Personalentwicklung durch Projektarbeit

Wie in der Stadt Wien Projektmanagement als Tool der ­Personalentwicklung eingesetzt wird, lesen Sie in diesem Artikel.

Haben Sie schon einmal von »Smart City Wien«, »Open Government Data«, »Wien mags wissen« gehört? Das sind Vorhaben, die die Stadt Wien zukunftsfit machen. Alle diese Vorhaben haben etwas gemeinsam – sie werden als Projekte umgesetzt und leisten Pionierarbeit, bei der neues Wissen und Erfahrungen gesammelt werden. Projektmanagement wird heutzutage nicht mehr nur bei der Abwicklung von Bauvorhaben und in der IT herangezogen, es kann viel mehr.

Komplex, statt kompliziert

Je nach Blickwinkel ist ein Projekt eine Aufgabe, ein Prozess, ein soziales System oder eine temporäre Organisation. Es zeichnet sich dadurch aus, dass es neuartig, komplex, dynamisch, zieldeterminiert, abgrenzbar und risikoreich ist.
Projektmanagement hilft dabei, zu Beginn eines Vorhabens eine Landkarte zu erstellen, die den Weg grob vorzeichnet. Der Pfad, in all seinen Einzelheiten und Unebenheiten, wird erst begreifbar, wenn man sich auf den Weg macht. Die Umwelt (wie in der Natur: Flüsse, Bäume, Steine) muss vor Ort analysiert und dann muss auf die meist unvorhersehbaren Rahmenbedingungen (wie etwa das Wetter) reagiert werden. In unseren Projekten hatten wir schon einmal das Gefühl, im Regen zu stehen beziehungsweise einen undurchdringlichen, »historisch gewachsenen« Wald zwischen uns und dem Ziel zu wissen.

Anpassungsfähigkeit

Mit der geforderten Flexibilität muss man sich laufend neu auf das Ziel ausrichten und den besten Weg dorthin finden. Dabei sollte man immer wieder mal kurz innehalten und reflektieren, was man bereits geschafft hat und überlegen, ob etwas an dem Vorgehen angepasst werden muss. Der Fokus sollte nicht auf dem genauen Abarbeiten des Pfades liegen, sondern darauf, das angestrebte Ergebnis zu erreichen. Anpassungsfähigkeit ist in dieser globalisierten Welt nicht nur eine Überlebensfrage für Organisationen, sondern auch für Projekte in diesen Organisationen. Projekte dürfen jedoch nicht nur auf die Umwelten reagieren, sie müssen diese auch gestalten. Ganzheitliche Lösungen, die auch die Umwelten miteinbeziehen, schaffen den größten Nutzen für das Unternehmen.
Insbesondere im Rahmen von Organisationsvorhaben sind Projekte als soziale Systeme zu verstehen – die die Komplexität der Aufgabe wahrnehmen und in ihrer Struktur abbilden.

Personalentwicklung als Projekt

Neben Organisationen und Projekten wird auch von den Mitarbeitern verstärkt Anpassungsfähigkeit gefordert. Von einem Mitarbeiter wird verlangt, dass er neue Anforderungen rasch und systematisch bewältigt, Lösungsansätze entwickelt und diese umsetzt. Die Mitarbeit bei einem Projekt stellt dafür eine ideale Lernplattform dar. Durch die Konfrontation mit realen Problemen, in Kombination mit neuartigen Rahmenbedingungen, wird ein nachhaltiger und sehr unmittelbarer Lernprozess angestoßen. Projektarbeit ermöglicht fachliches, methodisches und soziales Lernen, sowie eine direkte Anwendung neuen Wissens in der Praxis.

Der Lernerfolg und der Wissenstransfer werden gefördert, wenn eine Heterogenität der Funktionen und Erfahrungen im Projektteam gegeben ist. In Unternehmen arbeiten gegenwärtig vier bis fünf Generationen mit unterschiedlichen Prägungen, Einstellungen, Haltungen und Werten. Das produktive Nutzen dieser Unterschiede sollte bei der Teamzusammenstellung angestrebt werden. (Mehr dazu lesen Sie hier.)

On-the-Job-Training

Projektarbeit wird in der Stadt Wien als On-the-Job-Training für Nachwuchs- und Führungskräfte eingesetzt. In Projekten kommt es zu herausfordernden Situationen, die Gruppendynamiken, Konflikte oder auch Demotivation verursachen können. In diesen Situationen ist es wichtig, dass der Projektmanager das Team führt, anstatt nur zu managen. Da dies ein Führen ohne Weisungsbefugnisse ist, ist es essenziell, schnell Akzeptanz und Vertrauen aufzubauen,  Verhandlungsgeschick an den Tag zu legen und die Stärken jedes Projektmitarbeiters optimal zu nutzen. Im Rahmen eines Projektes können potenzielle Führungskräfte erleben, wie sie sich in dieser Rolle fühlen und ob sie bereits über die notwendigen Qualifikationen verfügen. Das Unternehmen bekommt die Gelegenheit, hoffnungsvolle Nachwuchskräfte zu erkennen und zu fördern.

