Die Grundlage für gutes Training

Warum eine Trainingsbedarfsanalyse für Aufträge so wichtig ist, und welche Stolpersteine dadurch entstehen können.

Ganz simpel gesprochen: Bei der Trainingsbedarfsanalyse handelt es sich um die eingehende Analyse des Trainingsbedarfs in der Aus- und Weiterbildung einer Organisation, damit das Training auch die gewünschte Wirkung entfaltet. Manche Kollegen sprechen von der »Bedarfsanalyse« – mit Hinweis darauf, dass man zu Beginn des Gesprächs noch gar nicht weiß, ob ein Training überhaupt die richtige Lösung für den Bedarf des Unternehmens ist. Andere nennen sie »Transferanalyse«, weil Transfer das oberste Ziel ist und dies schon durch den Namen ausgedrückt werden soll.

Und es kommt immer wieder vor, dass man knappe E-Mails mit der Bitte bekommt, daraus Trainings zu entwickeln.

Eine Räubergeschichte zuerst: Per E-Mail kam die Anfrage für ein Training mit folgendem Inhalt. »Feedback geben: 1) Die Führungskraft als Coach und Mentor – Wichtigkeit und Auswirkungen sowie 2) Konstruktives Feedback als Unterstützung für persönliches Wachstum und Entwicklung wie auch zur Steigerung der Ergebnisse und der Unternehmensleistung.«

Wenn man das so sieht, entstehen blitzartig viele Fragen im Kopf, die sieben Bereiche umfassen:

1. Die Ausgangssituation mit Fragen nach dem Problem, den Auswirkungen des Problems und dem gewünschten Ergebnis.
2. Die Zielgruppe mit Fragen unter anderem zum Wissenstand, dem Vorwissen und der Größe der Zielgruppe.
3. Die Lernziele mit der Beschreibung von Kopf, Herz und Hand. Kopf: Was sollen die Teilnehmenden nach dem Training kennen? Herz: Was sollen die Teilnehmenden nach dem Training verstanden haben? Hand: Was sollen die Teilnehmenden nach dem Training anwenden können?
4. Die Inhalte, bei denen der Auftraggeber alle gewünschten Inhalte aufzählen darf. Diese werden dann – am besten in Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber – wieder auf die wenigen und zur Erreichung des gewünschten Ergebnisses wichtigen Inhalte gekürzt.
5. Der Transfer mit Fragen zu Transfermaßnahmen, die vor, während und nach dem Training getroffen werden.
6.  Die Evaluierung mit Überlegungen zum Nachweis, ob das Training auch etwas verändert.
7. Das Organisatorische mit Fragen zu Ort, Zeit, Dokumentation, dem Budget und Restriktionen, von dem das Projekt betroffen sein könnte.

Bei der Anfrage oben war es vor allem der Zeitfaktor, der noch einen besonderen Kick brachte. Dachte ich nämlich grob an zwei Tage Training, wünschte der Auftraggeber das Training in vier (!) Stunden. Weitere Zeit für ein Gespräch, was genau das Ziel sein sollte, stand nicht zur Verfügung. Hier ist man dann vor die Entscheidung gestellt, ob man den Auftrag rundweg ablehnt oder einen für den Kunden und für sich gangbaren Weg einschlägt.

Eine Trainingsbedarfsanalyse ist ein Coaching des Auftraggebers, bei dem auch Aufragszwickmühlen benannt werden. Wenn etwa die Führungskräfte alles in möglichst kurzer Zeit geschult haben möchten, ist es immer günstig, klarzumachen, was an Inhalten in welchem Zeitrahmen machbar ist. Viele denken, dass mehr Inhalte auch dazu führen, dass mehr gelernt wird. Hier helfen Fragen wie: Wann haben Sie gut gelernt? Was hat zum Lernen beigetragen? Wie viel haben Sie davon umgesetzt?
Häufig kommen die Auftraggeber dann selbst zu dem Schluss, dass es vor allem Zeit braucht, um transferwirksam zu trainieren.

Und als Abschluss meine Lieblingsfrage: »Können die Teilnehmenden lesen und schreiben?« aus einem Projekt in Südafrika zeigt, woran bei der Trainingsbedarfsanalyse alles gedacht werden sollte.

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langheiter

Gastautorin
Anna Langheiter
ist Expertin für kreatives Lern­design und nachhaltige Trainings und Autorin des Buches »Trainingsdesign«.
www.annalangheiter.com