Spielerisch zum neuen Mitarbeiter?

Wer den besten Kandidaten für eine offene Stelle sucht, kann sich -heutzutage recht viel einfallen lassen. Wohl einer der wichtigsten Faktoren ist ein -positives Image als -Arbeitgeber, um möglichst viele Bewerbungen zu -erhalten. Was sich diesbezüglich in den letzten Jahren alles getan hat, lesen Sie hier.

Das Thema Mitarbeitersuche hat sich in den letzten 10 Jahren drastisch verändert. Vorbei die Zeit, wo ein Stelleninserat in der Tageszeitung ausreichend war. Es gibt viel Neues! Die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Methoden sollen hier dargestellt und diskutiert werden.

Recrutainment

Recrutainment bezeichnet den Einsatz von Spielen oder spielerischen Elementen in der Mitarbeitergewinnung und -auswahl. Bei »Recrutainment-Veranstaltungen« handelt es sich um Veranstaltungsformate, bei denen der Spaß- und Informationsfaktor im Vordergrund steht, aber dennoch klare Recruiting-Ziele verfolgt werden. Sie sollen der Verbesserung des Zusammenfindens von »passendem« Kandidat und »passendem« Arbeitgeber dienen. Die »Spiele« können sowohl offline als auch online organisiert werden. Bei Online-Assessments handelt es sich grundsätzlich um Tests, die durch spielerische Elemente ergänzt werden. Derzeit kommen diese unterhaltsamen Recruiting-Methoden bevorzugt bei Lehrlingen zur Anwendung.

Ein gutes Beispiel ist das »Spiel zur Berufsorientierung« der deutschen Lufthansa. (www.be-lufthansa.com). Dort können Jobsuchende spielerisch mehr über Berufe in der Luftfahrtbranche erfahren und gleichzeitig eine Art Test machen, für welche Stelle sie am besten geeignet sind.

Rudi Bauer (Geschäftsführer StepStone Österreich): »Recrutainment bietet Bewerbern die Möglichkeit, das Unternehmen schon im Vorfeld kennenzulernen. Dadurch kann möglicherweise auch die Drop-out-Rate verringert werden. Einsatz finden kann Recrutainment auch im Diversity Management: Die OMV hat mit dem Online-Game ›Technikqueen‹ versucht, mehr junge Frauen für Technik zu begeistern und für das Unternehmen zu gewinnen. Die Umsetzung eines Recrutainment-Projekts passiert nicht von heute auf morgen. Neben einer genauen Zielgruppenanalyse ist ein ausgefeiltes und attraktives Konzept notwendig, um nicht Gefahr zu laufen, die Aktivitäten an der Zielgruppe vorbei zu konzipieren. Neben umfassenden personellen Ressourcen kann auch der finanzielle Aufwand hinter solch einer Applikation umfassend sein.«

Birgit Puchinger (Geschäftsführerin schmid & diamant) über den Einsatz von spielerischen Elementen im Recruiting: »Wenn man bedenkt, dass jene Personalauswahlmethode, welche den 3 Gütekriterien – Objektivität, Validität, Reliabilität – entsprechen, die höchste Aussagekraft zu den tatsächlich vorhandenen Potenzialen des Bewerbers aufzeigen, so haben Recrutainment-Methoden ganz klar ihre Berechtigung. Recrutainment ist zwar ein Trend, hat seinen Ursprung jedoch in Strategie- und Planspielen mit simulativen Elementen, und die haben sich schon seit gut 10 Jahren am Markt bewährt. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu erwähnen, dass ›Spielen‹ nicht immer mit Spaß und Unterhaltung gleichzusetzen ist – wie diese Methode sehr schön zeigt. Eine Gefahr sehe ich jedoch, wenn Instrumente laienhaft und ohne klar definierten Rahmen (wie fehlende Kompetenzen, Methoden, Reflexion) eingesetzt werden, kein solides Fundament aufweisen oder keinerlei Formen der Standardisierung eingehalten werden.«

