Kompetenz und Qualität

Als Trainer gibt es zahlreiche Möglichkeiten, ein Zertifikat zu erhalten; damit kann er seine Kompetenz belegen. Aber auch seine Qualität als Trainer? TRAiNiNG fragte bei einigen Verantwortlichen für Trainerzertifizierungen nach.

Trainerzertifikate polarisieren in der Branche. Die einen lehnen sie ab, bezeichnen sie als »Geldmache« der Zertifizierer, die andere Gruppe erkennt den Nutzen und steht voll dahinter. Ein Zertifikat bestätigt so gesehen eine gewisse Mindestanforderung an Kompetenzen und Erfahrungen. TRAiNiNG hat nachgefragt, sowohl bei Trainern als auch bei Zertifizierern, warum sich eine Zertifizierung für einen Trainer lohnt.

Roman Braun (Geschäftsführer und Trainer bei Trinergy): »Ein Trainer-Zertifikat sorgt für Transparenz und dient als Gütezeichen. ›Trainer‹ ist kein geschützter Begriff – immer mehr Unternehmen achten daher auf das Zertifikat als Qualitätskriterium. Darin ist auf den ersten Blick ersichtlich, welche Spezialisierung gegeben ist. Bei Bewerbungen ist das Zertifikat ein Nachweis für die erworbenen Qualifikationen. Durch ein Zertifikat weiß der Auftraggeber, welche Standards er von einem Trainer erwarten kann. Das gibt besonders externen Personen Sicherheit, die mit der Materie weniger vertraut sind. In vielen Branchen wie etwa in öffentlichen Behörden ist dieser Nachweis in Form eines Zertifikats mittlerweile sogar Pflicht geworden.«
»Zertifizierungsgegner« argumentieren jedoch damit, dass ein Zertifikat niemals wahre Qualität im Training bestätigen kann, sondern immer nur ein Mindestmaß an Kompetenzen. Und auch der Umkehrschluss stimmt nicht, also dass jemand, der kein Zertifikat erworben hat, schlechter ist als jemand, der eines erworben hat.

Martin Röhsner (Geschäftsführer die Berater®): »Im Trainingssektor streben viele nach Zertifizierungen, um ihren Stellenwert am Markt erhöhen zu können. Grundsätzlich sollte der Fokus jedoch auf einer fundierten Ausbildung liegen, die als Basis für den jeweiligen Trainingsbereich dienen kann. Training ist nun einmal ein weit gedehnter Begriff und es wäre fatal anzunehmen, dass einzelne Zertifizierungen umfangreiche Aufträge garantieren. Referenzen und Empfehlungen sind die wesentlichen Parameter für zukünftige Aufträge.«

Susanne Riegler (Leiterin Team Trainerkommunikation am WIFI Wien): »Das WIFI-Zertifikat zum ›zertifizierten Trainer in der Erwachsenenbildung (ZTEB)‹ wurde nach dem international und wissenschaftlich anerkannten Erkenntnisstand zeitgemäßer Erwachsenenbildung entwickelt. ZTEB-zertifizierte Trainer können ihren Auftraggebern nachweisen, dass sie selbstständig und letztverantwortlich Trainingsmaßnahmen in der Erwachsenenbildung konzipieren, durchführen und evaluieren können und wirksame, nachhaltige und weitgehend selbst gesteuerte Lernprozesse bei Erwachsenen anregen. Zertifizierte Trainer haben dadurch einen Qualitätsnachweis, der in Österreich einzigartig ist und sie von anderen Trainern unterscheidet.«

Karin Reisinger (Leiterin der wba): »Mit einem wba-Zertifikat oder wba-Diplom positioniert man sich gut auf dem Arbeitsmarkt. Die Professionalität als Erwachsenenbildner wird mit einem wba-Abschluss belegt. Aus unserer 10-Jahres-Evaluation wissen wir, dass die wba-Zertifizierung nicht nur fachlich firm macht, sondern auch und besonders als persönlicher und professioneller Gewinn gesehen wird. Die Auseinandersetzung mit bisher erworbenen beruflichen Erfahrungen und Kompetenzen, gemeinsam mit der laufenden Beratung und dem Vernetzen mit anderen Erwachsenenbildnern stärkt die Persönlichkeit und stärkt auch das Gefühl für die Profession.«
In den letzten Artikeln des Magazins TRAiNiNG über das Thema Trainerzertifikate haben wir eine große Anzahl an Zertifikaten beleuchtet. Intensiv auch die ISO17024, weshalb diese in diesem Artikel nicht näher erläutert werden. Diesmal beschreiben wir zwei Zertifikate, diese dafür im Detail.

Das WIFI-Trainer-Zertifikat

Obwohl in der Branche manchmal fälschlich angenommen, ist das WIFI-Trainer-Zertifikat für alle Trainer in der Erwachsenenbildung relevant, also nicht nur für WIFI-Trainer. Was dahinter steckt, und wie Trainer es verliehen bekommen, weiß Susanne Riegler.

