Ghosting im HR

Ein Phänomen greift um sich – Bewerber, die im Laufe des Einstellungsprozesses ohne Vorwarnung verschwinden. Wie können Unternehmen damit umgehen?

Ghosting – ein Begriff, der ursprünglich aus der Dating-Welt stammt, hat längst seinen Weg in die Arbeitswelt gefunden. Der Begriff »Ghosting« leitet sich vom englischen Wort »ghost« ab, was »Geist« bedeutet. Die Analogie besteht darin, dass die Person, die sich des Ghostings schuldig macht, plötzlich unsichtbar und unerreichbar wird, ähnlich wie ein Geist, der nicht gesehen oder gefasst werden kann. Die Person verschwindet aus dem Leben des anderen, ohne Spuren zu hinterlassen oder eine Erklärung für ihr Verschwinden zu geben.

Im HR-Kontext beschreibt Ghosting die Situation, in der Bewerber während des Rekrutierungsprozesses plötzlich und ohne Erklärung den Kontakt zum Unternehmen abbrechen. Dies kann zu verschiedenen Zeitpunkten im Bewerbungsverfahren geschehen, beispielsweise nach dem ersten Vorstellungsgespräch, nachdem ein Jobangebot gemacht wurde oder sogar nachdem die Bewerber das Angebot bereits angenommen haben, aber vor ihrem ersten Arbeitstag. Man erreicht die Person weder telefonisch, noch werden E-Mails oder Textnachrichten beantwortet.
Diese einseitige Kommunikationsunterbrechung hinterlässt HR-Verantwortliche oft in einer schwierigen Lage, da sie nicht nur Zeit und Ressourcen in die Kandidaten investiert haben, sondern nun auch kurzfristig eine Alternative finden müssen. Darüber hinaus wirft es Fragen zur Effektivität der eigenen Rekrutierungsstrategien und zur Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber auf.

Die Problematik verstehen

Ghosting tritt am häufigsten nach einem oder mehreren erfolgreichen Vorstellungsgesprächen auf. Die Gründe aus Kandidatensicht können vielfältig sein. Dieses Verhalten kann für Unternehmen frustrierend sein, da es Zeit und Ressourcen kostet und den Rekrutierungsprozess verlangsamt. Ghosting im HR-Kontext ist besonders problematisch, weil es:

  • die Planungssicherheit und den Zeitplan der Einstellungsprozesse stört,
  • zusätzliche Kosten verursacht, da der Rekrutierungsprozess für die Position neu gestartet oder intensiviert werden muss oder
  • negative Auswirkungen auf das Arbeitgeberimage haben kann, insbesondere wenn (negative) Erfahrungen über den Bewerbungsprozess in Netzwerken oder auf Bewertungsplattformen geteilt werden.

Ursachen für Ghosting

Vergleicht man den Bewerbungsprozess mit einem Date, so gleicht Ghosting dem abrupten Verschwinden nach einem vielversprechenden ersten Treffen. Die Gründe dafür sind oft tiefgreifender, als es auf den ersten Blick scheint. Mangelnde Transparenz seitens des Unternehmens kann Bewerber im Unklaren lassen, was sie im weiteren Prozess erwartet. Unklare Informationen über den Zeitplan, die nächsten Schritte oder die Anforderungen der Stelle führen zu Verwirrung und Frustration. Unregelmäßige Updates, verspätete Antworten oder gar keine Reaktion auf Anfragen signalisieren mangelndes Interesse und lassen Bewerber im Ungewissen. Lange Wartezeiten zwischen den einzelnen Schritten des Bewerbungsprozesses zerren an der Motivation und Geduld der Kandidaten, die oft parallel mehrere Optionen verfolgen. Unattraktive Stellenangebote, die nicht mit den Erwartungen der Bewerber hinsichtlich Bezahlung, Benefits oder Arbeitsumfeld übereinstimmen, führen dazu, dass sie sich nach anderen Möglichkeiten umsehen. Negative Erfahrungen in früheren Bewerbungsprozessen mit unfreundlichen oder unprofessionellen Recruitern hinterlassen einen bleibenden Eindruck und können dazu führen, dass Unternehmen gemieden werden. Einige Bewerber finden es auch unangenehm, ein Jobangebot abzulehnen oder schlechte Nachrichten zu überbringen und stellen sich daher einfach tot.

Strategien gegen Ghosting

Wenn Unternehmen häufig mit diesem Problem konfrontiert sind, sollten sie etwas dagegen tun. Die Bekämpfung von Ghosting erfordert ein strategisches Vorgehen, das sowohl präventive als auch reaktive Maßnahmen umfasst:

  • Kommunikation verstärken: Eine klare, offene und regelmäßige Kommunikation mit den Kandidaten kann dazu beitragen, eine Vertrauensbasis zu schaffen. Informieren Sie Bewerber über den Stand ihres Bewerbungsprozesses und was sie als Nächstes erwarten können.
  • Feedback-Kultur fördern: Ermutigen Sie Bewerber, offen zu kommunizieren, auch wenn sie sich gegen ein Angebot entscheiden. Dies kann durch eine unkomplizierte, anonyme Feedback-Möglichkeit ergänzt werden.
  • Bewerbungsprozess optimieren: Ein langer, komplizierter Bewerbungsprozess kann Bewerber abschrecken. Überprüfen Sie den Prozess regelmäßig auf mögliche Hürden und versuchen Sie, ihn so effizient und bewerberfreundlich wie möglich zu gestalten.
  • Unternehmenskultur hervorheben: Stellen Sie sicher, dass Ihre Unternehmenskultur und die Vorteile einer Anstellung in Ihrem Unternehmen klar kommuniziert werden. Dies kann dazu beitragen, das Engagement der Bewerber zu erhöhen.
  • Realistische Jobbeschreibungen: Stellen Sie sicher, dass die Rollen und Erwartungen von Anfang an klar definiert sind, um Missverständnisse zu vermeiden.
  • Follow-up-Prozesse einrichten: Schnelle Follow-up-Nachrichten nach Interviews oder anderen wichtigen Schritten können das Engagement aufrechterhalten und zeigen, dass das Unternehmen ernsthaftes Interesse an dem Bewerber hat.
  • Verwenden Sie professionelle Bewerbermanagementsysteme: Diese Systeme unterstützen Sie dabei, den Überblick über den Bewerbungsprozess zu behalten und effizient mit Kandidaten zu kommunizieren.

Fazit
Ghosting im HR ist ein komplexes Phänomen, das eine Reflexion über bestehende Rekrutierungspraktiken erfordert. Durch die Stärkung der Kommunikation, die Optimierung von Bewerbungsprozessen und die Schaffung einer offenen Feedback-Kultur können Unternehmen die Wahrscheinlichkeit von Ghosting verringern. Letztlich geht es darum, eine positive Erfahrung für beide Seiten zu schaffen, die auf Respekt und Transparenz basiert.

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