Arbeitsrecht: Hybrides Arbeiten

Bei der jüngsten Veranstaltung des HR-Circle dreht sich alles um arbeitsrechtliche Aspekte des hybriden Arbeitens.

Mitte Jänner fand das erste Treffen des Jahres im Rahmen des HR-Circle statt. Aufgrund der stark gestiegenen Corona-Zahlen hat sich der Vorstand kurzfristig entschieden – zur Sicherheit der Teilnehmer – die Veranstaltung online durchzuführen. Über 50 HR-Verantwortliche waren dabei, als Andrea Haiden über Aktuelles aus dem Arbeitsrecht berichtete. Dabei lag der Schwerpunkt der Veranstaltung auf rechtlichen Aspekten beim hybriden Arbeiten.

In ihrem Vortrag spricht Andrea Haiden zunächst über verschiedene Formen des hybriden Arbeitens und geht dabei auf verschiedene Arbeitszeitmodelle ein.
Die häufigste Variante ist es, teilweise im Büro zu arbeiten und teilweise aus dem Home-Office oder von anderen vorab definierten Locations aus, wie z.B. im Zug. Von Gesetzes wegen handelt es sich um »hybrides Arbeiten«, wenn auch nur einen Tag pro Woche nicht im Büro gearbeitet wird. Ganz besonders hebt Andrea Haiden die Vorteile dieser zeitgemäßen Arbeitsform hervor, bevor sie ganz konkret auf rechtlich relevante Aspekte eingeht: Hybride Arbeitsformen erhöhen die Arbeitgeber-Attraktivität und die Arbeitnehmer-Zufriedenheit und damit auch die Produktivität. Außerdem führen sie möglicherweise zu einer gewissen Kostenersparnis, beispielsweise durch freie Kapazitäten von Büroplätzen. Das österreichische Arbeitsrecht regelt hybrides Arbeiten nicht konkret. Die Rechtsgrundlage ist primär eine Vereinbarung. Diese, so rät Andrea Haiden, sollte unbedingt schriftlich geschlossen werden. Empfohlene Regelungsinhalte für eine Vereinbarung umfassen vor allem:

  • Arbeitsorte
  • Regelungen zur Arbeitszeit
  • Kontrollmöglichkeiten des AG (z. B. Erreichbarkeit während der Arbeitszeit)
  • Ersatzpflicht (für Kosten, die durch hybrides Arbeiten entstehen)
  • Betriebsmittel und Datensicherheit
  • Zutritt zum Home-Office
  • Beendigungsrechte des hybriden Arbeitens.

Andrea Haiden: »Bei der Gestaltung der Vereinbarungen ist besonders darauf zu achten, dass die Regelungen nicht zwingenden Normen wie dem Gesetz oder Kollektivverträgen widersprechen.«

Optimale Gestaltung eines hybriden Arbeitsortes

Mögliche Arbeitsorte müssen vorab vertraglich definiert werden. Grundsätzlich ist vieles möglich: das Büro, das Home-Office oder andere Orte. Nicht zulässig ist es, gar keinen Arbeitsort festzulegen, um absolute Flexibilität zu gewährleisten. Maximale Flexibilität ist nur dann erreichbar, wenn ein sehr weiter geografischer Bereich wie z. B. ein ganzes Bundesland oder ganz Österreich als Arbeitsort festgelegt wird. Das ist aber kein Ziel eines hybriden Arbeitsmodells. Daher ist es ratsam, den jeweiligen Anteil der definierten Orten zu fixieren, z.B. 40 % Büro, 40 % Home-Office und 20 % an einem anderen Ort in Wien.
Eventuelle Events wie regelmäßige Team-Meetings, bei denen die Anwesenheit im Büro verpflichtend ist, sind unbedingt schriftlich festzuhalten. Andrea Haiden gibt noch weitere wichtige Tipps zu diesem Thema:

  • Schaffen Sie Transparenz gegenüber Kollegen und Führungskräften z. B. durch einen offenen Kalender, damit alle zu jeder Zeit wissen, wer, wann und wo arbeitet.
  • Führen Sie eine Dokumentationspflicht ein, wer, wann, von wo aus gearbeitet hat.
  • Die Bestimmung der Arbeitsorte durch Betriebsvereinbarungen sind nicht zu bevorzugen, da so keine individuellen Lösungen möglich sind.Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates sind jedoch nicht außer Acht zu lassen.

