Die Macht der Eigeninitiative

Heutzutage ist es einfacher denn je, sich in spezifischen Bereichen fortzubilden. Die grenzenlosen Ressourcen des Internets und die jüngsten Fortschritte bei der Künstlichen Intelligenz bieten unschätzbare Möglichkeiten. In diesem Artikel erhalten Sie einen Einblick.

 

In unserer Gesellschaft herrscht oft die Vorstellung vor, dass unsere Bildung von anderen gesteuert wird. Das beginnt bereits in jungen Jahren, wenn wir die Schulbänke drücken, setzt sich fort während unserer Hochschulbildung oder in beruflichen Ausbildungsstätten bei der Lehre und mündet letztlich in der beruflichen Weiterbildung im Erwachsenenalter. Es werden uns nicht nur Inhalte von anderen vermittelt, sondern oft genug wird auch vorgeschrieben, welche Inhalte für uns von Relevanz sein sollten. Natürlich hat dies seine Berechtigung, denn oft sind wir uns des vollen Spektrums eines Fachgebiets nicht bewusst. In solchen Fällen neigen wir dazu, uns auf das Urteil von Experten zu verlassen, in der Erwartung, dass sie einen wohlüberlegten Lehrplan für uns entwerfen. Das ist durchaus sinnvoll.

Leider sind wir es in Mitteleuropa auch nicht gewohnt, selbst unser eigenes Geld für Weiterbildung auszugeben. Die Kosten für Bildung werden meistens von Dritten getragen – sei es durch Eltern, die in Nachhilfe investieren, den Staat, der Schulen und Hochschulen finanziert, oder Unternehmen, die ihre Mitarbeiter fortbilden. Trotz der Tatsache, dass in öffentlichen Diskussionen immer wieder betont wird, wie essenziell lebenslanges Lernen ist, ziehen es nur wenige in Erwägung, eigenes Geld in Seminare oder Fortbildungen zu stecken.

Das Erlangen neuer Kenntnisse setzt vor allem eines voraus: Motivation. Diese Antriebskraft kann aus unterschiedlichen Quellen stammen. Ein tiefergehendes, persönliches Interesse an einem Fachgebiet kann ebenso der Auslöser sein wie die akute Notwendigkeit, sich neues Wissen anzueignen, weil man ohne dieses im beruflichen Kontext nicht mehr weiterkommt.

Eigenständiges und selbstgesteuertes Lernen

Unter eigenständigem und selbstgesteuertem Lernen versteht man, wenn Lernende die Verantwortung und Kontrolle über ihren Lernprozess selbst übernehmen. Es geht darum, dass sie selbst aktiv an ihrem Wissen arbeiten, indem sie individuelle Strategien und Methoden einsetzen und eigenständig Entscheidungen treffen.
Das eigenständige und selbstgesteuerte Lernen bietet zahlreiche Vorteile. Lernende entwickeln dabei nicht nur eine bessere Selbstorganisation und Zeitmanagement-Fähigkeiten, sondern auch eine tiefere Verbindung und Motivation zu den Lerninhalten. Darüber hinaus fördert es die Entwicklung von Problemlösungsfähigkeiten und die Fähigkeit, eigenständig nach Wissen zu suchen.

Wo Vorteile sind, da gibt es auch Nachteile: Lernende müssen motiviert und diszipliniert bleiben, um ihren Lernfortschritt aufrechtzuerhalten. Wenn die Freude am Lernen nachlässt, ist niemand da, der wieder an der Motivationsschraube dreht.
Personen, die selten eigenständig lernen, können außerdem mit Schwierigkeiten bei der Auswahl der richtigen Lernstrategien und der Selbstbewertung ihrer Lernergebnisse konfrontiert werden.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Unternehmen eigenständiges Lernen fördern können. Dazu gehören die Unterstützung der Lernenden bei der Zielsetzung und der Entwicklung von Lernstrategien, die Bereitstellung von Ressourcen und Werkzeugen zur Unterstützung des Lernprozesses sowie die Schaffung einer Lernumgebung, die die Eigenverantwortung und die Selbstreflexion fördert. Heißt konkret, Zeit bereit stellen und regelmäßig den Lernfortschritt durch die Führungskraft reflektieren.

Möglichkeiten, selbst zu lernen

Dank des digitalen Zeitalters haben sich ungeahnte Möglichkeiten aufgetan, um kostenlos oder sehr günstig neues Wissen anzueignen und zu vertiefen. Werfen wir nun einen Blick auf einige der prominentesten Methoden und Plattformen, die das Selbststudium in der heutigen Zeit ermöglichen.

