Bestimmungen im Home-Office-Gesetz

Am 22. März lud HR Circle zu einer Online-Veranstaltung, in deren Rahmen Arbeitsrechtsexperte Anna Mertinz die neuen Home-Office-Regeln vorstellte.

Das Interesse ist groß. Rund 100 Teilnehmer lauschen gespannt den Ausführungen von Anna Mertinz, die gleich zu Beginn betont: Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich am neuen Home-Office-Gesetz noch etwas ändert, auch wenn es schon am 1. April in Kraft treten soll. Es ist auch gar kein eigenes Gesetz, sondern es werden einzelne Paragrafen in verschiedenen Gesetzen hinzugefügt. Klingt kompliziert, ist es auch. Die Dinge sind im Fluss, den Foliensatz für den Vortrag hat sie erst gestern Abend erstellt, weil es gestern noch zu Änderungen bei den Regeln gekommen ist. Dieser Foliensatz wird den Teilnehmern zur Verfügung gestellt.

Home-Office hat durch die Corona-Pandemie einen Boost bekommen. Es wurde von vielen Unternehmen umgesetzt, die das vor der Pandemie noch als unmöglich abgetan haben. Anna Mertinz appelliert, beim Thema Home-Office auch an die Zukunft zu denken: Jetzt ist der geeignete Zeitpunkt, sich zu überlegen, wie man damit nach dem Ende der Pandemie umgehen möchte. Home-Office sollte man als Unternehmen also genau jetzt auf vernünftige Beine stellen, rechtlich und organisatorisch.

Nach diesen einleitenden Worten folgt eine Definition: Arbeit im Home-Office liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer regelmäßig Arbeitsleistung in der Wohnung erbringt (§ 2h im Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz). Es muss nicht die eigene Wohnung sein, es kann auch ein Zweitwohnsitz sein. Aber das »Working from Anywhere« oder aus dem Ausland oder vom Café aus, das alles ist davon nicht erfasst.

Neu ist, dass die Home-Office-Vereinbarung der Schriftform bedarf. Das bedeutet streng genommen Unterschriftlichkeit, d. h. ausdrucken und unterschreiben. Wenn man das per E-Mail lösen möchte, dann sollte man das zumindest mit Rückbestätigung abwickeln – und diesen Mangel reparieren, sobald das wieder möglich ist.

Was bleibt, ist der Grundsatz der Freiwilligkeit. Es kann also keine Anordnung vom Home-Office geben, es muss eine Vereinbarung getroffen werden, Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen zustimmen. Diese Vereinbarung kann aber auch schon ganz zu Beginn des Arbeitsverhältnisses getroffen werden, z. B. im Arbeitsvertrag.
Über die Rahmenbedingungen des Home-Office ist eine freiwillige Betriebsvereinbarung möglich. Das kann aber von keiner Seite erzwungen werden.
Die Home-Office-Vereinbarung kann aus wichtigem Grund mit Frist von einem Monat aufgelöst werden.

Das nächste Thema sind die eingesetzten Arbeitsmittel. Prinzipiell haben Arbeitgeber die digitalen Arbeitsmittel bereitzustellen. Dabei sollte geregelt sein, ob die digitalen Arbeitsmittel auch für den Privatgebrauch verwendet werden dürfen. Anna Mertinz rät dazu, die Privatnutzung auszuschließen. Wenn es keine Regelung gibt, dann ist ein vernünftigem Ausmaß an privater Nutzung erlaubt.
Home-Office ist natürlich auch für das analoge Arbeiten gedacht. Papier, Stifte usw. sind von dieser Regelung aber nicht erfasst. Schwierig zu beantworten ist die Frage, wer für den durch Home-Office erhöhten Stromverbrauch am Wohnsitz des Arbeitnehmers aufkommt. In der Praxis sollte man Einzelfalllösungen finden.

