Aufstieg in den »Speakerhimmel«

In der Speakerwelt erfolgreich Fuß zu fassen, ist nicht so einfach wie es oftmals behauptet wird. Ein paar Tipps für die ersten Jahre, lesen Sie in diesem Artikel.

Anscheinend träumen viele Trainer vom persönlichen Aufstieg in den lukrativen »Speakerhimmel«. Einmal auf der ganz großen Bühne stehen und ein Publikum alleine zu unterhalten. Es zu begeistern und wenn möglich danach eine Gage zu erhalten, mit der man locker einen Kleinwagen kaufen könnte. Idee, Planung, Proben, Timing, Marketing sind in dieser Reihenfolge meist erfolgreiche Speaker-Bühnenprojekte, hinter denen aber große Profiteams stehen. Haben Sie da, als Speaker-Newcomer ohne Team, überhaupt eine Chance? Ja, davon bin ich überzeugt. Es braucht aber Geduld, Arbeit, Disziplin und Talent. Neue Experten und Speaker sind gefragt und jeden Tag werden in den Medien Experten zu neuen Themen gesucht.

Ausbildungen

Ich habe schon von einigen Teilnehmern an Speaker-Ausbildungen gehört, dass sie danach enttäuscht waren über ihren Buchungseingang. Nun hätten sie schon so viel Geld in diese Ausbildung investiert und sie erhielten trotzdem keine bezahlten Buchungen und müssten doch ihre laufenden Rechnungen bezahlen. Nehmen wir einmal an, Sie wollen eine Imbissbude als neue Existenz eröffnen. Wie viel müssen Sie bereit sein, zu investieren und welche Gewinnmöglichkeiten haben Sie dadurch? Es stimmt, diese Speaker-Kurse kosten tatsächlich Geld und wer sein eigenes Projekt danach nicht umsetzen kann, für den war es nicht umsonst, aber für nichts. Wie viel investiert ein Lufthansapilot in seine Ausbildung, ohne Garantie, nach jedem Flug einen Kleinwagen nach Hause zu bringen?
Also sollten Sie etwas Reserve ansparen und optimistisch, realistisch mit 2 bis 3 Jahren rechnen, bevor bei einem guten Vortrag das erste Mal wirklich Geld erwirtschaftet wird.

Erste Schritte

Zuerst brauchen Sie die eigene Lust am Reden, Talent und eine Idee mit einer guten Story. Die Basis eines Speakers aber ist sicher eine saubere Recherche. Einmal seinen eigenen Namen in Google eingeben und sehen, was andere Menschen über Sie so erfahren. Was ist im Internet bereits über Sie und Ihr Thema vorhanden? Wer spricht, oder schreibt über genau Ihr Thema? Wie setzen die anderen dieses Thema um und – wichtig – wie verdienen sie Geld damit? Bücher, Videos, Clickfunnel, Kurse, Workshops oder Coaching? Denn wenn Sie später Ihr investiertes Geld auch wieder einmal zurückhaben wollen, dann müssen Sie eine sehr gute Verkaufsidee dazu entwickeln.
Um nur mit Gagen überleben zu können, brauchen Sie sehr viel Reserve, denn oft werden Sie bezahlen müssen, um aufzutreten. Dies ist nicht verwerflich, denn wenn Ihr Thema oder Sie als Referent auch wirklich gut sind, dann gibt es bei diesen Events auch meistens Agenten oder potenzielle Kunden, also Aufträge. Es ist eine sehr gute Werbemöglichkeit für Sie, aber erst, wenn Ihr Referat auch wirklich bühnenreif ist. Verhindern Sie daher, zu früh zu viel Werbung zu machen.

Internet-Recherche

Ebenso unbedingt Google Analytics zu Hilfe nehmen und Foren durchforsten. Damit verhindern Sie, dass Ihre möglichen Kunden oder Zuhörer besser informiert sind als Sie. Videos anderer Referenten analysieren und vor allem andere erfolgreiche Speaker beobachten, ohne Sie zu imitieren. Auf diesen Seiten sind oft die Bewertungen sehr hilfreich, denn da erfährt man direkt, was Kunden vermissen oder eben geschätzt haben. Suchen Sie sich Ihr perfektes Thema, das glaubhaft zu Ihnen passt. Versuchen Sie nicht, auf ein trendiges lukratives Thema aufzuspringen, um mehr Erfolg zu haben.
Die Verfügbarkeit einer passenden Internet-Domain kann man ebenso kostenlos auf jeder Anbieterseite abklären lassen. Es empfiehlt sich, eine kurze, gut merkbare Version zu suchen. Überlegen Sie dazu, wie Sie jemanden, dessen Anschrift Sie verloren haben, suchen würden. Suchen Sie sich Alternativen, sollten Sie keinen gut merkbaren Namen haben. Aber meist sind eben gerade ungewöhnliche Namen perfekt, z. B. Schweinsteiger. Ein Bildname wie Paul Panzer ist natürlich aus diesem Grunde kreiert worden und für jedermann leicht zu merken.
Sie sollten nur schon mit Ihrem Namen oder Ihrem Thema dazu leicht auffindbar bei Google sein, möglichst weit oben. Geld und Anwaltskosten kann man sparen, wenn man ebenso die Markenregister auf Konflikte betreffend Namen, Buchtitel oder Methoden durchforstet. Dies kostet absolut nichts, außer Zeit.

