Vom Home-Office zur Telearbeit

Die Anpassungen im Telearbeitsgesetz erweitern den Home-Office-Begriff und ermöglichen flexiblere Arbeitsorte, stellen Arbeitgeber jedoch vor neue Herausforderungen.

Die im Rahmen der Covid-19-Pandemie massiv gestiegene Inanspruchnahme von Home-Office, dessen wesentliche Rahmenbedingungen im AVRAG geregelt sind, ist gekommen, um zu bleiben;  das Interesse am Arbeiten außerhalb des Betriebs erhöht sich auch angesichts der aktuellen Entwicklungen in puncto Digitalisierung und Modernisierung von Arbeitsverhältnissen. Das neue Telearbeitsgesetz erweitert die Möglichkeiten zur Erbringung von Arbeitsleistungen außerhalb der Betriebsstätte und enthält Anpassungen der steuerrechtlichen Rechtslage, während sozialversicherungsrechtliche Fragen bei der grenzüberschreitenden Telearbeit in der Praxis herausfordernd bleiben.

Arbeitsrechtlicher Rahmen

Die vor rund dreieinhalb Jahren in § 2h AVRAG eingeführten »Home-Office«-Regelungen werden mit Wirkung ab 1. 1. 2025 durch das »Telearbeitsgesetz« erweitert. Dabei wird insbesondere der bisher auf die Erbringung regelmäßiger Arbeitsleistungen in der Wohnung der Arbeitnehmer (an deren Haupt- oder Nebenwohnsitz sowie in der Wohnung eines nahen Angehörigen oder Lebensgefährten) beschränkte räumliche Anwendungsbereich für Home-Office (HO) auf sonstige nicht zum Unternehmen gehörende Örtlichkeiten erweitert, in denen Arbeitnehmer regelmäßig Arbeitsleistungen, insbesondere unter Einsatz der dafür erforderlichen Informations- und Kommunikationstechnologie erbringen. Erfasst sind daher künftig z. B. auch Co-Working-Spaces oder die Arbeit in der Ferienwohnung, im Hotel, im Kaffeehaus etc., weshalb künftig der allgemeinere Begriff der »Telearbeit« statt Home-Office verwendet wird. Wie schon bisher die Tätigkeit im HO bedarf auch die Telearbeit und bedürfen insbesondere die zulässigen Tätigkeitsorte (aufgrund der nicht mehr vorhandenen räumlichen Schranken im Gesetz) auch weiterhin einer schriftlichen Vereinbarung, die im Falle einer gewünschten Ausweitung der bisher vereinbarten Örtlichkeiten für die Arbeit außerhalb von Wohnungen entsprechend anzupassen wäre. Andernfalls bleiben bereits bestehende Home-Office-Vereinbarungen im bisherigen Umfang gültig. Eine Anpassung der Begrifflichkeiten ist nicht notwendig. Die bisherigen Sonderregelungen im ArbVG (für den Abschluss freiwilliger Betriebsvereinbarungen), im DHG oder im ArbIG werden im Telearbeitsgesetz bloß von »Home-Office« auf »Telearbeit« abgeändert, bleiben aber ungeachtet der abweichenden Bezeichnung auch für »Home-Office« (d. h. bei Beibehaltung der bisherigen Home-Office-Vereinbarungen) bestehen.

Änderungen Unfallversicherung

Der Unfallversicherungsschutz bleibt für Telearbeitsplätze selbst grundsätzlich wie bisher für Home-Office-Tätigkeiten aufrecht. Ab 2025 wird allerdings in Bezug auf Wegunfälle zwischen »Örtlichkeiten von Telearbeit im engeren Sinne« und »Örtlichkeiten von Telearbeit im weiteren Sinne« differenziert und besteht Unfallversicherungsschutz nur für Wegunfälle am Weg von und zu der ersteren Gruppe von Örtlichkeiten. Wird die Telearbeit in Wohnungen und Räumlichkeiten von nahen Angehörigen bzw. in Co-Working-Spaces ausgeübt, werden diese nur dann als »Örtlichkeiten von Telearbeit im engeren Sinn« betrachtet, wenn sie sich »in der Nähe« zur Wohnung des Versicherten oder seiner (eigentlichen) Arbeitsstätte befinden oder die Entfernung von der eigenen Wohnung des Versicherten zur Wohnung von Angehörigen bzw zum Co-Working-Space »dem sonst üblichen Arbeitsweg« entspricht.

