Top oder Flop – das ist hier die Frage

Als Berater erlebt man manchmal »Flops« in der Umsetzung von Befragungen. Doch wie macht man es richtig?

Bei einer Mitarbeiterbefragung kann einiges falsch laufen. Als auf Feedbacksysteme spezialisiertes Beratungsunternehmen hat EUCUSA hier schon viel erlebt. In so manchen Unternehmen bzw. Organisationen herrscht ein Klima, in dem sich kaum jemand gerne darum reißt, eine Mitarbeiterbefragung zu verantworten. Dabei ist es für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung unendlich wertvoll, hie und da in den Spiegel zu schauen, um da und dort Positives wie auch Verbesserungswürdiges zu identifizieren und damit bearbeitbar zu machen. Denn bereits die Präsentation von Befragungsergebnissen ist stets ein starker Impuls, der die Unternehmensqualität spürbar und messbar steigern kann.

Aus dem Nähkästchen geplaudert

Ergebnisse von Mitarbeiterbefragungen können auch einfach in der Schublade verschwinden. EUCUSA hat das in einem konkreten Fall erlebt: In der Präsentation sind schwerwiegende Probleme mit der Geschäftsführung speziell durch Kommentare der Mitarbeiter ans Tageslicht gekommen. Es gab massive Vorwürfe durch den Geschäftsführer an das Projektteam, obwohl die Konzernrichtlinie regelmäßige Befragungen vorschreibt. Was war passiert? Der Geschäftsführer war (offensichtlich hatte er das Ergebnis bereits vermutet) schon von Beginn an gegen das Projekt und war – obwohl eingeladen – wortlos nicht zum Ziel- und Planungsworkshop erschienen. Das war wohl einer der größten Flops in unserer Beratergeschichte. Denn genau hier wäre es notwendig gewesen, mit starken Interventionen anzusetzen, denn es hat sich bewahrheitet, dass der Fisch vom Kopf zu stinken beginnt.

Auch an der Nicht-Einbindung des Betriebsrates kann ein Projekt potenziell scheitern – erlebt bei einem großen internationalen Konzern und einer internen Kundenbefragung. Hier war zwar der Österreich-Betriebsrat in alles eingebunden, doch nach Start der Befragung kam ein Anruf des Konzernbetriebsrates mit der dringenden Anweisung, die Befragung sofort zu stoppen. Man hatte nicht mit ihm abgestimmt … Das Thema konnte zwar von ­EUCUSA rasch geklärt werden, Unstimmigkeiten und negative Einflussnahme sind so aber nicht auszuschließen.

Auch schon erlebt: Bei einer im Unternehmen vorherrschenden »Angstkultur« fürchtet man sich vor kritischen Ergebnissen, negativem Einfluss aufs Employer Branding und auf die Boni der Top-Manager (die Mitarbeiterzufriedenheit als KPI in den Zielen haben) und schließlich um die Motivation der Mitarbeiter. Druck, Einflussnahme auf die Teilnehmer sowie Schlechtreden der Befragung sind die Folgen.

Gerade bei großen internationalen Unternehmen sollte von der Projektleitung das Thema Logistik bei Papierfragebögen nicht außer Acht gelassen werden. Wir durften hier einige Erfahrungen sammeln – von Schwierigkeiten beim Zoll in Russland bis zu Überschwemmungen in Räumen mit gelagerten Fragebögen. Bei digitaler Umsetzung gibt es einige technische Hürden wie Firewalls und Browser, die die planmäßige Umsetzung behindern können. Erfahrungshintergrund und Know-how half bei der raschen Problemlösung.

Besondere Herausforderungen in Zeiten von Corona

In Pandemie-Zeiten kommen zusätzliche Herausforderungen für Unternehmen dazu, die auf den ersten Blick die Durchführung einer Mitarbeiterbefragung erschweren.

  1. Überlebensdruck: Der steht in manchen Branchen eher auf Mitarbeiterkündigung, Kurzarbeit, Home-Office-Kultur und weniger auf »Wohlfühlthemen« wie Wertschätzung und Feedbackkultur. (Wir haben allerdings auch die gegenteilige Erfahrung gemacht, dass manche Unternehmen und Branchen gerade jetzt eine Befragung durchführen wollen, z. B. speziell zur Situation im Home-Office oder in der Gesundheitsbranche!)
  2. Kostendruck: Gut gemachte Mitarbeiterbefragungen erfordern monetäre Investitionen und zeitliche Ressourcen. Den Budgets droht Streichung oder radikale Reduktion.
    Zeitdruck: Volatile Organisationsentwicklung kann nicht mehr mit Ergebnissen arbeiten, die mehrere Wochen zuvor ermittelt wurden.
  3. Digitalisierungsdruck: Unternehmen setzen zunehmend auf digitale Befragungsprozesse im Wissen, dass so manche Hausaufgabe noch nicht umgesetzt wurde (Ausstattung mit Hardware, Software, Mailadressen für alle Mitarbeiter, IT-Basis-Know-how für alle Beteiligten).

