Wenn 5 Speaker beklaut werden …

… und sie dies gar nicht bemerken, dann findet die GSA-Convention statt. Heuer ­bereits zum 10. Mal. Rund 350 Teilnehmer waren begeistert. TRAiNiNG war dabei.

Die GSA (German Speakers Association) ist ein Zusammenschluss professioneller Redner zur gegenseitigen Unterstützung und zum Gedankenaustausch. Sie wurde 2005 von Claudia und Siegfried Haider gegründet und zählt heute über 800 Mitglieder. Die Convention ist der jährliche Treffpunkt, an dem die Rednerbranche zusammenkommt und über Neuigkeiten diskutiert. Das Motto der diesjährigen Convention in München: Perspektivenwechsel.
Den Auftakt macht der bekannte Rhetorik­experte Matthias Pöhm, der in seiner Präsentation, die mit PowerPoint unterstützt wird, erklärt, dass wahre Faszination beim Präsentieren nur ohne PowerPoint möglich sei. Pöhm schafft es nicht gänzlich, das Publikum zu erreichen. Er wirkt arrogant und seine Inhalte überzeugen zu wenig. Somit war die erste Keynote der Veranstaltung ein Flopp, es sollte aber zum Glück der Einzige bleiben.
Gleich im Anschluss referiert Thomas Lünendonk (Journalist, Marktanalyst und Unternehmensberater) über Zahlen und Daten der Rednerbranche und räumt mit einigen Mythen, darunter auch dem Honorarmythos, auf. Er kennt das Problem, dass Speaker an unterschiedliche Kunden verschiedene Tagessätze verrechnen und verurteilt dies scharf. Er rät daher,  »nur einen Tagessatz zu haben, z. B. 5.000,– €, und je nach Aufwand diesen Tagessatz mit einem Faktor zu multiplizieren«. Wird der Redner also z. B. nur für eine 30-minütige Rede gebucht, steht auf der Rechnung 5.000 x 0,2 = 1.000,– €. Somit werde Klarheit und Transparenz erzeugt.
Nach einer der wichtigen Netzwerk- und Kaffeepausen steht Karsten Brocke auf der Bühne. Mit »Berliner Charme« erklärt er in aller Direktheit, wie Kaufentscheidungen getroffen werden. So rät er dringend, »Kaufanreger« zu sein und nicht »Verkäufer«. Brocke: »Verkaufen bedeutet, Menschen zu aktivieren, Entscheidungen zu treffen.« Ein guter Vortrag, der inhaltlich viel zu bieten hat.
Einer der Höhepunkte ist der Taschendieb Christian Lindemann. Es liest sich vermutlich unglaublich, doch obwohl alle Anwesenden wussten, dass es sich um einen Taschendieb handelt, schaffte er es in ca. 3 Minuten, rund 5 Speaker aus dem Publikum zu beklauen. Handys, Zigaretten, Visitenkarten, Geldbörsen und sogar eine um den Hals gebundene Krawatte wechselten unbemerkt den Besitzer. Er spricht danach über die Bühnen des Lebens und über die innere Einstellung, die ein Speaker braucht. Sein täglicher Satz lautet: »Das Beste, was den Menschen heute passieren kann, bin ich!«

Später am Tag können die Teilnehmer aus einigen parallelen Workshops wählen, unter anderem gibt es folgende Themen: »Was Speaker von Pfarrern lernen können«, »Bücher machen, die die Welt braucht«, »Schneller, mutiger und 3 Schritte voraus« und noch viele mehr.
Wie immer steigt gegen Ende des Tages die Vorfreude auf den Gala-Abend mit gutem Essen, einem spitzen Programm und kabarettistischen Einlagen. Und es werden wieder zahlreiche Personen geehrt.

