Kürzer, knapper, präziser

In diesem Seminar von und mit Ursula Autengruber lernen die Teilnehmer einfache Tricks, damit Texte auch wirklich (gerne) gelesen werden.

»Entschuldigen Sie, dass ich Ihnen einen langen Brief schreibe, weil ich keine Zeit habe, einen kurzen zu schreiben.« Diese Zeilen, die in einem Brief von Goethe zu lesen sein sollen, bringen es auf den Punkt. Einen kurzen, prägnanten Text zu verfassen braucht wesentlich mehr Zeit, als einen langen Text zu schreiben. Das ist vermutlich auch der Grund, warum manche E-Mails, Angebote oder Berichte so lang sind. Überlang sogar.

In diesem Seminar haben die Teilnehmer die Chance, an nur einem Tag die Grundzüge des Textens zu erlernen. Es ist überraschend, mit welch einfachen Tricks Texte plötzlich ganz anders aussehen und viel lieber und genussvoller gelesen werden.
Einige Tage vor dem Seminar schickt die Trainerin die Seminardetails per E-Mail aus und bittet darin, ganz konkrete Texte mitzubringen, an denen gearbeitet werden kann. Typischerweise sind das Presseaussendungen, Revisionsberichte, Produktbeschreibungen oder Angebotsvorlagen.

Im ersten Block des Seminars bekommen wir eine allgemeine Einführung in das Thema Kommunikation mit Schwerpunkt »das geschriebene Wort«. Ursula Autengruber bedauert: »Die Informationsflut steigt ständig weiter an und der persönliche Kontakt wird weniger.« Um der steigenden Anzahl an E-Mails und anderen Schriftstücken Herr zu werden, werden recht erfolgreich »Speed-Reading«-Seminare angeboten. Doch Ursula Autengruber ist demgegenüber skeptisch: »Statt schneller lesen zu lernen, wäre es sinnvoller, kürzer schreiben zu lernen.« Es geht also darum, dem Empfänger Zeit zu sparen!

Wenn wir Texte lesen, sucht unser Gehirn immer nach Bildern zu den Worten. Wenn also irgendwo das Wort »Schloss« steht, muss unser Hirn aus dem Zusammenhang heraus ein Bild entstehen lassen; entweder das Bild eines schönen Schlosses auf einem Hügel oder das eines Sicherheitsschlosses. Daher ist es ratsam, Texte immer bildhaft zu formulieren.

Bei Präsentationen und Keynotes nennt sich das »Storytelling«. Autengruber: »In der schrift­lichen Kommunikation ist das noch nicht so angekommen. Besonders bei Fremdenwörtern machen wir es dem Hirn schwer, ein Bild zu finden. Daher ist schon mal eine Grundregel: Wenn möglich, Fremd- und Fachwörter vermeiden!«

Der »neue« Mitteilungsstil

Bevor es nun wirklich ans Texten geht, zeigt uns die Trainerin anhand einiger Beispiele, was alleine das Layout eines E-Mails ausmacht.
Lange Sätze, im Blocksatz geschrieben, laden keineswegs zum Lesen ein.
Pressemeldungen beispielsweise, von denen ein Journalist mehrere 100 pro Woche bekommt, werden schnell gelöscht, sind sie nicht ansprechend gestaltet. Hierzu bedarf es gar nicht viel: »Ein paar Zeilenschaltungen mehr an geeigneten Stellen machen das Dokument wesentlich einfacher zu lesen«, sagt Autengruber und gibt anschauliche Beispiele.
Der »neue Mitteilungsstil« ist kurz und knapp, sowohl in Form als auch im Inhalt. Entbehrliches wird weggelassen und nur Notwendiges mitgeteilt. Die Kommunikation besteht daher aus einfachen und wenigen Worten, kurzen Sätzen, aktiven Verben und dem persönlichen Stil.

