Es soll alles so bleiben, wie es ist!

Die besten 10 Methoden, um Innovation im Unternehmen erfolgreich zu verhindern.

Methode 1: Die raffinierten Kernsprüche
Verengen Sie vor jedem Innovationsprojekt wirksam die kreativen Denkfähigkeiten der Mitarbeiter. Lassen Sie nicht zu, dass deren Fantasie zu blühen beginnt. Lenken Sie den Fokus der Aufmerksamkeit auf Alltägliches. Vermeiden Sie den Effekt, dass in den Köpfen der Teilnehmer an diesem Projekt ungewohnte Gehirnzellen loszufeuern beginnen. Suggerieren Sie Bilder, die jedes Ausschweifen der Gedanken verhindern, denn Sie wissen, Bilder vermögen mehr als Worte. »Blicken Sie über den Tellerrand«, der tausendmal mehr reproduzierte Satz als zum Beispiel »Ich hatte einen Traum« leistet genau das. Er erzeugt ein alltägliches Gefühl des Gesättigt-Seins. Ebenso wirksam ist die englischsprachige Variante. »Thinking out of the box.« Übersetzt: Denken Sie außerhalb der Schachtel. Sofort werden vor den inneren Augen Ihrer Zuhörer Schachteln erzeugt. Ein besonders engagierter Innovationsvermeidender hatte folgende Idee: Wir sagen nicht mehr »thinking out oft the box«, sondern stattdessen »thinking without any box«. Also ohne irgendeine Schachtel. Ohne welche Schachtel? Und schon entstehen in den Köpfen Bilder von einigen Schachteln und vielleicht sogar die Überlegung: Um welche Schachteln handelt es sich? Ist es die Schuhschachtel oder doch eine der anderen Schachteln?

Methode 2: Das unmögliche Innovationsthema
Legen Sie für die Innovation ein Thema fest, welches für Innovationen nicht geeignet ist. Zum Beispiel: Wir wollen für ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung neue Kunden im Land. »Neue Kunden« als Innovationsthema. Die Lösung würde etwa so ausfallen: Wir perfektionieren den Zeugungsakt, vermindern die Schwangerschaftszeit auf neun Wochen und beschleunigen den Prozess des Erwachsenwerdens und somit der Kauffähigkeit auf ein Jahr. Somit hätten wir etwa in 14 Monaten ein neues Kundenpotenzial. Setzen Sie auf die Unmöglichkeit einer Innovation statt auf eine einfache Recherche: Welche Kunden haben wir, welche haben die Mitbewerber, welche hat noch niemand und wie erreichen wir die beiden Letzteren? Vermeiden Sie also, das Thema beziehungsweise den Bereich, in dem Innovation stattfinden soll, zu analysieren und stellen Sie auf keinen Fall die Frage, ob dort eine Innovation strategisch sinnvoll oder gar rentabel sein könnte.

Methode 3: Ergebnisdenken statt Prozessdenken
Fokussieren Sie von Anfang an nur das Ergebnis der Ideensuche und hoffen Sie auf die Jahrhundertidee. Verzichten Sie auf die gründliche Vorbereitung von Prozessphasen und vermeiden Sie unbedingt, einen Plan für die Vorbereitung, die Ideensuch-Phasen, die Filterung bis zur Umsetzungsgestaltung zu entwickeln. Organisieren Sie einfach ein Brainstorming und vermeiden Sie, die Mitarbeiter und Teams darauf vorzubereiten. Weder kognitiv und schon gar nicht emotional.

Methode 4: Erfolgsdruck erzeugen
Setzen Sie den Innovationsprozess unter Erfolgsdruck und informieren Sie darüber möglichst alle. Zum Beispiel: »Wir brauchen bis in eineinhalb Jahren unbedingt Ideen für neue Geschäftsfelder, sonst sind wir in zwei Jahren bankrott.« Und vergessen Sie nicht, das richtige Projektleiter1 für das Scheitern zu finden, vielleicht einen besonders zahlen- und realitätsverliebten. Erfolgreich wäre auch eine direkte mündliche Drohung kurz vor Beginn des ersten Ideensuchverfahrens.

Methode 5: Die gewohnt gewöhnliche Kommunikation
Kommunizieren Sie alles rund um das Innovationsprojekt so, wie Sie es immer tun. Ein Plakat, eine langweilige A5-Broschüre und Ähnliches, das genauso aussieht wie Ihre sonstigen schriftlichen Firmenbroschüren. Vermeiden Sie auf jeden Fall für das Bekanntmachen des Projekts Ungewöhnliches, wie zum Beispiel eines Mittags mit einer Trompete durchs Fenster Ihrer ebenerdigen Kantine zu steigen und nach einigen Tönen einige Worte zum Projekt zu verlieren.