Auma Obama erhält Rednerpreis

Nach Hans-Dietrich Genscher, Margot Käßmann, Dieter Zetsche, Roman Herzog und dem Dalai Lama nahm in diesem Jahr Auma Obama, Schwester des US-Präsidenten, die Auszeichnung der German Speakers Association persönlich entgegen. »Auma Obama verkörpert eine starke Botschaft. Sie macht deutlich, dass mit bloßem Schönreden niemandem geholfen werdenGSA_Convention2015 kann. Wenn wir etwas ändern wollen, müssen wir selbst unsere Stimme erheben«, sagt der scheidende GSA-Präsident Andreas Buhr über Auma Obama. Diese zeigt sich bewegt über die Auszeichnung und bedankte sich bei der Jury: »Ich bekomme einen Speaker-Award verliehen und kann vor Rührung kaum sprechen.« Danach erzählt sie von ihrer Stiftung in Kenia, mit der sie Kinder und Jugendliche in ihrem selbstständigen Handeln unterstützt, damit sie ihr eigenes Leben gestalten können und nicht Opfer ihres sozialen Systems oder ihrer Umwelt werden.
Später werden – wie jedes Jahr – Speaker in die GSA Hall of Fame aufgenommen. Dieses Jahr sind es Boris Grundl und Anne Schüller.

Kurz vor Ende des unterhaltsamen Abends werden noch die Jahrgangsbesten der GSA-University vorgestellt. In einem einjährigen Lehrgang vermittelt die University das Wissen und Handwerkszeug, um als Speaker erfolgreich am Markt zu sein. Dieses Jahr hat ein Österreicher gewonnen: Georg Wawschinek. Er hat mit seinem Thema »Charisma« die Jury überzeugt und sowohl den Preis für die beste Keynote erhalten als auch die Auszeichnung als Jahrgangsbester verliehen bekommen. Dieses »Double« gelang ihm als erstem Absolventen der GSA University.
Der Abend geht in die frühen Morgenstunden über, denn viel zu selten kommen so viele Experten zusammen, das muss auch gefeiert werden.

Österreicher wird neuer Präsident

Von 2013 bis 2015 führte Andreas Buhr den Verband der deutschsprachigen Redner, Trainer und Coaches. Am zweiten Konferenztag übergibt er sein Amt an seinen Nachfolger Martin Laschkolnig. Als symbolisches Zeichen überreicht ihm Buhr einen goldenen Schlüssel, der für die nächsten zwei Jahre im Besitz des neuen Präsidenten bleiben wird. Bereits zwei Tage vor der Amtsübergabe stellte der Linzer Unternehmer, Speaker und Trainer das Programm seiner Präsidentschaft vor: »Ich möchte den gemeinsamen ›Spirit‹, der uns Redner in der ganzen Welt verbindet, in den Mittelpunkt rücken. Wir sind Teil dieser Gemeinschaft, um alle voneinander zu lernen und uns gegenseitig zu unterstützen. Darauf müssen wir uns besinnen, denn nur wenn wir diesen Spirit wirklich leben, können wir alle noch besser werden«, sagt Laschkolnig in seiner bewegenden Rede.
Nach dem Mittagessen kommt der deutsche Bundespräsident a. D. Christian Wulff auf die Bühne, erzählt kurz seine Geschichte und stellt einige Parallelen zur Speakerwelt dar. Er weiß über die große Verantwortung, die Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, haben. Er spricht über Mechanismen der Skandalisierung, also wie schnell ein »Shitstorm« heutzutage ausgelöst werden kann, wie schnell die Reputation eines Menschen via Facebook und anderen sozialen Netzwerken vernichtet werden kann, gleichgültig ob gerechtfertigt oder nicht. Eine sehr bewegende, brillante Rede.
Im letzten Block vollzieht Thilo Baum noch einmal einen Perspektivenwechsel im wahrsten Sinne des Wortes. Er rät einem Speaker, stets die Perspektive des Publikums einzunehmen und sagt: »Es ist nicht wichtig, was wir zu sagen haben, sondern was beim Publikum ankommen soll.«
Gleichzeitig zur GSA-Convention fand dieses Jahr erstmalig die GenY-Convention statt, also zwei Tage für junge Leute, geleitet von Speakern der GSA.

Stefan Frädrich (Speaker und Buchautor) war der Organisator der Convention 2015 und hat unserer Meinung nach alles richtig gemacht. Tolles Programm, tolle Leute, toller Spirit. Wir freuen uns auf nächstes Jahr. Die GSA-Convention 2016 findet von 8. bis 10. September in Ulm statt. Nix wie hin!
www.germanspeakers.org

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