Digitale Bildungsplattformen:
Udemy und Khan Academy
Online-Lernplattformen haben die Art und Weise revolutioniert, wie Menschen auf Bildung zugreifen können. Seiten wie Udemy bieten Kurse zu einer Vielzahl von Themen an – von Softwareentwicklung über Musiktheorie bis hin zu Yoga. Was diese Plattformen besonders attraktiv macht, ist die Möglichkeit, nach eigenem Tempo zu lernen und dabei von Fachleuten aus der ganzen Welt unterrichtet zu werden.
Die Khan Academy, ein Non-Profit-Unternehmen, bietet ebenfalls eine Fülle von Lektionen in Mathematik, Wissenschaft und vielen anderen Disziplinen. Ihr Engagement für freie Bildung ermöglicht es vielen, Kenntnisse in Bereichen zu erwerben, die ihnen früher möglicherweise nicht zugänglich waren. Die Academy ist ein Vorreiter, was Social-Learning anlangt.

Das Potenzial von KI im Selbststudium
Die Künstliche Intelligenz hat in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte gemacht und dringt in immer mehr Bereiche unseres Lebens vor. Im Bildungsbereich kann KI dazu beitragen, den Lernprozess individueller und effektiver zu gestalten. Beispielsweise können adaptive Lernsysteme, die auf KI basieren, den Fortschritt eines Lernenden verfolgen und den Lehrstoff entsprechend anpassen. Das System könnte Schwächen erkennen und gezielte Übungen oder Materialien bereitstellen, um diese zu beheben. Das Ergebnis? Ein maßgeschneiderter Lernpfad, der sich an die individuellen Bedürfnisse des Nutzers anpasst.

Im TED-Talk von Sal Khan (Gründer Khan Academy) mit dem Titel »How AI Could Save (Not Destroy) Education« beschreibt der Vortragende, wie Lerntutoren, die auf Künstlicher Intelligenz basieren, Lernenden in Zukunft helfen können, sich Wissen im eigenen Lerntempo anzueignen. Diese Tutoren gehen individuell auf das Vorwissen ein und geben keine Lösungen vor, sondern helfen beim Finden der eigenen Lösungen. Sal Khan zeigt sich begeistert von diesem Potenzial und ist der Überzeugung, dass, wenn diese Technologien als Ergänzung zum schulischen Unterricht eingesetzt werden, durchschnittliche Schüler zu guten, gute Schüler zu sehr guten und sehr gute Schüler zu außergewöhnlichen heranwachsen würden. Wer mehr davon wissen möchte, sollte sich dieses 15-Minuten-Video ansehen: www.youtube.com/watch?v=hJP5GqnTrNo

YouTube als digitale Lernbibliothek
YouTube ist heute eine der größten und vielfältigsten Informationsquellen im Internet. Mit Millionen von Videos zu praktisch jedem erdenklichen Thema hat sich YouTube zu einer wahren Schatztruhe für Wissbegierige entwickelt. Für Personalentwickler bedeutet dies, dass sie eine immense Ressource zur Verfügung haben, die sie nutzen können, um den Lernbedürfnissen ihrer Mitarbeiter gerecht zu werden.

Doch es sind nicht nur die Menge und Vielfalt der Inhalte, die YouTube zu einem Kraftwerk für das Lernen machen. Es ist die Art und Weise, wie diese Inhalte präsentiert werden – oft in kurzen, leicht verdaulichen Häppchen, die den Lernenden erlauben, in ihrem eigenen Tempo zu lernen und das Gelernte sofort in die Praxis umzusetzen.

Ein weiterer Aspekt, der YouTube als Lernplattform so wertvoll macht, ist die Interaktivität und Praxisnähe, die das Videoformat bietet. Im Gegensatz zu traditionellen Lehrbüchern oder Vorträgen ermöglichen Videos oft eine tiefere, visuelle und auditive Verbindung zum Thema. Dies kann besonders nützlich sein, wenn es darum geht, komplexe Konzepte oder Fähigkeiten zu vermitteln. Durch visuelle Darstellungen, Demonstrationen und Beispiele wird das Gelernte oft greifbarer und leichter verständlich.
Und wer es schneller möchte, kann Teile vorspulen, wer etwas noch einmal sehen möchte, kann das ebenso ganz einfach tun.

Die Rolle der Personalentwickler bzw. der Trainer:
Obwohl YouTube ein mächtiges Werkzeug für das selbstgesteuerte Lernen ist, liegt es an den Personalentwicklern, sicherzustellen, dass diese Ressource effektiv genutzt wird. Das bedeutet, die Mitarbeiter zu ermutigen, von passiven Konsumenten zu aktiven Lernenden zu werden. Dies kann durch gezielte Schulungen, die Einbindung von Videos in bestehende Lernprogramme oder durch die Anregung zur Diskussion und Reflexion über das Gesehene erreicht werden. Auch Trainer spielen eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung des eigenständigen und selbstgesteuerten Lernens. Sie sollten die Lernenden dabei unterstützen, ihre Lernziele zu klären, Lernstrategien zu entwickeln und den Lernfortschritt zu überwachen. Zudem sollten sie als Mentoren und Ratgeber fungieren, um den Lernenden bei der Selbstreflexion und der Bewältigung von Herausforderungen zu helfen.

