Mitarbeiter als Markenbotschafter

Heutzutage werden Mitarbeiter für den Dialog mit Kunden oder potenziellen Mitarbeitern immer wichtiger. Wie gelingt es Unternehmen, ihre Angestellten zu aktiven und kompetenten Markenbotschaftern zu machen?

Unternehmen geben jährlich riesige Summen für Werbung, Sponsoring, Events und PR aus. Sie betreiben hohen Aufwand, um ihre Kunden für die jeweilige Marke zu begeistern. Doch teure Werbeversprechen alleine nützen nichts, wenn das tatsächliche Erleben im Kontakt mit den Mitarbeitern des Unternehmens bzw. der Marke bestenfalls zu einem »Solala«-Erlebnis wird. Wenn eine große Elektrokette sinngemäß damit wirbt, dass jeder »blöd« ist, der dort nicht einkauft, ist das ja schön und gut. Doch wenn dann in den Filialen inkompetente und demotivierte Mitarbeiter sich erfolgreich vor den Kunden verstecken, stellt sich die Frage, wer nun wirklich »blöd« ist. Das Bild der Werbung und das Image passen hier nicht mit der Realität überein. Ähnlich ist es, wenn Sie z. B. Fotos von Cheeseburgern aus der Werbung mit dem tatsächlichen Produkt vergleichen.

Genauso wie mit der Consumer Brand, verhält es sich mit der Arbeitgebermarke. Der beste Außenauftritt nützt nur wenig, wenn es »innen drinnen«, also im Unternehmen, nicht passt. Daher sind sich Employer-Branding-Experten einig, dass als erster Schritt im Inneren des Unternehmens ein gutes Image aufgebaut werden muss. Nur wenn hier alles passt, ergibt es Sinn, nach außen zu gehen. Das Management und alle Mitarbeiter müssen ihre Marke(n) kennen, verstehen, stolz auf sie sein – und sie leben. Das gilt nicht nur für die Arbeitszeit, sondern vor allem auch für das Privatleben.

Beim Internal Branding geht es vor allem darum, Maßnahmen zu setzen, die Mitarbeiter in den Prozess der Markenbildung involvieren, sie über die eigene Marke informieren, sie für diese begeistern und letztlich ihr Verhalten im Sinne der Marke beeinflussen.

Sicher kennen Sie Angestellte, die über ihr eigenes Unternehmen schimpfen? Personen, die für eine Handelskette arbeiten und privat bei der Konkurrenz einkaufen?

Es ist daher die Aufgabe des Managements, die Identifikation mit dem Unternehmen zu erhöhen, um loyale Mitarbeiter zu schaffen, die aktiv und gerne in ihrer Freizeit positiv über ihr Unternehmen, über die Marke, sprechen. Und sowohl über die Konsummarke als auch über die Arbeitgebermarke.

Karin Krobath (Partnerin IDENTITÄTER) weiß, wie das möglich ist: »Wenn Menschen begeistert sind, dann reden sie positiv. Und zwar immer. Es geht nun darum, den Begeisterungsfunken zu zünden bzw. ihn nicht zu löschen. Gutes Internal Branding schafft eine Markenkultur, die Raum gibt. Zu enge, bürokratische Vorschriften, ängstliche Entscheidungsprozesse, mangelnde Perspektiven killen diesen positiven Spirit und führen schnell zu schlechter Nachrede.«

Karin Krobath gibt dazu auch ein Beispiel: »Ein Pressesprecher verschickt eine Pressemeldung. Dazu melden sich binnen weniger Tage unzufriedene Kunden über Postings z.B. auf derstandard.at erbost zu Wort. Der Vorstand tobt und sagt zum Pressesprecher: ›Stellen Sie das ab.‹ Doch was müsste sich der Vorstand eigentlich fragen? Warum schreiben meine Mitarbeiter und Führungskräfte nicht dagegen an? Wo sind die alle, die ich in jeder Weihnachtsansprache als das wichtigste Gut meines Unternehmens hervorhebe? Naja, die lesen in der Dienstzeit keine Internetportale, die haben Facebook-Accounts gestrichen, die haben das Gefühl, dass nur die Presseabteilung autorisiert ist, etwas zu sagen. Und die Presseabteilung, die braucht natürlich die Freigabeschleifen, die vor ein paar Jahren noch völlig okay waren. Sind sie das heute noch?«

Geredet wird nicht mehr nur am Stammtisch oder im eigenen Wohnzimmer. Menschen face-booken, twittern und what’s-appen ihre Meinung in die Welt hinaus. Immer und jederzeit!

