Praxisfragen rund um den Urlaub

Dieser Artikel beantwortet die wichtigsten Praxisfragen rund um die neue Karfreitagsregelung und die aktuelle EuGH-Entscheidung i.S. sechste Urlaubswoche.

Urlaubsausmaß und Urlaubsvereinbarung

Urlaub ist die entgeltliche Freistellung des Arbeitnehmers von seiner Arbeitsverpflichtung, um sich zu erholen. Das allgemeine Urlaubsausmaß von 30 Werktagen (d. h. 5 Urlaubswochen) pro Urlaubsjahr erhöht sich nach 25 Dienstjahren auf sechs Wochen. In einer ganz aktuellen Entscheidung (C 437/17) bestätigte der EuGH, dass die bereits bisher geltende Regelung im Urlaubsgesetz, wonach von den 25 Dienstjahren 20 Jahre beim selben Arbeitgeber erbracht worden sein müssen (während nur bis zu fünf Jahre, die bei anderen Arbeitgebern im In- oder Ausland erbracht wurden, angerechnet werden) rechtmäßig und nicht diskriminierend ist. Darüber hinaus können Schul- und Studienzeiten unter den im UrlG angeführten Voraussetzungen angerechnet werden.

Das Urlaubsgesetz regelt, dass der Urlaubsantritt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unter Rücksichtnahme auf die Erfordernisse des Betriebes einerseits und die Erholungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers andererseits vereinbart werden muss. Wie eine solche Vereinbarung geschlossen werden soll, ist im Gesetz nicht vorgeschrieben. Sie kann sowohl mündlich, schlüssig (d. h. ohne konkrete Vereinbarung), als auch – und dies empfiehlt sich zu Beweiszwecken jedenfalls – schriftlich zustande kommen.

Grundsätzlich ist der Urlaub, dem Erholungszweck der bezahlten Freistellung entsprechend, im jeweiligen Urlaubsjahr (das häufig dem Kalenderjahr entspricht) zu verbrauchen. Eine Übertragung des Urlaubsanspruchs ins nächste Urlaubsjahr ist nur als Ausnahme gedacht. Viele Arbeitgeber sehen daher in Urlaubs-Richtlinien o. ä. internen Vorgaben einen entsprechenden Verbrauch vor, um möglichst sicherzustellen, dass der gesamte Jahresurlaub innerhalb des entsprechenden Urlaubsjahres vom Arbeitnehmer verbraucht wird und keine (teuren) Rückstellungen für den nicht verbrauchten und daher idR zu übertragenden Urlaub zu bilden sind. Eine einseitige Anordnung zum Verbrauch oder ein Verfall kommt aber trotz derartiger Vorgaben grundsätzlich nicht in Frage.

Und was, wenn keine Einigung zustande kommt? Eine Einigung über den Urlaubsantritt ist (bis auf wenige Ausnahmen) unumgänglich. Daher ist prinzipiell sowohl der einseitige Urlaubsantritt des Arbeitnehmers (weil er z.B. kurzfristig Urlaub konsumieren möchte oder bereits gebucht hat, obwohl Abwesenheiten für den Arbeitgeber in diesem Zeitraum aufgrund von Auftragsspitzen o. ä. besonders ungünstig oder bereits andere Arbeitnehmer abwesend sind), als auch eine einseitige Anordnung zum Urlaubsverbrauch durch den Arbeitgeber  nicht zulässig. In letzterem Fall braucht es zumindest das konkludente (und in solchen Fällen besser ausdrückliche) Einverständnis des Arbeitnehmers, weil bei erklärter Arbeitsbereitschaft des Arbeitnehmers sonst trotz bezahlter Abwesenheit u. U. keine Urlaubstage verbraucht werden.

