Kündigungen: Angst vermeiden

Welchen Einfluss auf die Motivation der (verbleibenden) Mitarbeiter haben ­sinnvolle und durchdachte Kündigungen, die z. B. wegen der Krise nötig geworden sind?

Bei Firmen mit jahrelangen Abbauprogrammen wird von den Mitarbeitern1 die Gefahr einer Kündigung während des Jahres oft verdrängt. Mit den Planungen für das nächste Jahr tritt sie dann um so stärker auf. Im 4. Quartal kommt es sogar häufig zu einem Produktivitätseinbruch. Doch die berechtigte Angst (wann erwischt es mich?) kann durch gute interne Kommunikation vermindert werden. Medienberichte über anstehende Kündigungen wegen der Pandemie in Branchen, Sektoren und Firmen heizen die Gerüchteküche noch mehr an. Einige Firmen wie z. B. Takeda, die aus Übernahmen und Fusionen der früheren Baxter, Baxalta, Shire entstanden ist, wissen jedoch diese Ängste zu bearbeiten. Dort wissen Mitarbeiter, »mir wird von externen Outplacement-Beratern geholfen, einen neuen Job zu finden«.
Der Nutzen von Outplacement für die Verbleibenden umfasst:

  • Wertschätzung als Mensch, nicht nur als Produktionsfaktor
  • Sicherheitsgefühl: »Mir wird die Firma auch helfen, sollte es mich erwischen.«
  • Positivnachrichten durch die neuen Jobs der Ex-Kollegen
  • Schneller eine bessere Stimmung im Team erreichen

Die Gefühle und Ängste der Verbliebenen werden unter dem Begriff »Surviver Syndrome« zusammengefasst. Dabei geht es um Unsicherheit, Frust, Zorn, Trauer, Unfairness, Zweifel und Misstrauen. Die Ängste umfassen: Leistungs-, Bestands- und Existenzängste.
Das primäre Ziel für die Führungskräfte, am besten vertreten durch Eigentümer oder Geschäftsführer, ist es, den Informationsdurst der Mitarbeiter zu stillen. Regelmäßige Fragestunden sind dabei ein probates Mittel, um die Unsicherheit der Mitarbeiter zu managen. Die Zeitpläne, Daten und Fakten helfen, das Vertrauen wieder aufzubauen. Das Mittelmanagement ist in einer schwierigen Situation: Es kämpft selbst gegen Trauer und Verlustgefühle und soll gleichzeitig die Mitarbeiter beruhigen. Dieser Zwiespalt führt zu Fluchtverhalten.
Bereiche, die von den Mitarbeitern als an der Situation mitschuldig angesehen werden, sind die Personal- und Finanzabteilung. Dort rechtfertigt man sich, statt aufzuklären und dem Informationsbedürfnis zu entsprechen.

Ängste der Verbleibenden

Direkte Vorgesetzte werden mit Fragen konfrontiert und sollten schnell Antworten darauf entwickeln, wie z. B. auf die berechtigte Frage: »Wie soll die gleiche Arbeit nun mit weniger Personal erledigt werden?« Alle Leistungsträger sollten um ihre Loyalität und Unterstützung gebeten werden. Alle haben ein Anrecht auf Informationen über geplante Maßnahmen und deren Folgen für sie selbst. Die große Gefahr besteht darin, dass die Besten, die man eigentlich halten will, als Erste neue Jobs suchen und auch finden.

Rituale für den Abschied

Rituale wie ein Leichenschmaus bei Begräbnissen sind in unserer Kultur verbreitet und helfen, abzuschließen. Bei einem solchen »Abschiedsessen« können auch gerne die Scheidenden (wenn sie wollen) dabei sein. In der Rede ist es am Wichtigsten, sich für die geleistete Arbeit zu bedanken. Selbstverständlich ist in diesem Zusammenhang die Kultur der Abteilung, der Firma, des Standortes wichtig. Abschiedsrituale sollen zur bisher gelebten Praxis von Geburtstagsfeiern, Firmenjubiläum etc. passen.

Fazit
Kündigungen haben Auswirkungen auf viele Stakeholder: Auf die Betroffenen, die Verbleibenden und ihre Familien, Betriebsräte, Medien und (lokale) Politiker. Die Abstimmung einer ehrlichen Kommunikationspolitik (keine Häppchentaktik) ist unbedingt notwendig, da ALLE eine hochemotionelle Zeit erleben. Die Führungskräfte sind mittels Gesprächstraining vorzubereiten. Abschiedsrituale erleichtern es, mit dem Erlebten abzuschließen.

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holzmüller

Gastautor
Peter Holzmüller
ist Geschäftsführer von LHH/OTM.
www.lhhaustria.at
www.LHH.com

 

Dieser Text nutzt für die sprachliche Gleichbehandlung aller Menschen geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen auf Basis des generischen Neutrums (siehe www.generisches-neutrum.com).