Das Thema

Verzweifeln Sie nicht, wenn Ihr Thema am Markt nicht zu den Top-Themen gehört. Spezielle, außergewöhnliche Themengebiete, z. B. Arbeitssicherheit oder Brandschutz, können sehr gefragt sein. Sie haben auf speziellen Themen mehr Chancen als mit Themen wie »Erfolg« und »Reichtum«.
Entertainment ist ein wichtiger Bestandteil eines Vortrags. Wer hätte geglaubt, dass man mit dem Thema »Hund« jeden Abend große Säle füllen kann? Aber es braucht schon Backstage ein großes Profiteam, um Menschen zwei Stunden unterhalten zu können.

Fragen am Anfang

Je früher Sie sich mit den »Quälfragen« auseinandersetzen, umso besser.
Diesen Fragen gehen die meisten Anfänger aus dem Weg, weil Sie keine Antwort haben:

  • Sind Sie überhaupt ein Talent für die Bühne?
  • Fühlen Sie sich auf der Bühne wohl?
  • Wofür sind Sie genau ein Experte?
  • Würden Sie sich selber als Referent buchen und für wie viel Geld?
  • Werden andere Menschen bereit sein, für Ihr Wissen Geld zu bezahlen?

Früher oder später werden Ihnen diese Fragen sowieso gestellt von Journalisten, Verlagen, Agenten, Veranstaltern etc. Wenn Sie diese Fragen sicher und ehrlich positiv beantworten können, wird es Ihnen auch mehr Sicherheit bei Interviews oder Kundenterminen geben. Aktionismus ist oft nicht hilfreich. Facebook, Insta­gram, Twitter gleichzeitig füttern zu wollen, ist meist nicht nur eine Überforderung der Kunden, es ist auch für einen Speaker alleine gar nicht machbar. Also konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche und bauen Sie erst aus, wenn sich der erste Erfolg bemerkbar gemacht hat.

Bühnenarbeit

Eine solide Grundausbildung ist immer noch die beste Basis, um auf der Bühne erfolgreich zu werden. Dennoch brauchen Sie keinen Abschluss einer Schauspielschule – aber ein Wochenendkurs an einem Improtheater wäre schon von Vorteil. Kostet wenig, bringt enorm viel: Sicherheit und ein Gefühl, auf einer Bühne vor Leuten zu stehen. Auch Laientheater sind gute Erfahrungen oder als Statist, überhaupt mal auf einer Bühne zu stehen. Mit dieser Erfahrung verlieren Sie dann auch Ihre erste Grundangst, vor dem Publikum zu reden.

Nehmen Sie eher an einem Workshop, als an einem Seminar teil. Sie sollten jede Gelegenheit nutzen, etwas auszuprobieren und sich selber etwas mehr fordern. Kritik, Lob und konstruktives Feedback wird in Ihnen enorme Kräfte freilegen und Sie auf dem Weg ermutigen. Nutzen Sie diese Gelegenheit auch, um andere Teilnehmer über Ihre Wirkung auszufragen. Denn oft ist die Außenwirkung ganz anders, als man sie selber wahrnimmt.
Wenn Sie keine Lust dazu haben, werden Sie wohl auch in der Zukunft wenig Freude an der Bühne haben. Oder Sie werden ein »Garderobenspeaker«. Das sind Menschen, die in der Garderobe alles theoretisch können, doch sich nachher nicht auf die Bühne trauen. Als Speaker brauchen Sie Live-Erfahrung und Praxis. Es empfiehlt sich, Ihre Bühnenpremieren nicht direkt auf den großen Bühnen zu testen. Wenn Sie in Ihrem Bekanntenkreis einen Rotarier oder ein Lion-Club-Mitglied haben, dann bitten Sie ihn um ein Empfehlungsschreiben. Das ermöglicht Ihnen, Ihren Vortrag vor einem kleinen Publikum zu testen und ehrliche Feedbacks zu sammeln. Sie werden damit kein Geld verdienen, aber viel Erfahrung. Bieten Sie sich lokalen Vereinen an, die an Ihrem Thema Interesse haben könnten. Auch Speakerslams sind eine gute Gelegenheit, Ihr Referat live vor Publikum testen zu können, diese finden Sie im Internet.
Laden Sie Bekannte und Kollegen ein und testen Sie Ihren Auftritt. Denken Sie aber daran, Familien oder Kollegen sind oft schlechte Ratgeber. Auch Profis üben, proben und suchen sich immer wieder die Unterstützung von erfahrenen Regisseuren. Aber mit einer selbst organisierten Veranstaltung sehen Sie, wie viel Arbeit dahintersteckt und ob Ihr Thema überhaupt Menschen interessiert. Es gibt Ihnen auch die Möglichkeit einer Verbesserung Ihres Vortrags.

Vorsichtiges Beginnen und danach eine professionelle Vermarktung können der Beginn einer Karriere sein. Also viel Glück!

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weber_MARCEL

Gastautor
Marcel Weber
ist der Gewinner des Speaker Slams 2018 und Experte für Events.
www.weber-marcel.com