Wie Corona den Jobmarkt verändert

Auf die Krise folgt Optimismus: Unternehmen stellen wieder ein und Arbeitnehmer blicken positiv in die Zukunft. Recruiting muss sich den neuen Realitäten anpassen.

Die Corona-Krise hat – wie alle Bereiche des Lebens und der Gesellschaft – auch den Arbeitsmarkt ordentlich auf den Kopf gestellt – und dennoch: Obwohl die Pandemie und ihre wirtschaftlichen Folgen noch nicht überstanden sind, keimt in Österreich vorsichtiger Optimismus. Eine aktuelle Studie von StepStone zeigt, dass fast drei Viertel aller befragten Recruiting- und Führungskräfte schon jetzt oder in naher Zukunft neues Personal einstellen wollen. Der Bedarf steigt. Die veränderte Nachfrage während der Krise und viele neue Jobsuchende bieten den Personalern momentan eine große Auswahl an Fachkräften. Nikolai Dürhammer (Geschäftsführer von StepStone Österreich) rät Unternehmen, sich nicht auf einem großen Kandidatenmarkt auszuruhen: »In einigen Branchen funktioniert das altbekannte ›post and pray‹ wieder. Dieser Zustand wird aber nicht ewig andauern und sich bei einer konjunkturellen Erholung umdrehen. Firmen müssen also trotzdem ins Employer Branding investieren. Wer jetzt seine Hausaufgaben macht, wird nach der Krise die Nase vorn haben.«

Neue Fachkräfte gefordert

Gesucht wird aktuell hauptsächlich in den Bereichen IT, Vertrieb, Handwerk und Administration. Auch im Personalbereich, im Marketing und in der Kommunikation braucht es neue Fachkräfte. Dürhammer verweist auf die aktuellen Studienergebnisse: »Die Digitalisierung ist mit Corona jetzt in Österreich voll angekommen. Unternehmen suchen Mitarbeiter, die genau hier ansetzen können. Auch die aktuellen Stellenmarktdaten bestätigen die Einschätzung der Personaler.« Österreichs Recruiting-Verantwortliche sind sich einig: Der Fachkräftemangel hat trotz Kurzarbeit und Kündigungswellen noch lange kein Ende gefunden. Qualifiziertes Personal will gerade dann kein Risiko eingehen und eine neue Anstellung suchen, wenn eine unsichere Zukunft vor ihm liegt. Die Corona-Krise ist für die Fachkräfte nun der Inbegriff einer unsicheren Zukunft.

Gute Noten für Unternehmen

Österreichs Angestellte starten generell vorsichtig optimistisch in den Herbst: ­StepStone fand in einer repräsentativen Umfrage mit 700 Teilnehmern heraus, dass zwei Drittel der Arbeitnehmer positiv in die Zukunft blicken. Ein Drittel der Befragten gab zudem an, dass die Corona-Pandemie die Karrierepläne für das laufende Jahr nicht verändert hat. Besonders erfreulich für Unternehmen: 60% der Angestellten sind zufrieden mit den Maßnahmen, die ihre jeweiligen Arbeitgeber in der Krise getroffen haben. »Österreichs Betriebe haben im Großteil der Fälle rasch, richtig und umsichtig reagiert«, lobt Dürhammer die heimische Wirtschaft. »Die Mitarbeiter haben größtenteils gemerkt, dass den Vorgesetzten die Sicherheit und Gesundheit ihrer Belegschaft am Herzen liegt. Wenn man einen guten Schluss aus der Corona-Krise ziehen kann, dann ist es der, dass die Menschen mehr aufeinander schauen. Eine äußere Bedrohung, in diesem Fall ein unsichtbarer Virus, schweißt alle zusammen. Das kann als Motor dafür funktionieren, dass die Menschen noch stärker an einem Strang ziehen und versuchen, gemeinsam und erfolgreich aus der Krise zu kommen.«

