Die Kunst der Moderation

Eine gute Moderation sieht für Zuseher einfach aus. Doch es stecken zahlreiche Methoden und Tricks dahinter, damit es genau so wirkt. Um das zu lernen, gibt es mehrere Ausbildungen und verschiedene Zugänge. TRAiNiNG hat sich dazu mit drei Moderationsexperten unterhalten.

Moderation ist ein weit gesteckter Begriff. Es hat immer etwas mit dem Leiten von Gruppen zu tun, es gibt allerdings ganz unterschiedliche Varianten und Gruppengrößen. Ein Moderator muss also verschiedene Skills beherrschen, je nachdem ob er Großgruppen leitet, einen Kundenevent betreut oder eine Podiumsdiskussion moderiert.

Das Wort »Moderation« kommt aus dem Lateinischen, von »moderare«, was so viel bedeutet wie »mäßigen«, »steuern«, »ausgleichen« oder »lenken«. Genau das sind auch tatsächlich die Kernaufgaben eines guten Moderators: Einen Kommunikationsprozess zu mäßigen, in Bahnen zu lenken, eventuell ein wenig zu steuern, ohne allerdings seine eigene Meinung einspielen zu lassen – er muss stets neutral sein.

Für Zuseher bei einer Unterhaltungsmoderation (z. B. Thomas Gottschalk) wirkt es immer unglaublich einfach, was »die da auf der Bühne« machen. Wenn eine Moderation perfekt abläuft, nehmen die Teilnehmer den Moderator kaum wahr. Er steht nicht im Mittelpunkt des Geschehens. Tatsächlich aber ist es harte Arbeit und erfordert eine solide Ausbildung. Das Thema ist vielfältig und beinhaltet zahlreiche Facetten.

Erich Kolenaty (Geschäftsführer und Trainer bei TRANSFORMATION Unternehmensentwicklung) beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Moderationen jeder Art. Er weiß genau, was alles unter Moderation verstanden wird: »Da fällt heutzutage schon praktisch alles hinein, wenn jemand ›vorne‹ steht. Ich würde da mit dem alten Cicero gehen, der hat vor 2 000 Jahren geschrieben, bei einer Rede gehe es um delectare, docere und movere. Das trifft es ziemlich gut: Wenn es ums Vergnügen geht, dann sind wir beim Showgeschäft, Gottschalk und Co. Wenn es um den inhaltlichen Dialog geht, dann denke ich immer an Johannes Kaup und seine Podiumsdiskussionen. Wenn es darum geht, dass Menschen gemeinsam etwas bewegen, dann sind wir bei der Workshopmoderation.«

Während die Inhalte von der Gruppe kommen, ist der Moderator für die Struktur der Sitzung, für die Steuerung des Prozesses verantwortlich. Der Moderator ist der Helfer einer Gruppe und nicht ihr Chef.
Erich Kolenaty über seine Definition von Moderation: »Moderation ist die Kunst, einen natürlichen Fluss des Gespräches auf ein Ziel hin zu begleiten. Das klingt jetzt vielleicht ein wenig paradox, ›natürlicher Fluss‹ und ›Ziel‹. Ein Vergleich: Was macht ein kluger Wasserbauer? Er bettet Wasserläufe so in die Landschaft ein, dass das Wasser vergnügt entlang gluckern kann. Das Ziel des Wassers ist klar: das Meer. Moderation ohne Ziel führt zu nichts, Moderation ohne Berücksichtigung der Landschaft ist Gewalt.«

Moderationsausbildungen

In vielen Organisationen ist die groteske Vorstellung verbreitet, dass man mit der Fähigkeit zur Moderation von Gruppen geboren wird. Tatsächlich können sich weltweit täglich viele Menschen in Business-Meetings und Workshops davon überzeugen, dass dem nicht so ist.
Als Weiterbildungsmagazin interessiert uns daher besonders, was Teilnehmer von Moderationsworkshops tatsächlich lernen. Was sind die Inhalte, was können die Teilnehmer danach besser als vorher?