Wie ist der Weg zu einem WIFI-Trainer-Zertifikat?

Susanne Riegler: »Bei der Erstzertifizierung müssen die Anwerber auf das Zertifikat neben ihrer Basisqualifikation eine Trainerausbildung, Berufserfahrung und Trainingserfahrung nachweisen (Variante A). Wer keine Trainerausbildung abgeschlossen hat, kann ebenfalls zu einer Prüfung antreten, muss aber eine entsprechend hohe Anzahl von erfolgreich gehaltenen Trainings nachweisen (Variante B). So wird dem Kompetenzerwerb in der Praxis Rechnung getragen. Die Zertifizierungswerber stellen einen Antrag und legen die entsprechenden Nachweise für das mehrteilige Feststellungsverfahren vor. Sie müssen eine Selbstevaluierung durchführen und verfassen eine praxisorientierte Projektarbeit. Der Prüfungstag besteht aus einem Theorietest, der Ausarbeitung und Präsentation eines Fallbeispiels sowie einem Fachgespräch, bei dem die Projektarbeit im Mittelpunkt steht. Prüfungen und kostenlose Beratung finden in diversen WIFIs in ganz Österreich statt.«

Wie unterscheidet sich das WIFI-Trainer-Zertifikat von anderen Zertifikaten?

Susanne Riegler: »Das Zertifikat hat eine Gültigkeitsdauer von ›nur‹ 5 Jahren. Nicht alle Zertifikate in der Erwachsenenbildung haben ein Ablaufdatum. Aber gerade das ist ein großer Vorteil. Um sich rezertifizieren zu lassen, sind eine 2-tägige einschlägige Weiterbildung und eine kurze Kompetenzüberprüfung nötig.«

Das wba-Zertifikat

Die wba ist nicht gewinnorientiert und hat eine breite Trägerschaft, da sie von den gemeinnützigen Erwachsenenbildungseinrichtungen, sowie vom Bundesinstitut für Erwachsenenbildung (bifeb) entwickelt und weiterhin getragen und unterstützt wird. Die wba vergibt eigene Zertifikate und Diplome.

Wie ist der Weg zu einem wba-Zertifikat?

Karin Reisinger: »Die wba-Kompetenzanerkennung läuft in mehreren Stufen ab. Zuerst kann sich jeder kostenlos und unverbindlich beraten lassen, dann erfolgt die Online-Anmeldung sowie das Einbringen der Zeugnisse und Nachweise. Danach nimmt die persönliche Beraterin Kontakt auf und erstellt auf Basis des Akkreditierungsgremiums eine erste Standortbestimmung, die über Lücken und vorhandene Stärken Auskunft gibt. Gemeinsam mit den Kandidaten wird danach step-by-step ein Plan für das Erreichen des wba-Abschlusses erstellt. Das Besondere an der wba ist, dass auch informell erworbene Kompetenzen – also Learning by Doing – anerkannt werden. Das Herzstück ist der Besuch eines dreitägigen Gruppen-Assess­ments, wir nennen es Zertifizierungswerkstatt. Hier zeigt man sich in all seinen erwachsenenbildnerischen Kompetenzen, gibt und nimmt laufend Feedback. Wenn alle Kompetenzen nachgewiesen sind, wird das Zertifikat (oder auf dem Level 2 das Diplom) verliehen.«
Wie stellen Sie sicher, dass informell erworbene Kompetenzen Ihren Qualitätsrichtlinien entsprechen?
Karin Reisinger: »Vorab ist zu sagen, dass ein Zertifikat und Diplom nie ausschließlich aus informell erworbenen Kompetenzen besteht. Wenn jemand seine informell erworbenen Kompetenzen anerkannt bekommen möchte, so sieht die wba ein breites Spektrum an Nachweismöglichkeiten vor, wie z. B. Kompetenzbestätigungen durch den Arbeitgeber, Tätigkeitsbeschreibungen, Projektberichte etc. Die Validität und Reliabilität der Bewertung sichern wir durch viele Maßnahmen. So wird jede Einreichung einzeln geprüft, indem die sogenannten Äquivalente immer von einem 5-köpfigen Gremium – dem Akkreditierungsrat – begutachtet werden. Durch genaue Arbeit im Akkreditierungsrat, durch Vergleiche mit bislang vorgenommenen Bewertungen sowie durch das sorgfältige Abgleichen der Einreichung mit dem Qualifikationsprofil wird die Qualität so hoch wie möglich gehalten.«

Wie unterscheidet es sich von der Trainer-Zertifizierung nach ISO17024?

