Was ein gutes Präsentationstraining braucht

Der eine steht gerne ohne Hilfsmittel vor seinen Zuhörern und spricht zu ihnen, der andere kann sich das überhaupt nicht vorstellen: Er präsentiert stets mit -PowerPoint und möchte nicht darauf verzichten, auf seinem Bildschirm Notizen angezeigt zu -bekommen. Können die beiden von ein und demselben Präsentationstraining gleicher-maßen profitieren? Sollten die beiden überhaupt dasselbe Training besuchen?

Eine der wichtigsten Maßnahmen -findet lange vor Beginn des Trainings statt: die -Vorab- Klärung, was genau man trainieren will. Das können schließlich ganz unterschiedliche Dinge sein. Will man sich auf eine ganz spezifische Präsentation vorbereiten? Oder geht es darum, einen eigenen, persönlichen Präsentationsstil zu entwickeln? Oder will man einfach ganz allgemein seine Präsentationstechnik erweitern und verbessern? Sind es Präsentationen im Stehen vor einer größeren Gruppe, die man trainieren will oder solche im Sitzen mit 2, 3 Kollegen? Die meisten Anbieter haben je nach Anforderung ganz unterschiedliche Trainings im Angebot, im besten Fall klärt man in einem Gespräch, welches Training den eigenen Bedürfnissen am besten entspricht.

Und wenn das auch wirklich passiert, dann nehmen an einem bestimmten Präsentationstraining Personen mit ähnlichen Anforderungen teil – zumindest was das Lernziel betrifft. Da ist schon viel erreicht. Selbstverständlich haben die einzelnen Teilnehmer individuelle Bedürfnisse, es ist dann die Aufgabe der Trainer, auf diese einzugehen bzw. jedem Teilnehmer Methoden zur Verfügung zu stellen, aus denen dieser dann auswählen kann.

Martin Frohn (geschäftsführender Gesellschafter des AVL-Institut – www.avl-institut.at) beschreibt das so: »Der Trainer muss ein Angebot an Techniken, Übungen und Methoden vorstellen. Aus dieser Vielzahl der angebotenen Techniken und Methoden wählt sich jeder Teilnehmer bei einem von ihm definierten Präsentationsziel, welches er zum Beispiel in seinem Arbeitsumfeld in der nächsten Zeit zu erfüllen hat, jene aus, die zu seiner Person passen. Intuitiv findet das in einem guten Lernumfeld ohnehin statt. Und wenn dann die anderen Teilnehmer auch mutig sind, anderes ausprobieren und es gefällt, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es die anderen beim nächsten Mal auch probieren. Dieses lernaktive und lernermutigende Klima innerhalb des Präsentationstrainings ist der entscheidende Faktor.«

Schien Ninan (Training & Creative Director bei  hps – www.hps-training.com) nennt eine konkrete Anzahl solcher Methoden: »Wenn zum Beispiel 10 Teilnehmer im Training sind, dann müssen die Trainer natürlich auf jeden einzelnen individuell eingehen. Wichtig ist, dass die Teilnehmer möglichst viele Tools ausprobieren. Dann muss jeder für sich entscheiden – unter anderem durch die Videoanalyse unterstützt –, welche Tools für ihn persönlich gut sind. Von den ca. 20 Tools sucht man sich dann in etwa 10 aus, mit denen man weiterarbeiten will.«

Wenn man weiß, welche Tools man in Zukunft einsetzen will, dann sollte man diese auch dem eigenen Stil, der eigenen Person anpassen. Es geht also darum, Methoden und Persönlichkeit zusammenzuführen. Das passiert im Training einerseits automatisch, nämlich mit jedem Auftritt, bei dem man die Tools einsetzt, sich an sie gewöhnt, Feedback von der Gruppe erhält und da und dort ein bisschen etwas ändert, bis man sich damit wohlfühlt. Andererseits bedarf es dazu auch des Inputs des Trainers, sowohl als Kurz-Feedback nach jedem Auftritt als auch in Form von Tipps aus seiner Erfahrung heraus, welche Teile einer spezifischen Methode sich wie an bestimmte Persönlichkeitsmerkmale anpassen lassen.