Etwas skeptischer ist Wolfgang Rom (Pers-Con Personal Consulting GmbH und Trainer beim WIFI Management Forum) gegenüber der modernen Methode: »Wenn es dem Wortsinn entsprechend umgesetzt ist, sehe ich darin keinen Vorteil. Es geht beim Talent Recruitment um Sachlichkeit. Beide Seiten – Unternehmer und Kandidat – benötigen eine sinnvolle Entscheidungsgrundlage für eine mögliche Kooperation. Es macht keinen Sinn, Stimmungen und Erwartungen aufzubauen, die nichts mit der Arbeitsrealität zu tun haben. Für Spaß und Spiel gibt es andere Raum-Zeit-Zonen im Leben. Für das Recruitment von Lehrlingen und jungen Talenten ist der Einsatz von Videos, die das Unternehmen und den Arbeitsplatz präsentieren, durchaus sinnvoll. Die Vorauswahl würde ich jedenfalls mittels fundierter und seriöser Auswahlverfahren und niemals anhand von verspielten Tests treffen.«

Martin Röhsner (Geschäftsführung CATRO Personalberatung und Media GmbH) erkennt einen Mehrwert: »Der Vorteil liegt klar in der ungewohnten Situation für den Kandidaten, wodurch einstudierte Antworten auf die klassischen Interviewfragen beim Vorstellungsgespräch neutralisiert werden. Das Risiko ist in der Ausführung der Tools und in der Interpretation der Verhaltensweisen begründet. Schlecht vorbereitet kann es zu völlig verzerrten Ergebnissen kommen und ein Ranking hervorbringen, welches unter objektiven Gesichtspunkten ein anderes wäre.«

Mobile Recruiting

Unter Mobile Recruiting versteht man in der HR-Welt den Einsatz von mobilen Endgeräten wie Mobiltelefonen oder Tablets zur Personalgewinnung. Der Grundgedanke besteht darin, dass heute nahezu jeder über ein Handy verfügt und die meisten Menschen dieses nur selten ausschalten. So können Jobsuchende auch in der Straßenbahn oder am Beifahrersitz während einer Autofahrt nach passenden Stellen suchen.

Die Agentur Wollmilchsau hat im Juni aktuelle Zahlen präsentiert, die aufzeigen, dass dieses Thema noch stark unterschätzt wird.

In Deutschland suchen 23 % der Google-Nutzer mobil nach Stellenangeboten (2012 nur 14 %), während nur rund 22 % der Unternehmen eine mobiloptimierte Jobbörse bereitstellen (2013: 7 %). Eine Recruiting-App hat sich bis heute kaum durchgesetzt. Nur 6 % der Unternehmen bieten eine eigene Karriere-App an. Diese Zahlen zeigen, dass von Kandidatenseite her durchaus der Wunsch und der Bedarf vorhanden ist, Unternehmen diesen Trend aber noch zu wenig beachten. Das ist ähnlich wie mit Social-Media-Kanälen, deren Vorteile von vielen Unternehmen auch ein bis zwei Jahre zu spät erkannt wurden.

Rudi Bauer: »Das Leben findet zunehmend mobil statt und das macht auch vor der Jobsuche nicht halt. Mittlerweile stammen nahezu 30 % der Zugriffe auf unsere Jobbörsen von mobilen Geräten. Recruiter und Jobbörsen müssen sich an das veränderte Suchverhalten der Bewerber anpassen: responsive Webdesign, Job-Apps oder eine mobile Website sind jeweils ein Muss, um dem Kandidaten die gleiche User-Experience wie bei der Desktop-Jobsuche zu bieten. Die Bewerbung selbst findet großteils noch über den PC statt – aber auch hier wird es in Zukunft Tools geben, die den Prozess der mobilen Bewerbung für den Kandidaten einfach und bequem ermöglichen.«

Stolze 37 % aus der Generation Y erwarten sich laut der oben zitierten Studie eine mobil optimierte Karriereseite und sind vom Unternehmen enttäuscht, wenn es keine gibt.