Kompetenzen der Zukunft

Lernen in Projekten, als Personalentwicklungsmaßnahme, gewinnt immer mehr an Bedeutung. Zumal in Projekten jene Kompetenzen gefördert werden, welche von Mitarbeitern in der Zukunft verstärkt erwartet werden.
Übergreifendes, unternehmensweites Denken, wird durch die Ausrichtung auf die Strategie eines Unternehmens und dem stetigen Blick auf den zu gewinnenden Nutzen eines Projektes gefördert. Organisationskenntnisse – über Stakeholder, Kultur, Netzwerke, Prozesse – werden aufgebaut und geschärft. Methoden- und Toolkenntnisse sind für eine professionelle Umsetzung des Projektmanagements notwendig und werden bei der praktischen Anwendung vermittelt.

Teamfähigkeit ist bei der engen Zusammenarbeit in einem Projekt erfolgsentscheidend. Die Konfliktfähigkeit, das Kommunikations- und Kooperationsverhalten werden in einem Projekt auf die Probe gestellt. Oftmals bedarf es auch der Überzeugungskraft sowie sozialen Geschicks, um ein gemeinsames Ergebnis zu erzielen.
Die Kommunikation spielt bei internen Projekten eine große Rolle. In Organisations- und Personalprojekten können Projektmitarbeiter als Multiplikatoren eingesetzt werden. Diese sind die ersten Ansprechpartner für die betroffenen Kollegen. Dadurch werden die betroffenen Mitarbeiter gezielt informiert und inhaltlich eingebunden. Außerdem benötigt ein Projekt interne Unterstützer, die das Projekt auf verschiedenen Hierarchieebenen vorantreiben. Deswegen spielt auch das Projektmarketing eine entscheidende Rolle für die erfolgreiche Umsetzung eines Projektes.

Die richtigen Dinge richtig machen

Im Projektmanagement liegt der Fokus darauf, die Dinge richtig zu machen (entsprechend dem vorher definierten Weg). Wichtig ist es aber auch, immer wieder zu hinterfragen, ob man denn die richtigen Dinge tut. Deswegen ist es entscheidend, insbesondere zu Beginn, die Vision und den Nutzen für das Unternehmen und den Kunden kritisch zu hinterfragen. Das kommt leider in der Praxis oft viel zu kurz – da springt man schnell in die Umsetzung, da ein ambitionierter Zeitplan zur Eile aufruft. Eine Möglichkeit, dies zu unterbrechen, ist ein standardisierter Innovationsprozess im Unternehmen und der bewusste Einsatz von Innovationsmethoden, die dabei unterstützen, eine komplexe Aufgabenstellung zu meistern. Projekte, sowie Innovationen, setzen Spielräume, Klarsicht, Mut und Konsequenz bei der Umsetzung voraus. Dieser Rahmen ist in einer Organisation zu schaffen.

Projektmanagement in der Stadt Wien

In den vergangenen Jahren wurden in der Stadt Wien Projektmanagement-Richtlinien und Standards geschaffen. In der Verwaltungsakademie bietet die Stadt entsprechende Schulungen und Trainings für Anwender an. Ergänzend dazu werden ausgewählte Projektmanagement-Experten auf universitärem Niveau ausgebildet. Diese Experten unterstützen Projektleiter und erreichen eine Weiterentwicklung des Gesamtsystems, indem sie eine aktive Qualitätssicherung durchführen. Die Grundlagen und Voraussetzungen für die professionelle Abwicklung von Projekten sind damit geschaffen.

Da es ein relativ »junges« Managementsystem ist, ist das organisationale Verständnis für Projekte noch nicht flächendeckend vorhanden. Die Einbettung von Projekten in die jeweiligen Organisationseinheiten weist auch noch Potenziale auf, die es in den nächsten Jahren auszubauen gilt. Das Ziel ist, dass Projekte als temporäre, eigenständige Organisationsformen verstanden werden, die einen wesentlichen Beitrag zur Abwicklung von komplexen Vorhaben leisten.

Der bewusste Einsatz von Mitarbeitern in Projekten ermöglicht uns eine zielgerichtete Personalentwicklung. Hinter all den Leistungen der Stadt Wien stehen unsere Mitarbeiter. Sie leisten Pionierarbeit und stellen sicher, dass unsere Stadt auch weiterhin in der Lage ist, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern.

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Gastautorin Arlene Junker
ist Projektkoordinatorin und Personalentwicklerin in der Personaldirektion der Stadt Wien.
www.wien.gv.at

 

 

Gastautorin Martina Schmied
ist Personaldirektorin der Stadt Wien sowie Vize-Präsidentin des Forum Personal im ÖPWZ.
www.wien.gv.at
www.opwz.com/forum-personal