Auf jeden Fall sollte man mehrere Tools erlernen, üben und adaptieren, bis man sich im Umgang mit ihnen wohlfühlt, denn bei der Auswahl der Methode für eine spezifische Präsentation ist die eigene Persönlichkeit nicht der einzige Faktor.

Helga Steiner (Inhaberin von Steiner Consulting – www.steinerconsulting.at) zählt die Faktoren auf: »Die Präsentation muss auf den Präsentator, die Zuhörer, die Ziele und auf die Themen abgestimmt werden.«

Es kann also sein, dass ein Tool, das dem Präsentator besonders liegt, für das konkrete Ziel oder  die Zielgruppe nicht gut geeignet ist, dann muss er eben in der Vorbereitung ein anderes wählen. Ein erweiterter Werkzeugkoffer sollte also eines der Ergebnisse eines guten Präsentationstrainings sein.

Das Wohlfühlen in der Anwendung einer bestimmten Methode ist ein oft unterschätzter Faktor. Dieses Wohlfühlen wird sich einstellen, wenn die gewählte Methode zur Person passt und genügend geübt wird. Wenn sich der Präsentator in seiner Persönlichkeit zu stark »verdrehen« muss, damit es funktioniert, wird er sich erstens nicht wohlfühlen (was ein ganz schlechtes Zeichen ist!) und zweitens wird die Authentizität darunter leiden.

Helga Steiner sagt dazu: »Authentisch muss der Präsentator auf alle Fälle bleiben dürfen. Und heutzutage gibt es so viele Möglichkeiten, eine gute individuelle Präsentation umzusetzen. Jeder sollte seinen eigenen Stil entwickeln. Es gibt auf Grund der Vielfalt der heutigen Darstellungsmöglichkeiten sicher für jeden die richtige Methode. Ob es sich um eine klassische PowerPoint-Präsentation handelt, ob Videos und Muster oder Pläne integriert werden, ob die eigene Sprache als stärkstes Medium genutzt wird, ob Musik eingesetzt wird, um zu emotionalisieren und welche Medien (Beamer, Flipchart, Pinnwand, Smart-Board etc.) angewandt werden, obliegt dem Präsentator.«

Das Positive an der großen Vielfalt ist, dass für jeden etwas dabei ist. Allerdings braucht es viel Zeit während des Trainings, die vielen Methoden kennenzulernen und auszutesten, mit welchen man besonders gut zurecht kommt. Martin Frohn: »Wie bei guten Präsentationen gilt auch hier: Der Erfolg liegt in der Vorbereitung, passiert also schon vor dem Training. Im Zuge des Vorgespräches wird eine Selektion vorgenommen, um eine für die Teilnehmer interessante Auswahl an Techniken und Instrumenten durchzuführen.« Und auch er betont: »Entscheidend ist immer: Die Techniken und Methoden müssen zur Person passen und die eigene Authentizität unterstützen. Daher sollte auch die Entwicklung eines eigenen, individuellen Präsentationsstils Kernthema eines Präsentationsseminars sein. Ein wesentlicher ›Turbo‹ im Annehmen neuer Präsentationstechniken ist das mehrstufige Feedback. Ein kurzes Stimmungsbild von der Gruppe, spezifisches Feedback von einem persönlichen Coach wie dem Trainer und unmittelbar das Studium der eigenen Präsentation auf Video ermöglichen Lernchancen und das individuelle Erleben, welche Technik nun wirklich zu mir passt und woran ich persönlich noch arbeiten darf.«

Was man zu alldem unbedingt braucht, ist ausreichend Zeit. Schien Ninan: »Ganz wichtig ist, dass die Teilnehmer die Tools selbst ausprobieren können, um selbst zu entscheiden, welche für sie passend sind. Dazu braucht es aber ausreichend viele Auftritte! Man benötigt also auch viel Zeit und diese muss effizient genutzt werden. Eine Voraussetzung dafür ist, dass man mehrere Räume (mindestens 2) zur Verfügung hat, natürlich müssen dann auch 2 Trainer im Einsatz sein. Wenn es nicht mindestens 10 Auftritte pro Teilnehmer sind, dann sollte man es nicht als Training bezeichnen, das wäre unseriös.«

