Qualität durch Zertifikate?

Seriöse Zertifikate können auch in der Weiterbildungsbranche gute Qualität bescheinigen. Warum es sich für Trainer lohnt, sich zertifizieren zu lassen, und woran Auftraggeber die Qualität eines Trainer-Zertifikats erkennen, lesen Sie in diesem Artikel.

Jeder Trainer-Ausbilder darf seine Teilnehmer nach erfolgreicher Absolvierung des Seminars oder eines Lehrgangs zum Trainer »zertifizieren«. Egal, ob eine Prüfung absolviert werden musste oder ob die bloße Teilnahme ausreichend war. Unabhängig davon ob ein Zertifikat, ein Diplom oder auch ein Diplomzertifikat für eine erfolgreiche Absolvierung irgendeiner Ausbildung vergeben wird, der Wert dieses Blatts Papier in der Wirtschaft hängt stark von der zertifizierenden Stelle ab. Das Geschäft mit den Zertifikaten boomt. Die geforderten Kriterien, die nötig sind, um ein Zertifikat zu erlangen, unterscheiden sich stark.

Es gibt unabhängige Zertifikate, die nicht direkt vom Trainer oder vom Institut selbst vergeben werden, sondern von externen Stellen. Beispielsweise gibt es die ISO 17024 Personenzertifizierung. Hier muss nach einer Trainerausbildung vor einer externen Kommission eine Prüfung abgelegt werden, die sowohl aus einem theoretischen als auch aus einem praktischen Teil besteht. Die Kriterien, die erfüllt werden müssen, sind transparent und für jeden nachvollziehbar. Auch von der Weiterbildungsakademie (wba) gibt es seriöse Zertifikate und Diplome, denen transparente Qualitätskriterien zugrunde liegen. Zum Unterschied zwischen der ISO 17024 und der wba-Zertifizierungen lesen Sie bitte den Artikel auf Seite 24.

Für Trainer gibt es unterschiedliche Gründe, sich von externen Stellen zertifizieren zu lassen. TRAiNiNG hat nachgefragt.

Roman Braun (Trainer, Coach und Geschäftsführer von Trinergy International): »Der Titel bzw. die Position ›Trainer‹ ist kein geschützter Begriff, der eine spezielle Tätigkeit umfasst. Es gibt daher – gerade bei Laien – ganz unterschiedliche Auffassungen und Auslegungen, was unter dem Wording ›Trainer‹ zu verstehen ist. Eine Zertifizierung kommuniziert ganz klar, auf welchem Gebiet man tätig ist. Zertifizierungen sind ein Instrument der Transparenz. Durch sie kann man sich als Trainer u. a. vor Auftraggebern, Branchenexternen und anderen Dialoggruppen von anderen Trainern abheben und ersichtlich machen, was man kann.«

Susanne Riegler (Teamleitung Trainerkommunikation, Trainerzertifizierungen am WIFI Wien): »Für Menschen, die sich für eine Trainerausbildung interessieren, ist es oft schwierig, die geeignete Ausbildung zu finden. Personenzertifikate nach ISO-Standard bieten den Kunden eine unabhängige Bescheinigung der Qualität ihrer Trainingskompetenzen. Das Zertifikat ist ein Qualitätssiegel. Die Anzahl an Trainern ist groß. Wer sich zum Trainer berufen fühlt, kann dies – rein rechtlich – einfach auf seine Visitenkarte schreiben. Zertifizierte Trainer, die sich im Rahmen der Prüfung intensiv mit methodisch-didaktischen Fragen auseinandergesetzt haben, stechen aus der Masse heraus. Es gibt viele Muscheln im Meer, aber nur wenige mit einer Perle darin.«