Auch Jürgen Smid (Geschäftsführer karriere.at) ist absolut von der Technologie überzeugt: »Allein die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: 8 von 10 Handy-Nutzer besitzen ein Smartphone. Wer von der Wichtigkeit des Mobile-Marktes nicht überzeugt ist, sollte in U-Bahn, Bus und Straßenbahn einfach eine kurze Feldstudie durchführen. 10 Fahrgäste willkürlich auswählen und zählen, wie viele davon gerade mit ihrem Smartphone spielen. Unternehmen werden gar keine andere Wahl haben, als auch ihre Aktivitäten im Online-Recruiting für mobile User – von denen jeder potenzieller Kandidat ist – zu optimieren: Von der Darstellung der Website bis hin zu mobil funktionierenden Bewerbungsformularen.«

Birgit Puchinger sieht auch eine andere Seite: »Bei unserer Arbeit zeichnet sich ab, dass die Bereiche des Mobile Recruitings und des Mobile Taggings (speziell das Arbeiten mit QR-Codes) Zukunft haben. Ein Generationenvorteil für Digital Natives wird entstehen – ich sehe hierbei jedoch eine bedenkliche Entwicklung, welche ältere Arbeitnehmer zusehends mit dem Bewerbungssystem überfordern kann.«

Suchplattformen

Für die Online Jobsuche bieten sich zahlreiche Online-Portale an, um nach unterschiedlichen Filtern den besten Job zu finden. Häufig inserieren Unternehmen auf mehreren Plattformen gleichzeitig, um so viele Bewerber wie möglich zu erreichen. Und natürlich wird der Job auch auf der Unternehmensseite ausgeschrieben. Dennoch gibt es nach wie vor Printinserate in Tageszeitungen.

Birgit Puchinger: »Ich bin als Personalistin aufgrund der Zeit-Kosten-Mobilitäts-Ressource ein Freund von Online-Jobbörsen und finde daher, dass Printausschreibungen nur mehr für all jene Berufe sinnvoll sind, welche arbeitsbezogen keine Computer- oder Internetnähe erfordern: z.B. für spezielle Berufsgruppen wie Lkw-Fahrer, für den Bau, für Reinigungspersonal und teilweise Handwerker und das Gastgewerbe.«

Auch Wolfgang Rom ist von Online-Plattformen überzeugt: »Eigentlich bietet sich online immer an. Die meisten haben Smartphones oder Tablets und sind die meiste Zeit online, egal wo sie sich befinden. Die Reichweite ist also größer und die Präsenz ist länger. Online ist für die Suche nach qualifizierten Kandidaten in fast jeder Hinsicht überlegen. Viele Leute lesen tagesaktuelle Zeitungen auch nur mehr online. Print wird vielleicht im Urlaub am Strand gelesen. Wenn kein WLAN vorhanden ist, sind die Leute weniger online.«

Jürgen Smid ist ebenfalls von online überzeugt: »Es bieten sich für alle Positionen Online-Ausschreibungen an. Wer daran zweifelt, sollte kurz den Selbstcheck mit zwei einfachen Fragen machen: Wie lange habe ich heute Zeitung gelesen? Und wie lange war ich heute online?«

Martin Röhsner kennt dennoch ein Argument, das für Print spricht: »Bei Printinseraten werden möglicherweise auch potenzielle Interessenten aufmerksam, die gar nicht aktiv suchen. Bei der Onlinebörse liegt der Vorteil in der selektiven Suche und der völligen Unabhängigkeit von der geografischen und zeitlichen Präsenz.«

Manche Unternehmen sparen sich das Geld für Online-Inserate und hoffen darauf, dass Google das Jobinserat auf der Unternehmenshomepage für den Kandidaten finden wird. Funktioniert das wirklich? Bedeutet das das Ende von Jobplattformen?

