Völlig neue Arbeitshaltung: Die Gen Z und die moderne Arbeitswelt?

Die sogenannte Generation Z unterscheidet sich in vieler Hinsicht von bisherigen Generationen. Auf Homeoffice legen sie keinen großen Wert. Wichtig sind den 16- bis 24-Jährigen stattdessen flexible Arbeitsstrukturen, die ihnen zugleich aber auch das Gefühl von Stabilität, Orientierung und Ordnung vermitteln – und vor allem eines: eine klare Trennung zwischen Berufs- und Privatleben. Um die Digital Natives 2.0 in all ihrer Widersprüchlichkeit aber auch mit all ihren Chancen für sich zu gewinnen, müssen Unternehmen neue Anreize und Arbeitsmodelle bieten.

 

Homeoffice ist beliebt. Laut einer Umfrage im Auftrag des Karriereportals LinkedIn unter rund 1.000 Beschäftigten in Deutschland haben die Angestellten vor allem den Mix aus der Arbeit im Büro und zuhause zu schätzen gelernt: Fast die Hälfte der Befragten (48 Prozent) bevorzugt diese hybride Variante. Wieder dauerhaft in die Firma zurückkehren, wollen dagegen nur knapp 29 Prozent.

Eine Altersgruppe steht dem Thema Homeoffice allerdings eher skeptisch gegenüber. Und das sind überraschenderweise die 16-bis 24-Jährigen, die Generation Z. Gerade die „Digital Natives 2.0“, die mobile Anwendungen so selbstverständlich nutzen wie keine Generation vor ihnen, lehnen die Arbeit in den eigenen vier Wänden mehrheitlich ab: Fast die Hälfte (47 Prozent) würde lieber ausschließlich im Büro arbeiten. Eine Mischung aus Büro und Homeoffice wünschen sich nur 29 Prozent.

Ambivalentes Verhältnis zu flexiblen Arbeitsweisen

Ein Grund für diese ablehnende Haltung: Fernunterricht beziehungsweise Online-Studium haben bei vielen der heute 16- bis 24-Jährigen zu einem Gefühl von sozialer Isolation geführt. Zudem gelingt es ihnen in den eigenen vier Wänden nur schwer, sich zu motivieren. Diese Erfahrungen sollen sich nach Ansicht dieser Altersgruppe im Arbeitsleben nun nicht wiederholen. Das hat eine im US-Fachblatt Nature veröffentlichte internationale Studie von Microsoft ergeben, für die fast 61.000 Beschäftigte von Dezember 2019 bis Juni 2020 befragt wurden.

Demnach empfinden 60 Prozent der 16- bis 24-jährigen Homeoffice als große Herausforderung. 70 Prozent erwarten zwar, dass ihr Arbeitgeber die Möglichkeit für Remote Work grundsätzlich bietet, wollen aber gleichzeitig viel Zeit mit den Kollegen im Büro verbringen. Ein Widerspruch, der das generell ambivalente Verhältnis der Gen Z zu flexiblen Arbeitsweisen beschreibt: Die jungen Beschäftigten erwarten, dass sich Unternehmen als fortschrittliche Arbeitgeber präsentieren, auch wenn sie die entsprechenden Angebote kaum wahrzunehmen gedenken.

Generation der Widersprüche

Ein ähnlich widersprüchliches Bild zeichnet die Studie „Future of Work“, für die im Auftrag der HR-Plattform Zenjob im Mai 2021 rund 1.200 Vertreter der Gen Z in Deutschland befragt wurden. Demnach wünscht sich die Hälfte der jungen Erwachsenen zwar feste Arbeitszeiten. Gleichzeitig legt aber jeder zweite Befragte großen Wert auf Flexibilität im Arbeitsalltag. Autonomie hat grundsätzlich einen hohen Stellenwert für die Gen Z: 83 Prozent der Umfrageteilnehmer wollen die Möglichkeit haben, ihre Arbeitszeit selbst einzuteilen, um nach dem eigenen Rhythmus arbeiten zu können. Von der Selbstorganisation sind die jungen Beschäftigten jedoch oft überfordert. Die Hälfte der Befragten erklärte, dass ihnen diese nicht immer gelinge. Entsprechend groß ist der Wunsch nach festen Arbeitsstrukturen im Büro vor Ort.