Sabine Prohaska (Trainerin, Coach und Geschäftsführerin bei seminarconsult): »Die Eintrittsbarrieren in den Trainerberuf sind sehr niedrig. Jeder kann sich Trainer nennen. Das bedeutet jedoch noch lange nicht, dass jemand, der sich Trainer nennt, dazu in der Lage ist, Trainingsinhalte so aufzubereiten, dass die Teilnehmer diese ›verdauen‹ können und gegebenenfalls ihr Verhalten ändern. Entsprechend unsicher sind Trainingskunden bei der Auswahl von Trainern. Deshalb ist zum Beispiel die Tatsache, ob jemand eine qualifizierte Trainerausbildung absolviert hat, für sie durchaus ein Indikator für Qualität. Ebenso verhält es sich mit Zertifizierungen. Auch sie sind ein Wettbewerbsvorteil am Markt. Eine Zertifizierung wie z. B. die ISO-Zertifizierung setzt einiges voraus: Der Trainer hat sich mit den Prozessen, die relevant sind, um beim Erbringen seiner Leistung Qualität zu produzieren, auseinandergesetzt und diese definiert. Deshalb ist eine solche Zertifizierung ein weiteres Indiz dafür, dass ein Trainer die gewünschte Qualität liefert und somit den erhofften Nutzen bietet.«

Ein Zertifikat hat nicht nur Vorteile für die Vermarktung – sogenannte »externe Vorteile«. Es ergeben sich durch einen Zertifizierungsprozess auch interne Vorteile. Das sind jene, die ein Trainer persönlich für sich aus dem Zertifizierungsprozess gewinnen kann.

Sabine Prohaska: »Zum einen haben Zertifikate für den Trainer selbstverständlich Selbstvermarktungs-Gründe. Als mindestens ebenso wichtig erachte ich es jedoch, dass ein Trainer sich regelmäßig systematisch mit der Frage befasst: Ist mein Vorgehen/sind meine Prozesse, die mit dem Erbringen meiner Leistung verbunden sind, noch geeignet, um die von meinen Kunden gewünschte Qualität zu produzieren und ihnen den erhofften Nutzen zu bieten? Denn nur dann entwickelt sich der Trainer weiter und bleibt auf Dauer marktfähig. Die zum Beispiel mit der ISO-Zertifizierung verbundenen Re-Zertifizierungen stellen dies sicher. Sie sind somit auch ein gewisser Garant dafür, dass ein Trainer auch sich selbst als Lernender begreift und seine Leistungen ›up-to-date‹ sind. Unabhängige Zertifikate, wie eben beispielsweise die ISO-Zertifizierung, haben einige Vorteile. Letztere ist international anerkannt und wird von einer unabhängigen Stelle überprüft und vergeben. Zudem gibt es für die Verleihung klare Voraussetzungen und Qualitätsstandards und die Zertifizierung muss alle 3 Jahren aktualisiert werden. Dies stellt sicher, dass der betreffende Trainer sich regelmäßig weiterbildet und seine eigene Praxis reflektiert. Hinzu kommt: Die Unternehmen kennen die ISO-Zertifizierung sowie die damit verbundenen Prozesse und Mühen – zum Beispiel aus ihrer Produktion. Deshalb vermittelt ihnen eine solche Zertifizierung das Gefühl von Sicherheit.«

Das WIFI bietet eigene Zertifizierungen unter anderem auch für Trainer an, unabhängig davon, wo die Trainerausbildung absolviert wurde. Zuständig dafür ist die eigens eingerichtete WIFI Zertifizierungsstelle. Auch hier kann die Zertifizierung nach ISO 17024 erfolgen.

Susanne Riegler über die Vorteile der WIFI Zertifizierung: »Durch die Unabhängigkeit und die Unparteilichkeit im Zertifizierungsprozess stellt die WIFI Zertifizierungsstelle die Qualität und den Wert des Zertifikates in den Vordergrund. Das Zertifikat zum ›zertifizierten Trainer in der Erwachsenenbildung (ZTEB)‹ wurde nach dem international und wissenschaftlich anerkannten Erkenntnisstand zeitgemäßer Erwachsenbildung entwickelt. Das dahinter stehende Kompetenzprofil ist die Basis für die Prüfung. Die erfolgreich abgelegte Prüfung wird mit einem Personenzertifikat gemäß ÖNORM EN ISO/IEC 17024 bestätigt – die Kunden erhalten einen Kompetenznachweis nach internationalem Maßstab.«

Ein Zertifikat zu erlangen, stellt für Trainer einen zeitlichen und finanziellen Aufwand dar. Die Kosten stehen meistens im Hintergrund, doch die Zeit, die aufgewendet werden muss, sollte nicht unterschätzt werden. Wäre es zu einfach, wäre die Zertifizierung auch wenig wert. Viele Trainer, die bereits erfolgreich seit vielen Jahren am Markt sind, erkennen den Sinn nicht. Wie reagiert der Markt auf Trainerzertifikate? Und was hat sich in den letzten Jahren verändert?