Monika Herbstrith-Lappe (Geschäftsführerin Impuls & Wirkung) kennt weitere gute Beispiele: »Der geschäftsführende Unternehmer eines deutschen Maschinenbauunternehmens ist für seine Aussage bekannt: ›Meine Mitarbeiter verbringen mehr Zeit in meinem Unternehmen als in ihrem Wohnzimmer. Daher sorge ich dafür, dass sie sich in ihren Büros so wohlfühlen, dass sie beste Leistungen erbringen.‹ Götz Werner, Gründer der dm-Drogeriemärkte, dreht den Spieß um: Er spricht nicht mehr von Personalkosten, sondern von Mitarbeitereinkommen. Denn Mitarbeiter brauchen eine Lebensgrundlage, um in den dm-Märkten den besten Service für die Kunden erbringen zu können.

Das wird auch von aktuellen psychologischen Studien untermauert: Zweijährige Kinder sind von sich aus hilfsbereit. Es bereitet ihnen tiefe Freude, Erwachsenen helfen zu können. In einer Studie hat man kleine Kinder in drei Gruppen geteilt. In der ersten wurde die Hilfsbereitschaft zugelassen, in der zweiten gelobt und in der dritten mit Kleinigkeiten belohnt. Kinder, die für ihre Hilfsbereitschaft gelobt wurden, blieben weiter aktiv hilfsbereit. Den Teilnehmern der dritten Gruppe hatte man ihre ureigenste Motivation zerstört. Sie waren nur noch bereit zu helfen, wenn man ihnen Belohnungen in Aussicht stellte.«

Aus dieser Erkenntnis heraus entsteht die Notwendigkeit, das Verhalten der Mitarbeiter – verbal und nonverbal – in die Markenkommunikation zu integrieren und im Sinne der Marke zu lenken. Die nachstehende Aussage, bereits aus dem Jahr 1990, des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der skandinavischen Fluggesellschaft SAS, Jan Carlzon, unterstreicht die praktische Relevanz markenadäquater Kommunikation:

»Im letzten Jahr kam jeder unser 12 Millionen Kunden mit ungefähr 5 SAS-Mitarbeitern in Kontakt, wobei jede Begegnung durchschnittlich 15 Sekunden dauerte. So wird die SAS in der Vorstellung unserer Kunden 60 Millionen Mal pro Jahr sozusagen neu geschaffen.«

Monika Herbstrith-Lappe weiß, wie Mitarbeiter in diese Richtung zu motivieren sind: »Das Motivationsbuch ›Fish!‹ beeindruckt mit der spielerischen Freude, mit der die Mitarbeiter am Fischmarkt in Seattle aktiv sind. Gamification heißt der Ansatz, mit dem man die Faszination von Computerspielen und die damit verbundene Einsatzbereitschaft, Ausdauer und Zielstrebigkeit auch für die Businesswelt erschließen kann. Die wesentliche Voraussetzung sind attraktive Ziele und klare Regeln, die Orientierung bieten und für Fairness sorgen. Anspornend wirkt, dass ich sehr zeitnahe Rückmeldung zu meinem aktuellen Status bekomme und die Möglichkeit lockt, das nächste Level zu erreichen. Vorsicht ist geboten bei einem weiteren Merkmal vieler Spiele, nämlich dem Gegeneinanderspielen. Konkurrenz hieß ursprünglich MITEINANDER laufen. Unsere Gesellschaft hat ein GEGENEINANDER daraus gemacht. Viele Studien belegen, dass die Kreativität und damit die Produktivität leidet, wenn konkurrierende Zwietracht gesät wird.«

Inwieweit hat nun der Arbeitgeber die Möglichkeit, zu steuern, worüber seine Mitarbeiter in der Freizeit reden? Was kann er tun, um das »Propaganda-Engagement« zu erhöhen, bzw. im Optimalfall sogar die Inhalte zu steuern? Ist es möglich, ein Verhalten der Mitarbeiter zu erzeugen, das dem Unternehmen entspricht? Gemeinsame Werte, die im Verhalten sichtbar werden? In der Fachliteratur spricht man hierbei von »Brand Behavior«, das Ergebnis aller Internal-Branding-Maßnahmen.