Arbeitszeitmodelle

Bisherige Arbeitszeitmodelle gelten weiter, sofern nicht anders vereinbart. Daher wird von der Vortragenden dringend empfohlen, den Status quo der eigenen AZ-Modelle zu evaluieren und entsprechend anzupassen. Dabei steht eine höhere Flexibilisierung im Spannungsverhältnis zur AG-Kontrolle. Aber: Arbeitszeitgesetze und Arbeitsruhegesetze gelten auch bei hybriden Arbeitsmodellen – dies ist bei der Vertragsgestaltung zu berücksichtigen. Bei Verletzung der entsprechenden Gesetze (wie z. B. zu kurze Ruhezeit) drohen teilweise hohe Strafen.

Als Grundlage für die Kombination von fixen und flexiblen Arbeitszeiten haben sich Gleitzeitmodelle bewährt: Gleitzeit bedarf eines Mindestinhalts – ansonsten ist das Modell unwirksam!
Welches Gleitzeit-Modell gewählt wird, hängt vom betrieblichen Rahmen ab, aber auch von der Akzeptanz durch den Betriebsrat und durch die Arbeitnehmer. Bei Gleitzeitmodellen gilt eine Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung. Allerdings gibt es mögliche Erleichterungen bei Arbeitszeitaufzeichnungen für hybride Arbeitnehmer, wenn diese ihre Arbeitszeit und ihren Arbeitsort weitgehend selbst bestimmen können oder ihre Tätigkeit überwiegend in ihrer Wohnung ausüben. Liegen diese Voraussetzungen vor, dann reichen Saldenaufzeichnungen aus (Aufzeichnungen über Tagesarbeitszeit ohne Beginn und Ende der Arbeitszeit).

Kostenersatz bei hybriden Arbeiten

Beim nächsten Themenblock spricht Andrea Haiden über einen eventuellen Kostenersatz bei hybriden Arbeiten. Als Grundregel gilt: Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer die erforderlichen Mittel bereitstellen. Es gibt keine explizite gesetzliche Regelung zum Kostenersatz für hybrides Arbeiten allgemein. Für Arbeitsleistungen außerhalb des Büros bzw. des Home-Office gibt es einen Anspruch auf Kostenersatz nur, sofern es keine gegenteiligen vertraglichen Regelungen zw. AN und AG. Natürlich sind kollektivvertragliche Kostenersatzbestimmungen zu beachten.
Gegen Ende Ihres Vortrags liefert die Vortragende als Zusammenfassung noch eine hilfreiche Check-Liste von »To-Dos« vor der Einführung eines hybriden Arbeitsmodells:

  • Evaluierung des Status quo und möglicher Vor- und Nachteile für Ihr Unternehmen.
  • Definieren Sie die Arbeitsorte und regeln Sie einseitige Gestaltungsrechte.
  • Legen Sie Ihr Grundmodell für die Kombination aus flexibler und fixer Arbeitszeit fest, besteht ein BR, ist die Regelung von Gleitzeit nur durch BV möglich.
  • Vereinbaren Sie die Erreichbarkeit an hybriden Arbeitsorten während der Arbeitszeit.
  • Regeln Sie die Bereitstellung von Arbeitsmitteln bzw. den Kostenersatz.
  • Erstellen Sie Richtlinien zum Gesundheitsschutz für hybride Arbeitsmodelle, die eigens auf Home-Office bzw. mobile Arbeit zugeschnitten sind, z.B. hinsichtlich Beleuchtung, Temperatur, Arbeitspausen etc.
  • Führen Sie eine Arbeitsplatzevaluierung mit den AN durch und stellen Sie Informationen bereit. Unterweisen Sie AN entsprechend (Link für Musterevaluierung: www.eval.at/arbeitsplatzevaluierung/evaluierung-Homeoffice).
  • Dokumentieren Sie, dass Sie Ihren Informations- und Unterweisungspflichten nachgekommen sind und holen Sie die Bestätigung des AN ein.
  • Überprüfung der notwendigen Involvierung des Betriebsrates.
  • Regelung weiterer wichtiger Inhalte (wie z.B. Datenschutz).

Nach einer kurzen Diskussions- und Fragerunde endet die Veranstaltung pünktlich.

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Andrea Haiden
ist Rechtsanwalt bei Baker McKenzie in Wien und auf Arbeitsrecht spezialisiert.
www.bakermckenzie.com

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