Update: Arbeitsrecht 2022

Welche relevanten Änderungen es 2022 im Arbeitsrecht gibt, beschreibt Birgit Vogt-Majarek.

COVID-19 dominierte die gesetzlichen Neuerungen im Jahr 2021 und wird dies wohl auch im Jahr 2022 weiter tun. Österreich wird als erstes europäisches Land die allgemeine Impfpflicht gegen COVID-19 einführen. Dennoch soll am Arbeitsplatz weiterhin die 3G-Regelung gelten. Die bereits 2017 beschlossene Angleichung der Kündigungsfristen und -termine von Arbeitern an Angestellte trat im Oktober 2021 in Kraft; andere Gesetze, wie die Umsetzung der Whistleblowing-RL in nationales Recht lassen noch auf sich warten.

Impfpflicht/3G-Regelung am Arbeitsplatz

Das Bundesgesetz über die Impfpflicht gegen COVID-19 (COVID-19-IG), das mit 5. Februar 2022 in Kraft trat, sieht vor, dass Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet und ihren Wohnsitz in Österreich haben, grundsätzlich zur Schutzimpfung verpflichtet sind. Schwangere, Personen, die aus medizinischen Gründen (insbesondere bei Gefahr für Leib und Leben) nicht geimpft werden können oder Personen, die genesen sind (für die Dauer von 180 Tagen ab Probenentnahme), sind von der Impfpflicht ausgenommen. Die Kontrollen der Einhaltung der Impfpflicht sollen in drei Phasen jeweils verstärkt werden. In der ersten Phase (bis 15. März 2022) hat der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister Personen, die die Impfpflicht nicht erfüllen, zu ermitteln und diese schriftlich darüber zu informieren, dass die Impfung (mangels Erfüllung der erwähnten Ausnahmen) ehestmöglich nachzuholen ist. Wer nach dem 15. März 2022 die Impfpflicht nicht erfüllt (und z. B. im Straßenverkehr kontrolliert wird), begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 600,– € zu bestrafen, im ordentlichen Verfahren sogar mit bis zu 3.600,– €. In der dritten Phase kann die Bundesregierung – sofern dies zur Sicherstellung der Erfüllung der Impfpflicht erforderlich ist – mittels Verordnung einen Impfstichtag festlegen. Danach kann unabhängig von einer Kontrolle im Rahmen eines Datenabgleichs von der Bezirksverwaltungsbehörde bei Nichterfüllung der Impfpflicht eine Strafe verfügt werden. Die Strafbarkeit entfällt bei Nachholung der Impfung innerhalb von zwei Wochen.

Die beschriebene Impfpflicht und deren Umsetzung bzw. Kontrolle berührt aber die bereits bestehende 3G-(bzw 2,5G-)Regelung am Arbeitsplatz nicht, die mangels Bezugnahme auf den Arbeitsplatz im COVID-19-IG und unabhängig von der Unternehmensgröße weiterhin gilt. Arbeitnehmer dürfen laut den bereits bisher geltenden Bestimmungen ihren Arbeitsort, an dem physischer Kontakt mit anderen Personen (wie Kollegen oder Kunden) nicht vermieden werden kann, nur unter der Voraussetzung betreten, dass sie über den Nachweis einer gültigen Impfung i.S.d. 6. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung gegen COVID-19, einer erfolgten Genesung oder eines negativen COVID-19-Tests entsprechend den jeweiligen Vorgaben der Verordnung verfügen. Nicht als die erwähnten Vorgaben auslösend gelten höchstens zwei physische Kontakte pro Tag mit Kollegen u. a., die im Freien stattfinden und jeweils nicht länger als 15 Minuten dauern.

