Schranken der Betriebsratstätigkeit

In der anwaltlichen Praxis tauchen immer wieder Fragen betreffend Zulässigkeit und Ausmaß der Wahrnehmung von Betriebsratsagenden während der Arbeitszeit auf.

Bei der Betriebsratstätigkeit handelt es sich grundsätzlich um eine ehrenamtliche Aufgabe. Betriebsratsmitglieder erhalten demnach für ihre Zeitaufwendungen im Rahmen ihrer Tätigkeit als Belegschaftsvertreter keine Vergütung. Ihnen ist aber innerhalb der Grenzen des § 116 ArbVG vom Betriebsinhaber die zur Erfüllung ihrer Obliegenheiten erforderliche Freizeit unter Fortzahlung des Entgelts zu gewähren. Bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen ist sohin die Ausübung von Betriebsratstätigkeiten auch während der Arbeitszeit zulässig; das gilt zunächst unabhängig davon, ob das betreffende Betriebsratsmitglied eine konkrete Funktion im Betriebsratsgremium innehat.

Bezahlte Freistellung von der Arbeit

Der Anspruch auf Arbeitsfreistellung samt Entgeltfortzahlung setzt voraus, dass es sich bei der konkreten Tätigkeit des Betriebsratsmitglieds tatsächlich um eine Betriebsratsaufgabe handelt, wie z. B. die Abhaltung von Betriebsratssitzungen, die Führung notwendiger Gespräche mit Arbeitnehmern, die Vorbereitung und Teilnahme an Betriebsversammlungen oder auch die Vertretung von Arbeitnehmern in arbeitsrechtlichen Angelegenheiten. Die Tätigkeit des Betriebsrats ist laut Rechtsprechung und Lehre primär außerhalb der Arbeitszeit auszuüben. Ein allfälliger Anspruch auf Freizeitgewährung besteht daher nur insoweit, als dies auch in zeitlicher Hinsicht zur Erfüllung der Betriebsratsobliegenheiten erforderlich ist und nur insoweit, als die Tätigkeiten nicht auch außerhalb der Dienstzeit verrichtet werden können. Auch Betriebsratssitzungen sind daher prinzipiell außerhalb der Arbeitszeit anzusetzen bzw. wahrzunehmen; dies gilt vor allem bei Vorliegen einer Gleitzeitvereinbarung.

Es bedarf für die Beurteilung des Anspruchs auf Freistellung einer nach objektiven Kriterien vorzunehmenden Abwägung zwischen Nützlichkeit der Aktivität (auch im Vergleich zu alternativen Maßnahmen) und den betrieblichen Interessen (insbesondere der Freistellungsdauer oder der Dringlichkeit der Tätigkeit). So müssen nach der Rechtsprechung des OGH z. B. für eine bezahlte Freizeitgewährung zur Teilnahme an einer gewerkschaftlichen Veranstaltung konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese Veranstaltung unmittelbar der Erörterung betriebsbezogener und in den gesetzlichen Aufgabenbereich des Betriebsrats fallender Angelegenheiten dient und das betreffende Betriebsratsmitglied (und nicht etwa ein ohnehin freigestelltes Betriebsratsmitglied) teilnehmen muss. Die Veranstaltung muss z. B. für den Abschluss eines Kollektivvertrages von Bedeutung sein und darf nicht bloß eine allgemeine Schulung zu sozial- und tarifpolitischen Fragen beinhalten.

Inanspruchnahme von Freizeit

Der Arbeitgeber ist vom Betriebsratsmitglied grundsätzlich im Vorhinein von der Inanspruchnahme von Freizeit für eine im Gesetz vorgesehene betriebsrätliche Tätigkeit zu informieren. Das Betriebsratsmitglied trifft dabei grundsätzlich bloß eine Verständigungspflicht, die Bewilligung der Freistellung ist nicht notwendig. Die Information hat jedenfalls die »grobe Angabe des Grundes« der Arbeitsversäumnis und deren voraussichtliche Dauer zu enthalten, um dem Arbeitgeber die Möglichkeit zu geben, zu prüfen, ob eine berechtigte Freistellung (und ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung) vorliegt. Zudem hat die Verständigung möglichst zeitgerecht und unter Berücksichtigung der betrieblichen Interessen zu erfolgen, sodass ohne besonderen Grund nicht einfach kurzfristig ein wichtiger Kundentermin oder sonstige fristgebundene Arbeiten verschoben werden können.

Der Arbeitgeber kann die Weisung aussprechen, dass Abmeldungen von Betriebsratsmitgliedern grundsätzlich schriftlich vorzunehmen sind. Vor allem in größeren Unternehmen besteht ein berechtigtes Interesse des Betriebsinhabers am schriftlichen Festhalten von Abwesenheitszeiten, u. a. auch aufgrund der Pflicht des Betriebsinhabers zur Arbeitszeitaufzeichnung oder bei existierender Gleitzeitvereinbarung.

Permanent freigestellt?

