Mimik bei Online-Meetings

Wie können wir bei Online-Meetings mit unserer Mimik punkten?
Was ist der Unterschied zu einem Live-Meeting?

Wer kennt sie nicht – die Hoppalas im Online-Meeting. Es gibt sie nicht nur auf YouTube, sondern auch im wirklichen Leben:

  • Der Klassiker – ein Briefträger läutet, unser Gegenüber steht auf und hat zu Hemd und Krawatte Boxershorts an.
  • Und ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass viele Menschen beim Gähnen online ihre Hand nicht vor den Mund halten? Denn sie fühlen sich allein im Raum und dadurch unbeobachtet.

Viele Menschen nehmen an Online-Meetings ohne aktivierte Kamera teil. Das macht etwas mit uns! Wenn wir die Mimik nicht sehen können, werden Urängste in uns aktiviert. Wenn unsere Eltern nicht auf uns und unsere Bedürfnisse wie Hunger, Durst, Wärme und Sicherheit reagiert haben, dann war das als Baby und Kleinkind lebensbedrohlich. Wenn wir negiert werden, wenn niemand auf uns reagiert, wenn wir keine Rückmeldungen erhalten, werden diese Urängste in uns wieder aktiv – wir empfinden Stress. Unsere Mimik ist unser wichtigstes Kommunikationsmittel, ob im persönlichen Gespräch oder online. Die Mimik drückt sofort unsere Gefühle und Emotionen aus, oft bevor uns diese selbst bewusst sind – und das weltweit auf dieselbe Art und Weise.
Ein weiterer Stressor ist, dass wir uns in Online-Meetings ständig selbst sehen. Es ist, als würden wir in den Spiegel sehen – und das oft auch noch spiegelverkehrt. Wann und warum sehen wir in den Spiegel? Wenn wir unser Äußeres kontrollieren wollen: Sitzt unsere Frisur? Haben wir etwas zwischen den Zähnen? In Online-Meetings beobachten wir uns ständig selbst und achten dadurch weniger auf die mimischen Signale der anderen.

Profi-Tipp  1: Falls Ihr Videokonferenz-Programm die Möglichkeit bietet, Ihr Selbstbild auszublenden, nutzen Sie diese Funktion. Gerade zu diesem Tipp erhalten wir die meisten positiven Feedbacks aus unseren Online-Trainings.
Profi-Tipp 2: Damit unser Gesicht und damit unsere Mimik gut sichtbar sind, ist es wichtig, dass wir gut ausgeleuchtet sind. Am vorteilhaftesten ist ein weiches Licht von vorne.

Der erste Eindruck

Unser Gesicht und damit unsere Mimik sind ab dem Aktivieren der Kamera sichtbar. Was ist der erste Eindruck, den wir anderen Menschen von uns zeigen? Klein und verschwommen, weil die Kamera zu weit weg ist und das Gesicht nicht gut gesehen werden kann. Angestrengt, gestresst, genervt oder ablehnend, weil die Technik nicht funktioniert, wir ganz knapp dran oder gedanklich noch bei der vorherigen Tätigkeit sind. Oder konzentriert, interessiert oder aufmerksam, weil wir rechtzeitig und gut vorbereitet im Meeting ankommen.
Von oben herab, weil unsere Kamera so positioniert ist, dass wir nach unten in die Kamera schauen? Das wirkt wenig sympathisch. Positionieren Sie Ihre Kamera so, dass Sie auf Augenhöhe kommunizieren können. Das schont gleichzeitig Ihren Nacken und Ihre Schultermuskulatur. Eine professionelle Kameraeinstellung haben Sie, wenn über Ihrem Kopf eine Handbreit Luft bleibt.
Profi-Tipp 3: Wenn wir in einem Präsenz-Meeting den Raum betreten, achten wir auf unsere Mimik und unsere Körpersprache, wir lächeln und begrüßen die anwesenden Personen. Machen wir das doch auch im Online-Meeting und punkten so schon beim ersten Eindruck.

Mit den Augenbrauen »sprechen«

Was sind die beweglichsten Teile unserer Mimik? Das sind die Augenbrauen und der Mund. Mit den Augenbrauen können wir unglaublich viel ausdrücken:

  • Wenn wir sie beim Zuhören nach oben ziehen, zeigen wir entweder Überraschung, Interesse oder Skepsis. Wenn wir sie beim Sprechen hochziehen, betonen wir das Gesagte.
  • Ziehen wir die Augenbrauen nach unten und zusammen, signalisieren wir, dass wir uns konzentrieren – oder auch, dass wir verärgert sind.
  • Ziehen wir nur eine Augenbraue nach oben, ist das ein Signal für Skepsis.
  • Ziehen wir die Augenbrauen nach oben und zusammen, ist dies ein Ausdruck von Sorge.