Weiters gilt am Arbeitsort (weiterhin) eine zusätzliche Verpflichtung zum Tragen einer FFP2-Maske, sofern physischer Kontakt zu Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, nicht ausgeschlossen ist oder das Infektionsrisiko nicht durch sonstige geeignete Schutzmaßnahmen (z. B. Trennwände) minimiert werden kann. Arbeitgeber sind daher (auch durch Verwaltungsstrafen sanktioniert) dazu verpflichtet, die Einhaltung der 3G- (bzw. 2,5G-)Regel zu kontrollieren und können diese – abhängig von den Gegebenheiten im Betrieb – auch verschärfen oder z. B. die Aufnahme von Mitarbeitern auf geimpftes Personal beschränken. Weitergehende Pflichten zur Kontrolle oder Forcierung der Vorgaben des COVID-19-IG für Arbeitgeber, wie z. B. eine Aufforderung an die Arbeitnehmer, die Impfpflicht laut dem COVID-19-IG einzuhalten, Ungeimpfte den Behörden zu melden, ihnen den Zutritt zum Arbeitsplatz zu verweigern oder diese bei Nichtumsetzung zu ermahnen, bestehen jedoch nicht, nachdem der Arbeitgeber neben Impfung und Genesung auch die oben erwähnten Tests als Nachweis für ein zulässiges Betreten des Arbeitsplatzes akzeptieren darf.

Angleichung der Kündigungsregelungen für Arbeiter

Der Gesetzgeber beschloss im Jahr 2017 eine Angleichung bestimmter Rechte von Arbeitern an jene der Angestellten. Seit 1. Oktober 2021 entsprechen (nach mehrmaligem Verschieben des Inkrafttretens) die gesetzlichen Kündigungsfristen für Arbeiter jenen für Angestellte und verlängern sich daher abhängig von der Dienstdauer (während Arbeiter davor auch noch nach Jahren mit z. T. bloß zweiwöchiger Frist kündbar waren). Die Kündigungsfrist für Arbeiter beträgt sohin (zunächst) sechs Wochen und erhöht sich gestaffelt auf bis zu fünf Monate nach 25 Dienstjahren.
Angeglichen wurden mit der erwähnten Novelle auch die Kündigungstermine für Arbeiter, sodass diese nunmehr mangels abweichender Vereinbarung nur zum Ende eines Quartals gekündigt werden können. Wichtig ist daher für Arbeitgeber, bei Neuaufnahmen, aber auch bei bestehenden Dienstverhältnissen mit Arbeitern (die auch für Angestellte regelmäßig vereinbarten) Kündigungstermine zum Fünfzehnten und Monatsletzten zu vereinbaren, um insbesondere für Arbeiter ungewöhnlich lange Zeiträume bis zum tatsächlichen Ende des Dienstverhältnisses zu vermeiden. Arbeiter können das Dienstverhältnis mangels vereinbarter Gleichschaltung mit den jeweiligen Fristen und Terminen für den Arbeitgeber zum Monatsletzten unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist lösen.

Die Novelle sieht zudem auch vor, dass kollektivvertraglich für Branchen, in denen Saisonbetriebe überwiegen, von den erwähnten Bestimmungen abweichende Regelungen (und daher kürzere Kündigungsfristen und -termine) festgelegt werden können.
Als Saisonbetriebe gelten dabei Betriebe, die ihrer Art nach nur zu bestimmten Jahreszeiten oder regelmäßig zu gewissen Zeiten des Jahres erheblich verstärkt arbeiten (wie z.B. Tourismusbetriebe).

Verlängerung Sonderfreistellung und Risikofreistellung

Werdende Mütter dürfen (diese Regelung wurde im Dezember 2021 bis vorerst 31. März 2022 verlängert) auch weiterhin ab der 14. Schwangerschaftswoche bis zum Beginn eines Beschäftigungsverbotes nach dem MSchG nicht mit Arbeiten, bei denen ein physischer Körperkontakt mit anderen Personen erforderlich ist, beschäftigt werden, soweit die Arbeitsbedingungen nicht so geändert werden können, dass kein physischer Körperkontakt erfolgt und kein Einsatz auf einem anderen Arbeitsplatz ohne Körperkontakt oder eine Tätigkeit im Home-Office möglich ist. Die Arbeitnehmer1 hat Anspruch auf Freistellung unter Fortzahlung des Entgelts, das dem Arbeitgeber auf Antrag durch den Krankenversicherungsträger zu ersetzen ist. Die genannten Besonderheiten gelten nicht, wenn bzw. solange die werdende Mutter vollständigen Impfschutz gegen COVID-19 hat (diesfalls enden bereits erfolgte Freistellungen soweit noch kein Beschäftigungsverbot besteht).

