Engagement: Segen oder Fluch?

Was gilt rechtlich, wenn die Schritte zur Mitarbeitermotivation nicht entsprechend fruchten oder Mitarbeiter über das Ziel hinausschießen?

Geschuldete Leistung

Anders als bei Werkverträgen, wo der Werkunternehmer einen konkreten Erfolg schuldet, sind Dienstnehmer nur zu ernsthaftem Bemühen verpflichtet. Fehlt es an diesem bzw. am geschuldeten Engagement des Arbeitnehmers, kann der Arbeitgeber – insbesondere abhängig von Position und Alter des Arbeitnehmers – verschiedene Maßnahmen setzen oder Sanktionen vorsehen. Abhängig von Engagement bzw. Einsatz des Mitarbeiters kann zwar nicht beim vereinbarten Fixum oder dem kollektivvertraglich geschuldeten Mindestbezug, wohl aber bei den variablen Entgeltbestandteilen, bei Beförderungen oder sonstigen Vergünstigungen zulässigerweise (auch) nach dem Eifer der jeweiligen Mitarbeiter differenziert werden. Viele Unternehmen greifen daher auf solche vom individuellen Einsatz des Mitarbeiters abhängige Entlohnungsmodelle zurück. Fruchten solche Anreize nicht, um den erwarteten Mindesteinsatz der Mitarbeiter zu erreichen, hilft oft nur eine Trennung.

Mangelnde Leistung: Kündigung?

Kündigungen im Arbeitsrecht müssen grundsätzlich nicht näher begründet werden. Entsprechend bedeutsame personenbedingte Gründe aufseiten des Arbeitnehmers, die der Kündigung des Arbeitgebers zugrunde gelegt werden, können jedoch im Rahmen der vom Gericht im Streitfall vorzunehmenden Interessenabwägung eine erfolgreiche Anfechtung der Kündigung wegen Sozialwidrigkeit abwenden. Fehlender Einsatz oder mangelnde Leistungen, die deutlich hinter denen anderer Mitarbeiter liegen, können ebenso wie mangelnde körperliche oder geistige Fähigkeiten, die eine erhebliche Minderleistung verursachen, eine personenbedingte Kündigung seitens des Arbeitgebers rechtfertigen. In Berufen mit Kundenkontakt kann z. B. auch unfreundliches oder unwilliges Verhalten gegenüber Kunden einen personenbedingten Kündigungsgrund verwirklichen. Eine Mehrzahl von Kundenbeschwerden wegen unfreundlichen Verhaltens eines im Verkauf tätigen Mitarbeiters kann laut OGH bei entsprechender Überprüfbarkeit der Beschwerden trotz der im Anlassfall bejahten Interessenbeeinträchtigung des Arbeitnehmers eine Kündigung rechtfertigen. Für die Beurteilung des Einsatzes wird neben dem Engagement bei der Erledigung der Aufgaben selbst auch völlig fehlendes Interesse an fachlicher Ausbildung seitens des Arbeitnehmers berücksichtigt.

Laut OGH berührt etwa auch eine sehr oberflächlich erbrachte Vertretungsleistung von Arbeitskollegen im Vergleich zur üblicherweise erwartbaren Durchschnittsleistung eines Arbeitnehmers die betrieblichen Interessen nachteilig, vor allem, wenn dadurch das Betriebsklima leidet, und kann daher eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen.

Vorangehende Ermahnung

Von der Judikatur wird bei fehlendem Engagement regelmäßig eine vorangehende Ermahnung des Arbeitnehmers mit entsprechender Weisung bzw. Anleitung zum gewünschten Verhalten gefordert, um dem Arbeitnehmer Gelegenheit zu geben, den Mangel zu beseitigen. Mehrmalige Unpünktlichkeit bzw. die Verweigerung der vertraglich geschuldeten Aufgaben können abhängig von den Umständen des Einzelfalls sogar eine Entlassung rechtfertigen. Die Anforderungen an die Unverzüglichkeit der Geltendmachung sind zwar bei personenbedingten Kündigungen nicht so streng wie bei einer Entlassung; dennoch kann ein über längere Zeit ohne Ermahnung und Aufforderung zur Änderung des Verhaltens hingenommener Mangel in der Regel nicht mehr (oder nur mehr ergänzend) als personenbedingter Kündigungsgrund geltend gemacht werden, soweit nicht ein (abzustellender) Dauerzustand vorliegt. So führte der OGH aus, dass erst nach mehrjähriger Beschäftigung geltend gemachte, betriebsschädliche Minderleistungen eines Arbeitnehmers vom Arbeitgeber dann nicht als persönliche Kündigungsgründe geltend gemacht werden können, wenn nicht vorher versucht wurde, durch entsprechende Anordnungen etc. eine einwandfreie Arbeitsleistung herbeizuführen. Voraussetzung für eine personenbedingte Kündigung ist nach der Rechtsprechung alternativ zur Arbeitsverweigerung eine erhebliche, ins Gewicht fallende Minderleistung bzw. ungenügender Fleiß – also nicht bereits jede Abweichung vom Durchschnitt.