Susanne Riegler: »Zertifikate werden bei öffentlichen Ausschreibungen immer wichtiger. Aber auch Unternehmen, die Trainer verpflichten, wünschen sich eine objektive Kompetenzfeststellung. Ein Personenzertifikat kann diesen Ansprüchen nachkommen. Da das Zertifikat nach Fristablauf immer wieder erneuert werden muss, ist auch die Weiterbildung und Aktualität der Trainerkompetenz gewährleistet.«

Roman Braun: »Viele Auftraggeber, wie etwa öffentliche Behörden, fordern eine genaue Angabe von Ausbildungsstunden und der Spezialisierung. Gerade hier erweisen sich Zertifikate als besonders zentral und unter Umständen sogar als unumgänglich, da sie potenziellen Auftraggebern auf einem Blick Auskunft über diese Ansprüche geben.«

Sabine Prohaska: »Bei den Zertifizierungen bemerken wir einen sehr starken Anstieg der Nachfrage. Vor 5 Jahren hatten wir ca. 10 Zertifizierungen im Jahr, heuer haben wir schon über 100 Zertifizierungen. Vor allem unsere Inhouse-Trainerausbildungen werden seit 3 Jahren fast ausschließlich mit dem ISO-zertifizierten Abschluss nachgefragt und das branchenunabhängig. Wir zertifizieren heuer die internen Trainer von zwei Banken genauso wie die Trainer einer sozialen Einrichtung. Aber auch in den offenen Lehrgängen erkennt man die Trendwende. Vor 5 Jahren entschlossen sich etwa 10 % der Teilnehmer für die ISO-Prüfung, heute sind es 90 %.«

Wenn der Markt ein Zertifikat nicht kennt, ist es nichts wert. Das ist der große Vorteil von der ISO-Zertifizierung. Diese drei Buchstaben kennen die meisten. Doch auch andere Zertifikate, wie das wba-Zertifikat, sind durchaus seriös und bürgen für Qualität. Woran erkennen Trainereinkäufer also gute Zertifikate?

Roman Braun: »Zertifikate berufen sich auf Standards, denen sie entsprechen. Um für Transparenz innerhalb und außerhalb der Branche zu sorgen, geben Dachverbände Richtlinien vor. Als Branchenexterner sollte man sich daher ansehen, ob die Zertifizierung allgemeinen Gütekriterien entspricht. Besonders Dachverbände, wie beispielsweise die größte NLP-Vereinigung Europas – European Community for NLP –, sind hier federführend, da sie die Standards auf ein länderübergreifendes Niveau bringen und Normen über heimische Grenzen hinweg vereinheitlichen.«

Sabine Prohaska: »Zertifizierungen, die durch ein Institut selbst oder von einem sogenannten Beirat, der aus mit dem Institut befreundeten Personen besteht, verliehen werden, haben für die Absolventen der Weiterbildungen einen geringen Wert, da sie letztlich nicht viel mehr als Teilnahmebestätigungen sind. Hinzu kommt, dass auch die Einkäufer in den Unternehmen wissen: Die Begriff ›zertifiziert‹ und ›Zertifizierung‹ werden sehr inflationär gebraucht. Wichtig ist deshalb, dass die Zertifikate und Zertifizierungen von wirklich unabhängigen, fachlich hierfür qualifizierten Stellen vergeben werden, denn nur dann ist auch eine gewisse Qualität gewährleistet.«

Fazit

Ein Zertifikat stellt für einen Trainer eine gute Möglichkeit der Vermarktung dar und schafft gleichzeitig während des Zertifizierungsprozesses die Chance, das eigene Business zu hinterfragen und zu verbessern. Für Einkäufer und Personalisten bieten Zertifikate eine erste Orientierung. Doch wie immer gilt: Ein zertifizierter Trainer ist noch lange kein guter Trainer, und ein nicht zertifizierter ist noch lange kein schlechter Trainer. An einem persönlichen Gespräch, um zu schauen, ob der Trainer auch zum Unternehmen passt, führt kein Weg vorbei.

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