Flexibilität und Zusammenarbeit

Nikolai Dürhammer kennt die Situation aus dem eigenen Unternehmen: »Wir hatten die gleichen Herausforderungen wie andere Firmen – mit dem Vorteil, dass wir schon ein digitales Unternehmen sind. Daher war für uns die Umstellung leichter. Gleich zu Beginn der Krise stellten wir zu 100 % auf ›Remote Work‹ um. Alle Mitarbeiter wurden innerhalb weniger Tage dafür ausgerüstet, die entsprechenden Tools waren schon davor im Einsatz. Diese Möglichkeit einer schnellen technischen Umsetzung hat es für uns einfacher gemacht als für Firmen, die erst am Beginn ihres Digitalisierungsprozesses standen.«
Natürlich hängen Motivation und Zusammenhalt auch davon ab, wie lange der Ausnahmezustand letztendlich dauert. Irgendwann fühlen sich die Mitarbeiter zuhause vielleicht nur mehr wie Freelancer und nicht als Teil eines Teams. Dürhammer kennt die Bedürfnisse: »Die Menschen wollen Flexibilität und entscheiden, ob sie zuhause arbeiten oder in die Firma gehen, um sich persönlich mit den Kollegen auszutauschen. Diese sind nämlich das Hauptkriterium dafür, ob man den Job wechselt oder nicht. Das Unternehmen ist ein Organismus aus Menschen, die viel Zeit miteinander verbringen. Umso wichtiger ist es, diesen Organismus zu stärken. Dafür sind das physische Beisammensein und persönlicher Kontakt unglaublich wichtig.«

Unzufriedenheit und Bewegung

Für viele bedeuten die Pandemie und der begleitende Lockdown natürlich einen starken Einschnitt in die eigene Karriere. Manche mussten Tätigkeiten erledigen, die ganz außerhalb des eigenen Aufgabengebiets liegen. Sie wollen ihre Talente und Qualifikationen jetzt aber wieder sinnvoll einsetzen. Andere wiederum haben während der Krise generell festgestellt, dass sie im aktuellen Job eigentlich unglücklich sind.
Das kann sich natürlich schnell auf den heimischen Arbeitsmarkt auswirken: Laut Umfrage sind mehr als die Hälfte aller Österreicher zumindest offen für neue Jobangebote. Was müssen Arbeitgeber also bieten? Das Wichtigste ist laut Studie derzeit: gute Verdienstchancen, flexible Arbeitszeiten und ein krisensicherer Arbeitsplatz. »Aber auch entspanntes Arbeiten, kompetente Führungskräfte und eine gute Unternehmenskultur spielen für Angestellte eine große Rolle«, so Dürhammer. »Und gerade jetzt auch Home-Office-Möglichkeiten und ernst genommener Gesundheitsschutz.«

An neue Chancen denken

In einer historischen Wirtschaftskrise suchen natürlich viele Menschen einen neuen Job. Welche Möglichkeiten haben sie bei so großer Konkurrenz? Wie können sie ihrer Karriere Schwung verleihen? Nikolai Dürhammer hat für Jobsuchende einen wichtigen Rat: »Um es mit Frithjof Bergmann zu sagen, dem Begründer der ›NewWork‹-Bewegung: Man sollte darüber nachdenken, was man wirklich, wirklich will. Eine Krise gibt uns auch die Möglichkeit, in einen anderen Bereich reinzugehen, etwas größer zu denken. Wir versuchen, das auch bei StepStone zu fördern, wir arbeiten an den Themen KI und Matching-Technologien, um zum Beispiel über unsere Plattform gezielt Jobs auszuspielen, die zu einer Person passen, an die sie vielleicht selbst aber noch gar nicht gedacht hat. Hier können Kandidaten auch selbst reflektieren, was sie für sich wirklich wollen, und den eigenen Horizont dementsprechend erweitern.«

Das Recruiting der Zukunft

Auf die Krise folgt Optimismus: Unternehmen stellen wieder ein und Arbeitnehmer blicken positiv in die Zukunft. Recruiting muss sich den neuen Realitäten anpassen.Wenn man sich die Menschheitsgeschichte anschaut, lernt man, dass nach einer Krise nicht automatisch alles anders ist. Die Menschen verhalten sich schnell wieder wie davor. Dürhammer: »Corona hat jetzt einfach Trends, die sowieso schon bestanden, beschleunigt. Remote-Recruiting wird das physische Recruiting nicht ablösen, aber es ist ein Instrument, das in Zukunft sicher noch häufiger eingesetzt wird als früher.«
Die Corona-Krise besteht nun schon seit vielen Monaten, und die Beschränkungen können kaum stärker werden, als sie schon waren. Aber auch in dieser Phase wurde rekrutiert, es kam nicht einfach alles zum Stillstand. »Nun können Unternehmen klassische Tools und neue Instrumente des digitalen Zeitalters stärker kombinieren. Sie haben die Erfahrung des ersten Lockdown an Board und können so noch effizienter das Recruiting von morgen gestalten. Ruhiges Vorgehen und Gelassenheit sind nun wichtig in Leadership wie in der Personalsuche.«

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© Philipp Lipiarski / www.goodlifecrew.at

Nikolai Dürhammer
»Wer jetzt seine Hausaufgaben macht, wird nach der Krise die Nase vorn haben.«
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