Das Erfordernis einer Einigung über den Urlaubsantritt entfällt dann, wenn ein Arbeitnehmer in Betrieben mit Betriebsrat den gewünschten Urlaub mindestens drei Monate im Vorhinein bekannt gegeben hat, sich mindestens 12 Werktage Urlaub nehmen möchte und auch unter Einbindung des Betriebsrats keine Einigung erzielt werden kann. Dem Arbeitgeber bleibt in diesem Fall nur die Möglichkeit, ein (finanziell und zeitlich u. U. aufwändiges) Gerichtsverfahren beim Arbeits- und Sozialgericht einzuleiten, um den Urlaubsantritt zum vom Arbeitnehmer gewünschten Zeitpunkt zu verhindern. In der Praxis kommt es in diesen Fällen daher regelmäßig doch noch zu einer Einigung.

Außerdem haben Arbeitnehmer dann ein Recht zum einseitigen Urlaubsantritt, wenn ein krankes, unter 12 Jahre altes Kind zu Hause ist, die Pflegefreistellung bereits aufgebraucht ist und tatsächlich keine andere Betreuungsmöglichkeit (in der Familie oder sonst) vorhanden ist. Der Arbeitgeber muss dabei jedoch unverzüglich über den erforderlichen Antritt des Pflegeurlaubs informiert und über dessen Dauer auf dem Laufenden gehalten werden, um den Ausfall entsprechend ausgleichen zu können.

Die insbesondere in Industriebetrieben (oder sonstigen Unternehmen mit Schichtarbeit) übliche Festlegung eines Betriebsurlaubs (in dem Teile oder das gesamte Unternehmen geschlossen werden) ist als allgemeine Vorausvereinbarung zu betrachten und insoweit möglich, als dem Arbeitnehmer mehr als die Hälfte seines Urlaubsanspruchs zur individuellen Vereinbarung verbleibt. Betriebsurlaube sollten nach Möglichkeit für die typischen Urlaubszeiten, wie die (Schul-)Sommer- oder Weihnachtsferien festgelegt werden und werden idR. bereits im Dienstvertrag oder sonst schlüssig mit den Arbeitnehmern vereinbart. Die Verhängung einer Urlaubssperre, also von Zeiten, in denen es den Arbeitnehmern von vornherein nicht erlaubt ist, Urlaub zu verbrauchen, ist aufgrund betrieblicher Interessen (z.B. Hochsaison) ebenfalls zulässig. Dabei handelt es sich um eine Ankündigung des Arbeitgebers, zu bestimmten Zeiten keine Urlaubsvereinbarungen treffen zu wollen, was ihm innerhalb gewisser zeitlicher Grenzen auch zusteht.

Verfall des Urlaubsanspruchs

Grundsätzlich verjährt ein nicht verbrauchter Urlaubsanspruch zwei Jahre nach seiner Entstehung, wobei mit jedem neuen Urlaubsantritt der älteste Urlaubsanspruch verbraucht wird. Tatsächlich verjährt ein offener Urlaubsanspruch daher nur (und das auch nur teilweise), wenn ein Arbeitnehmer drei Jahre lang keinen Urlaub konsumiert hat. Geht ein Arbeitnehmer in Elternkarenz, verlängert sich die Urlaubsverfallsfrist um die entsprechende Zeit. Argumentierbar wird eine solche Hemmung der Verjährungsfrist u. a. auch im Falle eines außergewöhnlich langen Krankenstandes sein.
Sollte sich ein Arbeitgeber immer wieder geweigert haben, beantragten Urlaub zu genehmigen und es dem Arbeitnehmer dadurch faktisch unmöglich gemacht haben, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen, wird sich der Arbeitgeber auch nicht auf eine Verjährung des Urlaubsanspruchs berufen können.