Andreas Hettich (Trainer bei HPS und Experte für Business-Moderation): »Ein Moderationstraining vermittelt hauptsächlich drei Kompetenzen. Inhalte entwickeln und darstellen, Teams leiten und Abläufe steuern. Inhalte zu entwickeln und darzustellen, unterstützt die Transparenz und die Qualität der Informationen. Es stellt die Grundlage des fachlichen Flusses dar. Basierend darauf kann sich ein Arbeitsteam formieren und in die gleiche Richtung denken. Das dritte Element, Abläufe steuern zu können, ermöglicht dem Moderierenden, in Echtzeit auf inhaltliche Veränderungen oder Dynamiken im Team zu reagieren. Damit gelingt es, selbst in schwierigen Situationen, Workshops oder Meetings zu konkreten Ergebnissen zu führen.«

Birgit Fischer-Sitzwohl (Geschäftsführerin und Trainerin bei Coverdale) bietet selbst Ausbildungen zum Moderator an und weiß, worauf es dabei ankommt: »Wir gestalten Moderationstrainings als Abfolge verschiedener Moderationssituationen. Wir beginnen bei einfachen Fragestellungen, bei denen die Gruppe zum Beispiel ein Brainstorming gemeinsam durchführt. Im Mittelteil des Trainings lernen die Teilnehmer komplexere Fragestellungen über eine strukturierte Vorgehensweise zu bearbeiten. Je länger das Training dauert, umso mehr geht es auch um die soziale Komponente, wo die Moderationsaufgaben dann als Rollenspiel abgewickelt werden, wo einzelne Teilnehmer spezifische zusätzliche Verhaltensaufgaben bekommen, wie zum Beispiel, sich als Störenfried oder Vielredner zu verhalten.«

Erich Kolenaty über das Ziel von Moderationstrainings: »Wenn Moderation ›die Kunst ist, einen natürlichen Fluss des Gespräches auf ein Ziel hin zu begleiten‹, ist das Ziel des Trainings relativ klar: Lernen, wie man Dialoge aufbereitet, damit mehr rauskommt und es mehr Spaß macht. Danach ist es eine Frage des Anspruches. Wenn ich alltägliche Besprechungen begleiten möchte, werde ich mit einigen wenigen Tools auskommen. Da kann man in einem Tag wirklich viel mitnehmen. An der klassischen Kärtchenmoderation sollte man auch nicht vorbeigehen, da steckt viel Klugheit und Alltagstauglichkeit drin. Die Wirkung in den Herzen der Menschen kann man so aber meistens nicht erzielen. Da braucht es kraftvollere Zugänge: Dynamic Facilitation, Appreciative Inquiry und World Café sind nur einige Beispiele dafür. Für mich ist Moderation ein Kunsthandwerk und je nachdem, welches Geschäft ich in der Moderation betreiben will, wird ein Training wohl sehr unterschiedlich aussehen.«

Der Moderator

Nicht jeder Mensch wird als eloquenter Rhetoriker geboren. Nicht jeder Mensch kann perfekte Reden halten, und nicht jeder Mensch ist als Moderator geboren. Dennoch können die benötigten Skills gelernt werden. Die Routine kommt dann ohnehin mit der Praxis. Doch braucht ein Moderator auch besondere Persönlichkeitsmerkmale? Wie sollte er ticken? Und was davon kann in einem Seminar trainiert werden?

Andreas Hettich: »Ein Moderator sollte in erster Linie Spaß und Interesse am Leiten von Teams und Gruppen haben, sowie in Prozessabläufen denken können. Das zeigt sich in einer schrittweisen Singletasking-Arbeitsweise, die immer im Blick behält, was als Nächstes zu tun ist. Ein weiteres Persönlichkeitsmerkmal eines Moderators ist die Trennung von Inhalts- und Prozessebene. Es bedeutet, seine fachliche Verantwortung so einfließen zu lassen, dass die Motivation im Arbeitsprozess erhalten bleibt. Mit feinem Takt versteht er, das Team auf der richtigen Ebene arbeiten zu lassen. Damit das funktioniert, benötigt ein Moderator die Fähigkeit, schnell Vertrauen und gleichermaßen Führungsautorität aufzubauen. In Moderationstrainings lassen sich diese Persönlichkeitsmerkmale auf verschiedenen Ebenen trainieren. Reine Techniken sind schnell erlernbar, weil sie leicht zu erfassen sind und einen Moderator mit dem nötigen Handwerkszeug ausstatten, mit dem er wirksam tätig sein kann. Längere und intensivere Trainingseinheiten bedürfen jener Kompetenzen, die mit Selbstbewusstsein, Diskussionen leiten und Standfestigkeit bei Konflikten zu tun haben.«

