Wo Flüchtlinge Gastgeber sind

27 Mitarbeiter aus mehr als 14 Nationen arbeiten im magdas Hotel. Wie interkulturelle Trainings dieses Hotel erfolgreich gemacht haben, lesen Sie hier.

Mit Schlagzeilen wie »Hotel der Hoffnung« oder »wo Flüchtlinge Gastgeber sind und Zuflucht bieten« machte magdas Hotel in Wien im Frühjahr 2015 in den internationalen Medien Furore. Flüchtlinge, die auf dem regulären Arbeitsmarkt in Österreich kaum eine Chance haben, können hier zum ersten Mal einer soliden Arbeit nachgehen. Die Mission des Unternehmens ist es, mit wirtschaftlichen Ansätzen ein soziales Problem zu lösen. Die Vielfalt der Herkunft und Sprachen des Teams werden im magdas nicht nur geschätzt, sondern sind das Markenzeichen des Hotels.

Die Herausforderungen 

Im Hotel arbeiten 27 Mitarbeiter aus 14 unterschiedlichen Nationen. Die Herausforderung für das Management war, all diese Menschen mit ihrer so unterschiedlichen Prägung und kulturellen Identität zu einem Team zusammenzubringen. Hier hatte jeder seine eigenen Kommunikationsregeln. Konflikte entstanden und wurden ganz unterschiedlich oder vielleicht überhaupt nicht gelöst. Hierarchien wurden oft schwer akzeptiert. Die eigene (Flucht-) Geschichte, die persönlichen Erfahrungen in einem fremden Land, unterschiedliche Ausbildungen und berufliche Hintergründe – all das und noch viel mehr nahm Einfluss auf die gemeinsame Arbeit im Hotel.

Natalia Pzczolkowska, Front Office Managerin bei magdas, erinnert sich: »Uns hat die Kommunikation gefehlt. Wir wussten weder, wie wir untereinander noch mit unseren Vorgesetzten kommunizieren sollten. Das Verständnis der Führungskräfte gegenüber den Mitarbeitern sowie auch auf derselben Ebene war gering.«

Aufgrund der großen Verschiedenheit lag viel Misstrauen im Raum. Schnell wurden Arbeitskonflikte, die in jedem österreichischen – monokulturellen – Team auch vorkommen könnten, als interkulturelles Probleme gesehen. Gleichzeitig war unklar, welchen Einfluss die unterschiedlichen kulturellen Identitäten tatsächlich auf den Unternehmens- und Organisationsrahmen von magdas hatten.

Interkulturelles Training

Zur Unterstützung organisierte das magdas Hotel interkulturelle Trainings durch das Bildungsinstitut SPIDI. SPIDI.trainings for glocal minds hat sich in den letzten Jahren auf die gesamtheitliche Entwicklung interkultureller Kompetenzen spezialisiert. Es fanden innerhalb einiger Monate mehrere Trainings mit allen Führungskräften und Mitarbeitern statt.

Gabriela Sonnleitner, Geschäftsführerin bei magdas, formulierte den Erfolg der Trainings  so: »Diese Trainings haben uns geholfen, unsere Wahrnehmung zu schärfen und Dinge aus ganz neuen Perspektiven zu beobachten. Wir haben Wege gefunden, uns ein Stück näherzukommen, auch wenn wir aus ganz unterschiedlichen kulturellen Kontexten kommen. Diese Trainings waren für unser Team enorm wichtig, damit wir ein gemeinsames Bild von unserer Arbeit bei magdas entwickeln und so unseren Arbeitsalltag in einem besseren Miteinander gestalten können.« Durch die Beschäftigung mit der eigenen Herkunft und Prägung sowie auch jener der Kollegen wurde Vertrauen nachhaltig aufgebaut. Das Misstrauen, welches vorher in vielen Bereichen vorhanden war, war danach weitgehend verschwunden. Viele Unterschiede sowie auch Gemeinsamkeiten wurden sichtbar gemacht und nun als Stärke gesehen. Im Rahmen der Trainings war es möglich, Konflikte zu identifizieren und Lösungen zu finden.

Der Einsatz zahlreicher kreativer Methoden hat sich bei dieser großen Gruppe mit nicht deutscher Muttersprache sehr bewährt.   So konnten alle Mitarbeiter »zu Wort« kommen. Chinyere-Ngozi Uma-Eke, die Hausdame bei magdas, erzählt: »Unsere Kommunikation hat sich wesentlich verbessert. Vor dem Training haben wir Englisch oder ein ›Durcheinander‹ gesprochen. Danach haben wir beschlossen, dass wir alle Deutsch reden. Jetzt sprechen wir alle ›eine Sprache‹.« Diese Sprache ist keinesfalls perfektes Deutsch – und das ist auch nicht notwendig. Es ist die Einigung auf eine Kommunikationsform, die für alle eine gute Basis darstellt und ein gutes Kommunizieren möglich macht.

Während des Trainings wurden die Stärken des Einzelnen klarer und dadurch konnten die Mitarbeiter innerhalb der Organisation noch einmal besser positioniert werden.

»Durch die Diskussion von Arbeitswerten, wie Pünktlichkeit, hat sich bei meinem Personal im Housekeeping einiges verändert. Vorher hatte mein Team die Wichtigkeit von Pünktlichkeit nicht verstanden. 8.00 Uhr Arbeitsbeginn heißt jetzt, schon umgezogen mit der Arbeit auch beginnen zu können«, sagt Uma-Eke. Auch die unterschiedlichen Interpretationen, was z. B. ein Krankenstand ist und wann man in Österreich in den Krankenstand gehen kann, ist nun allen klar.

magdas learnings

Nach intensiver Entwicklungsarbeit und zahlreichen »Aha-Erlebnissen« und Erkenntnissen in den Trainings und Coachings hat sich das magdas-Team einen ganz eigenen Umgang mit seiner einzigartigen Vielfalt an Werten und Hintergründen erarbeitet. Führungskräfte und Mitarbeiter begegnen sich nun auf Augenhöhe. Gemeinsame Ziele wurden definiert, Hindernisse identifiziert und Lösungen erarbeitet. Wichtig war auch, dass Rollen und Verantwortungsbereiche geklärt und klar definiert wurden. Heute verfügt jedes Arbeitsteam über gemeinsam entwickelte Regeln der Zusammenarbeit und Kommunikation, mit denen sich alle Mitarbeiter stark identifizieren.

»Unsere interkulturellen Trainings bei magdas Hotel waren für uns als Trainer eine besonders bereichernde Aufgabe«, erzählt Margarete Friedl, Geschäftsführerin von SPIDI. »Es hat sich wieder einmal gezeigt, dass ein interkulturelles Training eine besondere Herangehensweise braucht und es einen großen Unterschied zu anderen Trainings gibt. Wesentlich ist die Haltung und Herangehensweise der Trainer, die Klarheit über ihre eigene kulturelle Identität und den daraus resultierenden Annahmen und Konstruktionen.«

Abschließend erzählt Margarete Friedl noch: »Es war ein wunderbares Trainingsprojekt, vor allem deshalb, weil es als begleitender Prozess angelegt war. Wir durften viele großartige Menschen mit vielen Potenzialen kennenlernen, die begeistert, weltoffen und couragiert ihren Weg im magdas Hotel gemeinsam gehen und mit zahlreichen neuen und wiederum sehr verschiedenen Kollegen auch zukünftig gehen werden.«

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