Licht und Schatten

Andreas Buhr ist im 11. Jahr in der Speakerbranche tätig. In diesem -Interview spricht er sehr offen auch über die Schattenseiten des Rednerberufs.

Herr Buhr, warum sind Sie Speaker geworden?

Ich liebe es, auf der Bühne zu stehen und mein Wissen, meine Erfahrungen und meine Meinung zu teilen. Bin ich damit ein Speaker? Für mich ist ein Speaker jemand, der als Experte zu einem Thema etwas zu sagen hat. Mehr zu sagen hat, als sein Publikum. Der geht »nach vorn« und redet darüber. Über Erfolg kann z. B.  nur reden, wer auch erfolgreich ist. Was immer dabei Erfolg bedeutet. Über Führung und Vertrieb kann nur reden, wer selbst dazu Erfahrungen gemacht hat und weiß, wie es geht. So ist es mit allen Disziplinen. Für diese Haltung gibt es nicht nur Zustimmung. Manche Rednervermittlung wird das anders sehen und dann lieber Speaker (zu einem Thema) engagieren, die zuvorderst gut beim Publikum ankommen. Die »können« dann nur eine Stunde zu dem Thema gestalten. Ich werde als Speaker gebucht, weil ich zu meinen Themen etwas sagen, etwas berichten und Erfahrungen teilen kann. Wenn es mir dabei gelingt, Menschen zu berühren, zu bewegen, zu ermutigen: wie schön!

Was ist das Schönste an diesem Beruf?

Menschen berühren, sie mitnehmen, sie inspirieren. Wenn es mir gelingt, wirklich etwas zu bewegen, Menschen mitzunehmen und dann zu beobachten, wie Resultate verbessert werden, dann ist das ein schönes Feedback für mich.

Was sind die Schattenseiten des Berufs?

Das Reisen. Und das »auf den Punkt da sein«.  Beispielsweise am 17. November morgens in Zürich und abends in Wien! Egal, was vorher passiert. Egal, was nacher passiert. Schlimm für mich war es, als vor 5 Jahren meine Mutter starb, und ich am selben Abend auf die Bühne ging. Und am Abend danach …

Wie schaut eine »typische« Arbeitswoche aus? Gibt es so etwas überhaupt?

Ich habe 3 Aufgaben: Zuerst bin ich Familienvater. Dann bin ich Unternehmer und arbeite als Redner, manchmal auch als Trainer. Aufstehen morgens zwischen 5.00 und 5.30 Uhr (am Wochenende auch schon mal um 6 Uhr), abends um 23 Uhr geht der Tag dann zu Ende. Es ist oft heute noch eine 6-Tage-Woche. Jede Menge Abwechslung ist dabei. Und Routine natürlich auch. Es geht für mich nur, wenn die Dosis stimmt. Vielleicht sollte ich langsam etwas ruhiger werden. Ist ja mein zweites Berufsleben …(lacht).

Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie regelmäßig um 5 Uhr Früh aufstehen müssen?

Freie Entscheidung. Ich muss das ja nicht tun. Und klar, wenn es ein Montag ist, dann ist der Flughafen voller Menschen, die auch fliegen müssen und die oft kaninchenrote Augen haben.

Sie haben gesagt, das Reisen nervt?

Es ist das Einzige, worauf ich sofort verzichten könnte. Stimmt. Es gehört aber dazu. Ich komme viel herum, das hat auch was. Und jeder Beruf hat Dinge, die nicht ausnahmslos schön sind.

Was war Ihr schönstes Erlebnis in Ihrer Speaker Karriere?

Aufnahme in den Club55, die Verleihung des Titels CSP (Certified Speaker Professional) in Orlando 2010 und ein Vortrag vor 9 500 Menschen.

Was ist Ihre größte Herausforderung als Speaker?

Meinem eigenen Anspruch zu genügen. Ich möchte Dinge immer sehr gut machen. Nur:  »gut« ist oft sehr gut. Es gibt auch hier keine Perfektion. Perfektion schafft auch Aggression. Das auch für mich selbst anzunehmen ist für mich noch immer eine Herausforderung. Ich muss einfach lockerer werden, entspannter. Ich arbeite weiter daran …

Wie gehen Sie damit um, nach einem erfolgreichen Auftritt vor Tausenden Menschen, voller Adrenalin, alleine im Hotelzimmer »runterzukommen«?

