Was Arbeitgeber bei Bonusvereinbarungen und der Gestaltung entsprechender Richtlinien beachten müssen, lesen Sie hier.
Die Gewährung von hohen Prämien oder Bonuszahlungen wird in der Praxis von vielen Unternehmen zur zusätzlichen Motivation bzw. zur stärkeren Identifikation von Mitarbeitern mit den wirtschaftlichen Ergebnissen oder anderen Kennzahlen des Unternehmens (die z.B. stärker auf ESG-Faktoren basieren) verwendet. Die konkrete Vereinbarung der Bonuskriterien, die jeweilige Bemessung der Boni und vor allem spätere Entwicklungen und die Grenzen von Änderungsvorbehalten bringen für Arbeitgeber aber diverse Herausforderungen mit sich. Mit diesen und mit Empfehlungen zur Gestaltung von gleichermaßen rechtssicheren und flexiblen Bonusregelungen beschäftigt sich der nachstehende Artikel.
Klare Bonusregelungen
Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist zunächst entscheidend, dass die vertraglichen Bonusregelungen klar und verständlich sind und daher Auslegungsfragen möglichst vermieden werden. Die geforderte Transparenz der entsprechenden Regelungen ergibt sich insbesondere aus den Konsequenzen der »Unklarheitenregelung« in § 915 ABGB, wonach unklare Regeln zu Lasten dessen gehen, der sie verwendet, was bei Arbeitsverträgen und diesen ergänzenden Unterlagen regelmäßig der Arbeitgeber ist.
Wichtig ist es in der Praxis, zwischen diskretionär (also im wesentlichen nach dem Ermessen des Arbeitgebers) gewährten und von der Erreichung konkreter Zielvorgaben abhängigen Bonuszahlungen zu unterscheiden. Grundsätzlich bestehen für die Bemessung von Boni sehr weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten, die von individuellen, Team- oder Unternehmensergebnissen bzw. einer Kombination hiervon abhängig gemacht werden können. Innerhalb der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Grenzen des billigen Ermessens kann der Arbeitgeber hier auch konkrete Vorbehalte für künftige Zeiträume machen.
Festlegung von Bonuszielen
Die konkreten Bonusziele für die Mitarbeiter werden in vielen Unternehmen aufgrund eines entsprechenden Vorbehalts des Arbeitgebers in der Bonusvereinbarung jährlich, d. h. für das jeweilige Wirtschaftsjahr einseitig festgelegt. In Bonusvereinbarungen oder Bonus-Policies im Unternehmen wird dazu häufig eine Konkretisierung »zu Jahresbeginn« oder etwa bis Jänner vorgesehen. In der betrieblichen Praxis zeigt sich jedoch, dass die Bonusziele gerade in internationalen Unternehmen aufgrund der gewünschten Harmonisierung im Konzern häufig sehr spät, und u. U. erst nach der Jahresmitte definiert werden. Dabei besteht für säumige Arbeitgeber das Risiko, dass Mitarbeiter im Streitfall einen höheren Bonusanspruch zu argumentieren versuchen. In Anlehnung an die aktuelle deutsche Judikatur zu dieser Frage sind auch in Österreich mögliche Ersatzansprüche nicht auszuschließen, wenn der Arbeitgeber die zu Jahresbeginn festzulegenden »targets« schuldhaft z.B. erst im dritten oder vierten Quartal definiert. Das gilt insbesondere dort, wo Bonuszahlungen stark an die individuelle Zielerreichung oder jene des Teams geknüpft sind und die Mitarbeiter durch entsprechende Leistung die Höhe der Bonuszahlung tatsächlich beeinflussen können.
Werden unwirksame oder keine Anspruchsvoraussetzungen definiert, kann dies im worst case dazu führen, dass ein Bonusanspruch im jeweiligen Geschäftsjahr auch ohne Erreichung der entsprechenden Parameter besteht. Die Arbeitsgerichte orientieren sich dabei u. U. an den Werten der Vorjahre und Arbeitnehmer versuchen z. T., die Säumnis des Arbeitgebers zur Geltendmachung deutlich höherer Boni (als sie sich aus der Entwicklung des Unternehmens tatsächlich ableiten lassen) zu nutzen. Unternehmen müssen zur Abwendung eines solchen Vorgehens notfalls im Gerichtsverfahren die für den deutlich reduzierten oder ganz weggefallenen Bonusanspruch maßgeblichen wirtschaftlichen bzw. Gesamtumstände darlegen und beweisen.