Jürgen Smid (Geschäftsführer karriere.at): »Wichtig ist, sich auf einige wenige Kernaussagen zur Arbeitgebermarke zu beschränken und nicht zu versuchen, alles zu leisten. Das kann nicht glaubwürdig sein. Manche Unternehmen haben ihre USPs bei flexiblen Arbeitszeiten, andere bei hervorragenden Teamevents, andere wiederum bei guter öffentlicher Erreichbarkeit. Es geht darum, das zu verbessern, was man gut kann und auch offensiv nach außen zu tragen.«

Ähnlich sieht das auch Karin Krobath, und nennt 3 wichtige Punkte: »Erstens: Mitarbeitern gegenüber gilt das gleiche Prinzip wie gegenüber Kunden. Einfache, klare Botschaften. Keep it simple and stupid heißt für die interne Öffentlichkeit: Keep it simple and sincere. Zweitens: Hilfreich dabei sind präzise Markenwerte, die aussagekräftig und unternehmensspezifisch sind. Mit ihnen hat man gute Anker im Alltag. Und drittens, das ist allerdings eine hohe Kunst: Sind Marke, Unternehmensstrategie und Führungskultur als gleichwertig begriffen und für Mitarbeiter nachvollziehbar aufeinander abgestimmt, dann wird mit der Identifikation nichts mehr schiefgehen.«

Aktiv werden!

Kennen Sie Ali Mahlodji? Er ist Gründer und Geschäftsführer von whatchado, einer Website, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammenführt. Wenn Sie ihn einmal live erlebt haben, dann wissen Sie, was Begeisterung für ein Unternehmen ist. Ebenso Johannes Gutmann von Sonnentor. Beide treten öffentlich auf und erzählen mit ansteckender Begeisterung über ihre Unternehmen. Am liebsten würde man dort gleich zu arbeiten beginnen.

Bei verschiedenen (HR-)Konferenzen sprechen Personalleiter, Geschäftsführer oder Vertriebsmitarbeiter über Best-Practice-Beispiele des eigenen Unternehmens. Worauf genau müssen Unternehmer achten, wenn Sie öffentlich auftreten?

Claudia Spary (Geschäftsführerin Zielgruppenberatung) hat darauf eine Antwort: »Wenn Geschäftsführer oder Mitarbeiter Vorträge halten, dann geben sie im Idealfall ihr Wissen an die Zuhörer weiter und stiften für die Zuhörer wertvollen Nutzen. Durch ihren Auftritt werden sie natürlich auch für eine breite Öffentlichkeit sichtbar, z. B. in Kongressbroschüren und auf diversen Veranstaltungs- und Tagungsbühnen. Genau damit werden sie zu Botschaftern ihres Unternehmens. Aber auch die Zuhörer werden zu Botschaftern. Sie berichten – zurück im Unternehmen – von den interessanten Aspekten, die sie in dem Vortrag gehört haben, erzählen im familiären Umfeld und Bekanntenkreis darüber. Positive Mundpropaganda und Empfehlungen sind ein wichtiger Anker für das Employer Branding. Klar ist aber auch: Ein schlechter Vortrag löst negative Mudpropaganda aus. Und das wirkt oft schlimmer und nachhaltiger, als dem Vortragenden in der Praxis bewusst ist. Im Sinne des Employer Branding ist es darum wichtig, dass Geschäftsführer und Mitarbeiter ihre Vorträge anhand der zentralen Frage vorbereiten: Welche Inhalte braucht die Zielgruppe, mit welchen Inhalten stifte ich nachhaltigen Nutzen bei meinen Zuhörern?«

Auch für die Online-Welt gilt: Lassen Sie doch Ihre Mitarbeiter über sich reden! Vorgesetzte, die twittern und bloggen, erhöhen die Teilnahme der gesamten Organisation an den Social-Media-Kanälen. Sie leben vor, was von den Mitarbeitern »erwartet« wird. Vor einiger Zeit gab es einen Shitstorm gegen eine Bäckerei-Kette, weil dort die Arbeitsbedingungen angeblich so schlecht waren. Es schaute nicht gut aus, bis sich in die teilweise sehr »harten« Facebook-Posts auch Mitarbeiter der Kette einmischten. Sie erzählten, dass es nicht 100-%ig super läuft, und es durchaus Verbesserungspotenzial gebe, aber so schlimm, wie es hier dargestellt werde, sei es ganz und gar nicht. Nach mehreren solcher Posts hatte sich die Lage beruhigt.

