Kurzarbeit in der Praxis

Worauf muss bei Kurzarbeit geachtet werden und welche Probleme haben sich in den vergangenen Monaten in der Praxis gezeigt? Dieser Artikel gibt Antworten.

Mit Covid-19 kam eine unvorhersehbare Welle an verschiedenen, sich überschlagenden und krisenbehafteten Themen auf Unternehmen zu. Die wirtschaftlichen Folgen werden wir noch lange spüren. Doch bereits vor dem Lock-down waren einige Unternehmen stark betroffen, wie zum Beispiel die Reise- bzw. Tourismusbranche. Zu diesem Zeitpunkt begann mein Austausch mit einigen HR-Kollegen betreffend Kurzarbeit, da ich viele Jahre in produzierenden Unternehmen tätig war, wo die bisherige Kurzarbeit oftmals eine gute Lösung zur Überbrückung von unerwarteten, aber auch geplanten Produktionsverlusten war. Wenn man zum Beispiel eine Produktionslinie umbauen oder erneuern möchte, dann fallen in dieser Zeit nicht nur Stückzahlenverluste an, sondern auch Stehzeiten bei den Mitarbeitern aufgrund der nicht laufenden Produktionslinie. Da man aber nach dem Umbau genau diese, gut ausgebildeten Mitarbeiter wieder benötigt, wäre es nicht förderlich, sich aufgrund einiger Monate Umbaus von diesen zu trennen.

Doch um Kurzarbeit einführen zu können, waren gute Planung und entsprechende Vorlaufzeit von Nöten. Die Genehmigungsphase vor einem möglichen Start der Kurzarbeit war mindestens 6 Wochen – da einerseits die Gewerkschaften in einigen Ausschüssen als auch das AMS selbst zustimmen, sowie die entsprechenden Gelder bereitgestellt werden mussten. Die davor laufenden Verhandlungen mit den Betriebsräten für die Betriebsvereinbarung, genaue Berechnungen der möglichen Ausfallzeiten, Definition der betroffenen Bereiche, aber auch Anpassung des Gehaltsverrechnungsprogramms beanspruchten einiges an Zeit. Alleine der Punkt betreffend des Gehaltsverrechnungsprogramms war und ist hinsichtlich möglicher Mehrkosten für Umprogrammierungen nicht unbedeutend. Natürlich ist dies stark abhängig vom verwendeten Programm. Sollte dies SAP sein, so kann man schon mit rund 15.000,– € zusätzlichen Kosten rechnen.
Ende Februar bzw. Anfang März diesen Jahres stand ich mit einigen Personalisten zu den verschiedenen Details betreffend Kurzarbeit und den damit gemachten Erfahrungen im Austausch. Wenn man dann auch noch in einem Konzern arbeitet, eventuell sogar mit deutschen Niederlassungen, dann ist das Thema Kurzarbeit sehr schnell Bestandteil der strategischen Überlegungen. Doch zu der Zeit gab es noch nicht die Covid-19-Kurzarbeit aufgrund der Pandemie. Manche Unternehmen waren hier schon der Zeit voraus. Und wenn man dann noch mindestens weitere 6 Wochen für die Genehmigung der Kurzarbeit berücksichtigen musste, ebenso den Umstand, dass bei der regulären Kurzarbeit keine Lohnnebenkosten ersetzt und einfach weniger stark gefördert war, war die Unsicherheit recht groß.

Die erste Erleichterung kam, als die angepasste Covid-19-Kurzarbeitsregelung von der Regierung vorgestellt wurde. Es sollte damit eine rückwirkende Beantragung zum 1. März 2020 möglich sein, sowie auch schon der Start ohne der finalen Genehmigung. Doch die Administration dieser, sich anfangs sogar täglich ändernden Richtlinie, erschwerte es vielen Unternehmen und Personalisten.

Noch viel härter traf es Klein- und Mittelbetriebe, wo es oftmals gar niemanden im Betrieb eigens für Personalarbeit gibt. Die Personalabrechnung und Administration läuft über Steuerberater und der Rest über die Buchhaltung.
Ich durfte ein Technik-Büro mit etwa 10 Mitarbeitern und einem frisch ernannten Geschäftsführer hierbei unterstützen. Die positive Abwicklung der Kurzarbeit war für das Unternehmen überlebensnotwendig. Die notwendigen Schritte wie Sozialpartnervereinbarung bzw. Einzelvereinbarung und Antrag beim AMS waren für den Geschäftsführer verständlich.
Doch der Teufel liegt gerade bei dem Thema Kurzarbeit im Detail. Und es stellten sich zahlreiche Fragen:
Wenn der Betrieb ein paar Aufträge noch abarbeiten kann/muss, sind dies dann Überstunden? Nein, dies zählt nicht als Überstunde – da es in die reguläre Normalarbeitszeit fällt.
Es sind alte Dienstverträge mit individuellen Gleitzeitregelungen, braucht es nun eine zusätzliche Vereinbarung? Damit die möglichen Arbeitszeiten (Kernzeiten, frühester Start und Ende), die Bekanntgabe von möglichen Einsatzzeiten sowie die Vorlaufzeit des Rückkehrtermins für alle klar kommuniziert werden und auch für das AMS entsprechend festgehalten werden, haben wir eine betriebliche Gleitzeitvereinbarung während der Kurzarbeit erstellt, welche alle Mitarbeiter auch bestätigt haben.
Wie werden die Teilzeitmitarbeiter berücksichtigt?
Was bedeutet das für die Abrechnung? Da dies über den Steuerberater läuft, musste auch hierfür eine Mehrkostenschätzung, aufgrund des erhöhten Arbeitsaufwandes des Steuerberaters, erfolgen.