Weniger üblich und aufgrund deren heiklerer Ausgestaltung und möglicher Unwirksamkeit auch nicht zu empfehlen sind Bonusregelungen, wonach die jährliche Zielvereinbarung einvernehmlich zu treffen ist und der Arbeitgeber erst mangels Einigung eine (den Grenzen billigen Ermessens entsprechende) einseitige Zielvorgabe machen kann.
Aber auch abgesehen von der zeitgerechten Festlegung der Bonusziele muss für den Arbeitnehmer die Möglichkeit bestehen, die Bonusregelungen und insbesondere die Basis für die Bemessung anhand entsprechender Informationen zu bewerten und beurteilen zu können, wann bzw. ob ein Bonusanspruch aufgrund der festgelegten Parameter und der konkreten Kennzahlen besteht.
Gleichbehandlung betreffend Bonusregelungen
Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist als wesentliche Vorgabe im österreichischen Arbeitsrecht bei der Bonusvereinbarung selbst (also der möglichen Teilnahme von Mitarbeitern an einem Bonusmodell) und insbesondere auch bei der Bemessung der individuellen Boni einzuhalten. Bonuszahlungen dürfen daher nicht auf diskriminierende Weise gewährt bzw. verweigert werden, so dass insbesondere Unterschiede nach dem Geschlecht, der Ethnie, aber auch aufgrund des Alters zu vermeiden sind. Kann eine Benachteiligung einzelner Arbeitnehmer nicht sachlich begründet werden, trifft die Verantwortung dafür und ein möglicher Ersatzanspruch nach dem Gleichbehandlungsgesetz den Arbeitgeber.
Unverbindlichkeit von Zahlungen
Im Falle von diskretionären Zahlungen werden von Arbeitgebern regelmäßig Unverbindlichkeitsvorbehalte vorgesehen, so dass der Arbeitnehmer im Folgejahr nicht mit einem gleich hohen bzw. überhaupt mit einem Bonus rechnen kann, sondern dieser jeweils individuell festgelegt wird. Das hat naturgemäß weniger Steuerungs- bzw. Anreizeffekte für die Mitarbeiter. Mit einem wirksamen Vorbehalt wird hier bereits die Entstehung eines Anspruchs dem Grunde nach (bei Erfüllung bestimmter Ziele) verhindert und unterliegt daher auch die Einstellung von entsprechenden Zahlungen in der Folge keinen weiteren Einschränkungen. Dafür muss bei der Gewährung der Bonuszahlung ausdrücklich festgehalten werden, dass es sich um eine bloß einmalige und unverbindliche Leistung ohne Rechtsanspruch für die Zukunft handelt. Dieser Vorbehalt sollte zu Beweiszwecken jedenfalls schriftlich erfolgen und auch bei wiederholter Gewährung einer Bonuszahlung in jedem Einzelfall erneut ausgesprochen (und dokumentiert) werden, um eine betriebliche Übung zu vermeiden.
