Trends 2018: Mobile und Microlearning

Bei der Trainerkonferenz ATD 2017 in Atlanta erlebten die Teilnehmer eine Abenteuerreise in die Welt des Talent Development. Klare Trends sind erkennbar.

Der weltweit größte Kongress zum Thema Talent Development mit über 10 000 Teilnehmern, über 300 Workshops, mehr als 400 Rednern und Workshopleitern und mit einer riesigen Expo fand im Mai 2017 in Atlanta statt. Der Kongress dauert 4 Tage, die dazugehörende Expo 3 Tage und wem das nicht reicht, der kann noch Pre-Workshops buchen.
Zur Vorbereitung auf dieses Ereignis ist es hilfreich, sich mithilfe der App schon vorzeitig zu orientieren und dann noch das vor Ort ausgeteilte Büchlein zu studieren. Dabei macht es Sinn, sich mehrere Workshops in einen Slot zu buchen. Denn wenn einer überfüllt ist (und das kann trotz Räumen mit 200+ Teilnehmern passieren), kann man sich in einen anderen Workshop begeben. Das Hauptinteresse gilt den Themen Instructional Design, Learning Measurement & Analytics und dann erst Training Delivery. Damit verbleiben immer noch 12 andere Kategorien wie zum Beispiel Führungskräfteentwicklung, Karriereentwicklung, Gesundheit, Lerntechnologie, Wissenschaft des Lernens.

Instructional Design – bei uns auch Trainingsdesign genannt – ist »drüben« tatsächlich ein anerkannter Beruf und so sitzen in einem Workshop dann 200 Gleichgesinnte. Interessant dabei ist, dass es hier doch oft die klare Trennung in »nur Trainer« und »nur Trainingsdesigner« gibt. Das Thema »Agile« hat auch in diesen Bereich Einzug gehalten, und der bekannte Ansatz ADDIE (Analyse, Design, Entwicklung, Implementierung, Evaluation) wird aufgeweicht bzw. ergänzt. So werden zwischen den Schritten jetzt iterative Schleifen eingezogen, in denen immer wieder überprüft wird, ob man auf dem richtigen Weg ist. Die Ansätze dazu heißen dann ­LLAMA (Look Like Agile Management Approach) oder SAM (Successive Approximation Model) und sind vor allem im Bereich der Entwicklung von E-Learning wichtig.

Zwei Trends kristallisieren sich heraus:
Einerseits das Mobile Learning, also das Lernen mit dem Smartphone/Tablet: Unternehmen investieren mehr in mobile Technologien, die mit Lernen verbunden sind.
Andererseits das Thema Microlearning, das sich darauf konzentriert, dass der Lernende den richtigen Inhalt zeitgerecht abrufen kann. Dabei kann Microlearning digitale Elemente beinhalten, es kann aber durchaus auch mit Handouts gearbeitet werden. Microlearning soll somit nicht als Synonym für elektronische Inhalte verstanden werden. Das deckt sich auch mit meiner eigenen Beobachtung: Auf der Expo und in den Workshops werden alle Arten von E-Learning angeboten, wie man elektronische Mikrolerneinheiten erstellen kann (z.B. MILE – Micro Learning Design Model), und gleichzeitig gibt es Workshops, die Microlerneinheiten als Classroomtraining anbieten und darauf hinweisen, dass Lernen einfach Zeit braucht.
Der Workshop »Dual Role« überrascht. Es geht um die Rolle von Fachexperten in der Entwicklung und Durchführung von Trainings. Bisher habe ich es so gehandhabt, dass die Fachexperten den Input für das Training gegeben haben und dann auch immer als Trainer ausgebildet wurden. Neu ist, dass es sehr unterschiedliche Arten von Fachexperten mit unterschiedlichen Rollen gibt (z. B. technisch, funktional, instruktional, …) und dass genau diese Rolle jeweils am Beginn des Trainingsdesigns detailliert geklärt werden muss.
Wenn die Fachexperten auch trainieren sollen, dann muss der Trainingsdesigner auf zwei Typen von Trainern schon im Design eingehen: die, die Struktur brauchen und am liebsten auf den Folien Hinweise haben, wie man am besten trainiert und die, die am liebsten improvisieren und denen man diese Freiheit geben sollte, wobei man ihnen gleichzeitig beim Zeitmanagement helfen muss. Wichtig ist, dass es eine Train-the-Trainer-Ausbildung für die Fach­experten gibt, sodass diese auf ihre Rolle gut vorbereitet werden und dass das Trainerhandbuch klar genug ist, damit sich die Fachexperten als Trainer wohl fühlen können.
Das Thema der Einbindung von Fachexperten in das Design von Trainings hat eine so große Bedeutung, dass es nur dafür ein eigenes Buch geben wird, das noch 2017 erscheinen soll.