Birgit Fischer-Sitzwohl: »Gute Moderatoren sind meist ›gestandene‹ Persönlichkeiten, die kurzfristige Eskalationen oder Fehlverhalten von Teilnehmern nicht sofort umwerfen. Ein gewisses Maß an Selbstsicherheit gehört auch dazu, um in einer starken Gruppe das Heft in der Hand zu behalten. Generell denke ich, dass Moderation eine Kompetenz ist, die lernbar ist. Ich würde allerdings keinen jungen Mitarbeiter, der das Thema erst für sich entdeckt, sofort in eine hoch eskalierte Konfliktmoderation stellen. Das würde ihn sicher überfordern. Ich denke, wenn man Moderation lernt, geht es darum, einen Prozess zu strukturieren und der Gruppe diese Struktur zur Verfügung zu stellen. Sobald Emotionen ins Spiel kommen, Konflikte entstehen oder Machtspiele laufen, braucht es schon einiges an Erfahrung, um solche Situationen erfolgreich zu bewältigen. Neben Interventionen zur Prozessgestaltung gibt es natürlich auch Interventionstechniken, um emotionalisierte Situationen zu entschärfen. Diese kann man trainieren, allerdings hilft Erfahrung im Feld ungemein.«
Erich Kolenaty: »›Persönlichkeitsmerkmale‹ ist vielleicht nicht der beste Begriff: Ich glaube, es geht im Kern um Werte, Haltung und Leidenschaft. Kann man das lernen? Mit einem Seminar wird es nicht getan sein, fürchte ich. Ich würde sagen, das sind mehr menschliche Reifungsprozesse, denen man sich unterziehen will – oder auch nicht. Die Meister sind nicht die, die die meisten Arten kennen, wie man Klebepunkte pickt. Auf der anderen Seite: Mit Meditation allein hat auch noch keiner ein Ergebnis herbeimoderiert. Erfreulicherweise ist es so, dass die ganzheitlichen Zugänge von Dialogue über Storytelling bis Open Space ganz automatisch einen anderen inneren Zugang erfordern. Wenn man sich darauf einlässt und an gute Meister gerät, dann wird man ein anderer, ohne dass man das selbst am Anfang so richtig bemerkt.«

Es gibt Angebote am Markt für 2-tägige Weiterbildungen, mit dem vielversprechenden Titel: »Kommunizieren – Präsentieren – Moderieren«. Dadurch bekommt man den Eindruck, in zwei Tagen zum rhetorischen Wunderwuzzi zu werden. Was ist wirklich möglich?
Birgit Fischer-Sitzwohl: »Das sind für mich komplett getrennte Themen, und ich verstehe bis heute nicht, wie man diese Themen in ein Training packen kann. Hauptinhalte für ein Präsentationstraining sind: Ziel der Präsentation, Zielgruppe, Schlüsselbotschaft, Geschichten erzählen, Botschaften auf den Punkt bringen, Medium auswählen, Präsentation aufbauen, Handout entwickeln, Präsentation halten. Hauptinhalte für ein Moderationstraining: Rolle des Moderatos, der Moderationsprozess, eine systematische Vorgehensweise, Zieldefinition, Gestaltung einer Agenda, Kreativtechniken zum Ideen finden, Ideen clustern, Ideen diskutieren/klassifizieren, Ideen auswählen, Ideen weiterverarbeiten, Maßnahmenplan für nächste Schritte entwickeln.«

Genauso wie in einem Seminar nicht alle Arten von Moderation im Detail besprochen werden können, kann natürlich noch viel weniger jede Art der Kommunikation in zwei Tagen besprochen werden.