Karin Reisinger: »Die wba ist ein speziell auf die österreichische Erwachsenenbildungslandschaft zugeschnittenes Produkt, während die ISO-Zertifizierungen internationale Gültigkeit haben und nationale Besonderheiten weniger berücksichtigen. Das wba-Zertifikat hat – anders als andere Zertifikate – eine bewusst breite Zielgruppe: Alle Erwachsenenbildner, ob sie nun im Training, in der Beratung oder im Bildungsmanagement tätig sind, werden angesprochen. Andere sprechen dezidiert nur Trainer an. Das hat Folgen für die geforderten Inhalte: Während für das wba-Zertifikat Kompetenzen aus allen Tätigkeitsbereichen der Erwachsenenbildung und vor allem auch pädagogische Grundkenntnisse sowie soziale und personale Kompetenzen verlangt werden, müssen für andere Zertifikate primär didaktisch-methodische Skills nachgewiesen werden. Das Prüfungssetting bei einer wba-Zertifizierung ist ein dreitägiges Assessment. Sie findet in Kleingruppen statt, es werden sowohl die Kompetenzen im gewählten Tätigkeitsbereich sowie soziale und personale Kompetenzen beurteilt.«

Für welche Trainer ist eine wba-Zertifizierung sinnvoll?

Karin Reisinger: »Eine wba-Zertifizierung ist für alle Trainer sinnvoll, die mindestens ein Jahr Erfahrung mitbringen und ihre erworbenen Kompetenzen zu einem anerkannten erwachsenenpädagogischen Nachweis bündeln wollen. Wer sich auch für die Bildungstheorie und Ethik hinter dem Tun interessiert, bekommt mit dem wba-Zertifikat tolle Inspirationen.«

Manche Dachverbände in der Erwachsenenbildung bieten zusätzlich zu den oben beschriebenen Zertifikaten noch eigene an, so z.B. NLP.
Roman Braun: »Die NLP-Trainer-Zertifizierungen werden von einem Dachverband verliehen. Die größte NLP-Vereinigung Europas, die European Community for NLP, die in 23 Ländern vertreten ist, hat sich als Ziel die Förderung des permanenten Evolutionsprozesses des NLP gesetzt. Damit stellt sie sicher, dass NLP weiterhin die zentrale Plattform der effizientesten Tools für intra- und interpersonelle Kommunikation bleibt. Entsprechend dem ursprünglichen Geist des NLP ist die ECNLP offen gegenüber Weiterentwicklung und Neuentwicklung auf den Gebieten der Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung. Die Standards der ECNLP können auf www.ecnlp.eu nachgelesen werden.«
Abschließend sei noch erwähnt, dass sich nicht nur Trainer, sondern auch Erwachsenenbildungsorganisationen zertifizieren lassen können, z.B. durch ein ÖCert. Wie das funktioniert, weiß Martin Röhsner: »Als Grundvoraussetzung für einen Antrag auf ÖCert gilt im Wesentlichen ein Nachweis eines Qualitätsmanagementsystems und die Verpflichtung zu diversen Grundwerten, wie ethischem Handeln. Das Seminarangebot muss für alle Gruppen bzw. für alle Vertreter einer Gruppe zugänglich sein. De facto werden hauptsächlich Abläufe und Standards überprüft, weil inhaltlich die einzelnen Seminarkonzepte auf ihre Sinnhaftigkeit nur schwer geprüft werden können. Zusätzlich muss es eine pädagogisch geschulte Person im Unternehmen geben. Ob sich daraus das alleinige Qualitätskriterium für das einzelne Seminar ableiten lässt, ist fraglich.
In der Auftragsvergabe bei Unternehmensschulungen aber auch im privaten Bereich spielen Zertifizierungen generell keine Rolle. Der Prozess ist sehr intensiv und erfordert erhebliche Ressourcen. Demzufolge nehmen vorrangig große Trainingsinstitute diesen Aufwand auf sich und stellen ihre – oben dargestellten – Prozesse dar. Der Umkehrschluss, dass alle anderen – nicht zertifizierten Bildungsträger – keine Qualität liefern, ist nicht zulässig. Erwachsenenbildung ist vielfältig und komplex und lässt sich daher nicht auf einen Zertifizierungsprozess eingrenzen.«

Fazit
Ein Trainer-Zertifikat bescheinigt nicht nur Kompetenzen, es eignet sich auch gut, die eigenen Fähigkeiten zu hinterfragen und die eigenen Prozesse zu verbessern. Bei einigen Auftraggebern, besonders im öffentlichen Bereich, ist es häufig eine Voraussetzung, einen Auftrag zu bekommen. Die Kosten sind überschaubar und es kann die Qualität am Markt erhöhen. Die Konkurrenz für einen guten Trainer ist nicht ein anderer guter Trainer, sondern ein schlechter. Denn ein Trainer, der nicht zur Zufriedenheit des Kunden arbeitet, kann diesen verleiten, nie wieder einen Trainer zu buchen. Machen wir uns also gemeinsam auf den Weg, die Trainerbranche noch weiter zu professionalisieren.

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