Visitenkarte Stimme

Jedes gesprochene Wort vermittelt etwas von uns ganz persönlich: Professionalität, Nervosität, Gelassenheit, Souveränität oder Angst. Wie Sprechtechnik und Sprechdynamik die persönliche Wirkung verbessern und wie wir unsere Stimme trainieren können, erfahren Sie hier.

Hoffentlich Wissen Sie bereits, dass die häufig getätigte Behauptung, dass 93 % der Kommunikation nonverbal passiert, eine Bullshit-Aussage ist. Angeblich hätte eine Studie von Albert Mehrabian gezeigt, dass 38 % der Kommunikation von Ton und Stimme abhängen. Das stimmt so in dieser Form nicht. Was aber sehr wohl stimmt ist der Umstand, dass die Stimme zum »Erscheinungsbild« eines Menschen wesentlich beiträgt. Die Stimme und die Art wie jemand spricht, wird vom Gegenüber stets interpretiert, bewusst oder unbewusst, genauso wie die Kleidung, die Frisur, der Geruch. Deswegen setzen sich auch professionelle Redner, natürlich auch Schauspieler und Radio- und Fernsehmoderatoren, ganz intensiv mit ihrer Stimmwirkung auseinander. Es ist schließlich ihr täglich Brot.

Jeder Verkäufer, jede Führungskraft, ja jeder Mensch, dem seine Wirkung auf andere wichtig ist, sollte sich intensiv mit seiner Stimme auseinandersetzen. Schließlich denkt man ja auch beinahe täglich darüber nach, welches Hemd zu welchem Sakko passt, bzw. welche Schuhe zu welcher Handtasche.
Genau dafür gibt es professionelle Stimmtrainer und -coaches. Sie helfen dabei, die eigene Wirkung der Stimme und generell der gesprochenen Worte zu analysieren und geben wertvolle Tipps, um die Wirkung zu erhöhen. Dabei ist immer wieder die Rede von Sprechdynamik und Sprechtechnik. TRAiNiNG hat bei zwei Experten nachgefragt, was darunter genau verstanden wird und wie wichtig es für den persönlichen Erfolg ist, professionell zu sprechen.

Barbara Blagusz (Expertin für Stimm- und Sprechtechnik) klärt auf: »Die Sprechtechnik ist das Handwerk, die Dynamik ist Energie. Es ist wie bei einem Instrument: Blasen Sie Luft in eine Flöte, entsteht ein Ton, aber erst durch die richtige Technik entlocken wir dem Instrument wunderschöne Laute. Ob Sie nun ein schnelles, lautes Stück spielen oder eher beruhigende, leise Töne erklingen lassen, es ist immer eine Frage der Dynamik. Übersetzt auf die Stimme heißt das, Lautstärke, Kraft und Volumen bringen Energie – je mehr, umso lebendiger, sprich dynamischer klingen Sie. Schnell, laut, mitreißend, wenn es um Motivation geht. Leise, tief und langsam, wenn Vertrauen im Vordergrund steht. Gut, wenn Sie beides beherrschen: Abwechslung in der Dynamik und eine ausgefeilte Sprechtechnik, denn dann treffen Sie je nach Situation den richtigen Ton. Sprechtechnik ist ein Handwerk, dass jedermann erlernen kann. Sprechdynamik ist Typsache.«

Arno Fischbacher (Business-Stimmcoach): »Für mich geht es weniger um ›gute Sprechtechnik‹. Ich rate meinen Coaching-Kunden, die naheliegenden Bedürfnisse ihrer Zuhörer zu erfüllen: Damit sie jedes Wort ohne Mühe verstehen können sowie sich persönlich angesprochen fühlen. Dazu ist viel Abwechslung in Rhythmus und Tonalität wichtig sowie genügend Sprechpausen, um dem Zuhörer Zeit zum Assoziieren und Verstehen zu geben.«

Wirkung von Sprache

Manchmal ist es weniger von Bedeutung, was gesagt wird, als wie es gesagt wird. Sie kennen bestimmt den Augenblick, in dem jemand zu sprechen beginnt. Sie sind irritiert auf Grund der hohen, dünnen, schrillen, gehetzten, gequälten Stimme. Oder angetan von der sonoren, ruhigen und damit beruhigenden Stimme. Ob Sie jemanden für kompetent halten oder ob Sie jemand für kompetent hält, ist zu einem hohen Prozentsatz von der Sprechtechnik und der Stimmfärbung abhängig.