Der Gesetzgeber bewertet die Aufgabe der Interessenvertretung in größeren Betrieben mit mindestens 150 Arbeitnehmern als so umfangreich, dass der Betriebsinhaber gemäß § 117 Abs 1 ArbVG verpflichtet wird, je nach Größe des Betriebs eine gewisse Anzahl von Betriebsratsmitgliedern permanent freizustellen. Die Freistellung zieht grundsätzlich das vollständige Ruhen der nach dem Arbeitsvertrag bestehenden Arbeitspflichten nach sich. Zu beachten ist, dass Konkurrenzverbot und Verschwiegenheitspflichten als den Arbeitnehmer treffende Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag dennoch auch während einer permanenten Freistellung des Betriebsratsmitglieds durchgehend aufrecht bleiben.

Bei Vorliegen eines permanent freigestellten Betriebsratsmitglieds ist die Erforderlichkeit der Freistellung eines sonstigen Betriebsratsmitglieds nach § 116 ArbVG deutlich strenger zu prüfen. In einem solchen Fall kann vielmehr seitens des Betriebsinhabers eine grundsätzliche Entlastung der anderen Betriebsratsmitglieder verlangt werden. Eine Eingrenzung der Tätigkeit der Betriebsratsmitglieder, die nicht permanent freigestellt sind, auf die bloße Teilnahme an Betriebsratssitzungen ist nicht zulässig. Die Teilnahme von einem – und primär dem freigestellten – Mitglied des Betriebsrats an betriebsbezogenen Gewerkschaftsveranstaltungen wird allerdings im Regelfall ausreichend sein. Bloß in besonders zu begründenden Einzelfällen ist die Teilnahme von zwei oder mehreren Mitgliedern gerechtfertigt, weil das teilnehmende Mitglied den übrigen Mitgliedern des Betriebsrats prinzipiell ohnehin von der besuchten Veranstaltung zu berichten hat.

Für den Betriebsinhaber ist es häufig schwer zu beurteilen bzw. nachzuweisen, dass vorrangig ein permanent freigestelltes Betriebsratsmitglied hätte tätig werden sollen und daher eine Ad-hoc-Freistellung gemäß § 116 ArbVG hätte vermieden werden können. Umso wichtiger ist daher die oben erwähnte Weisung betreffend schriftliche Abmeldungen und die Sanktion des Entgeltentfalls bei Nichteinhaltung. Der Betriebsinhaber ist keineswegs verpflichtet, andere zeitaufwändige Aktivitäten, wie z.B. die Ausübung von politischen Funktionen des permanent freigestellten Betriebsratsmitglieds neben seiner Betriebsrats-Tätigkeit zu erleichtern und abzusichern.

Konsequenzen bei Verstößen

Wie viel Zeit ein Betriebsratsmitglied für Betriebsratstätigkeiten aufwendet, kann einer gerichtlichen Erforderlichkeitsprüfung unterzogen werden. Wurde die Freizeit vom Betriebsratsmitglied zu Unrecht in Anspruch genommen, besteht dafür kein Entgeltfortzahlungsanspruch und der Betriebsinhaber darf den entsprechenden Entgeltteil einbehalten. Sofern der Betriebsinhaber den Betriebsratsmitgliedern die Weisung erteilt, sich bei notwendigen Betriebsratstätigkeiten während der Arbeitszeit schriftlich unter Angabe der Gründe abzumelden, und die Betriebsratsmitglieder dennoch (insbesondere mehrmals) gegen diese Weisung verstoßen, kann eine beharrliche Pflichtverletzung iSd § 121 Z 3 ArbVG vorliegen, die – nach vorheriger Zustimmung des Gerichts aufgrund des besonderen Kündigungsschutzes von Betriebsratsmitgliedern – zur Kündigung des Betriebsratsmitglieds berechtigt. Die Rechtsprechung verlangt zuvor jedoch in der Regel die schriftliche Abmahnung des betroffenen Betriebsratsmitglieds. Der OGH sprach erst kürzlich in einer Entscheidung aus, dass es als erheblicher Verstoß gegen die dienstlichen Interessen des Arbeitgebers zu qualifizieren ist, wenn ein Betriebsratsmitglied mehrmals bewusst Zeiten als Betriebsratstätigkeiten verzeichnet, die keine solchen waren, um damit den Betriebsinhaber über die abzurechnenden und zu entlohnenden Stunden zu täuschen. Dies kann nach Ansicht des OGH die Zustimmung des Gerichts zur Entlassung des Betriebsratsmitglieds wegen Untreue im Dienst nach § 122 Abs 1 Z 3 ArbVG rechtfertigen.

2 Antworten zu Schranken der Betriebsratstätigkeit

  1. Bei uns ist es so das BR-mitglieder wenn diese Nachschicht haben und Freitag BR-Versammlung haben , am Do in die Nachtschicht kommen (21,30 Uhr) und (24,30 Uhr) wieder nach Hause gehen und 11,30 Uhr zur BR-Versammlung wieder erscheinen die nur 2 h meistens dauert , nach meiner Meinung sind das keine 8 h Arbeitszeit und lassen sich die aber 8 h bezahlen ist das gerecht

Kommentar zu Gernot Winter Abbrechen


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Vogt-Majarek

Gastautorin
Birgit Vogt-Majarek

ist Rechtsanwältin mit Schwerpunkt Arbeits- und Gesellschaftsrecht und Partnerin der Kanzlei Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte OG (KSW).

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