Urlaub während Dienstfreistellung

In der Praxis kommt es häufig vor, dass Arbeitgeber Arbeitnehmer nach ausgesprochener Kündigung dienstfrei stellen und diese gleichzeitig auffordern, in dieser Zeit ihren Resturlaub zu verbrauchen. Dies kann grundsätzlich mit Beendigung des Dienstverhältnisses vereinbart werden und ist vor allem bei einvernehmlichen Beendigungen üblich. Zwar kann der Arbeitnehmer nicht einseitig verpflichtet werden, seinen Resturlaub im Zuge der Dienstfreistellung zur Gänze zu verbrauchen; ein (zumindest teilweiser) Verbrauch wird von der Rechtsprechung aber insbesondere bei längeren Kündigungsfristen bejaht, wo der Arbeitnehmer bei unbegründeter Weigerung eines Verbrauchs (aber auch bei Weigerung und nachfolgendem eigenmächtigem Antritt ohne Mitteilung an den Arbeitgeber) u. U. rechtsmissbräuchlich handelt. Empfehlenswert ist es für den Arbeitgeber daher, eine Dienstfreistellung während der Kündigungsfrist mit dem Urlaubsverbrauch zu koppeln, den Arbeitnehmer also nur dann von der Arbeitspflicht bezahlt freizustellen, wenn dieser sich bereit erklärt, im Gegenzug seinen ausständigen Urlaub zu verbrauchen.

Aktuell: Karfreitag als »persönlicher Feiertag« i. V. m. Urlaubsanspruch

Nachdem im Jänner die lange erwartete EuGH-Entscheidung erging, mit der die bisherige Regelung des Karfreitags als Feiertag nur für Angehörige der altkatholischen und evangelischen Kirche als diskriminierend qualifiziert wurde, ist die aktuelle Regelung auch in Bezug auf den Urlaubsanspruch relevant.
Denn der endgültige Gesetzesentwurf besagt, dass der Karfreitag nunmehr ein »persönlicher Feiertag« für alle sein kann, auf den die Arbeitnehmer Anspruch haben, der aber aus dem jeweiligen Urlaubskontingent bestritten werden muss.

Als persönlichen Feiertag kann der Karfreitag oder jeder andere (Arbeits)Tag im Jahr beansprucht werden. Arbeitnehmer haben den gewählten Tag drei Monate im Voraus bekannt zu geben. Für  die ersten drei Monate nach Inkrafttreten der Neuregelung gilt eine verkürzte Vorankündigungsfrist von mindestens 14 Tagen, so dass sich auch noch der heurige Karfreitag als einseitig vom Arbeitnehmer fixierbarer Feiertag ausgehen sollte.
Der Arbeitgeber hat – anders als bei Urlaubsanträgen – keine Möglichkeit, den gewünschten Tag aus betrieblichen Gründen abzulehnen. Das gilt selbst dann, wenn mehrere Mitarbeiter oder auch die gesamte Belegschaft den selben Tag als persönlichen Feiertag beantragen. Sollten Arbeitnehmer auf Ersuchen des Arbeitgebers am gewählten persönlichen Feiertag arbeiten, gebührt ihnen dafür das doppelte Entgelt (d. h. Entgelt für die geleistete Arbeit plus Urlaubsentgelt). Der (nicht konsumierte) Urlaubstag wird dabei auf den Urlaubsanspruch angerechnet. Der Arbeitnehmer hat diesfalls sein Recht auf einen (weiteren/anderen) persönlichen Feiertag verwirkt.
Sollte der Arbeitnehmer nicht nur auf die Inanspruchnahme seines persönlichen Feiertags, sondern auch auf die Bezahlung des Urlaubsentgelts verzichten, ist dieser Tag als normaler Arbeitstag zu werten und besteht das Recht auf einen persönlichen Feiertag weiter. Generalklauseln in Kollektivverträgen, die Sonderregelungen i. S. Karfreitag nur für Angehörige der altkatholischen und evangelischen Kirche vorsehen, werden mit der Neuregelung des Arbeitsruhegesetzes für unwirksam erklärt.

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Vogt-Majarek

Gastautorin
Birgit Vogt-Majarek
ist Rechtsanwältin mit Schwerpunkt Arbeits- und Gesellschaftsrecht und Partnerin der Schima Mayer Starlinger Rechtsanwälte GmbH.
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