Viele Fragen ergeben sich bei der Erstreckung des Anwendungsbereich des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes auf im gemeinsamen Haushalt lebende Personen im Zusammenhang mit Arbeiten im Home-Office. Was passiert, wenn z. B. ein Kind ein Arbeitsmittel beschädigt? Dann sind zwar die Arbeitnehmer dafür verantwortlich, müssen aber nicht den vollen Schaden übernehmen. Anna Mertinz rät unbedingt dazu, erstens mit der Versicherung zu klären, was abgedeckt ist und zweitens die Dienstnehmer über die Haftung aufzuklären.

Das Arbeitsinspektorat ist nicht berechtigt, die Wohnung des Arbeitnehmers ohne dessen Zustimmung zu betreten. Auch die Arbeitgeber haben kein Zutrittsrecht. Das wirft Fragen zum Arbeitnehmer-Schutz auf. Die Wohnung gilt als Arbeitsstätte. Welche Regelungen sind anwendbar? Wie soll die Einhaltung von Arbeitnehmer-Schutzmaßnahmen überprüft werden, wenn niemand in die Wohnung darf?
Tipp: Den Mitarbeitern Checklisten mitgeben, anhand derer sie überprüfen können, ob die Vorgaben eingehalten werden (lüften usw.).

Unfälle, die sich im »zeitlichen und ursächlichen« Zusammenhang mit der Arbeit im Home-Office ereignen, sind Arbeitsunfälle. Die Rechtsprechung wird das vermutlich großzügig gegenüber den Arbeitnehmern auslegen.
In diesem Zusammenhang weist Anna Mertinz darauf hin: Selbst im Home-Office müssen Arbeitszeitaufzeichnungen geführt werden und die Arbeitszeiten vom Arbeitgeber kontrolliert und auf Plausibilität überprüft werden werden. Auch wenn das schwierig ist.
Das Arbeitszeitrecht ist im Home-Office genauso anwendbar. An manchen Stellen gibt es kleine Erleichterungen (z. B. muss man nur die Netto-Arbeitszeit aufzeichnen und nicht genau die Pausenzeiten notieren). Die Kontrollmöglichkeiten sind beschränkt. Am Anfang war das Vertrauen grundsätzlich da, jetzt würden aber Unternehmen gerne wieder vermehrt kontrollieren. Etwaige Kontrollmaßnahmen sollten aber unbedingt in Absprache mit Rechtskundigen eingeführt werden.

Im Home-Office gilt die DSGVO uneingeschränkt, was in der Praxis zu einigen Problemen führt. Die Mitarbeiter sollten daher unbedingt geschult werden, und man muss sich als Arbeitgeber diese Schulungen auch bestätigen lassen, auch wenn es keine klare Vorgabe gibt, ob Mitarbeiter geschult werden müssen oder ob deren Unterschrift unter eine Vereinbarung reicht.

Während des Vortrags werden im Chat-Fenster der Videokonferenz von den Teilnehmern immer wieder Fragen gestellt. Diese werden gesammelt und Anna Mertinz schafft es tatsächlich, am Ende alle Fragen zu beantworten, ausgenommen jener die sie nicht beantworten kann oder will (z.B. steuerrechtliche Fragen), weil sie nicht ihr Fachgebiet betreffen. Bei der Beantwortung der Fragen rät sie z. B. dringend davor ab, dass von überall aus gearbeitet werden darf. Das führt zu vielen Problemen. Das gelingt ihr mit einer echten Punktlandung: Um 10.42 Uhr beginnt sie mit der Beantwortung, während sie Frage für Frage durchgeht, kommen immer neue Fragen hinzu. Genau um 11.00 Uhr kommt sie zur letzten Frage, beantwortet diese, bedankt und verabschiedet sich. Sehr cooles Ende!

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Nächster Termin:

3. Mai, 9.00 Uhr, online:
Digitales Führen
Vortrag von Ronny Hollenstein
Details und Anmeldung unter
www.hrcircle.at