Bei HPS dauern die Präsentationstrainings daher auch mindestens 2, meistens 3 Tage – das hängt auch von der Gruppengröße ab. Es ist natürlich wichtig, diese Zeit auch effizient zu nutzen. Schien Ninan: »Die Videoanalyse darf z. B. nicht vor der Gruppe gemacht werden, sonst würden sich ja alle Teilnehmer jede Präsentation zweimal ansehen. Das wäre eine Zeitverschwendung und eine Katastrophe! Nach einer Präsentation gibt es ein kurzes Blitzlicht von der Gruppe und vom Trainer. Dann geht man in den Nebenraum und sieht sich die eigene Präsentation alleine und ohne Stress an. Wir nennen das ›schmerzfreie Videoanalyse‹.«

Gruppengröße

Präsentieren kann man nur vor anderen Menschen (sonst wären es ja Selbstgespräche), daher kann man es auch am besten in einer Gruppe trainieren. Schien Ninan: »Zum Präsentieren gehören ja auch die Interaktion mit den Zuhörern und ein gewisses Maß an innerer Anspannung. Und diese beiden Dinge kann man alleine mit einem Trainer nicht simulieren. Für einen Trainer sollten es maximal 6 Teilnehmer sein. Wenn es 2 Trainer sind, dann maximal 10 Teilnehmer. 5 bis 6 Teilnehmer pro Trainer sind also optimal. Wenn es mehr sind, kann es nicht mehr ausreichend intensiv sein.«

Martin Frohn macht die Gruppengröße u. a. von den Voraussetzungen abhängig und kommt auf ein ähnliches Ergebnis: »Die Gruppengröße soll so gewählt werden, dass auf individuelle Bedürfnisse eingegangen werden kann und andererseits die Vielfalt und das Lernen von einander stattfinden. Die Teilnehmer nehmen es am besten an, wenn man sie ermutigt, Techniken auszuprobieren, die sie bis dahin noch nicht kannten. Und wenn sie diese dann bei sich oder auch bei anderen Teilnehmern als interessant erleben, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass diese auch angenommen werden. Die optimale Gruppengröße liegt bei ca. 8 bis 10 Personen. So klein, dass man voneinander lernen kann und auch Feedback erhält, aber nicht zu groß, damit der Einzelne sich im Zuge verschiedener Übungen auch häufig erlebt.«

Helga Steiner: »Eine Gruppengröße von 4 bis 8 Personen ist optimal. Die Übungseinheiten dürfen nicht zu viel Zeit am Stück einnehmen, damit jeder Teilnehmer immer aktiv mitwirken kann und keine Langeweile aufkeimt. In Kleingruppen (unter 4 Personen) fehlen die belebende Gruppendynamik und der notwendige Erfahrungsaustausch. Es sollte immer ein Mix zwischen kurzem Input – 15 bis 20 Minuten – und darauffolgend Diskussion und Übung sein. Jeder Teilnehmer sollte an einem Seminartag mindestens 4 bis 6 Übungen durchführen können.«

Wir wollen von den von uns befragten Anbietern wissen, wie wichtig Visualisierung für eine gelungene Präsentation ist und ob Visualisierungs-Übungen Bestandteil jedes Präsentationstrainings sein müssen.

Schien Ninan teilt eine Präsentation in drei Teilbereiche ein:

»Story«: Inhalte der Präsentation, wie man es schafft, den Inhalt so zu präsentieren, dass er kurz und prägnant ist und beim Publikum hängen bleibt.

»Slides«: Visualisierung, das kann PowerPoint sein, muss aber nicht PowerPoint sein, also auch Flipchart oder Overhead.

»Stage«: Wie man als Person, wenn man vor einer Gruppe steht, wirkt und agiert.

Schien Ninan erklärt: »Man gewinnt oder verliert eine Präsentation immer, in jedem einzelnen Fall, über Story und Stage. Diese beiden Dinge sind entscheidend.«

Warum sind dann Visualisierungen ein so wichtiger Bestandteil vieler Präsentationstrainings? Schien Ninan: »Wir Menschen sind ›Augentiere‹. Mit visuellen Hilfsmitteln zu arbeiten, macht also schon Sinn. Diese werten eine Präsentation immer entweder auf oder ab, sie entscheiden die Präsentation aber nicht.«

Es gibt sicher Menschen, denen man nichts Gutes tut, wenn man ihnen beibringt, mit PowerPoint und Beamer zu präsentieren – weil sie nämlich ohne einfach besser präsentieren. Aber wer überprüft, ob man zu diesen Menschen gehört, bevor man im Training »Präsentieren mit PowerPoint« sitzt und lernt, Übergänge und Ähnliches anzulegen?