Der Workshop zum Thema Transfer beginnt mit einem starken bildhaften Vergleich: Wenn wir wissen, dass nur 20 % von dem, was gelernt wird auch tatsächlich umgesetzt wird, dann wäre das vergleichbar damit, dass nur 20 % der Teilnehmer, die vom Hotel zum Kongress wollen, auch dort ankommen. Verbunden mit der Frage: »Würden wir das akzeptieren?«

Die Workshopleiterin präsentiert ihre Ergebnisse der Studie zum Trainingstransfer mit 7 wichtigen Faktoren: Stakeholder, Kontext, Anwendung im Alltag, Motivation, Intensität, Soziales, Technologie. Mit Hilfe eines Fragebogens (http://tinyurl.com/transferscan) kann jeder ein eigenes Training evaluieren und erhält Ideen, was man verbessern kann. Die 27 Fragen sind unterschiedlich auf die Themen verteilt – je mehr Fragen (max. 5), desto wichtiger der Fragenkomplex. Dabei überrascht es die Teilnehmer wenig, dass einerseits die Einbeziehung von und die Unterstützung durch die Stakeholder wichtig sind und andererseits die Motivation des Teilnehmers eine große Rolle beim Transfer einnimmt. Es überrascht hingegen, dass das Thema Integration mit nur 2 Fragen eine sehr kleine Rolle einnimmt. Es geht hier darum, ob der Teilnehmer die Möglichkeit bekommt, das Gelernte auch am Arbeitsplatz einzusetzen und ob er Unterstützung von der Führungskraft erhält.

Der letzte Workshop »Learner Experience Facilitation« des Kongresses birgt dann noch viel Eh-schon-Wissen und ein paar Ahas. Die gut aufgezogene Show zeigt den Unterschied zwischen Design und Training klar auf und unterscheidet verschiedene Phasen: Die Ära »X«, in der es nur um die Weitergabe von Wissen geht, dann »LX« für Learner Experience, in der es um Wissen und die Fähigkeiten geht und dann die »ADLX« für Active and Deep Learner Experience. Hier kommt noch die Einstellung dazu, auch etwas ändern zu wollen. Ein interessanter Aspekt ist definitiv die Unterscheidung zwischen Learning Experience und Learner Experience. Dem Vortragenden ist es wichtig, dass es wirklich immer um den einzelnen Lernenden geht und nicht um das Lernereignis. Basierend darauf präsentiert er eine Struktur, die gute Trainings ausmacht: den Fokus auf jeden einzelnen Lerner setzen, Interaktion innerhalb der Gruppe, Wiederholen des Gelernten, ein guter Ablaufplan und das Transformieren des Gelernten in Leistung.
Zwei Ahas: Die anderen Teilnehmenden lassen sich sehr leicht animieren, immer wieder nachzusprechen, wie die unterschiedlichen Phasen heißen. Mich nervt schon die erste Wiederholung, es kommen mindestens 7 davon. Auch der »erzwungene« Austausch von Visitkarten bei einer simplen 2-minütigen Murmelgruppe ist bei uns nicht üblich.

Fazit

Die ATD ist ein Kongress, auf dem man sehr leicht mit anderen Besuchern und auch den Vortragenden ins Gespräch kommt.
Die Workshops sind in Dimensionen, die man als Besucher vom Inspiration Day oder dem Berliner Trainerkongress einfach nicht kennt: Keiner hat weniger als 80 Teilnehmer, meist sind es 150 und mehr. Sehr viele Vortragende haben daher auch eine Präsentation vorbereitet und nur wenige eine interaktive Session, wie ich es eigentlich erwartet hatte.
In der riesigen Ausstellungshalle gibt es viel zu den Themen E-Learning, Video-Training, Leadership, Microlearning und wenig klassisches Training und erfahrungsorientiertes Lernen. Allein hier kann man mit Leichtigkeit mehrere Stunden verbringen und sich neue Ideen und Anregungen holen.

Die ATD 2018 findet von 6. Mai bis 9. Mai 2018
in San Diego in Kalifornien statt.
www.atdconference.org

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Gastautorin
Anna Langheiter
ist Expertin für kreatives Lerndesign und nachhaltige Trainings.
www.annalangheiter.com