Ebenfalls verlängert bis (vorerst) 31. März 2022 wurden gesundheitsbedingte Risikofreistellungen von Arbeitnehmern unter Fortzahlung des Entgelts und mit Anspruch des Arbeitgebers auf Ersatz seiner Zahlungen. Neben den bereits bekannten Voraussetzungen (Unmöglichkeit von Home-Office bzw. einer anderen Gestaltung der Arbeitsleistung) muss vom Arbeitnehmer außerdem ein nach dem 2. Dezember 2021 ausgestelltes COVID-19-Risiko-Attest vorgelegt werden. Seit 15. Dezember 2021 dürfen außerdem nur noch Personen, bei denen trotz dreimaliger Impfung mit einem schweren Krankheitsverlauf zu rechnen ist, sowie Personen, bei denen medizinische Gründe gegen eine Impfung sprechen, freigestellt werden. Auf Verlangen des Arbeitgebers kann eine Überprüfung des bestehenden COVID-19-Risiko-Attests durch Amtsärzte oder Krankenversicherungsträger erfolgen.

Status quo Umsetzung Whistleblowing-RL

Die Whistleblowing-Richtlinie ist trotz Ablaufs der Umsetzungsfrist (17. Dezember 2021) noch nicht in nationales Recht umgesetzt worden (zu den Details der Vorgaben der Richtlinie siehe TRAiNiNG Ausgabe 3/21). Laut Richtlinie müssen juristische Personen (wie insbesondere GmbH und Aktiengesellschaften) in privatem Eigentum mit mindestens 50 Arbeitnehmern ein internes Meldesystem einrichten. Die Verpflichtung trifft zudem juristische Personen in speziellen Bereichen (wie z.B. Finanzdienstleistungen, Verkehrssicherheit etc.) unabhängig von der Arbeitnehmerzahl sowie juristische Personen des öffentlichen Sektors (wie z.B. Gemeinden), einschließlich Stellen, die im Eigentum oder unter der Kontrolle einer solchen juristischen Person stehen. Private juristische Personen mit 50 bis 249 Arbeitnehmern haben bis 17. Dezember 2023 Zeit für die Einrichtung eines Meldesystems.
In puncto Belegschaft größere Unternehmen (mit 250 oder mehr Arbeitnehmern) sollten bereits jetzt die Einrichtung eines Meldesystems möglichst weitgehend vorbereiten und die Compliance bestehender Systeme mit den Vorgaben der Richtlinie sowie einen unter Umständen gebotenen Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Einführung bzw. Nutzung des internen Meldesystems prüfen, um bei Inkrafttreten des Gesetzes kurzfristig entsprechend gerüstet zu sein. Wesentlich ist das – neben sonst u. U. drohenden Verwaltungsstrafen – insbesondere auch, weil sich Whistleblower ohne den (europa-)rechtlichen Vorgaben entsprechenden internen Meldekanälen bei Vorliegen der Voraussetzungen grundsätzlich an externe Meldekanäle oder die Öffentlichkeit wenden dürfen. Laut aktuellen Medienberichten ist im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie in Österreich über die unionsrechtlichen Vorgaben (wie öffentliches Auftragswesen, Finanzprodukte, Umweltschutz etc.) hinaus mit einer Ausweitung des Geltungsbereichs des Gesetzes auf nationale Gesetzesmaterien zu rechnen. Diskussionen gibt es ferner betreffend die extern einzurichtenden Meldekanäle, deren Standorte bei einzelnen Behörden und die Gewährleistung von deren Unabhängigkeit.

Ebenfalls noch im Jahr 2022 (konkret bis August) umzusetzen gilt es für den österreichischen Gesetzgeber unter anderem die Work-Life-Balance-Richtlinie, aus der sich (ergänzender) Umsetzungsbedarf in puncto Elternkarenz und Familienzeitbonus ableiten lässt. 2022 bleibt also auch außerhalb von COVID-19 arbeitsrechtlich interessant.

 

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Vogt-Majarek

Gastautor
Birgit Vogt-Majarek
ist Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Arbeits- und Gesellschaftsrecht und Partner der Schima Mayer Starlinger Rechtsanwälte GmbH.
birgit.vogt@sms.law
www.sms.law