Barbara Blagusz über die Wirkung von Stimme: »Sprechen Sie zu hoch, glaubt man Ihnen nicht. Sprechen Sie zu schnell, wirken Sie gehetzt und unsicher. Beides keine guten Voraussetzungen für Ihren Gesprächserfolg. Wichtiger ist, welche Gefühle eine Stimme in uns auslöst. Eine Stimme, die zu hoch liegt, gepresst, gequetscht, dünn oder emotional unsicher klingt, wird als unangenehm empfunden. Und machen wir uns nichts vor: Der berühmte erste Eindruck erfolgt auch übers Ohr und lässt sich so schnell nicht wieder geradebiegen. Es gibt jedoch keine ›beste‹ Stimme, sie ist immer abhängig von der Situation. Eine Stimme, die Kunden am Telefon freundlich begrüßt, setzt andere Sprechtechniken ein als eine Stimme, die einen verärgerten Kunden kompetent und vertrauensvoll zu einer Lösung führt. Eine Stimme, die vor großem Publikum eine flammende Rede hält, muss andere Dinge beherrschen als eine Stimme, die ein heikles Mitarbeitergespräch führt. Welche Stimme Sie brauchen, hängt somit von Ihrer Tätigkeit ab.«

Somit wird ganz klar: Ein Bankbeamter muss anders kommunizieren als ein Psychotherapeut. Eine Fitnesstrainerin, die motivieren will, anders als ein Autoverkäufer. Einmal wird vor allem Freundlichkeit, Geduld und Empathie verlangt, ein andermal Vertrauen und Ruhe. Manchmal braucht es auch Klarheit, Kraft und Ausdauer. All diese Eigenschaften zeigen sich unterschiedlich in der Stimme. Ein Mensch, der Herzen erwärmt, wird mit derselben Stimme als Arzt vielleicht nur geringe Glaubwürdigkeit vermitteln.
Auch Verkäufer sind gut beraten, sich intensiv mit ihrer Stimmwirkung auseinander zu setzen. Stimme kann Vertrauen schaffen oder Skepsis, Misstrauen und Abneigung. Letztere sind allerdings schlechte Voraussetzungen für den Verkauf.

Arno Fischbacher: »Untersuchungen zeigen, dass Kunden von Menschen mit angenehmer Stimme lieber kaufen. Hinter angenehmen Stimmen vermuten wir automatisch einen Menschen, der uns in irgendeiner Weise ähnlich ist. Das schafft Verbindung und persönliche Nähe, selbst wenn uns der andere völlig unbekannt ist. Wie gelingt es, dass unsere Zuhörer und Gesprächspartner immer wieder nach ›mehr‹ verlangen? Dass dieser wunderbare Sog entsteht, der zur Zustimmung, zur Vereinbarung, zum Geschäftsabschluss führt? Unsere Zuhörer wollen körperliches Wohlbefinden, daher sollten Stimme und Sprechweise energetisieren, also Spannkraft und Lebensenergie vermitteln. Sie suchen nach Sicherheit, also sollten wir Sprecher frei von Zeit- und Ergebnisdruck, frei von Angst vor Ablehnung und von inneren Zweifeln sein. Empathie ist das dritte Stichwort – wer innerlich nicht wirklich bereit ist, sich auf den anderen einzulassen, sendet verhängnisvolle unbewusste Stimmsignale. Über allem steht die Fähigkeit von der ›Sachstimme‹, dem neutralen Stimmklang beim Erklären und Berichten, umzuschalten auf die ganz persönliche Ebene. Nur so zeigen wir, dass wir nicht mit ›Kunden‹ sprechen, sondern mit dem Individuum mit all seinen Sorgen und Wünschen.«

Trainieren von Stimme

Jeder Mensch hat seinen eigenen Klang. Wir sind sozusagen damit geboren und haben uns über die Jahre daran gewöhnt, wie wir klingen. Die Stimme ist allerdings keine Konstante, die wir einfach als gegeben hinnehmen. Wir können sie trainieren. Wir können sie verändern und vor allem viel bewusster einsetzen.