Auf dem Weg zu anderen Orten der Tätigkeit (auch wenn diese mit dem Arbeitgeber vereinbart sind), wie z. B. im Hotel, im Kaffeehaus o. ä. also an »Örtlichkeiten von Telearbeit im weiteren Sinn«, gilt hingegen kein Unfallversicherungsschutz. Die nicht ganz eindeutigen Kriterien für die erwähnte Einordnung werden wohl Auslegungs- und Abgrenzungsfragen abhängig von den Umständen des Einzelfalls aufwerfen.

Datenschutz und weitere Fragen

Ganz generell sind insbeseondere »de facto«-Vereinbarungen des Arbeitgebers betreffend eine räumliche Ausweitung der Tätigkeitsorte unter Nutzung der technischen Möglichkeiten des »Arbeitens von überall« neben den oben aufgeworfenen Fragen des Unfallversicherungsschutzes sowohl innerhalb Österreichs (insbesondere in puncto Datensicherheit bei Tätigkeiten z.B. im Hotel-WiFi o.ä.) als auch im Ausland (aufgrund der damit verbundenen Sozialversicherungs- aber auch Immigrations-Fragen etc.) rechtlich heikel. Diese sollten jedenfalls gut vorbereitet und rechtlich geklärt werden, bevor es bei einem ungeordneten Zulassen solcher Tätigkeiten oder deren mangelnder Kontrolle (im Vertrauen auf die gute Zusammenarbeit) unliebsame rechtliche Überraschungen für den Arbeitgeber gibt, weil z. B. lokale Beschäftigungsbeschränkungen bzw. diesbezügliche Formalitäten (Anmeldungen etc.) nicht eingehalten werden.

(Lohn-)Steuerrechtliche Änderungen

Die für das HO 2022 geschaffenen steuerrechtlichen Sonderregeln wonach bei jährlich mindestens 26 Tagen, an denen die Tätigkeit ausschließlich im HO ausgeübt wird, Werbungskosten bis zu 300,– € für die Anschaffung von ergonomisch geeignetem Mobiliar geltend gemacht werden können, bleiben mit dem Telearbeitsgesetz unverändert. Zudem kann auch weiterhin für bis zu 100 (ausschließliche) HO-Tage von Arbeitgebern ein lohnsteuer-, SV-beitrags- und lohnnebenkostenfreies HO-Pauschale (von pro Tag maximal 3,– €) bezahlt werden. Mit dem Telearbeitsgesetz wird künftig auf »Telearbeitstage« anstatt der bisherigen »Home-Office-Tage« abgestellt und spricht das Gesetz zudem von »Telearbeitspauschale«. Das Telearbeitsgesetz hält dazu fest, dass – »sofern die Kriterien für Telearbeit gemäß § 2h AVRAG vorliegen« – die erwähnten abgabenrechtlichen Begünstigungen für »sämtliche Dienstverhältnisse im Sinne des § 47 Abs. 2« EStG gelten, also z. B. auch für Vorstandsmitglieder. Eine Änderung erfolgt zudem insofern als die erwähnten steuerlichen Begünstigungen nur zustehen, »soweit die Telearbeitstage samt ausbezahltem Pauschale im Lohnzettel bzw. in der Lohnbescheinigung ausgewiesen sind«. Diese Neuregelung bedeutet eine Verschärfung, weil die bisher bestehende Möglichkeit zur Erbringung alternativer Nachweise für HO-Tage für die Absetzbarkeit wegfällt. Entsprechende Vorgaben für die Arbeitnehmer zum Eintrag von Telearbeitstagen und deren Kontrolle durch den Arbeitgeber werden auch insofern daher umso wichtiger.

