Corona und Arbeitsrecht

Was es aus arbeitsrechtlicher Sicht im Zusammenhang mit dem Coronavirus alles zu beachten gibt, lesen Sie in diesem Artikel.

Ende Februar 2020 wurde der erste Corona-Fall in Österreich bestätigt. Am 11. März 2020 wurde Covid-19 von der WHO zur internationalen Pandemie erklärt und seit 15. März 2020 gelten in Österreich umfassende Ausgangsbeschränkungen, die auch die Arbeitswelt ganz wesentlich verändern. Die rechtlichen Rahmenbedingungen wurden seitdem fast täglich erneuert. Dieser Artikel gibt näheren Aufschluss darüber, was es aus arbeitsrechtlicher Sicht zu beachten gilt und welche Maßnahmen im Zusammenhang mit Covid-19 zu empfehlen sind. 

Homeoffice in Zeiten von Covid-19

Grundsätzlich darf Homeoffice vom Arbeitgeber nur angeordnet werden, wenn eine entsprechende Regelung bereits einzelvertraglich oder in einer Betriebsvereinbarung vorgesehen ist; andernfalls ist die Zustimmung des Arbeitnehmers erforderlich. Aufgrund der aktuellen Sondersituation kann sich aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (aufgrund der Arbeitnehmer zum Teil nicht mehr ins Büro kommen dürfen, weil sie zu einer Risikogruppe gehören o.ä.) sowie der Treuepflicht der Arbeitnehmer  während der Corona-Epidemie ein Weisungsrecht gegenüber Arbeitnehmern ergeben, wenn möglich bis auf weiteres von zu Hause zu arbeiten. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung besteht bisher nicht, weshalb hier stets die Interessen beider Seiten zu berücksichtigen sind, wobei in Zeiten deutlich drastischerer arbeitsrechtlicher Maßnahmen Arbeitnehmer hier auch entsprechend konstruktiv vorgehen sollten. Umgekehrt haben Arbeitnehmer, die trotz der erwähnten Ausgangsbeschränkungen weiterhin an den Arbeitsplatz kommen dürfen und sollen, idR nicht das Recht, das aus Angst vor einer Ansteckung am Arbeitsplatz oder am Weg dorthin zu verweigern. Ausnahmeregelungen wurden im Lebensmittelhandel daher kürzlich für Schwangere vorgesehen. In der bei Homeoffice-Tätigkeit jedenfalls zu empfehlenden schriftlichen Vereinbarung sollten neben deren Dauer und Beendigung, vor allem auch Datenschutzbestimmungen, sowie Regelungen zum Aufwandsersatz enthalten sein. 

Betreuung von Kindern

Bis auf weiteres sind in Österreich Kindergarten- und Schulbetrieb geschlossen, wobei für Kinder, für die es keine anderen Betreuungsmöglichkeiten gibt, weiterhin ein »Notbetrieb« an Schulen etc. aufrecht erhalten wird. Die Nutzung dieser Möglichkeit soll jedoch zur Verringerung der weiteren Ausbreitung von Covid-19 auf ein Minimum reduziert werden. Im Zuge des Covid-19-Gesetzes wurde daher Arbeitgebern das Recht eingeräumt, Arbeitnehmern mit Kindern unter 14 Jahren auf deren Ersuchen bis zu drei Wochen bezahlte Sonderbetreuungszeit zu genehmigen. Gewährt der Arbeitgeber solche Zeiten, erhält er ein Drittel des in dieser Zeit geleisteten Entgelts vom Bund refundiert. Hiervon zu unterscheiden ist die Pflegefreistellung: Auf diese haben Arbeitnehmer Anspruch im Ausmaß von bis zu zwei Wochen (abhängig vom Alter des Kindes), wenn das Kind selbst erkrankt ist. Hierfür besteht allerdings keine staatliche Förderung.

