstößen gegen das Diskriminierungsverbot aufzeigen.

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Vogt-Majarek

Gastautorin
Birgit Vogt-Majarek

ist Rechtsanwältin mit Schwerpunkt Arbeits- und Gesellschaftsrecht und Partnerin der Kanzlei Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte OG (KSW).

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