Sprachtrainings konzipieren

Worauf Trainer und Sprachinstitute achten, wenn sie ein ­Sprachtraining ­designen und konzipieren, erzählt Wolfgang Reis im Interview.

Wie muss ein Sprachtraining konzipiert werden, um optimalen Erfolg zu liefern?

Wirklich entscheidend für den Erfolg eines Sprachtrainings ist die Orientierung der Inhalte an den Bedürfnissen der Teilnehmer und die damit verbundene Möglichkeit, die erlernten Fähigkeiten unmittelbar außerhalb des Trainingskontexts, sozusagen »in der freien Wildbahn«, anwenden zu können. Um dies zu gewährleisten, sollte sich der Trainer in Einstufungsgesprächen vor Trainingsbeginn einen klaren Überblick über die Ausgangskenntnisse, Bedürfnisse und Ziele seiner Teilnehmer verschaffen und in der Folge das Trainingsprogramm konsequent darauf abstimmen. Wer das Erlernte schnell anwenden kann, gewinnt an Sicherheit, und erste Erfolge stärken wiederum die Motivation, weiter zu lernen.

Was hat sich an der Didaktik von Sprachen in den letzten Jahren geändert?

Aufgrund der Globalisierung hat sich auch im Bereich Sprachtrainings ein internationalerer Zugang entwickelt. Hörbeispiele werden zunehmend mit Sprechern aus der ganzen Welt aufgenommen, um den Teilnehmern möglichst authentische Sprachfärbungen zu vermitteln. So können Materialen besser an den Arbeitsalltag angepasst werden, da kaum jemand ausschließlich mit Muttersprachlern kommuniziert. Die Teilnehmer erhalten Werkzeuge, die es ihnen ermöglichen, mit Gesprächspartnern unterschiedlicher Sprachlevels aus allen Ländern und Kulturen in Kontakt zu treten.
Zusätzlich dazu steht der integrierte Ansatz im Vordergrund. Grammatiklernen ist nicht mehr nur Selbstzweck, sondern wird in den jeweiligen Verwendungskontext integriert. Ebenso verhält es sich bei der Erweiterung des Wortschatzes. Vokabeln werden mit Hilfe von Kollokationen oder Texten vermittelt und nicht anhand der früher oft gängigen zweisprachigen Listen.

Wie können Trainings sinnvoll mit Online-Elementen angereichert werden?

Das Internet ist eine unerschöpfliche Quelle an Material, das, wenn es gut aufbereitet ist, ein Sprachtraining bestmöglich unterstützt. Anhand von Youtube-Videos können zum Beispiel authentische Situationen am Arbeitsplatz gezeigt und von den Teilnehmern gemeinsam mit dem Trainer analysiert werden. Ebenso können Online-Materialien gezielt und geführt vom Trainer für das Selbststudium herangezogen werden. Nicht zuletzt lässt sich Freizeit mit Lernen verbinden, indem sich Teilnehmer ihre liebsten Film- und Fernsehformate auf einer der zahlreichen Streaming-Plattformen in der Fremdsprache anschauen oder über ihre Handys Podcasts (manche davon gezielt für Lernende erstellt) hören.

Wie kann der Erfolg gemessen werden?

Für die Nachhaltigkeit einer Trainingsoffensive ist es wohl am zielführendsten, die Sicherheit der Teilnehmer im Umgang mit der Sprache zu stärken, Hemmungen abzubauen und den spontanen Spracheinsatz zu fördern. Diese Ziele basieren auf subjektivem Empfinden und sind daher am ehesten mittels Feedbackbogen zu messen. Wenn man den Erfolg eines Trainings an quantitativen Faktoren, wie zum Beispiel der Erlernung neuer Vokabel oder Phrasen für den Berufsalltag, festmachen möchte, kann man auch einen Abschlusstest einsetzen.

Wie unterscheidet sich ein gut konzipiertes Training von einem Standardtraining?

Ein Standardtraining wird nach einem vorgefertigten Konzept durchgeführt, das vom Material und dem tatsächlichen Unterricht her durchaus gut sein kann, sich aber nicht an den manchmal auch spontan aufkommenden Anforderungen der Teilnehmer orientiert. Der Trainingsplan eines gut konzipierten Trainings wird immer erst nach Rücksprache mit den Teilnehmern erstellt, basiert ausschließlich auf deren Bedürfnissen, Sprachkenntnissen, Lerntypen und Alltagsanforderungen und kann bei Bedarf kurzfristig an neu auftretende inhaltliche Erfordernisse angepasst werden.

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Wolfgang Reis
ist Miteigentümer
und Geschäftsführer
von biz.talk und Experte für Sprachtrainings.
www.biztalk.at