Methode 6: Ein Versuch reicht
Beschränken Sie die Ideensuche auf ein einziges Verfahren. Brainstormings sind sehr beliebt und haben hauptsächlich die Funktion, die Gehirne vom Alltäglichen zu säubern. Lassen Sie es damit gut sein. Sollte wider Erwarten der eine oder andere interessante Ideenansatz dabei sein, verzichten Sie auf weitere vertiefende Verfahren, wie zum Beispiel mit den faszinierenden und den verrücktesten Ideen weiterzudenken. Für den innovativen Erfolg wären mindestens drei vertiefende Verfahren mit den jeweils gefilterten Ideenansätzen nötig, was Sie tunlichst vermeiden müssen. Ein guter diesbezüglicher Verhinderer ist das »Design Thinking«.

Methode 7: Hochkonzentriert bleiben
Verbreiten Sie die Auffassung, dass nur in Hochkonzentrationsphasen neue Ideen fließen können. Vermeiden Sie jede Vorbereitung der Teams mit kreativen Übungen oder fantasieanregenden Rätseln und sorgen Sie dafür, dass alle am Vorabend der Ideensuche rechtzeitig zu Hause sind und möglichst früh ihr Bett aufsuchen, um am nächsten Tag ausgeschlafen, konzentriert und aufmerksam im Brainstorming nachdenken zu können. Reißen Sie die Mitglieder der Teams auf keinen Fall aus ihren gewohnten Alltagsleben, indem Sie sie am Vorabend des Innovationsevents zum Essen und Trinken einladen oder ihnen gar einen frühnächtlichen Besuch in einer Karaokebar oder einem ähnlichen Etablissement organisieren.

Methode 8: Mit Vernunft weitermachen
Wählen Sie aus dem ersten Ideensuchverfahren für die weitere Bearbeitung (Recherchen, Pilotprojekte etc.) nur solche Ideen aus, die für eine allfällige Umsetzung vernünftig, logisch und realistisch erscheinen. Fantasievolle Ideenansätze können Sie leicht abwehren. Mit Bemerkungen wie »das ist unrealistisch, das kann nicht funktionieren, das passt nicht zu uns, das geht gar nicht, das widerspricht unserer Strategie und unseren Richtlinien, das ist viel zu kompliziert, das ist eine abwegige Idee«. Für solche Sprüche sollten Sie Ihrer Fantasie keine Grenzen setzen.

Methode 9: Einer gegen alle
Eine besonders ausgeklügelte Verhinderungs-Strategie ist die gezielte Unterwanderung der Ideensuche in den Teams. Sie bitten kurz vor dem Event jedes einzelne Teammitglied allein zu sich in Ihr Büro, um folgenden Deal zu vereinbaren: Sie versprechen verbindlich eine Sonderprämie für jede Idee, die Ihnen von der Einzelperson geliefert wird. So wird nicht nur die Lust auf Heimlichkeiten angefacht, sondern vor allem auch die individuelle Zurückhaltung bei der Ideengenerierung in den Teams. Die Unentbehrlichkeit der Gruppe mit ihrer Dynamik der wechselseitigen Impulse für das Kreativitätsverfahren wird wirksam egalisiert. Einzelne Teammitglieder verheimlichen nicht nur ihre Ideen, sondern sie erliegen auch der Versuchung des Ideenklaus.

Methode 10: Einmaligkeit wörtlich nehmen
Einmal ist genug. Behandeln Sie den Innovationsprozess als einmaliges Event und machen Sie Innovation auf keinen Fall zu einer zukünftigen, permanenten Aufgabe des Unternehmens und der Führungskräfte. Es bestünde die große Gefahr, dass in Ihrem Unternehmen die Dinge nicht mehr so gemacht werden könnten, wie sie immer gemacht wurden und woran sich alle gewöhnt haben. Vermeiden Sie es unbedingt, den Führungskräften und den Teams die Aufgabe zu übertragen, in ihren Bereichen Innovation zur permanenten Herausforderung zu machen und etwa zweimal im Jahr einen Innovationsprozess zu einem bestimmten Thema durchzuführen sowie sie dementsprechend auszubilden.

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halapier_wolfgang

Gastautor
Wolfgang Halapier
ist Geschäftsführer von UNICON, Trainer, systemischer Coach und Unternehmensberater.
www.unicon.at