Bewerbungstrends aus den USA

Dieser Artikel beschreibt aktuelle Trends aus den USA zum Bewerbungsprozess und zu den Erwartungen der Generation Z an Unternehmen als Arbeitgeber.

Passende (Nachwuchs-)Arbeitnehmer für ein Unternehmen zu finden, stellt nach wie vor eine Herausforderung dar. Nicht nur in Deutschland, Österreich oder der Schweiz, sondern auch den USA bemühen sich Arbeitgeber zunehmend, ein attraktives Angebot für junge Menschen der Generation Z zu bieten, um sie gerade für ihr Unternehmen zu begeistern. Insbesondere kleineren und mittelständischen Unternehmen wird hier attestiert, dass die Suche nach geeigneten, gut qualifizierten jungen Nachwuchskräften problematischer wird. Wobei sich diese Tendenz in den USA noch verstärkt, wenn die Branche als unattraktiv erachtet wird.

Die Trends, die sich in den USA abzeichnen, werden mit hoher Wahrscheinlichkeit auch für Europa mit etwas Zeitverzug relevant werden, sodass sie eine wichtige Prognose für Arbeitgeber in der DACH-Region darstellen. Als Basis für die dargestellten Aussagen dienen in den USA geführte Interviews mit Universitätsmitarbeitern, Unternehmern/Recruiting-Experten in Unternehmen und Absolventen der Generation Z.

Erwartungen der Generation Z an Arbeitgeber

Bei den konkreten Erwartungen von Arbeitnehmern der Generation Z in den USA an ihre künftigen Arbeitgeber haben sich vor allem fünf Faktoren herauskristallisiert.

1. Diversity
Generell setzt sich der Gedanke, dass Absolventen auf Grund ihrer Leistungen und fachlichen Passung eingestellt werden (unabhängig von sozialer oder ethnischer Herkunft), immer stärker durch. Diese Idee wird in den USA in den Experten-Interviews sehr nachdrücklich herausgestellt. Political Correctness besitzt einen hohen Stellenwert sowohl bei den Unternehmen als auch bei den Bewerbern der Generation  Z, die dies zunehmend bei ihren Arbeitgebern einfordern. Entsprechend setzt sich der Trend fort, dass immer mehr anonyme Bewerbungen ohne Fotos bei potenziellen Arbeitgebern eingereicht werden. Im Gegensatz dazu wurde in Deutschland unter den Studienteilnehmern die Auffassung geteilt, dass eventuell Bewerbungen per Video (wenn auch branchenabhängig) eine interessante Alternative für Berufseinsteiger darstellen könnten, sich dem potenziellen Arbeitgeber als geeignete Kandidaten zu präsentieren. Und auch Themen wie Gleichbehandlung, Vielfalt und Inklusion könnten – die USA als »Vorreiter« betrachtend – im deutschsprachigen Raum zukünftig mehr an Bedeutung gewinnen.

2. Flexibilität und Spaß an der Arbeit
Generell zeigt sich in den USA, dass die Möglichkeit einer flexiblen Arbeitszeit- und Arbeitsortgestaltung als eine Anforderung von Bewerbern an den potenziellen Arbeitgeber zunimmt.  Die Flexibilität im Job wird eng verknüpft mit dem wahrgenommenen Spaß an der Arbeit. Auch der Aspekt der Möglichkeit, Familie und Beruf zu vereinbaren, tritt immer deutlicher in den Vordergrund und wird als Attraktivitätsfaktor für einen Arbeitgeber formuliert.

Schon in der Stellenausschreibung sollten die Bedürfnisse der Bewerber und ihre Wünsche an die Aufgabe, den Arbeitsplatz, die Arbeitszeiten und -ort, d. h. etwa in Teilen remote arbeiten zu können, zunehmend berücksichtigt werden. Neben der eigentlichen Arbeitsaufgabe sollen außerdem auch Unternehmenswerte in den Jobangeboten vermittelt werden, da diese in der Generation Z eine große Rolle spielen.