Leitende bzw. ältere Mitarbeiter

An Arbeitnehmer in Führungs- bzw. gehobenen Positionen werden insbesondere bei der Einführung neuer Maschinen oder Arbeitsmethoden und deren konsequenter Umsetzung im Unternehmen, aber auch sonst aufgrund deren Vorbild- bzw. Führungsrolle von der Rechtsprechung entsprechend höhere Anforderungen in puncto Motivation und auch Identifikation mit den Unternehmenszielen u. ä. gestellt als an Mitarbeiter in untergeordneten Funktionen. Ähnliches gilt auch für jene Mitarbeitergruppen, die in besonders sensiblen Bereichen tätig sind, die ein besonderes Maß an Verantwortung erfordern und bei denen Versäumnisse (wie z. B. die Nichtvornahme bestimmter Vorbereitungs- bzw. Prüfungshandlungen vor Operationen im Spital) entsprechend gravierende Folgen nach sich ziehen können.

Ältere und im Betrieb längere Zeit beschäftigte Dienstnehmer haben innerhalb gewisser Grenzen Anspruch auf Schonung und sind vom Arbeitgeber nach Verfügbarkeit auf einem ihren – altersbedingt u. U. geminderten – Ressourcen entsprechenden Arbeitsplatz einzusetzen.

Selbst betreffend Betriebsratsmitglieder kann trotz deren stärkeren Kündigungsschutzes im Falle der Arbeitsverweigerung, aber auch bei mangelnder Leistung oder in Fällen beharrlicher Disziplinlosigkeit, laut Rechtsprechung ein Kündigungsgrund vorliegen. Die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung des Betriebsratsmitgliedes aus Gründen der Arbeitsdisziplin wird in der Regel bejaht, wenn die Pflichtverletzung im Betrieb allgemein bekannt ist und Auswirkungen auf die Arbeitsdisziplin befürchten lässt, sodass die Auflösung schon zur Sicherung der Arbeitsdisziplin geboten ist. So wurde z. B. die Zustimmung zur Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes mit der Begründung erteilt, das Renommee des Arbeitgebers beeinträchtigende Informationen seien an betriebsfremde Personen oder an Personen, die zur Teilnahme an der Betriebsversammlung berechtigt seien, weitergegeben worden.

»Übereifrige« Mitarbeiter

Andere als die oben erwähnten Probleme stellen sich für jene Mitarbeiter, die im Übereifer die arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen negieren. Der große Eifer und Einsatz bedeutet für den Arbeitgeber zwar zunächst mehr Leistung, birgt aber das Risiko von Verwaltungsstrafen. Da die Verantwortung für die Einhaltung und Überwachung der arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen stets beim Arbeitgeber verbleibt, obliegt es diesem, derart übereifrige Arbeitnehmer entsprechend »einzubremsen«. Zum Teil sehen bereits die Dienstverträge entsprechende Klauseln vor, wonach Überstunden nur über ausdrückliche Anweisung des Vorgesetzten erbracht werden dürfen. Daneben werden von Arbeitgebern bei Arbeitszeitüberschreitungen der Arbeitnehmer z. T. auch weitergehende Weisungen in puncto Arbeitszeit erteilt. Ist dies jedoch nicht der Fall bzw. werden die entsprechenden Weisungen nicht eingehalten, ist der Arbeitgeber jedenfalls angehalten, die »übereifrigen« Mitarbeiter nochmals zu instruieren, dass vom Unternehmen auf der Einhaltung der gesetzlichen Arbeitszeitregelungen bestanden wird, und das Gespräch zu Beweiszwecken auch entsprechend zu dokumentieren. Überschreitet ein Arbeitnehmer trotz Ermahnungen weiterhin die höchstzulässigen Arbeitszeiten oder ignoriert weiterhin Pausenregelungen, so wird dieses Verhalten in aller Regel einen personenbedingten Kündigungsgrund verwirklichen.

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Vogt-Majarek

Gastautorin
Birgit Vogt-Majarek

ist Rechtsanwältin mit Schwerpunkt Arbeits- und Gesellschaftsrecht und Partnerin der Kanzlei Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte OG (KSW).

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