Änderungs- und Widerrufsvorbehalt
In Bonusvereinbarungen bzw. Policies werden regelmäßig Änderungs- bzw. Widerrufsvorbehalte vorgesehen. Zulässig und gängige Praxis ist, dass im Arbeitsvertrag nur abstrakte Elemente des Bonusanspruchs fixiert werden (und Mitarbeiter z.B. »am jeweiligen Bonusprogramm der Gesellschaft teilnehmen« o.ä.) und im Übrigen die Entscheidung über die jeweiligen Bonusparameter nach billigem Ermessen erfolgt. Im Gegensatz zum Unverbindlichkeitsvorbehalt gibt es hierbei weniger Freiheiten. Der Arbeitgeber darf daher in den Folgejahren ohne ausreichende sachliche Begründung keine praktisch unerreichbaren Ziele vorgeben, die im Ergebnis zu einem gänzlichen Entfall des Bonus führen würden. Derartige, z.T. auch global eingeführte, Änderungen der Bonuskriterien unterliegen in punkto Angemessenheit der Überprüfung durch die österreichische Gerichte. Betreffend die Billigkeit wesentlicher (und vor allem auch kurzfristiger) Änderungen des Bonusprogramms werden von der Judikatur sachliche und etwa auch wirtschaftlich belegbare Gründe gefordert. Für bereits weitgehend absolvierte bzw. vergangene Wirtschaftsjahre wird eine Anpassung, wenn überhaupt, nur in besonderen Ausnahmefällen möglich sein, weil der Arbeitnehmer hier bereits vorgeleistet hat und (nachträgliche) Anpassungen daher umso schwerwiegender sind.
Die Kombination von Unverbindlichkeits- und Widerrufsvorbehalten ist in der Praxis nicht zulässig und führt regelmäßig dazu, dass trotz Hinweises auf die »Unverbindlichkeit« Änderungen bzw. der gänzliche Widerruf nur im Rahmen billigen Ermessens erfolgen dürfen. Umso wichtiger ist daher bei der Prämien- bzw. Bonusregelung eine präzise Formulierung, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden.
Freistellung und Aliquotierung
Ein weiteres Streitthema in der Praxis ist die Bemessung von Bonusansprüchen während Freistellungsphasen, wie insbesondere während der Kündigungsfrist. Hier gilt aufgrund des Ausfallsprinzips grundsätzlich, dass der volle Entgeltanspruch auch während der Freistellung weiter zu gewähren ist. Bei entsprechender Vereinbarung kann u. U. vorgesehen werden, dass Boni während solcher Phasen anders definiert werden. Auch hier stellt sich jedoch die Frage des billigen Ermessens bei der Festlegung eines deutlich reduzierten oder gegen Null gehenden Bonus während Freistellungen, die einseitig angeordnet werden. De facto wird gerade in diesen Phasen von Arbeitnehmern die Hinderung an der (Über)Erfüllung ihrer individuellen Ziele behauptet, auch wenn dies zuvor nie in einem solchen Ausmaß gelang, was häufig der Grund für die Beendigung des Dienstverhältnisses ist. Auch hier empfiehlt sich daher eine klare vertragliche Gestaltung (und z.B. geänderte Fälligkeitsregelungen) für solche Phasen, um Diskussionen zu vermeiden.
Ein wichtiger Faktor in der Praxis ist auch, dass gerade bei langjährig tätigen Mitarbeitern die Bonuszahlung, die für das letzte Arbeitsjahr gewährt wird, auch relevant für die Abfertigungsbemessung ist. Umso wichtiger ist es daher, klare Parameter für die Bonusgestaltung auch bei unterjährigen Beendigungen festzulegen. Im Fall der Beendigung während des betreffenden Geschäftsjahres sind Bonusansprüche, die dem Grunde nach bestehen, zu aliquotieren und können wegen § 16 AngG nur in engen Grenzen von der aufrechten Beschäftigung am Ende des Geschäftsjahres abhängig gemacht werden.
Fazit
De facto zeigt sich, dass bei Bonuszahlungen die Gratwanderung zwischen Mitarbeitermotivation und u. U. nicht gedeckelten zusätzlichen Zahlungen bei Erreichung von Zielen oftmals nicht einfach zu lösen ist. Unternehmen, die dem durch späte Festlegung der Ziele zu begegnen versuchen, handeln nicht nur rechtlich riskant, sondern riskieren es auch, in Zeiten des Fachkräftemangels Mitarbeiter zu vergraulen, die ohne konkrete Bonuskriterien vorleisten müssen und sich in der Folge z.T. gerichtlich gegen ein solches Vorgehen wehren. Wichtig sind zudem wirksame Vorbehalte für künftige Änderungen und deren Untermauerung durch die tatsächliche (wirtschaftliche) Entwicklung zur Begründung billigen Ermessens.