Coronakrise & Lockdown: Gehalts- und Lohnverrechnung stehen am Abgrund

Warnung vor Blockierung der Unternehmen durch Regelungschaos und behördliche Bürokratie-Exzesse im Personal- und Lohnwesen

Die Arbeitsbelastung für Arbeitsrechtsexperten und Personalverrechner hat sich durch die unzähligen Sonderregelungen über Lockdown, Kurzarbeit, Quarantäne, Risikoattest und Sonderbetreuungszeit massiv erhöht. Dies belegt eine aktuelle Studie zum Thema „Arbeiten unter Stress im Lockdown in Österreich“, die vom Vorlagenportal für Arbeitsrecht und Personalverrechnung im Oktober 2020 durchgeführt wurde. Über 82 % der 1.974 befragten Personen (aus dem Bereich Arbeitsrecht und Personalverrechnung) gaben an, dass während des Lockdowns ihr Arbeitsaufwand um 30 % oder mehr gestiegen sei.

Anstieg vom Arbeitsaufwand im Lockdown
Schon bisher überbordende Rechtsvorschriften
„Es ist Tatsache, dass die in den Bereichen Arbeitsrecht und Personalverrechnung tätigen Experten seit Jahrzehnten mit sich laufend ändernden Rechtsvorschriften konfrontiert sind“, resümieren die Geschäftsführer vom Vorlagenportal für Arbeitsrecht und Personalvermittlung, Birgit Kronberger  und  Rainer Kraft. „Seit Ausbruch der Coronakrise (März 2020) hat dieser Trend eine neue Dimension erreicht.“

Konsequenzen für die gesamte Wirtschaft
„Die Studie macht die Mehrbelastung sichtbar, die nicht nur die einzelnen Mitarbeiter fordert, sondern gleichzeitig auch die Handlungsfähigkeit vieler Unternehmen einschränkt, die um ihr Überleben kämpfen“, sagen Kronberger und Kraft. „Dementsprechend hoch ist die Verantwortung der Arbeitsrechts- und Personalverrechnungsexperten, insbesondere hinsichtlich der oftmals buchstäblich über Nacht kommenden neuen Vorschriften.“

Nachvollziehbar ist auch, dass in Unternehmen während des Lockdowns betriebswirtschaftliche Schlüsselbereiche aufgrund der großen persönlichen Anforderungen oftmals stark blockiert waren, was letztlich auch zu Konsequenzen für die gesamte österreichische Volkswirtschaft führt. Kronberger und Kraft wünschen sich daher, dass in Zukunft aus den Erfahrungen des Lockdowns und der Krise insgesamt gelernt wird: „Es kann nicht sein, dass die Experten für Personal- und Lohnverrechnung permanent Vorschriften administrieren müssen, die nicht klar formuliert sind und dann oft auch noch zu spät – manchmal sogar rückwirkend – veröffentlicht werden. Schließlich soll diese Expertengruppe ihr Unternehmen und die dort beschäftigten Mitarbeiter bestmöglich betreuen und zahlreiche Lohnabgaben zugunsten der öffentlichen Hand abwickeln.“

Normalität kehrte bisher nicht ein
Dass in den Unternehmen nach wie vor keine Normalität eingekehrt ist, zeigt sich daran, dass rund 94 % der Befragten zum Zeitpunkt der Umfrage (Oktober 2020) noch immer eine arbeitsmäßige Mehrbelastung im Vergleich zum vergangenen Jahr feststellen.

Abrechnung der Kurzarbeit verunsicherte am meisten
„Eine starke Verunsicherung der Experten herrscht bei der Kurzarbeitsabrechnung in der Lohnverrechnung (93 % aller Befragten) sowie in der Kurzarbeitsförderabrechnung mit dem AMS (79 %), gefolgt u.a. von der Sonderbetreuungszeit z.B. wegen Schulschließungen (40 %)“, erklären Kronberger und Kraft. 51,77 % der Befragten gaben an, dass auch zum Zeitpunkt der Umfrage (also immerhin sieben Monate nach Einführung der Kurzarbeit) immer noch „Viele Unklarheiten“ zur Abwicklung der Kurzarbeit bestehen.

Hälfte der Befragten spielte im Lockdown mit dem Gedanken den Job zu wechseln
Besonders auffällig ist bei den Umfrageergebnissen, dass mehr als die Hälfte der Befragten im Laufe der bisherigen Coronakrise mit dem Gedanken spielte, den Job zu wechseln.
Dies ist insofern alarmierend, als im Bereich der Gehalts- und Lohnverrechnung seit Jahren ohnehin bereits ein besorgniserregender Personalengpass besteht. Dieser massive Personalmangel zeigt sich auch offiziell daran, dass die Lohn- und Gehaltsverrechner in der vom Sozialministerium herausgegeben Mangelberufsliste aufscheinen (Liste jener Berufe, in denen dringend benötigte Fachkräfte fehlen). Von der in weiten Teilen der Bevölkerung und der Politik anzutreffenden Vorstellung über die Personalverrechnung als gemütlichen Bürojob könnte der tatsächliche Berufsalltag der Personalverrechner kaum weiter entfernt sein. Die Tätigkeit von Personalverrechnern erfordert nicht nur fundierte Fachkenntnisse in den Bereichen Arbeitsrecht (einschließlich unzähliger Gesetze und Kollektivverträge), Steuerrecht und Sozialversicherung, sondern auch sehr gute Kenntnisse in der EDV und im anwendbaren Lohnprogramm.

Da Personalverrechner als „Kämpfer an der Front“ unmittelbar mit behördlichen Kontrollen, Rückfragen von Mitarbeitern, Urgenzen der Arbeiterkammer etc. zu tun haben, ist der Personalverrechnungsjob schon im normalen „Alltagsmodus“ oft sehr ungemütlich. Bereits kleine (echte oder bloß vermeintliche) Fehler oder Unklarheiten in der Abrechnung führen in den Betrieben oft zu heißen Diskussionen und Dramen mit Mitarbeitern, Betriebsräten oder der Arbeiterkammer. In der Coronakrise scheint dieser Trend auf eine neue Spitze zuzusteuern. „Angesichts dessen bleibt zu hoffen, dass nicht allzu viele Personalverrechner ihrem Job tatsächlich den Rücken zukehren werden“, sagen Kronberger und Kraft. Andernfalls könnte uns in Bälde ein teilweiser Kollaps der österreichischen Personalverrechnung ins Haus stehen. Spürbar würde das spätestens dann werden, wenn in den ersten Betrieben keine Gehälter, Löhne und Lohnabgaben mehr zur Auszahlung gelangen, schlicht, weil die dafür erforderlichen Fachkräfte nicht mehr vorhanden sind.

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