Barbara Blagusz: »Viele Menschen kommen  deshalb zu mir, weil sie merken, dass irgendetwas nicht passt. Sie werden nicht gehört, ständig unterbrochen, milde belächelt – sprich nicht ernst genommen. Andere wollen deutlicher sprechen, eine tiefere Stimmlage oder mitreißendere Reden halten. Die gute Nachricht: Stimme ist eine Gewohnheit und damit veränderbar. Hier bringt schon ein kleiner Schritt oft große Wirkung. Kennen wir erst einmal den richtigen Hebel, braucht es nur etwas Übung. Wollen Sie z. B. eine andere Stimmlage? Das ist leicht und mit der richtigen Anleitung mit 5 Minuten Übung pro Tag in wenigen Wochen veränderbar.«

Barbara Blagusz gibt für den ersten Schritt einen konkreten Tipp: »Nehmen Sie sich auf Band auf und hören Sie, wie Ihre Stimme für andere klingt. Ohne diese Fremdwahrnehmung können wir unsere Sprechweise nicht verändern. Fragen Sie sich dann: Wie will ich wirken? Was gefällt mir gut? Was soll anders klingen? Dies ist der erste Schritt. Erst bei der Aufnahme hören Sie dann, wo Sie Endungen verschlucken, wo eine Pause notwendig ist, wo es mehr oder weniger Lautstärke braucht. Holen Sie sich Unterstützung: In einem Stimmtraining oder in wenigen Stunden Einzelcoaching lernen Sie dann punktgenau und schnell die Werkzeuge, die Sie Ihrem Ziel näher bringen.«

Es geht also schneller und einfacher als häufig angenommen. Mit wenigen Übungen sind bereits erste Erfolge zu verzeichnen. Und das schnelle Feedback von anderen Menschen wird Sie bestärken, weiter an Ihrer Stimme zu arbeiten.

Arno Fischbacher über den Veränderungsprozess: »Zuerst ist Standortbestimmung angesagt durch kompetentes Feedback. Eine Checkliste kann ein guter Ausgangspunkt sein oder ein Feedback-Gespräch mit einem professionellen Stimmcoach. Dann sollten in einer ersten Session erste Tools erarbeitet werden, die bereits am nächsten Tag umsetzbar sind. Das schenkt nicht nur Erfolgserlebnisse, sondern stärkt die Neugier, weiter zu forschen. Meine Kunden sind oft recht verwundert, wie einfach große Wirkung zu erzielen ist. Man erwartet langwierige Stimmübungen und erfährt anstelle dessen, wie eine richtig eingesetzte sprachliche Suggestion die Stimme angenehm rund klingen lässt. Oder wie das Aufrichten des Nackens nicht nur körpersprachlich auf Augenhöhe bringt, sondern in wundersamer Weise der Stimme mehr Volumen und Durchsetzungskraft gibt.«

Emotionen gekonnt einsetzen

Auch unsere Emotionen beeinflussen unsere Stimme. Das kennen Sie bestimmt. Wir können Emotionen des Gesprächspartners in seiner Stimme wahrnehmen und er unsere. Dazu ein paar Beispiele:
Sind wir ängstlich, klingt die Stimme eher schwach und tief.
Sind wir freudig erregt oder gar verliebt, klingt sie häufig höher als normal.
Besitzen wir in einer Situation ein hohes Selbstbewusstsein, lässt das die Stimme tief und kräftig wirken.
Hoch und manchmal richtig schrill wird die Stimme dann, wenn wir wütend und in Rage sind.

Arno Fischbacher über Emotionen in der Stimme: »Nicht die eigenen Emotionen sind wichtig, sondern die Emotionen unserer Zuhörer. Im Theater sagt man: Wer auf der Bühne echte Tränen weint, macht aus den Zusehern Voyeure. Besser ist, sich in die Problemwelten seiner Gesprächspartner hineinzudenken, und die oft heiklen Erwartungen oder Befürchtungen konkret anzusprechen. Denn indem wir uns empathisch auf die Gedanken oder Erwartungen unserer Gesprächspartner einlassen, entsteht jener emotionale Gleichklang, der ein gutes Gespräch ausmacht. In der Stimme schwingen dann genau jene feinen Signale mit, die uns die Tür zum Herzen unserer Zuhörer öffnet.«

Ein häufiges Problem mit Emotionen: Man kann sie im Erstimpuls nicht kontrollieren. Der Chef bellt sie an, die Kollegin antwortet schnippisch, der Partner reagiert flapsig und schon schreit in uns alles nach Verteidigung. Das passiert so schnell, das wir uns häufig nicht die Zeit nehmen, unsere Gefühle bewusst wahrzunehmen.

