Führen mit Profit

Wie Führungskräfte mit ihren Vertriebsteams bessere Deckungsbeiträge und höhere Preise erzielen können.

Dass Unternehmen nur am Gewinn orientiert sind, ist ein modernes Märchen. Statt, wie oft unterstellt »zu sehr am Gewinn«, sind viele Firmen aus meiner Erfahrung »viel zu wenig am Gewinn« ausgerichtet. Es wird zwar endlos an Kostenschrauben gedreht, um das Ergebnis zu verbessern, aber gleichzeitig lässt man in Verkauf und Marketing sehr viel mehr Geld liegen. In den meisten Firmen schlummern Schätze, die es zu heben gilt.

Es gibt etliche Stellschrauben, an denen Führungskräfte drehen können, um mehr Profit aus ihrem Vertrieb zu holen. Das ist gerade in jenen Branchen besonders spannend, wo mit den Kunden regelmäßig über Preise gesprochen wird bzw. richtige Preisverhandlungen stattfinden. Überall dort, wo es in puncto Preise und Konditionen Spielräume für den Vertrieb gibt, macht es sich im »barsten« Sinne des Wortes bezahlt, sehr genau über die folgenden Punkte nachzudenken.

Die falschen Ziele

In den meisten Vertriebsorganisationen dominieren Umsatz- bzw. Marktanteilsziele. Man fokussiert sich auf die Anzahl der neuen Kunden und auf die Volumina der Geschäfte. Doch groß und viel heißt nicht automatisch gut, gesund und profitabel. Wenngleich Umsätze, Stückzahlen und Marktanteile für Unternehmen natürlich wichtige Kennzahlen sind, so ist das betriebswirtschaftlich letztlich relevanteste Ziel der Deckungsbeitrag bzw. der Gewinn. Schwächelnde Margen werden allzu oft in Kauf genommen, wenn nur der Umsatz stimmt oder der Marktanteil gesteigert werden konnte.

Unzureichende Messung

Ob (ausreichend) Geld verdient wird – an einem Produkt, einem Kunden, einem Marktsegment, einem Geschäft – weiß man oft zu spät, manchmal gar nicht. Den Umsatz kennt jedes Unternehmen tagesaktuell, was wahrscheinlich ein wesentlicher Grund für seine Beliebtheit als Kenngröße ist. Viel zu selten wird berechnet, ob z. B. an einem bestimmten Kunden überhaupt Geld verdient wird. Tut man es doch einmal, ist das Erwachen oft ein böses. Es ist keine Seltenheit, dass die Rechnung gerade bei den größten Kunden oder Geschäften nicht rosig aussieht. Aber auch sehr kleine Kunden, in die überdimensional viel Zeit investiert wird, können bei genauerer Betrachtung alles andere als profitabel sein.

Falsche Entlohnungssysteme

In Kombination mit den falschen Zielen finden sich immer wieder unpassende Entlohnungssysteme, wenn es um Deckungsbeiträge und Gewinne geht. Wenn schon variable Gehaltsbestandteile bezahlt werden, dann müssen diese vorwiegend am Deckungsbeitrag und nicht am Umsatz oder Marktanteil ausgerichtet sein.

Immer wieder habe ich es mit Unternehmen zu tun, die möglichst viel Ertrag erwirtschaften wollen, aber ihren Verkäufern Umsatzboni bezahlen. Auch wenn Geld nicht der einzige Motivator ist, so machen Verkäufer tendenziell doch das, wofür sie bezahlt werden. Umsatz bringen und Marktanteile erhöhen. Wenn nun ein Verkäufer vor der Wahl steht, mehr Rabatt zu geben oder das Geschäft zu verlieren, wird er sich aus genannten Gründen oft für den Rabatt entscheiden.

Falscher Fokus in der internen Kommunikation

Eine Folge aus der Fokussierung auf die falschen Kennzahlen als Ziele ist natürlich die, dass der Fokus in der internen Kommunikation dann auch meist kontraproduktiv für den Ertrag ist. Wenn in Verkaufsmeetings regelmäßig nur die Umsatzzahlen besprochen werden, denken die Mitarbeiter an die Umsatzzahlen und nicht an solide Deckungsbeiträge. So gut wie immer stehen die Umsatzkaiser unter den Verkäufern am Podest und diejenigen, die die größten Geschäfte an Land gezogen haben.

