Liftfahren steigert das Verständnis

Warum es sich bezahlt macht, während eines Kommunikationsprozesses machmal die Ebenen zu wechseln, erfuhr Christoph Wirl in einem Intensivworkshop von brandzwo.

»Schatz, bist du für heute Abend schön genug angezogen? Wir haben einen Termin beim Notar«, ruft die sorgende Ehefrau ihren Mann im Büro an. Sofort fühlt er sich beleidigt über die versteckte Unterstellung und antwortet leicht sauer »Nein, muss ich auch nicht. Ich habe doch Dich dabei, niemand schaut auf mich.« Trotz des kleinen Scherzes, fühlt sich der Mann angegriffen. Es bricht ein kleiner, leicht vermeidbarer Streit aus. Was ist schief gelaufen?

Der Ehemann ist in seiner Persönlichkeitsstruktur nach dem PCM®-Modell (Process Communication Model) ein starker Rebell. Natürlich hat er auch alle anderen Anteile in sich, doch durch die Frage der Ehefrau, die eine rein logische für sie ist, spricht sie bei ihrem Mann den Rebell an. Es trifft also eine logische Formulierung (weil Notar = schöne Kleidung) auf einen Rebell (jetzt erst recht nicht). Das kann nicht funktionieren. Eine Lösung ist es, wenn die Ehefrau auf ihren Mann eingeht und in ihrer persönlichen Kommunikationsstruktur gedanklich auf das Stockwerk »Rebell« fährt. Dann spricht Rebell mit Rebell. Der Rebell sucht Kontakt und Spaß, ist ein Spieler, und stresst sich, wenn er sich anstrengen muss, um perfekt zu sein. Er will gar nicht perfekt sein. Hätte die Ehefrau also gesagt »Schatz, Du kennst ja den Witz mit dem Notar und der Krawatte. Ich kenn Dich gut und weiß, dass Du nicht in diese Situation kommen willst. Ich bring Dir daher einfach das neue Sakko und die schönen Schuhe mit, wir treffen uns nachher in der Stadt.« Vermutlich wäre der Ehemann sofort dabei und bedankt sich bei seiner Gattin, die er deshalb geheiratet hat, weil er sich so verstanden fühlt von ihr.

Das Modell

Welches theoretische Modell steckt nun dahinter? Im Intensivworkshop mit Gerald Wahl erfahre ich alle wichtigen Hintergründe des Modells, bevor es an die praktische Anwendung geht. Das PCM®-Modell hat seine Anfänge im Jahr 1977 und wurde von Taibi Kahler entwickelt. Es wurde anfänglich bei der NASA eingesetzt und ist bereits seit 1980 in Wirtschaft und Politik im Einsatz. Weltweit gibt es 1 000 zertifizierte Trainer und bereits über 1 000 000 PCM®-Profile.

Der Kunde beantwortet 45 Fragen, dafür braucht er rund 30 bis 40 Minuten und erhält in einem 4-Augen-Gespräch mit dem Trainer seine Persönlichkeits- und Kommunikationsstruktur erklärt.

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Das Modell geht von 6 Grundtypen aus:

der Rebell

der Empathiker

der Logiker

der Beharrer

der Macher

der Träumer

Jeder Mensch hat natürlich Anteile an allen, aber eben in verschiedenen Ausprägungen. Das Ergebnis ist eine Persönlichkeitsarchitektur, wie sie beispielhaft links abgebildet ist.