Erich Kolenaty: »Die Idee eines All-in-1-Seminars klingt im ersten Moment sicher lässig, ist aber in etwa so sinnvoll, als wollte man sich an einem Abend durch die Speisekarte eines Restaurants essen. Mein Seminar ›Großgruppenmoderation‹ dauert z. B. zweieinhalb Tage, das ist okay, um Leuten, die schon was von Moderation verstehen, einen Einblick und gewisse Zusammenhänge zu geben. Der Rest steht dann in Büchern. Ich habe für Großgruppenmoderation aber auch schon Lehrgänge mit 5 Modulen gemacht und es war auch nicht zu viel.«

Arten von Moderation

Es war in diesem Artikel nun schon einige Male von der Vielfalt der Moderation die Rede, hier nun ein kurzer Überblick über die verschiedenen Arten: Zuerst einmal kann unterschieden werden in einen internen und externen Moderator. Der interne Moderator kommt aus dem Unternehmen selbst. So wird z. B. ein Mitarbeiter aus der Personalabteilung für die Moderation eines strategischen Workshops herangezogen. Der externe Moderator kommt von außerhalb des Unternehmens. Es besteht keine Bindung an das Unternehmen, sodass die Neutra­lität gegeben ist.
Weiters kann unterschieden werden nach Gruppengröße. Ab ca. 50 Personen spricht man von »Großgruppe« und das kann bis zu mehreren Tausend Personen gehen. Typische Großgruppenformate sind: Zukunftskonferenz, Open Space, RTSC-Konfernz, World Café oder Appreciative Inquiery Summit. Bei kleineren Gruppen kann unterschieden werden in eine Workshop-Moderation oder in die Moderation von Meetings.

Andreas Hettich: »In der Trainingspraxis unterscheiden wir zwischen drei Varianten. Workshops, Meetings und die Moderation von Großgruppen. Es macht, aufgrund der speziellen Großgruppenformate, wie Open Space Technology, Future Search Conference usw. Sinn, dafür jeweils ein spezielles Training zu besuchen. Große Gruppen über 20 Personen verhalten sich dynamisch anders als kleinere Teams. Zusätzlich ist bei Großgruppenveranstaltungen auf eine saubere Choreografie zu achten, die in erfahrene Hände gehört. Workshops hingegen dienen hauptsächlich dem Finden von neuen Ideen, kreativen Lösungen oder der Neuausrichtung von Produkten, Dienstleistungen und Strukturen von Unternehmen. Diese Themen sind mit effizient arbeitenden Kernteams mit einem zugeschnittenen Werkzeugkoffer gut zu bearbeiten. Bei der Moderation von Meetings geht es meist um Routineveranstaltungen, die im Projektalltag in der Regel mit standardisierten Steuerungs- und Statuswerkzeugen ausgestattet sind. Wir sprechen dabei von Management-, Qualitätswerkzeugen oder Projektsteuerungsmethoden. Das Hauptgewicht liegt hierbei auf dem kommunikativen Part, wie der Diskussionsleitung und dem Herbeiführen von raschen Entscheidungen. Leider sind im Unternehmensalltag Meetings deutlich überstrapaziert, weil bei der Auswahl der Teilnehmenden wenig Sorgfalt waltet. Neben den reinen Methoden für effiziente Meetings sollte auch die Meetingkultur in Unternehmen einbezogen werden.«

Wie alles im Leben erfordert eine professionelle Moderation eine solide Ausbildung und jahrelange Erfahrung. Gute Trainer bieten einem die Möglichkeit, in geschütztem Rahmen zu üben und neue Techniken auszuprobieren. Ein guter Moderator wird häufig gesucht, ist er doch für einen erfolgreichen Event mitverantwortlich. Rechnen Sie einmal die Zeit zusammen, die Sie schon in langwierigen und ermüdenden Meetings gesessen sind. Hätte es hier einen guten Moderator gegeben, wäre die Zeit wesentlich besser genutzt worden.

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