3. Gehalt
Das Gehalt wird auch in den USA nicht grundsätzlich in Stellenanzeigen erwähnt. Allerdings gibt es auch in den USA Tendenzen, dass viele Bewerber im Vorfeld die Gehaltsspanne als relevant erachten: Wenn die Größenordnung nicht stimmt, kommen die Bewerber erst gar nicht zum Gespräch. Das Gehalt wird also auch in Zukunft und für die Generation Z eine entscheidende Komponente in Bezug auf die Attraktivität eines Jobangebots bzw. Arbeitgebers sein. Aus Sicht einiger Interview-Partner hat die Nennung einer Gehaltsspanne bereits im Stellenangebot entsprechende Vorteile, weil dadurch Kosten und Zeit im Bewerbungsprozess reduziert werden können. Denn: Bewerber, die das Gehalt unattraktiv finden, bewerben sich erst gar nicht.

4. Bewerbungsprozess
Aktuell gibt es eine Tendenz, weniger Bewerbungsschreiben einzureichen als vielmehr dazu, ein Portfolio oder Fallstudien zu erstellen (im Sinne von angefertigten Arbeitsproben), um die geforderte Kompetenz nachzuweisen. Außerdem zeigt sich, dass die Bewerbung weniger auf mobilen Devices als vielmehr am Notebook geschrieben wird. Eingereicht werden die Bewerbungen nahezu ausschließlich online. Es wird keine deutliche Veränderung des Bewerbungsprozesses erwartet, der schon seit einigen Jahren sehr ähnlich abläuft.

Auf formaler Ebene sind hier Informationskanäle – neben Linkedin und für Deutschland XING – diverse Social-Media-Kanäle zu nennen, um die Zielgruppe für ein Stellenangebot zu interessieren. Es wird eine spannende Darstellung der Inhalte erwartet. In den USA wird bereits heute TikTok als ein entscheidender Kanal in der zielgruppenspezifischen Kommunikation bewertet. Auch Influencer, die in sozialen Netzwerken mit der Generation Z kommunizieren, werden hierfür zunehmend eingesetzt.

5. Stellenangebote
Stellenangebote als solche sollten präzise formuliert sein und im nächsten Schritt auf aus-sagefähige Karrierewebseiten weiterleiten. Vor diesem Hintergrund ist zwar auch in Stellenangeboten begleitendes Bild- oder Videomaterial akzeptiert, wenngleich sich in den USA ein Trend zeigt, hier nicht mehr das Unternehmen ausschließlich als Arbeitgeber vorzustellen. Vielmehr sind u. a. Video-Einbindungen relevant, die den jungen Bewerbern im Sinne eines Bewerber-Coachings für die angebotene Stelle Unterstützung bieten.

Zusammenfassung und Ausblick

Die Ergebnisse der Interviews zeigen, dass auch in den Vereinigten Staaten von Amerika das Thema »Bewerbung(sprozess)« sowohl für die Bewerber als auch für die Arbeitgeber zukünftig vor dem Hintergrund des »War for Talents« mit einer hohen Bedeutung belegt wird. Sie sind für die Bewerber einerseits berufsprägend, und für die Unternehmen stellt die Gewinnung und Einarbeitung von Arbeitskräften andererseits eine Investition dar. Hier gehen die Expertenaussagen in den USA in die Richtung, dass sich beide Parteien im Bewerbungsprozess möglichst im Vorhinein klar sein sollten, welche Erwartungen und Ansprüche bestehen, um keine unnötige Zeit und Kosten zu investieren. Hilfestellung bieten in den USA hier insbesondere Anbieter von Plattformen, die Unternehmen mit Absolventen zusammenbringen und über einen »Matching-Prozess« weitgehend Streuverluste vermeiden können. Dieser Ansatz dürfte sich in absehbarer Zeit auch in der DACH-Region durchsetzen.

Schreiben Sie einen Kommentar!


*

Kochhan_Christoph0422

Gastautor
Christoph Kochhan
ist Professor für ­Medienmarketing an der  Hochschule RheinMain.
www.hs-rm.de

wickel-kirsch

Gastautor
Silke Wickel-Kirsch
ist Professor für ­Personalwirtschaft und Organisation an der Hochschule RheinMain sowie Leiter des Lehrgangs »Certified HR-Controller« am Controller Institut.
controller-institut.at