Wenn sich nun ein Mensch mit ganz viel Logiker-Anteil mit einem »Rebell« unterhält, könnte die Kommunikation recht schwierig werden. Im Extremfall denkt sich der Logiker vielleicht sogar »So ein Idiot, der versteht ja gar nichts.« »Das stimmt nicht«, erklärt Gerald Wahl im Seminar, »er ist nicht blöd, er tickt nur anders.« In so einer Situation gilt es die persönliche Kommunikationsstruktur an das Gegenüber, z. B. den Kunden anzupassen und eben »träumerisch« und nicht »logisch« zu argumentieren und zu kommunizieren. Dann fühlen sich beide im Kommunikationsprozess viel wohler und besser verstanden. Während des Gesprächs ändern sich die Kanäle, so gilt es permanent in der eigenen Architektur »Lift zu fahren« und die Ebenen zu wechseln. Wir üben diesen Prozess im Workshop anhand von Videos, Fotos und persönlichen Gesprächen. Ich bin überrascht darüber, wie schnell es mir gelingt, herauszufinden, welcher Grundtyp gerade angesprochen wird.

Einsatzmöglichkeiten

Das Modell ist vielseitig einsetzbar, je nachdem in welcher Situation man sich gerade befindet. Es eignet sich für jegliche Art der Kommunikation, sei es privat oder beruflich. Natürlich auch in der Führung von Mitarbeitern. Wenn ich die Persönlichkeitsarchitektur meiner Mitarbeiter kenne und mir auch meines eigenen Kommunikationsverhaltens bewusst bin, kann ich wesentlich einfacher führen und motivieren.

Jeder der 6 Grundtypen hat unterschiedliche psychische Bedürfnisse, sozusagen innere Motivatoren. Der Träumer möchte gerne Alleinsein, ein Einzelbüro haben und ganz klar geführt werden. Der Macher braucht Aufregung und Action, während der Rebell durch Spaß und Kontakte motivierbar ist. Er wäre tief unglücklich, in einem Einzelbüro zu sitzen. Dem Empathiker geht es um die Anerkennung als Person, der Beharrer braucht hingegen die Anerkennung der Leistung und für sein Engagement. Auch der Logiker braucht Anerkennung der Leistung und braucht eine ganz klare Zeitstruktur.

Ein Empathiker fängt mit einem Lob für seine Leistung nicht allzu viel an. Er braucht Sätze wie »Frau Müller, ohne Sie hätten wir das nie so effizient hinbekommen. Ihr Einfühlungsvermögen war für das Team extrem wichtig!« So ein Satz hingegen hält ein Logiker nicht aus. Er muss ganz konkret hören, was er gemacht hat. »Herr Müller, wie Sie das Projekt strukturiert haben, das Gestalten der Zeitpläne und wie schnell alles umgesetzt wurde. Genial.«

Natürlich hilft es auch, um eigene Stressmuster kennenzulernen und zu vermeiden.

Ein Träumer wird zum Beispiel gestresst, wenn er das Gefühl hat »ich muss stark sein«. Wenn dieser Druck zu stark ist, wird er passiv, zieht sich mehr und mehr zurück und führt Begonnenes nicht richtig zu Ende. Dadurch wird er allein gelassen. Er beklagt sich dann mit den Worten »Man hat mir kein Ziel gegeben, mich nicht genügend geführt.«

Das Stressverhalten beim Beharrer sieht dagegen völlig anders aus. Er wird gestresst durch das Muster »du muss perfekt sein«. Er sucht die Schuld und Fehler dann bei anderen, greift diese an und verlässt das Team mit den Worten »man kann sich nicht auf sie verlassen.«

Wenn man das Stressverhalten am Gegenüber rechtzeitig erkennt, kann man die richtigen Gegenmaßnahmen setzen und den anderen wieder aus der Stresssituation heraus befördern.

Das Modell ist im Hintergrund hoch komplex, für den Anwender aber sehr leicht zu erlernen und einfach in der täglichen Anwendung. In 2-Tages-Seminaren erhält man einen Einblick und sein persönliches PCM®-Persönlichkeitsprofil.

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Gerald Wahl

ist zertifizierter PCM®-Trainer und Coach in Wien.

Als Inhaber von

brandzwo beschäftigt er sich seit 20 Jahren mit Identität und Kommunikation.

www.brandzwo.at