Natürlich ist es ein schönes Gefühl, Applaus zu bekommen. Das tut jedem gut. Nur: Der Applaus ist ja nur geliehen. Er gehört zum Programm dazu. Mit jedem Schritt zurück nach Hause baue ich eine kleine Distanz dazu auf. Denn wer sich darauf etwas einbildet, wer das für bare Münze nimmt, kein Regulativ mehr zulässt, Respekt verliert, dauerhaft abhebt, der scheitert. Das können wir jedes Jahr auch in der Speaker-Szene beobachten.

Wie tanken Sie Energie für diesen anstrengenden Beruf?

Anstrengend wäre mein Beruf, wenn ich handwerklich arbeiten müsste. Das geht für mich gar nicht. Ich stünde mir nur selbst im Weg. Ich gehe zum Sport: Fitness, Ski, Laufen, Golf. Sauna! Meine Frau und meine beiden Söhne sind hier ein kompletter Rückhalt. Das Beste in meinem Leben.

Was hat sich über die Jahre in der Szene verändert?

Es gibt kein Geheimwissen mehr. Und daher gibt es auch keine Gurus mehr. Niemand hat Wissen gepachtet, das der Allgemeinheit verborgen bleiben müsste. Neulich rief mich ein guter Kollege an und berichtete mir, dass er sich mal einige Videos von sich bei Youtube angesehen habe. Frappierend. »Eigentlich müsste mich niemand mehr buchen«, so seine im Spaß gemeinte Aussage. Es gibt Menschen in der Szene, die hauptsächlich durch das Netz bekannt werden, die viel Geld für kaum Arbeit versprechen, die Dinge und »Wahrheiten« verkünden, die für mich oft hanebüchener Unsinn sind. Hier zu unterscheiden, was Qualität ist und was nur Show, was inhaltlich fundiert, und was schlichter Unsinn ist, ist schwerer geworden. Und der Markt ist unruhiger und flüchtiger geworden. Letzte Woche ruft uns ein neuer Kunde an, will sein Angebot bis morgen und den Vortrag, natürlich an das Unternehmen angepasst, gleich diesen Mittwoch um 9.00 Uhr! So etwas war wohl früher undenkbar, wie mir erfahrene Kollegen immer wieder sagen.

Lässt sich sagen, vor wie vielen Zuhörern Sie in etwa schon gesprochen haben?

Ich schätze so auf gut 500 000 Menschen.

Wie bereiten Sie sich auf einen Auftritt vor?

Ein kurzer Spaziergang, Redeskript leise durchgehen. Eine Tasse schwarzen Kaffee. 10 Liegestütze, dann Verbindung zum Publikum aufbauen und raus!

Gibt es »Fans«, die immer wiederkommen?

Mein Thema ist sehr spitz. Wer will schon etwas über Vertrieb oder Führung im Vertrieb hören? Und dann noch hybride Erkenntnisse lernen. Eher schwierig, wenn es um Endkunden geht. Fans gibt es wenige. Eher Menschen, die weiterkommen wollen, und da sehe ich einige häufiger wieder. Denn unsere Inhalte verändern sich ja auch. Bei Salesleaders gibt es allerdings viele Ausnahmen.

Woher nehmen Sie Ihre Inspiration? Wie entwickeln Sie neue Vortragsthemen?

Ich beschäftige mich nahezu ständig mit meinen Themen. Lese, rede mit Kunden, höre zu, tausche mich aus, denke neu nach. Ich schreibe jeden Tag. Immer. Ich liebe, was ich tue. Vielleicht fallen mir daher manche Dinge leichter. Ideen und Kreativität, Innovation, ja Disruption können nur entstehen, indem jemand voll identifiziert, verliebt ist ins Gelingen, in Ziele, in Ergebnisse. Da schiebt sich uns jedem der Weg unter die Füße. Mich beschäftigt dann, wie ich neue Erkenntnisse meinem Publikum näher bringen, wie ich das mitteilen, wie ich das teilen kann.

Welche Vorbilder haben Sie?

Dafür bin ich zu alt. Sorry. Es gibt aber ein paar Menschen, die mich sehr inspirieren, die Orientierung sind für mich. Ich lese gern wirksame Reden aus der Geschichte, lese Biografien und höre zu, wenn jemand auf der Bühne was zu »sagen« hat. Ich mag zwei Kabarettisten gern, aktuell auch einen Politiker und drei Kollegen im Markt, die schon über Jahrzehnte Topleistungen bringen. Da schaue ich genau hin.

Danke für das Gespräch.

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Buhr

Andreas Buhr

ist Unternehmer,
Vortragender und Autor mehrerer Bestseller.

www.buhr-team.com