Profi-Tipp 4: Machen Sie den Augenbrauenheber! Ziehen Sie Ihre Augenbrauen bei der Begrüßung kurz nach oben, so signalisieren Sie Interesse am Gegenüber. Das tun wir unbewusst, wenn wir uns freuen, die andere Person zu sehen. Dies können Sie auch bewusst einsetzen, um sympathisch(er) zu wirken.

Kontakt aufnehmen

Bildschirm-Kameras sind entweder über oder unter diesem angebracht. Wenn wir auf den Bildschirm schauen und aus unserer Sicht die anderen ansehen, schauen wir jedoch nicht in deren Augen, sondern nach unten oder oben.
Wollen wir die anderen persönlich ansprechen, müssen wir direkt in die Kamera schauen, so geben wir ihnen das Gefühl, mit ihnen zu sprechen.
Profi-Tipp 5: Damit Sie nicht das Gefühl haben, in ein schwarzes, anonymes Kameraauge zu sprechen, kleben Sie sich doch einfach einen Smiley oder ein nettes Foto direkt zu Ihrer Kamera.

Mit der Nase »Nein sagen«

Was tun wir, wenn wir etwas Verdorbenes riechen? Wir rümpfen die Nase und verschließen damit den Geruchskanal, weil wir den unangenehmen Geruch nicht in uns aufnehmen wollen. Wenn wir eine Idee, ein Argument, eine Aufgabe oder einen Vorschlag prüfen oder nicht annehmen wollen, rümpfen wir ebenfalls die Nase.
Profi-Tipp 6: Wenn Sie diese Mimik bei Ihren Teilnehmenden sehen, kann es hilfreich sein, darauf einzugehen. Manchmal reicht es, eine Sprechpause zu machen. Oder Sie fragen die Person: »Was ist Ihre Meinung dazu?« Oder Sie bitten um einen Kommentar im Chat.

Von den Lippen »lesen«

Warum hören wir schlechter, wenn eine andere Person einen Mund-Nasen-Schutz trägt? Ganz einfach, wir sehen die Lippen-Bewegungen nicht und verstehen dadurch schlechter. Denn normalerweise lesen wir zu ungefähr 30 Prozent von den Lippen ab. Die Lippenbewegungen zu sehen, fällt online schwerer:

  • Videos im Meeting sind oft kleine »Kacheln«.
  • Manche Teilnehmer sind ganz ohne Video dabei.
  • Bei schlechter Internetverbindung sind Ton und Bild zeitverzögert.
  • Bei geteiltem Bildschirm sind die Videos der Teilnehmer sehr klein.
  • Durch die kleineren Videobilder sind die Lippenbewegungen schwerer zu lesen.

In Online-Meetings sprechen wir nicht raumfüllend, da wir keinen großen Meeting-Raum beschallen müssen. Deshalb erleben wir, dass viele Menschen weniger laut, kraftvoll, ausdrucksstark und artikuliert sprechen, sie machen weniger Lippenbewegungen. Daher:

  • Mit überdeutlichen Lippenbewegungen sprechen: So werden wir besser verstanden.
  • Bewegend sprechen: mal lauter, mal leiser.
  • Motivierend sprechen: mal schneller, mal langsamer.
  • Anregend sprechen: Sprechpausen – das ist online ganz besonders wichtig, wegen der Übertragungsverzögerung.

Variieren wir bewusst immer wieder unsere Art zu sprechen, so erhalten wir mehr Aufmerksamkeit.
Profi-Tipp 7: Bringen Sie Ihre Lippen zum Glänzen, dann werden diese auch besser gesehen: Damen gerne mit farbigem Lippenstift, Herren nutzen einfach einen Pflegestift.

Das Wichtigste, das wir zu einem Online-Meeting beitragen können, ist ein Lächeln. Im Präsenz-Meeting ist uns ständig bewusst, dass wir mit anderen Menschen in einem Raum sind – so ist es auch im Online-Meetingraum. So nett Reaktionsmöglichkeiten wie Daumen hoch, klatschen oder Ähnliches in vielen Videokonferenz-Tools auch sind, ein Kopfschütteln, Nicken und vor allem Ihr Lächeln kann durch nichts ersetzt werden. Denn Ihr Lächeln steckt an – lassen Sie uns doch diesen »Virus« verbreiten.

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Khom_neu102018

Gastautor
Andrea Khom
ist Experte für ­verbale und nonverbale Kommunikation, Mimikresonanz®-Lehrtrainer & Profiler,  Online-Tutor und Blended-Learning-Trainer.
www.ankh.at

Kellner_neu102018

Gastautor
Michaela Kellner
ist Experte für verbale und nonverbale Kommunikation, Mimikresonanz®-Lehrtrainer & Profiler, Online-Tutor und Blended-Learning-Trainer.
www.ankh.at

 

Dieser Text nutzt für die sprachliche Gleichbehandlung aller Menschen geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen auf Basis des generischen Neutrums (siehe www.generisches-neutrum.com).