Covid-19-Kurzarbeit

Im Fall des Verbots oder der Einschränkung des Betretens von Betrieben auf der Grundlage des Covid-19-Maßnahmengesetzes trifft Arbeitgeber laut der kürzlich erfolgten gesetzlichen Klarstellung in § 1155 ABGB die Entgeltfortzahlungspflicht. Die Arbeitnehmer sind im Gegenzug nur zum (teilweisen, bis zu achtwöchigen) Urlaubsverbrauch verpflichtet, es erfolgt jedoch keine Refundierung der Entgeltzahlungen durch den Staat. Da auch Homeoffice aus den oben erwähnten Gründen nur in bestimmten Branchen bzw. Bereichen eine Option ist, haben diverse Arbeitgeber iZm der Corona-Epidemie Massenkündigungen (siehe dazu unten) in Erwägung gezogen. Um das abzuwenden, wurde binnen weniger Tage die »Covid-19-Kurzarbeit« eingeführt, die rückwirkend ab 1. März 2020 für (zunächst) bis zu drei Monate beantragt werden kann. Dabei wird die wöchentliche Normalarbeitszeit der von der Kurzarbeit erfassten Mitarbeiter vorübergehend herabgesetzt. Arbeitnehmer erhalten – abhängig von der Höhe ihres Einkommens – zwischen 80 und 90 % ihres bisherigen Nettomonatsentgelts vom Arbeitgeber weiter, und Letztere erhalten die gesamte Differenz zwischen dem Entgelt für die tatsächliche Arbeitsleistung in der Kurzarbeitsphase und dem zugesagten Nettoentgelt (d. h. die Ausfallstunden) vom AMS erstattet. Für Entgeltteile über der Höchstbemessungsgrundlage von € 5.370,– wird vom AMS keine Kurzarbeitsbeihilfe geleistet.

Das neue Modell bringt folgende Vorteile: 

  • Die Arbeitszeit während der Kurzarbeit kann temporär bis auf Null reduziert werden, solange im Durchschnitt mindestens 10% (und maximal 90%) der Arbeitsleistung erbracht werden. 
  • Die Kurzarbeit ist grundsätzlich für alle Unternehmen, unabhängig von der Branche, vorgesehen und kann auch für Betriebsteile bzw. Mitarbeitergruppen vereinbart werden. 
  • Die abzuschließende Einzel- bzw. Betriebsvereinbarung (Sozialpartnervereinbarung) kann ohne Wartefrist beantragt werden und die Sozialpartner haben eine Behandlung binnen 48 Stunden zugesagt. 
  • Laut Kurzarbeitsrichtlinie sind Alturlaube und Zeitguthaben zwar tunlichst zu verbrauchen, ein Verbrauch vor dem Start der Kurzarbeit ist jedoch (bei entsprechendem Bemühen zum Verbrauch durch den Arbeitgeber) nicht verpflichtend.

Bei der Vereinbarung von Kurzarbeit können Mitarbeiter(gruppen) nach sachlichen Kriterien (wie z. B. der IT-, HR-Bereich, oder konkrete Mitarbeiter, die für die Aufrechterhaltung bestimmter Bereiche dringend benötigt werden) ausgenommen werden; bei der Vereinbarung konkreter Arbeitszeitreduktionen sind die arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsätze zu beachten. 

Für die Gewährung von Corona-Kurzarbeit muss sowohl das Formular für die Sozialpartner als auch das AMS-Antragsformular ausgefüllt und eingeschickt werden. Die Kurzarbeitsbeihilfe soll nach aktuellen Informationen im Folgemonat ersetzt bzw. sollen hier staatliche Garantien gegenüber Banken zur finanziellen Überbrückung des Zeitraums bis zur Ersatzzahlung an die Unternehmen abgegeben werden. 

Da in Zeiten der angeordneten Isolation die Einholung der erforderlichen Unterschriften auf den Einzelvereinbarungen mit allen Mitarbeitern i.S. Kurzarbeit deutlich erschwert ist, haben die Sozialpartner bereits erklärt, dabei keinen strengen Maßstab anzulegen und auch eine Übermittlung der Unterschrift per E-Mail oder das Einverständnis via WhatsApp-Nachricht ausreichen zu lassen, um die Beantragung der Kurzarbeit zu beschleunigen.

Während der Kurzarbeit gilt ein erhöhter Kündigungsschutz und hat die Mitarbeiterzahl im Betrieb grundsätzlich unverändert zu bleiben. Kündigungen aus personenbezogenen Gründen sind zwar weiterhin möglich, allerdings muss aufgrund der verpflichtenden Aufrechthaltung des Beschäftigtenstandes diesfalls ein neuer Arbeitnehmer eingestellt werden. In Härtefällen gewährt das AMS auch hier Ausnahmen und lässt auf Antrag unter Umständen auch während der Kurzarbeit eine durch entsprechend schwerwiegende Gründe gerechtfertigte Reduktion der Belegschaft zu. 

