Intim im Team

Warum die Geschäftsführung in Unternehmen häufig gegen Flirten am Arbeitsplatz ist und welche Auswirkungen das Flirten tatsächlich hat, erfahren Sie in diesem Artikel.

Eines vorweg: Die Biologie, die Lehre vom Leben, ist so wie auch andere Naturwissenschaften nicht politisch korrekt und hat diesbezüglich auch keinen Anspruch. Gerade die Erkenntnisse aus der Verhaltensforschung sind es ganz besonders nicht. Aber erst, wenn wir unsere größtenteils ererbten Verhaltensmuster erkennen und manifest machen, können wir uns mit Hilfe politischer Korrektheit und Moral von diesen evolutionären Fesseln lösen und anstelle von Trieben ein von Vernunft und Aufklärung bestimmtes Leben führen. Ich wünsche es uns!

Adultery. Low section of business couple getting intimate on floor in office

Sex im Büro?

»Never fuck the office« ist ein oft wiederholter Spruch. Aber ist da auch etwas dran? Welcher Mensch ist das, der diesen Wunsch äußert – und warum tut er das? Schauen wir uns gemeinsam mit einer Biologenbrille auf der Nase ein paar Sequenzen zwischen Manderl und Weiberl am Arbeitsplatz an, um die Frage letztendlich beantworten zu können.

Szenario 1
Ein neuer Mitarbeiter wird dem Team vorgestellt. Er sieht verdammt gut aus, bringt alle erforderlichen Skills mit und scheint für das Unternehmen ein echter Coup am Transfermarkt zu sein. Wie reagieren die Frauen im Unternehmen? Es startet die Interfemale Competition, und die beginnt in der Regel damit, dass sich die Frauen gemeinsam und konspirativ über den Neuen den Mund zerreißen. »So gut wie der aussieht ist er sicher schwul …« gehört da bestimmt dazu. Eine jede versucht, der anderen den Prinzen auszureden – um damit ihre eigenen Chancen zu erhöhen! »Brauchst gar nicht erst probieren – der hat sicher irgendein Model als Freundin …« wäre so eine Variante.

Die Evolutionsbiologin und Verhaltensforscherin Joyce Benenson (Harvard) postuliert, dass bereits die kleinsten Mädchen im Wettstreit Verhaltensstrategien an den Tag legen, welche die Gefahren durch Vergeltung durch andere Mädchen reduzieren und zusätzlich die Stärken der anderen Mädchen schwächen. Sie vermeiden dabei, einander in die Quere zu kommen und verbergen den Wettstreit. Offene Auseinandersetzungen kommen nur von Mädchen mit hohem Rang, und diese sorgen für Ruhe durch Gleichheit in der Gruppe – und wer ausschert, wird sozial sofort isoliert.

Auf diese Situation übertragen heißt das: Die interessierte Frau sollte vor den anderen Frauen natürlich kein Interesse am Mann zeigen! Und gleichzeitig den anderen Frauen darstellen, warum der als Mann eigentlich uninteressant ist. Dabei lotet sie gleichzeitig aus, wer eine echte Konkurrentin sein könnte. Die Konkurrentin wird dann durch das gezielte Absetzen von Gerüchten, die die Gegnerin für den Mann uninteressant machen, sozial isoliert. Und soziale Isolation ist für das weibliche Geschlecht evolutionär betrachtet die absolute Höchststrafe, noch dazu meist irreversibel. Denn evolutionär konnten sich Frauen ausschließlich durch ganz enges Zusammenrücken und Zusammenhalten vor den körperlich überlegenen und testosteronaggressiven Männern schützen. Wer aus diesem Frauenbund durch das Brechen impliziter Regeln ausgestoßen wurde, war auf ziemlich verlorenem Posten. Das wirkt bis heute. Im Büro »müssen« die Frauen ihren Zusammenhalt demonstrieren – geflirtet darf nur heimlich werden. Wehe, es kommt einer drauf …!
Und trotzdem setzt in Folge ein Wettbewerb der Attraktivität ein. Das schmuckere Kostümchen, die höheren Schuhe, ein neues Parfum, die Haare ein wenig dramatischer als sonst … stets kontrolliert und kommentiert von den anderen Frauen im Büro, stets mit irgendwelchen fadenscheinigen Ausreden gerechtfertigt.

Szenario 2
Eine neue Mitarbeiterin wird dem Team vorgestellt. Sie ist jung, sieht gut aus und steht auf der Karriereleiter nicht sehr weit oben. Wie reagieren nun die Männer? Sie treten in Wettbewerb, ohne es zu auffällig werden zu lassen, und geben sich vorerst sportlich. Sie plustern sich ein wenig auf, machen sich größer, lachen lauter und häufiger und versuchen durch Witze und Kommentare zu anderen Männern, indirekt vor dieser Frau auf sich aufmerksam zu machen. Ganz beiläufig beginnen sie über Aspekte ihres Lebens zu sprechen, die ihren Rang und Status demonstrieren sollen. Verfügen sie zusätzlich über entsprechende Statussymbole, werden diese wie zufällig präsentiert. Aber wie auch bei den Frauen, es gibt keinen offenen Wettbewerb. Beide Geschlechter scheinen einen offenen Wettbewerb auf das Tunlichste vermeiden zu wollen. Während bei der Frau soziale Exklusion das Risiko darstellt, ist es bei den Männern die Angst vor der Niederlage. Männer hassen Niederlagen vor anderen Männern – sie bedeuten stets einen Start-Nachteil bei der nächsten Konfrontation. Denn Verlierer gehen mit einem geringeren Testosteron-Level in die nächste Konfrontation, Sieger mit einem höheren. Daher rühren auch Formulierungen wie »die Straße der Sieger« oder »sich von Niederlage zu Niederlage hanteln«.

Wer den höchsten Testosteron-Level in seiner Männertruppe hat, gewinnt auch noch auf einer ganz subtilen Ebene: Aus Testosteron machen die Bakterien auf der Haut Androstenon – und dieses schickt die Mitbewerber olfaktorisch und in Folge ebenso hormonell zurück ins Welpenstadium. Zuviel Androstenon im Raum macht die anderen Männer kooperativer! Sie meiden dadurch tendenziell den Wettbewerb und unterstützen den »Chef«, sie geben sich geschlagen. Autorität kann man riechen, wenn auch nur unbewusst!
Geflirtet wird also immer heimlich. Einem trockenen »Wir sollten einmal nach der Hacke auf einen Kaffee gehen …« folgen möglicherweise viele SMS, E-Mails und heimliche Anrufe.
In Summe ist es für beide Geschlechter sinnvoll, den Flirt außerhalb des Arbeitsplatzes eskalieren zu lassen. Kommt dann eine öffentliche Beziehung zustande, so hat in der Regel die rangniederere Person die üble Nachrede, egal welchen Geschlechts.

»Never fuck the office« scheint daher ein Wunsch der Geschäftsführung oder Eigentümer zu sein, so sie ein in erster Linie von Frauen gestütztes Unternehmen führen. Ein sexuell attraktiver Mann würde zu viele weibliche Ressourcen binden. In einem von Männern gestützten Unternehmen sorgt eine attraktive Frau hingegen für noch stärkeren Kampf um Status – und erhöht obendrein die Bereitschaft zur Kooperation. Das müsste man fast als politisch unkorrekte Empfehlung aussprechen.

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fauma

Gastautor
Gregor Fauma
ist Biologe und Experte auf dem Gebiet der ­Verhaltensbiologie. Er ist Keynote-Speaker,
unter anderem
mit dem Vortrag
»No Gender much cry«.
www.gregorfauma.com