Barbara Blagusz: »Im Berufsleben ist es immer eine der größten Herausforderungen – die schwierigen Kundengespräche: Der Kunde reklamiert genervt, beharrt auf seinem Recht und zieht als letzte verzweifelte Karte den persönlichen Angriff. Der Verkäufer soll dabei immer freundlich bleiben. Da kommen viele in ein Dilemma, eben weil Angriffe auf der persönlichen ›emotionalen‹ Seite uns innerlich aufjaulen lassen. Das Problem: Unsere Stimme wirkt dabei wie ein Stimmungsbarometer. Ob nervös, unsicher oder beleidigt, es ist verlässlich in der Stimme hörbar und schickt ein Signal für den Hörer mit, wie das Gesagte verstanden werden soll.«
Wie kann ich also negative Emotionen weglassen und positive einsetzen?
Barbara Blagusz stellt dazu drei Möglichkeiten vor: »1. Die Emotion aus einem Gespräch möglichst heraushalten. Das ist nicht immer leicht und erfordert viel Selbstreflexion. 2. Eigene Trigger finden, wie Sie sich schnell auf positiv umpolen können. Jede starke Emotion löst eine Reizreaktion aus. Setzen Sie daher zwischen Reiz und Reaktion einen kurzen Impuls, der es Ihnen ermöglicht, innerlich Abstand zu gewinnen, z. B. ein tiefer Atemzug, ein Blick auf ein schönes Urlaubsfoto oder ein beherzter Schluck Wasser aus dem Glas neben dem Telefon. Versuchen Sie auch einmal einen unsichtbaren Regenschirm aufzuspannen, an dem die Emotionen abperlen. Wichtig ist, dass es für Sie wirkt und schnell einsetzbar ist. 3. Die Sprechtechnik der Emotionen lernen. Jede Emotion hat ein anderes Betonungs- und Energiemuster. So klingt Freundlichkeit anders als Glaubwürdigkeit und Begeisterung anders als der ›Stimmcode‹ Vertrauen. Mein Tipp: Wenn Sie um diese Wirkungshebel wissen, dann können Sie genau das ausdrücken, was Sie wollen. Dafür lohnt sich ein Stimmtraining allemal.«

Der Gesamteindruck zählt

Auch wenn es in diesem Artikel um Stimme geht, ist sie natürlich nur ein Baustein bei der gesamten Wirkung auf andere Menschen. Und auch beim Thema Stimme und Sprechtechnik geht es häufig nicht um einzelne Punkte, sondern um ein harmonisches Zusammenspiel.

Barbara Blagusz: »Vermeiden Sie große Ausreißer. Wenn Sie schreien, sonst aber gute Pausen setzen und die Betonung richtig treffen, nützt es Ihnen nichts. Wenn Sie flüstern, aber sonst eine gute Atemtechnik haben und deutlich sprechen, nützt es ebenfalls wenig.«

Arno Fischbacher: »Wollen Sie im Businessalltag souverän, stark und überzeugend sprechen, heißt die magische Formel als Alternative zum stundenlangen Üben von Artikulation: Zuerst die Ergebnis-relevanten Schlüsselmomente definieren und die wichtigste Veränderung für diesen Moment erarbeiten. Diese Tools in den Alltag mitnehmen und ohne Ergebnisdruck erproben. Trainiert wird somit der Mut zu kleinen Entscheidungen. Anstelle des Gewohnten das Neue zu tun, gegen alle inneren Widerstände.«

Fazit
Sich mit seiner eigenen Wirkung auf andere auseinander zu setzen, lohnt sich. Gerade beim Thema Stimme ist mit relativ wenig Aufwand viel zu erreichen. Hören Sie sich selbst auf Tonband an und seien Sie nicht gleich enttäuscht darüber, wie Sie klingen. Versuchen Sie, zu analysieren, wie Sie wirken. Fragen Sie andere um ihre Meinung. Im besten Fall sprechen Sie dann mit einem professionellen Stimm- und Sprechcoach oder buchen ein Seminar, um die Wirkung zu erhöhen.

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