Mehrwert durch Beratung

Die Zusammenarbeit mit HR-Experten, welche Wissen über Mitarbeiterbefragungsprozesse haben, ist somit essenziell, um Klippen zu umschiffen, Ziele zu erreichen und den gemeinsamen Weg von Erkenntnis zu Maßnahmenumsetzung positiv zu gestalten. Weiters notwendig sind der Rückhalt des Top-Managements und ein gemeinsames klares Ziel ohne »Hidden Agenda«. Eine engagierte, aktive interne Projektleitung ist ein weiterer wesentlicher Garant für eine Nutzenstiftung durch Befragungen. Es fordert viele Maßnahmen und gute Kommunikation, um Vertrauen in Befragungen und eine hohe, aktive Beteiligung aufzubauen. Das zugrunde liegende digitale Tool ist die Basisleistung, die jedenfalls alle Qualitätskriterien erfüllen muss. Der Mehrwert entsteht durch die richtige Orchestrierung der Impulse, um ein positives Bild für den Befragungsprozess im Unternehmen zu etablieren.

Tipps zur Durchführung

Hier einige Gedanken aus unserem reichhaltigen Erfahrungsschatz, die für die erfolgreiche Durchführung von Mitarbeiterbefragungen hilfreich sind.

  • Ziel: Warum befragen wir Mitarbeiter? Was erwarten wir von der Mitarbeiterbefragung? Nur mit einer klaren Antwort darauf kann man die Sache richtig machen!
  • Umfang: Wollen wir alle Mitarbeiter befragen? (Das ist übrigens die dringende Empfehlung!) Soll Anonymität garantiert werden? (Ebenfalls empfohlen, um ein aussagekräftiges Ergebnis zu erhalten.) Wollen wir mit Papierfragenbögen befragen, oder sind wir schon reif für eine reine Onlinebefragung (mit Code-Cards oder Einladungsmail als Zugang zur Befragung)? Langer Fragebogen oder Quick-Check mit reduzierter Frageanzahl? Soll nahezu jede Gruppe einen Ergebnisbericht erhalten oder werden die Ergebnisse auf oberster Ebene verdichtet, besprochen und kommuniziert?
  • Periodizität: Machen wir zu einem bestimmten Stichtag und einer bestimmten Befragungsperiode regelmäßige Befragungen? Sollen unterjährige Kurzbefragungen stattfinden? Und/oder soll bei Bedarf (spezifischer Themenbedarf, spezifische Teilnehmergruppe) sofort befragt werden können?
  • Kommunikation: Wie intensiv wird für die Teilnahme geworben? Steht das Top-Management dahinter? Ist der Betriebsrat bzw. die Personalvertretung eingebunden und dient als Verstärker? Auf welchen Kanälen wird vor, während und nach der Befragung kommuniziert?
  • Vertraulichkeit: Wer soll über welche Ergebnisse Kenntnis haben? Wie hoch ist die Transparenz betreffend Ergebnisse im Unternehmen? Wie wird verhindert, dass Gruppen an den Pranger gestellt werden? Wie identifiziert man Best Practices und in welcher Form kann dieses wertvolle Wissen geteilt werden?
  • Verbesserungsprozess: Was tun mit den Ergebnissen? Gibt es einen klaren Leitfaden, wie diese zu spürbaren Verbesserungen oder Maßnahmen führen? Welche Unterstützung gibt es für den Prozess der Maßnahmenfindung bzw. -umsetzung? Wie werden Ergebnisse kommuniziert? Wer trägt Verantwortung für den Verbesserungsprozess?

Ein Blick in die Zukunft

Gerade für Post-Corona-Zeiten interessant: Der Blick und die Gestaltungsmöglichkeit für Zukunftsentwicklungen. Jedes Unternehmen hat »Experten« in Form von Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten, Partnern etc., welche wertvolle Beiträge für zukünftige Entwicklungen liefern können. Mit kleinen, aber wirksamen Änderungen im Befragungsprozess kann eine Einbindung dieser »Crowd« in den Organisationsentwicklungsprozess vorgenommen werden. Die Beteiligten fühlen sich wertgeschätzt, die Entscheider haben noch bessere Grundlagen für strategische Entscheidungen. Mit dem interessanten Nebeneffekt, schon im Vorfeld zu wissen, wie intensiv die Kommunikation bei einer Strategieausrollung stattfinden muss.

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Filoxenidis

Gastautor
Mario Filoxenidis
ist Geschäftsführer
der EUCUSA
Consulting GmbH.
www.eucusa.com