Wolfgang Rom: »Unsere Erfahrungen aus den letzten Wochen deuten genau darauf hin. Wir erhalten qualifizierte Bewerbungen auf Postings, die lediglich auf unserer Homepage veröffentlicht sind. Es gibt immer mehr Leute, die zwar nicht notwendigerweise eine neue Stelle suchen, sich aber gerne über interessante Möglichkeiten informieren, um die Gelegenheit beim Schopf zu packen. Das ist eine sehr sinnvolle Strategie. Diese Leute sind in diverse Metasearch-Plattformen inskribiert und erhalten Angebote entsprechend ihren Auswahlkriterien zugesandt. Wenn wir die richtigen Schlagworte in unserem Inserat und im Jobtitel haben, wird unsere Information direkt und passgenau zum Suchenden gebracht. So haben wir eine sehr große Reichweite und gleichzeitig punktgenaue Informationsübermittlung.«

Jürgen Smid widerspricht dem: »Theoretisch stimmt das so. Jedes stellenausschreibende Unternehmen sollte seine Angebote natürlich als allerersten Schritt auf seine eigene Website stellen. Und jetzt kommt das Aber: Denn um damit ausreichend und vor allem relevanten Traffic zu generieren, ist harte Arbeit und große Kenntnis der Zielgruppe nötig: Beginnend mit professionellem Suchmaschinenmarketing und Trafficaufbau über die Auswahl passender Reichweitenpartner bis hin zu einem funktionierenden semantischen Suchalgorithmus, der Usern auch Jobangebote liefert, die anders lauten, aber dasselbe meinen. Und diesen großen Vorteil für Bewerber und Arbeitgeber bieten in erster Linie Online-Jobbörsen.«

Rudi Bauer sieht in Google ebenfalls noch keine Konkurrenz: »Online-Jobbörsen investieren umfassend in das Trafficmanagement, um Kandidaten zielgenau (auch mit Hilfe von Google) zu den passenden Jobs zu leiten. Die Suche nach spezifischen Jobs über Google direkt führt zu Ergebnissen, aber nicht in der Qualität, die man von Jobbörsen gewohnt ist. Ändert Google seine Pläne dazu, sind die Karten neu gemischt.«

Social Media

Mittlerweile ist das Thema Social Media voll und ganz bei den Unternehmen angekommen und gerade bei größeren Konzernen gibt es auch eigene Karriereprofile, z. B. auf Facebook.

Aus einer von StepStone durchgeführten Studie geht hervor, dass das klassische Stelleninserat bei Online-Jobbörsen sowie die Unternehmensseite selbst noch immer die effizientesten und beliebtesten Wege zu neuen Mitarbeitern sind. Rudi Bauer: »Hemmschuh für die Entwicklung von Social Media als Recruiting-Tool dürften fehlende Zeitressourcen sowie knappe Budgets sein. Für die gezielte Recherche nach Personal eignen sich die klassischen Business-Netzwerke sicherlich am besten, da Facebook vorwiegend privat genutzt wird und gezielte Stellenausschreibungsplätze oder Suchoptionen fehlen.«

Wolfgang Rom ist gegenüber Facebook skeptisch: »Social-Media-Kanäle können die Arbeitgebermarke sehr gut unterstützen. Das wirkt sich positiv auf das Recruiting aus. Für die Personalsuche im engeren Sinne sind Plattformen wie XING und Linkedin wertvoll, um Kontakte zu knüpfen und erste relevante Informationen einzuholen. Facebook eignet sich dafür eher weniger: zu privat und daher zu wenig aussagekräftig für die qualifizierte Personalsuche.«

Fazit

Mobile Recruiting hat laut Umfragen eine große Zukunft und darf von Unternehmen nicht unterschätzt werden. Spaß und Freude beim Recruiting steigern das Arbeitgeberimage und bringen so mehr Bewerber. Facebook eignet sich hingegen weniger für das Recruiting.

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