Bei der Auf- und Vorbereitung der einzelnen Unterlagen hat es einige Tage gedauert, und in dem Fall war es gut. Denn gerade zu Beginn des Lock-down kamen laufend Anpassungen der Kurzarbeit-Regelungen durch die Regierung und damit vom AMS. Dies führte wiederum zu stetigen Adaptierungen der Formulare. Besonders erfreut waren wir, dass der Antrag ohne weitere Rückfragen lief und am Ende auch problemlos vom AMS genehmigt wurde.

Eine nicht unwesentliche Diskussion hatte ich auch mit einem anderen kleineren Handelsbetrieb, wo sich die beiden Geschäftsführer über einige Tage hinweg tief in die Materie der Kurzarbeitsregelung eingearbeitet hatten, aber bei manchen Details stockten. Besonders schwierig war die korrekte Vorabberechnung der Kurzarbeitsbeihilfe. Es gab zwar schon den ersten Rechner auf der AMS-Website, doch selbst für Personalisten sind die Themen Pauschalsätze, Nettoersatzrate, welche Bestandteile zählen dazu etc. nicht so einfach. Da diese Berechnungen noch vor der Verlautbarung der Regierung stattfanden, in der angekündigt wurde, dass auch die Sozialversicherungsbeiträge übernommen werden, liefen noch mehr Kosten für den Arbeitgeber an. Die Kernfrage, die wir lange besprochen hatten, war folgende: Wäre es denn von Seiten des Arbeitgebers nicht kostengünstiger, wenn man die Mitarbeiter umgehend einvernehmlich auflöst (natürlich unter Auszahlung aller gesetzlich notwendigen Zahlungen – wie Urlaubsersatzleistung, Abfertigung alt etc.) und eine Wiedereinstellungszusage macht?
Diese Frage war für mich in dem Moment unerwartet, aber berechtigt. Denn im Grunde wäre es für den Arbeitgeber – rein aus Kostensicht – eine ernste Alternative. Insbesondere, wo die Abrechnung über den Steuerberater auch hier höhere Kosten verursacht. Wenn man jedoch die Möglichkeit hat, hier den sozialen Aspekt für seine langjährigen Mitarbeiter zu berücksichtigen, ist die Antwort klar und Kurzarbeit natürlich die bessere Lösung. Mit den zahlreichen Anpassungen wurde die Kurzarbeit auch immer attraktiver.

Das ÖPWZ Forum Personal hat durch die zahlreichen Gespräche mit den Mitgliedsbetrieben sehr ähnliche Erfahrungen gemacht. Und dadurch entstanden in der Zeit des Lock-down die regelmäßigen Telefonkonferenzen mit Personalisten. Da es eine generelle Ausnahmesituation war, haben wir nicht nur Mitgliedsbetriebe eingeladen, sondern alle interessierten Personalisten. Sehr hilfreich war die Telefonkonferenz mit dem AMS-Vorstand Johannes Kopf bereits Ende März, der zu unzähligen Fragen der Betriebe fundiert Stellung genommen hat und viele Unklarheiten ausräumen konnte. Mit laufender Bearbeitung des Themas gab es auch immer Details abzuklären bzw. zu besprechen. Und unsere Telefonkonferenzen hatten zwischendurch sogar mehr als 650 Teilnehmer.
Um einen guten Austausch zu ermöglichen, wurden die Fragen vorab gesammelt und damit schon gebündelt für die Beantwortung.

Die Sorge der Personalisten, ob alles geklappt hat mit dem Antrag bzw. ob dieser auch genehmigt wird, konnten wir nicht lösen. Denn viele von ihnen wurden fast täglich von der Geschäftsleitung gefragt, ob denn der Antrag nun genehmigt ist. Doch das AMS konnte die Flut an Anträgen und unterschiedlichen Auslegungen mit den notwendigen Rückfragen und Korrekturen auch nur nach deren Möglichkeiten abarbeiten. Und damit entstand ein zusätzliches Spannungsfeld für alle.

Jetzt, Ende Mai, ist diese Phase zwar etwas abgeflaut, da die Anträge alle gestellt sind. Doch nun kommt das heikle Thema der korrekten Abrechnung der Ausfallzeiten. Denn jedes Unternehmen versucht mit allen Mitteln, die Anträge korrekt zu haben, um auf keinen Fall in die Situation von Rückzahlungsforderungen durch das AMS zu kommen.

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Schlosser

Gastautorin
Barbara Schlosser
ist Mitglied des Präsidiums
des Forum Personal
im ÖPWZ
www.opwz.com