Consumer- und Employerbrand

Die Produktmarke und die Arbeitgebermarke müssen Hand in Hand gehen und dürfen keine Gegensätze darstellen. Sie stellen in Summe die »Corporate Brand« dar.

Karin Krobath: »Es gibt nur eine Unternehmensmarke – die ist unteilbar. Sie ist im Sinne einer Corporate Brand der Leitstern für die Consumer Brands. Die Arbeitgebermarke wird aus der Unternehmensmarke heraus positioniert und entwickelt.«

Markenerfolg ist immer das Ergebnis konkreter Unternehmensleistungen. Die Markenstrategie sollte daher immer unmittelbar mit den Leistungen des Unternehmens verknüpft und diese im Sinne der Marke ausgerichtet werden.

Monika Herbstrith-Lappe weiß über den Zusammenhang Bescheid: »Image nach außen – aus Sicht potenzieller Kunden UND Mitarbeiter – ist der siamesische Zwilling der Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen. Es ist entscheidend, ob Mitarbeiter für ein oder wenigstens in einem Unternehmen arbeiten oder ALS Unternehmen Werte schaffen. Aus Kundensicht ist jeder Kontakt mit einem Mitarbeiter des Unternehmens ein Moment der Wahrheit. Mit jedem Gespräch – gleich ob persönlich oder telefonisch – und jeder Zusammenarbeit repräsentiert dieser Mitarbeiter das Unternehmen. Die Identifikation mit dem Unternehmen zu fördern, ist daher die nachhaltigste Maßnahme zum Employer Branding.«

Der gesamte Markenwert ist ernorm, denken wir an Unternehmen wie Coca Cola oder Apple. Aber auch bei EPU darf der Wert nicht unterschätzt werden, und – sofern Unternehmer klug agieren – steigt der Wert kontinuierlich. Die Consultants von PricewaterhouseCoopers haben in einer viel beachteten Studie im Jahr 2005 gezeigt, dass der Anteil der Marke am gesamten Unternehmenswert von 56 % im Jahr 1999 auf 67 % im Jahr 2005 gestiegen ist. Jede Marke funktioniert anders und hat im Hintergrund andere Werte.

Jürgen Smid: »Beide Marken müssen funktionieren und ihre Versprechen einlösen. Dabei schadet es nicht, wenn sowohl Consumer als auch Employer Brand auf denselben Werten aufbauen. Ein Beispiel: Es ist sicher schwieriger, die Arbeitgebermarke eines Erdölkonzerns auf Werten wie Nachhaltigkeit und Umweltschutz aufzubauen als bei einem Biomasse-Betrieb. Die grundsätzlichen Werte sollten aber jedenfalls in dieselbe Richtung zeigen.«

Unternehmen können nicht mehr wegsehen: Der Mitarbeiter ist DER Schlüssel zum Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens!

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Die größten Irrtümer des Employer Branding

Employer Branding und Personalmarketing meinen dasselbe.

Es geht um Image-Kommunikation, gute Werbekampagnen, Stellenanzeigen etc.

Employer Branding zielt darauf ab, die besten Mitarbeiter für das Unternehmen zu finden.

Passende fachliche Qualifikationen sind Arbeitnehmern und Bewerbern wichtiger als die Wertepassung zum Unternehmen.

Arbeitgeber setzen bereits spezifische Markenwerte zur Mitarbeiterrekrutierung ein.

B2B-Unternehmen haben einen strategischen Nachteil gegenüber B2C-Unternehmen.

In erster Linie zählt für Bewerber die Bekanntheit eines Unternehmens.

Um als Arbeitgeber attraktiv zu sein und insbesondere junge Bewerber anzusprechen, sind Social-Media-Maßnahmen der entscheidende Schlüssel.

Quelle: Brand:Trust, M:Profile Ausgabe 01/2012, S. 34f