Das Konditionensystem

Alleine durch das Konditionensystem, das die Führung vorgibt, wird der Ertrag stark beeinflusst. Die Erfahrung zeigt nämlich, dass Verkäufer die Spielräume, die sie nutzen dürfen, auch nutzen. Wenn also z. B. bei 1 000 Stück noch 10 % Rabatt extra gegeben werden können, dann werden diese 10 % so gut wie immer auch gegeben. Jene Verkäufer, die die Grenzen des Möglichen in puncto Konditionen nicht regelmäßig ausnutzen bzw. sogar überschreiten, sind eine kleine Minderheit. Warum auch?

Jetzt ist es nicht grundsätzlich falsch, einen Rahmen vorzugeben, in dem sich die Vertriebsorganisation preislich bewegen kann. Man muss sich nur bewusst sein, wie stark dieser Rahmen den Ertrag beeinflusst. Bisweilen ist die einfachste und schnellste Möglichkeit, die Erträge zu steigern, den Rahmen zu ändern und den Maximalrabatt etwa von 10 % auf 9 % zu senken. Wenngleich so etwas von den Verkaufsmitarbeitern selten mit Applaus bedacht wird, zeigt sich doch in vielen Fällen, dass es umgesetzt werden kann, ohne auch nur ein einziges Geschäft zu verlieren.

Schwache Preisgespräche

Die bisherigen Gründe für schwache Gewinnorientierung von Unternehmen liegen in den Rahmenbedingungen. Sie wirken sich auf das »Wollen« der Mitarbeiter aus. Doch auch das »Können« hat einen enormen Einfluss, gerade wenn es um das Führen von Preisgesprächen geht. Regelmäßig finden sich dramatisch große Leistungsunterschiede zwischen einzelnen Mitarbeitern innerhalb von Verkaufsteams, nicht nur auf Umsätze, sondern auch auf Erträge bezogen. So hatte ich kürzlich bei einem Klienten den Fall, dass einer der Verkäufer etwa den doppelten Deckungsbeitrag wie die anderen erwirtschaftete und das sogar bei hohen Umsätzen. Natürlich gibt es Effekte seitens des Verkaufsgebietes etc., aber ein großer Teil ist auch dem Verhalten des Verkäufers im Verkaufsgespräch bzw. im Preisgespräch geschuldet.

Wie Studien zeigen, sind es oft die Verkäufer  und nicht – wie oft unterstellt – die Kunden, die das Thema Preis ins Spiel bringen. Nicht absichtlich sondern durch impulsive, meist unbewusste Reaktionen. Ein Räuspern, ein körpersprachliches Zurückweichen, ein Wegschauen bei der Preisnennung etwa, kann dem Kunden signalisieren, dass der Verkäufer sehr unsicher in Bezug auf den geforderten Preis ist. Es ist förmlich eine Einladung an den Kunden, mehr zu fordern. Noch stärker wird das mittels sogenannten Weichmachern kommuniziert.

Dem kann man als Führungskraft durch ein effektives Entwicklungskonzept für die Verkaufsmitarbeiter entgegenwirken. Training ist da ein Bestandteil, reicht aber alleine oft nicht, um nachhaltige Verhaltensänderungen in Verkaufsgesprächen zu bewirken. Dafür ist es zu punktuell. So wie eine Diät zwar dazu führt, rasch mal ein paar Kilo zu verlieren, diese aber rasch wieder auf den Hüften sind. Was Vertriebsteams brauchen ist, um in diesem Vergleich zu bleiben, eine Ernährungsumstellung.

Idealerweise wird man Entwicklungs- bzw. Trainingsprojekte genauso konzipieren, dass diese Entwicklung von den Führungskräften initiiert und mitgetragen wird. Das ist Arbeit und bedeutet einen nicht unerheblichen Zeiteinsatz, aber im Hinblick auf deutlich bessere Verkaufsergebnisse, im Speziellen auf mehr Ertrag, ist es den Einsatz allemal wert.

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kmenta

Gastautor

Roman Kmenta

ist Managementberater, Redner und Autor sowie

Geschäftsführer beim

Trainingsinstitut

»convince«.

www.convince.at

www.romankmenta.com