Martin Frohn fasst zusammen: »PowerPoint ist nicht gleich PowerPoint. Sie können Ihr Publikum mit Tabellen und Diagrammen zu Tode langweilen oder mit spannenden Bildern und Symbolen unterhalten. Wichtig ist, dass die Teilnehmer ein Präsentationsziel, bezogen auf Inhalt und Zielgruppe, definieren. Den individuellen Weg dahin gestalten wir dann gemeinsam im Seminar.

Die individuelle ›Passung‹ der Präsentationsmedien soll immer zwei Seiten berücksichtigen: einerseits die des Präsentators, andererseits die der Zielgruppe. Denn eine Grundregel der erfolgreichen Präsentation heißt: ›Der Köder muss dem Fisch und nicht dem Fischer schmecken.‹ Soll heißen, dass die geeignete Wahl der Präsentationsmedien das Zielpublikum unterhalten, begeistern und informieren soll und vom Präsentator in einem authentischen Stil angewandt werden soll. Und es ist klar zu beobachten, dass PowerPoint seinen Rang als Nr. 1 Medium verloren hat. Auch hier gilt: Die Mischung macht’s!  Flipchart, PowerPoint oder Anschauungsmaterial! Erlaubt ist, was zur Person, zum Zielpublikum und zum Thema passt! Die individuelle Bedarfserhebung ist natürlich fixer Bestandteil eines guten Präsentationstrainings.«

Schien Ninan: »Aus genau diesem Grund bieten wir auch Rhetoriktrainings an. Vor dem Training muss abgeklärt werden: Ist das jemand, der sehr viel mit Visualisierung präsentiert oder jemand, der im Regelfall ohne Visualisierung präsentiert? Wenn jemand nicht mit Visualisierungen arbeiten will, dann macht er halt ein Rhetoriktraining. Das Thema ist inzwischen ausdifferenziert, daher gibt es viele unterschiedliche Trainings, man braucht bloß das richtige auszuwählen.«

Womit wir wieder ganz am Beginn wären, bei der Bedarfserhebung und bei der Klärung, was genau man trainieren will.

Helga Steiner: »Bei der Zusammenstellung der Seminarinhalte ist immer wichtig: Was will der Kunde? Was braucht der Teilnehmer? Daher ist diese Briefingphase für beide Seiten – Trainer und Teilnehmer – enorm wichtig. Mitunter wird dieser Punkt bei firmeninternen Mitarbeitergesprächen in der Praxis meines Wissens nach sehr oft berücksichtigt. Am Beginn des Seminartages besteht noch die Möglichkeit, Ziele und Anforderungen gemeinsam festzusetzen. Natürlich kennt jede Person sich selbst am besten. Eine diesbezügliche Eigenverantwortung und den Mut zu sagen, was man möchte, setze ich in gewisser Weise voraus.«

So wie die Präsentationen selbst haben sich auch die Präsentationstrainings im Laufe der Zeit verändert. Schien Ninan: »Manche Dinge sind gleich geblieben, weil die Art und Weise, wie man kommuniziert grundsätzlich gleich ist, aber manche Dinge haben sich komplett verändert. Und wenn sich jemand heute hinstellt und so präsentiert wie noch vor 10, 15 Jahren, dann darf er sich nicht wundern, wenn die Zuhörer einschlafen. Weil wir heute einfach nicht mehr kommunizieren wie vor 15 Jahren. Und das gilt für Trainings ganz genau so. Wenn Sie heute ein Training machen mit langwierigen Gruppenanalysen, wo jeder nur zwei- oder dreimal drankommt, dann dürfen Sie sich auch nicht wundern, wenn die Teilnehmer anfangen, ihre Handys zu zücken und ihre E-Mails zu checken.«

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