Sozialversicherungsrechtliche Änderungen

Laut den Vorgaben des europäischen Sozialversicherungsrechts darf eine Person grundsätzlich nur in einem EU-Mitgliedstaat pflichtversichert sein. Da der konkrete Arbeitsort maßgebliche Auswirkungen auf die Frage hat, welcher Staat für Leistungen der sozialen Sicherheit zuständig ist, kann die Ausübung von Telearbeit zu einem Wechsel des Sozialversicherungsrechts führen. Für grenzüberschreitende Telearbeit und flexible ortsunabhängige Arbeitsmodelle sind daher die jeweiligen rechtlichen Vorgaben zu prüfen.
Innerhalb der EU besteht für grenzüberschreitende Tätigkeiten die Möglichkeit der Regelung via Entsendung (also von »kurzfristigen, nicht wiederkehrenden« Tätigkeiten von maximal 24 Kalendermonaten im anderen Mitgliedstaat für den Arbeitgeber), mittels der rechtlichen Vorgaben für gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten stattfindenden »Mehrfachtätigkeiten«, oder durch Ausnahmevereinbarungen zwischen den Mitgliedstaaten.
Seit Juli 2023 führt grenzüberschreitende Telearbeit zu einer Änderung des in puncto Sozialversicherung (SV) zuständigen Staates, wenn ein »wesentlicher Teil« der beruflichen Tätigkeit im Home-Office erledigt wird und keine andere (Ausnahme-)Regelung zur Anwendung kommt. Ein »wesentlicher Teil« wird – gemessen an der Arbeitszeit und/oder am Einkommen – mit 25 % der Gesamttätigkeit beziffert. Zur Koordinierung der SV-Systeme innerhalb der EU wurden allgemeine Leitlinien zur Telearbeit veröffentlicht, die von den Mitgliedstaaten auf grenzüberschreitende Telearbeit angewendet werden sollen. Für die gewöhnlich stattfindende grenzüberschreitende Telearbeit wurde zudem eine multilaterale europäische Rahmenvereinbarungen abgeschlossen, die zwischen allen unterzeichnenden Staaten gilt.
Sie umfasst, so wie die Telearbeit in Österreich, zunächst Tätigkeiten an jedem beliebigen Ort mit Mitteln der Informationstechnologie, wobei es u. a. Einschränkungen für diverse Tätigkeitsarten (z. B. Kundenbesuche) gibt. Weitere Ausnahmen gibt es für die Involvierung weiterer Mitgliedstaaten (neben dem Wohnsitzstaat und dem Staat des Sitzes oder der Niederlassung des Unternehmens) oder für die Kombination selbstständiger und unselbstständiger Tätigkeiten. Im Ergebnis gilt sie daher nur bilateral bei regelmäßig wiederkehrender Telearbeit im Wohnortstaat und wenn das Ausmaß der Telearbeit zwischen 25 % und weniger als 50 % der Gesamtarbeitszeit beträgt; bei Überschreitungen bedarf es Ausnahmevereinbarungen (und Anträge an das BM). Auf Basis der Rahmenvereinbarung können Arbeitgeber im Einvernehmen mit Arbeitnehmern einen entsprechenden Antrag stellen, über den die zuständige Stelle im Ausland informiert werden muss. Nach Prüfung der Erfüllung der Voraussetzungen wird die Zustimmung erteilt und informiert der Dachverband der SV das Unternehmen. Entsprechend komplexer und rechtlich schwieriger ist die Umsetzung der Telearbeit außerhalb der EU, wo Österreich diverse bilaterale Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat, die im Einzelfall entsprechend zu prüfen sind. Auch hier sind z. B. Entsendungen möglich und entsprechende Anträge an den Krankenversicherungsträger zu richten.

Fazit und Empfehlung
Zusammenfassend zeigt sich daher, dass das Telearbeitsgesetz zwar gewisse Erleichterungen betr. die Örtlichkeit der Telearbeit bringt, strenge Vorgaben bzw. Differenzierungen aber insb. betreffend Unfallversicherung und die Erfassung der Telearbeitstage für die Absetzbarkeit auch weiterhin bestehen. Umso wichtiger sind daher – vor allem aufgrund der u. U. einschneidenden sozialversicherungsrechtlichen Änderungen (samt möglichen Auswirkungen für die mitversicherten Familienangehörigen) und beschäftigungsrechtlicher Vorgaben bei Tätigkeiten im Ausland – entsprechend rechtlich abgesicherte Vereinbarungen und bei allem Vertrauen in die Arbeitnehmer kein bloßes »Laissez Faire«.

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Vogt-Majarek

Gastautor
Birgit Vogt-Majarek
ist Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Arbeits- und Gesellschaftsrecht und Partner bei Burgstaller & Preyer.
Birgit.Vogt-Majarek@bpr.at
www.bpr.at