Die ersten Schritte, die dazu nötig sind, sind folgende:

  • mehr denken
  • vorher denken
  • an den Empfänger denken
  • an das Ziel denken
  • an das »Notwendige« denken
  • an die Reihenfolge denken

Es gilt, zwischen der Sicht des Senders und der Sicht des Empfängers zu unterscheiden. Der Empfänger denkt natürlich anders und will in kurzer Zeit erfassen, worum es geht. Wer schreibt mir? Was will er von mir? Was habe ich davon? Was muss ich tun? All das sind Fragen, die der Empfänger sich im Bruchteil von Sekunden stellt, sobald er ein E-Mail bekommt. Und er will diese Fragen auch genauso schnell beantwortet haben.

Nun bekommen wir Übungstexte, um diese zu kürzen, ohne dass wesentliche Informationen verloren gehen. Beim ersten Text handelt es sich um eine Pressemeldung. In nur wenigen Minuten schaffen es alle Teilnehmer, den Text drastisch zu kürzen, auch ohne Informationsverlust. Durch eine schönere Gestaltung wirkt der Text gleich viel freundlicher. Die Lernerfahrung aus der Übung: Gar so viel Zeit braucht es nicht, um Texte leserorientierter zu gestalten.

Als nächsten Übungstext bekommt ein Teil der Gruppe das Märchen »Rotkäppchen« und der andere Teil das Märchen »Der Wolf und die sieben Geislein«, die jeweils ca. 1,5 Seiten lang sind. Auch hier wieder: Durch logisch gesetzte Zeilenschaltungen und das Weglassen einiger Füllsätze werden die Märchen wesentlich einfacher zu lesen.

Nach einer kurzen Reflexion der Übung vergleichen wir die Texte und merken, dass es noch viel kürzer ginge. Denn die Sätze einfach nur abzuändern und zu kürzen genügt nicht. Die Trainerin rät: »Zuerst den gesamten Text sinn­erfassend lesen und dann eventuell komplett neu formulieren. Das ist einfacher und wird meistens ein schönerer Text.« Es geht hier natürlich nie um richtig oder falsch. Sondern einfach um besser!
Ein Teilnehmer ist besonders begeistert und sagt spontan: »Das macht wirklich Spaß und ist einfacher, als gedacht.«
Im nächsten Schritt lernen wir noch ein paar weitere Regeln, die es bei der Textgestaltung zu beachten gilt:

  • Text in Spaltenbreiten entwerfen
  • Zeilenende = Atempause
  • Zeilen beim Schreiben selbst laut lesen
  • schwierige Texte verknappen
  • Tabelle statt komplizierten Text
  • Abbildungen sollen unterstützen

    Die Schriftart und die Schriftgröße müssen ebenfalls an den Empfänger angepasst sein. Ein Kinderbuch z. B. ist einfach geschrieben und meistens sehr ansprechend gesetzt, sodass es für Jung und Alt eine Freude ist, darin zu lesen.

  • Im letzten Block des Seminars besprechen wir die Texte der Teilnehmer und suchen Verbesserungsmöglichkeiten. Unglaublich, was uns nun alles auffällt. Selbst beim Lesen der eigenen Texte stechen den Verfassern zahlreiche Punkte ins Auge, die gekürzt werden können. Wir bekommen ganz konkrete neue Textbausteine, um in Zukunft unsere E-Mails, Berichte, Reportings und was auch immer einfacher und leichter lesbar zu machen:

    Fazit
    Das Seminar erfordert keinerlei Vorkenntnisse und ist eine echte Bereicherung. An einem Tag wird niemand ein professioneller Texter werden, doch es sind die Kleinigkeiten, die schon einen großen Unterschied machen. Ein lehrreiches Seminar, mit vielen Umsetzungsmöglichkeiten im Alltag.

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Autengruber

Ursula Autengruber
ist selbstständige
Unternehmensberaterin,
Wirtschaftstrainerin
und Coach sowie Structogram-Mastertrainerin für Österreich.
www.autengruber-consulting.at