Lerntipps für YouTube
Durch das Anwenden der folgenden 10 Tipps können Lernende die immense Informationsfülle von YouTube optimal nutzen und sich so effektiv und effizient neues Wissen aneignen.

  • Zielgerichtete Suche: Beginnen Sie mit klaren Suchbegriffen. Wenn Sie beispielsweise ein bestimmtes mathematisches Konzept lernen möchten, geben Sie den exakten Namen des Konzepts in die Suche ein, eventuell ergänzt durch Worte wie »Tutorial« oder »Erklärung«.
  • Kanäle mit gutem Ruf nutzen: Es gibt viele Bildungskanäle auf YouTube mit einer bewährten Erfolgsbilanz. Kanäle wie »Khan Academy«, »CrashCourse« oder »TED-Ed« sind für qualitativ hochwertige Inhalte bekannt. Achten Sie auf Kanäle, die regelmäßig aktualisiert werden und viele positive Rückmeldungen haben.
  • Nutzen Sie Playlists: Viele Bildungskanäle organisieren ihre Videos in Playlists nach Themen oder Kursen. Das ermöglicht es, sequenziell zu lernen und sicherzustellen, dass Sie alle relevanten Informationen in der richtigen Reihenfolge erhalten.
  • Machen Sie Notizen: Auch wenn Sie ein Video ansehen, sollten Sie aktiv bleiben. Das Aufschreiben von Schlüsselkonzepten, Fragen und Zusammenfassungen kann Ihnen helfen, sich das Gelernte besser zu merken.
  • Pausieren und Wiederholen: Einer der größten Vorteile von Videos ist, dass Sie sie anhalten, zurückspulen und erneut ansehen können. Nutzen Sie diese Funktion, um sicherzustellen, dass Sie jedes Konzept wirklich verstanden haben.
  • Interagieren Sie mit der Community: Lesen Sie die Kommentare unter den Videos. Oft finden sich hier zusätzliche Informationen, Klärungen oder sogar Vorschläge für weitere hilfreiche Ressourcen.
  • Ergänzen Sie mit anderen Ressourcen: Verlassen Sie sich nicht ausschließlich auf YouTube. Ergänzen Sie Ihr Lernen mit Büchern, Artikeln und anderen Online-Ressourcen.
  • Legen Sie eine Lernroutine fest: Bestimmen Sie feste Zeiten für das Lernen mit YouTube-Videos, genau wie Sie es für einen traditionellen Kurs tun würden. Dies hilft Ihnen, diszipliniert zu bleiben und den Lernprozess kontinuierlich fortzusetzen.
  • Achten Sie auf Ihre Umgebung: Stellen Sie sicher, dass Ihr Lernbereich ruhig ist und Sie sich konzentrieren können.
  • Setzen Sie das Gelernte in die Praxis um: Nachdem Sie ein neues Konzept oder eine Fähigkeit gelernt haben, suchen Sie nach Möglichkeiten, es praktisch anzuwenden. Das Anwenden des Gelernten vertieft Ihr Verständnis und fördert die Langzeitspeicherung.
  • Und ein Extratipp für die Faulen: Es gibt verschiedene KI-Anwendungen, die Videos zusammenfassen. Dann müssen Sie nicht einmal mehr ein Video schauen, um die Key-Learnings zu bekommen. Beispielsweise: Youtubesummarizer.tech oder Clipnote.ai

Lernen durch Spielen:
Die Gamification des Bildungsbereichs
Gamification, der Prozess, Lernen in ein spielerisches Erlebnis zu verwandeln, hat sich als effektive Methode erwiesen, um Engagement und Motivation zu steigern. Plattformen verwenden Spielmechanismen, um Benutzer zum Lernen zu motivieren. Durch das Erreichen von Levels, das Sammeln von Punkten oder das Freischalten von Belohnungen wird der Lernprozess in ein unterhaltsames und lohnendes Erlebnis verwandelt. Beliebte Lernplattformen, die Gamification nutzen, sind beispielsweise:
Duolingo: eine Sprachlern-App, die Punktesysteme, tägliche Herausforderungen und virtuelle Abzeichen nutzt, um Nutzer zu motivieren.
Kahoot!: eine Quiz-Plattform, die es Lehrern ermöglicht, spielerische Tests für ihre Schüler zu erstellen.
Quizlet: eine Plattform, die das KI-gestützte Lernen durch Spiele und Flashcards fördert.

Fazit
Eigenständiges Lernen bietet Lernenden die Möglichkeit, ihre Lernprozesse selbst zu kontrollieren und ihre Lernziele individuell zu ­setzen. Es fördert die Entwicklung von lebenslangen Lernfähigkeiten und ermöglicht es, eigenverantwortlich und selbstbewusst zu lernen. Durch die Unterstützung der Lehrer und Trainer kann das eigenständige und selbstgesteuerte Lernen zu einer effektiven Lernmethode werden, die den Lernenden dabei hilft, ihr volles Potenzial auszuschöpfen.

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