Als entscheidender Aspekt gilt zudem die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben (69 Prozent). Klar definierte Arbeitszeiten und ein pünktlicher Feierabend gewinnen wieder an Bedeutung. Denn die jungen Arbeitnehmer wissen, dass Arbeiten im digitalen Zeitalter überall und jederzeit möglich ist und sie damit Gefahr laufen, dass ihr Leben nur noch aus Arbeit besteht. Viele wünschen sich daher „flexible feste Strukturen“. Das können beispielsweise fixe Arbeitszeitkontingente sein, die sie dann aber im eigenen Rhythmus erfüllen.

Homeoffice gilt als Karrierebremse

Die Zurückhaltung der ganz Jungen beim Thema Homeoffice hat aber noch einen weiteren Grund, wie die Umfrage von LinkedIn zeigt: Gut die Hälfte der Befragten zwischen 16 und 24 Jahren befürchtet, dass sich Homeoffice negativ auf ihre Karriere auswirken könnte. So haben viele Vertreter der Gen Z Bedenken, dass sie während der Tätigkeit zuhause von Vorgesetzten weniger wahrgenommen und bei Beförderungen übergangen werden könnten. Auch die fehlende Möglichkeit, von Kollegen zu lernen, wurde häufig genannt. Unter den Angestellten zwischen 35 und 44 Jahren machen sich dagegen nur 37 Prozent Sorgen um ihre Karriere, und bei den über 55-Jährigen ist es gerade einmal ein Viertel. Die Gründe hierfür sind einleuchtend: Ältere Mitarbeiter sind meist schon gut vernetzt im Unternehmen, zudem ist ihnen der Aufbau der eigenen Karriere oft nicht mehr so wichtig, da sie hier bereits ein gutes Stück vorangekommen sind oder diese Planungen inzwischen abgeschlossen haben.

Hohe Erwartungen an den Arbeitgeber

Auch in grundsätzlichen Fragen hat die Generation Z hohe Erwartungen an ihre Arbeitgeber: Neben einem sicheren und unbefristeten Arbeitsplatz wünschen sich die jungen Beschäftigten moderne Technik sowie Feedback in Echtzeit – egal ob auf eine Bewerbung oder auf eine erledigte Aufgabe im Büro. Sie wollen Verantwortung tragen, aber nicht zu viel. Sich lebenslang an ein Unternehmen zu binden, können sie sich nur schwer vorstellen, und zu Überstunden sind sie weniger bereit als die Generationen vor ihnen.

Heutige Personalverantwortliche stehen angesichts des Fachkräftemangels damit vor großen Herausforderungen. Mit den ab 1999 Geborenen und ihren hohen, teils widersprüchlichen Erwartungen wird die Situation zudem nicht unbedingt einfacher. Denn die Generation Z stellt derzeit lediglich 10,3 Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung, und dieser Anteil wird nicht mehr nennenswert steigen. Der Wirtschaft geht vor diesem Hintergrund der Nachwuchs aus. Und: Die sogenannten Digital Natives 2.0 wissen, dass sie damit für Unternehmen eine kleine, aber extrem wichtige Altersgruppe darstellen. Ihre digitale Affinität und Kompetenz kann Firmen helfen, die Digitalisierung von Prozessen und Geschäftsmodellen voranzutreiben. Die Gen Z kann es sich daher leisten, anspruchsvoll zu sein – entsprechend selbstbewusst vertritt sie auch ihre Forderungen.

Genau zuhören – über den gesamten Mitarbeiterlebenszyklus hinweg

Einige Firmen haben sich bereits auf die Erwartungen der Jungen eingestellt: Bei der Deutschen Bahn müssen Bewerber kein Anschreiben mehr formulieren und selbst einige Unternehmensberatungen bieten neuerdings Teilzeitstellen an. Um junge Fachkräfte zu gewinnen und zu halten, müssen Unternehmen aber vor allem eines tun: ihnen genau zuhören und bestmöglich auf ihre Erwartungen eingehen. Das gilt für den gesamten Mitarbeiterlebenszyklus – und der fängt schon beim Recruiting an.

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Gastautor

Gerrit Külper

Director People and Employee Relations Central Europe bei Sage.

www.sagedpw.at