Verbrauch von Alturlauben

Wenngleich nicht abschließend beantwortet werden kann, ob die Verpflichtung zum Abbau von Alturlauben (und Zeitguthaben) Arbeitnehmer auch außerhalb von Betriebsschließungen bzw. Kurzarbeit trifft, gehen aktuell viele Unternehmen dazu über, ein Schreiben an ihre Mitarbeiter zu richten, in dem die dazu aufgefordert werden, ihren Alturlaub bzw. Zeitguthaben entsprechend der sie – angesichts der Covid-19-Pandemie – treffenden arbeitsrechtlichen Treuepflichten zeitnah zu verbrauchen. Erfahrungsgemäß kommen viele Arbeitnehmer dieser Aufforderung nach, weil es auch um die Sicherung ihres Arbeitsplatzes geht. Darüber hinaus erbringt der Arbeitgeber damit auch den oben erwähnten Nachweis, sich jedenfalls um den Urlaubsverbrauch durch die Arbeitnehmer vor Beginn der Kurzarbeit bemüht zu haben. Abhängig von der Auftragslage in der zweiten Jahreshälfte kann es insbesondere bei Werksschließungen geboten sein, vorerst keine Kurzarbeit anzumelden, und dafür von der neuen gesetzlichen Regelung für diesen Fall, Urlaubsverbrauch anzuordnen, Gebrauch zu machen. 

(Massen)Kündigungen aufgrund mangelnder Beschäftigungsmöglichkeiten

Viele Unternehmen sehen in der momentanen Situation keine andere »Lösung«, als ihre Mitarbeiter zu kündigen. Hier ist allerdings für die Dauer der jeweiligen Kündigungsfrist das volle Entgelt – grundsätzlich ohne staatliche Förderung – weiter zu bezahlen, ohne die Mitarbeiter angesichts der erwähnten Betriebseinschränkungen (oder mangels Möglichkeit zum Homeoffice) weiter einsetzen zu können. Dieser Schritt ist daher regelmäßig sehr teuer. Bei entsprechend kurzen Kündigungsfristen für Arbeiter (von idR 14 Tagen) kann eine Massenkündigung eine Option sein. Viel eher zu empfehlen ist insbesondere bei längeren Kündigungsfristen aber eine der oben angeführten Maßnahmen. Alternativ dazu kommt – wenn nach dem Ende der Epidemie eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses erfolgen soll – eine einvernehmliche Beendigung mit sofortiger Wirkung (sodass der Arbeitnehmer sofort Arbeitslosengeld erhält) samt Wiedereinstellungszusage (die gegenüber dem Arbeitnehmer bindend ist) in Frage.

Bei der anzeigepflichtigen Massenkündigung (die Arbeitgeberkündigungen und vom Arbeitgeber initiierte einvernehmliche Auflösungen umfasst) ist abhängig von der Betriebsgröße schon bei (bevorstehender) Beendigung von 5 Dienstverhältnissen binnen 30 Tagen eine Meldung an das AMS durchzuführen. Danach ist eine 30-tägige Wartefrist für den wirksamen Ausspruch von Beendigungen einzuhalten. Diese Frist wird aktuell vom AMS im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben für besondere Härtefälle verkürzt oder außer Kraft gesetzt. Weitergehende Begünstigungen sind bislang für Massenkündigungen aufgrund der Covid-19-Epidemie aber nicht vorgesehen.

Soll daher nach bereits ausgesprochener Kündigung oder einvernehmlicher Auflösung doch auf das Modell der Corona-Kurzarbeit »umgestellt« werden, ist das laut AMS mit Zustimmung der jeweiligen Mitarbeiter möglich und wurde von einigen Unternehmen auch bereits so durchgeführt.

Fazit und Empfehlungen

Die Rechtslage ändert sich momentan sehr schnell, was die Details der oben beschriebenen Maßnahmen (wie insbesondere Covid-19-Kurzarbeit oder Entgeltpflichten, Urlaube etc.) betrifft, weshalb es für Arbeitgeber besonders wichtig ist, die diversen im Internet verfügbaren Informationsquellen auf deren Aktualität zu prüfen. Arbeitgeber sind gut beraten, die für sie insgesamt beste Option genau zu evaluieren und erst nach Abklärung der Möglichkeiten und entsprechender Beratung ihre Anträge zu stellen, weil falsch oder unvollständig ausgefüllte Anträge die Erledigungsdauer (auch angesichts der Tausenden aktuellen Anträge von Unternehmen an das AMS) massiv verzögern können. Je nach den konkreten Umständen kann auch eine Kombination von einzelnen, oben erläuterten Maßnahmen im Einzelfall die beste Lösung sein.

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Gastautorin
Birgit Vogt-Majarek

ist Rechtsanwältin mit Schwerpunkt Arbeits- und Gesellschaftsrecht und Partnerin der Schima Mayer Starlinger Rechtsanwälte GmbH.

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