Leistungsfähiger durch Jonglieren

Jonglieren wird meistens mit Clowns und Zirkus assoziiert. Dabei ist es extrem gesund und kann dadurch auch für Unternehmen zahlreiche Vorteile bieten.

Stress, Burn-out und Change-Prozesse sind nur einige Begriffe einer Arbeitswelt, die voller Herausforderungen ist. In der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) finden sich dementsprechend viele Ansatzpunkte, um konstruktiv mit dieser Situation umzugehen. Das reicht von Ergonomie, Bewegungsangeboten und Ernährung über Kommunikationstechniken bis zu Wahrnehmungstrainings wie MBSR. Ich bin überzeugt: Auch POJ – das Prozessorientierte Jonglieren – wird in Zukunft ein wichtiges Werkzeug in diesem Bereich darstellen. POJ ergibt sich aus einer interessanten Schnittmenge von Jonglierpädagogik und Coaching-Techniken. Ja, ich weiß, ein wirklich sperriger Name. Ich mag ihn trotzdem. Denn erstens beschreibt er gut, worum es dabei geht und zweitens schafft er eine große Distanz zum herkömmlichen Bild des Jonglierens, das ja immer mit Performance, Zirkus und Varieté assoziiert wird.

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POJ – Prozessorientiertes Jonglieren

Neben den vielen gesunden und fördernden Aspekten des Jonglierens in körperlicher und mentaler Hinsicht, liegt der Fokus beim Prozessorientierten Jonglieren auf der Selbsterfahrung, die beim Jonglieren-Lernen möglich ist. Die wichtigsten Punkte bei POJ sind:

Das Lernen
Jonglieren ist eine spielerische Art, mit Problemen umzugehen. Für jedes Niveau gibt es immer eine große Zahl passender Herausforderungen. Das dient der Potenzialentfaltung und ermöglicht relativ rasche Erfolgserlebnisse. Kompetenzen wie Konzentration, Disziplin, Impulskontrolle, strategisches Denken und Frustrationstoleranz werden gefördert.

Das Hier und Jetzt
Beim Jonglieren ist man vollkommen fokussiert und blendet alles andere aus. Dadurch werden auch belastende Gedankengänge unterbrochen. Probleme verschwinden dadurch nicht, aber möglicherweise hat sich die eigene Haltung geändert. Vielleicht ist ein neuer Ansatz zur Problemlösung am Horizont sichtbar geworden oder eine spontane Idee zeigt neue Möglichkeiten auf. Beim Jonglieren werden der Blutkreislauf, die Atmung und das periphere Sehen angeregt. Durch die ständige Überkreuz-Bewegung werden die motorischen Zentren beider Gehirnhälften aktiviert. Jonglierpausen werden subjektiv als aktive Erholung und entlastend erlebt.

Das Flow-Erlebnis
»Flow« bezeichnet nach Mihaly Csikszentmihalyi einen als beglückend empfundenen mentalen Zustand des völligen Aufgehens in einer Tätigkeit. Die klassischen Flow-Aktivitäten sind in den Bereichen Sport und Kunst zu finden, aber auch in der Arbeitswelt kommt der Begriff zur Anwendung. Beim Jonglieren stellt sich das Flow-Erlebnis häufig ein und erhöht die intrinsische Motivation.

Die Fehlerkultur
Fehler sind beim Spiel mit der Schwerkraft unvermeidlich und auch nicht zu kaschieren. Es sind die Fehler, die den Übenden die Möglichkeiten zur Entwicklung von Lösungsstrategien geben. Durch die Freude am Jonglieren kann oft eine positivere Sicht auf Fehler entwickelt werden.

Kooperation und Teamgeist
Beim Jonglieren gibt es keine Verlierer. Man fordert sich selbst heraus und bei Partner- und Gruppenjonglagen ist das Gelingen das Resultat perfekter Teamarbeit. Ein erhöhtes Vertrauen der Gruppe gegenüber kann entstehen. Dabei ist konstruktives Feedback unerlässlich.

Die Reflexion
Die gemachten Erfahrungen selbst zu reflektieren und auch in der Gruppe zu verbalisieren, ist eine wichtige Möglichkeit der Bewusstmachung. Positive Referenzerlebnisse vom Jongliertraining können in andere, auch berufliche Bereiche, transferiert werden.
Was ist nun der Unterschied zwischen herkömmlichen Jonglierunterricht und POJ? Dazu möchte ich gerne eine Methapher verwenden: Wenn man eine Person mit Rucksack durch die Natur gehen sieht, so kann das ein Wanderer, aber auch ein Pilger sein. Der Unterschied entsteht nur durch die innere Haltung. Dasselbe trifft auf Jonglieren-Lernen vs. POJ zu.

Jonglieren im Unternehmen

Jonglieren kann für viele eine gesunde und entlastende »aktive Pause« in der Arbeitswelt darstellen und bringt die allzu oft fehlende körperliche Bewegung wieder in den Alltag zurück.
Wie POJ in einem Betrieb vorgestellt wird und wie die Umsetzung erfolgt, ist naturgemäß stark unterschiedlich und der individuellen Situation angepasst. Als grobe Richtlinie mag das folgende Konzept dienen:

1. Juggling-Teaser
Vorstellung der Initiative »Jonglieren gegen Stress« oder wie immer das Motto des Projektes lautet. Nach einem kurzen theoretischen Input können alle Mitarbeiter bei einer lustigen Übung mit Bällen erleben, was im Jonglieren so steckt. Diese halbe Stunde bewegungsreiche Abwechslung bringt frischen Wind in den Arbeitsalltag.

2. Der Jonglierkurs
Das Unternehmen bietet für interessierte Mitarbeiter einen Basis-Jonglierkurs an, z. B. sechs Einheiten à 1,5 Stunden in wöchentlichen Intervallen. Themen des Kurses sind Tuch- und Balljonglage. Manche Firmen haben wegen starken Interesses einen aufbauenden Kurs ins Leben gerufen, andere auch langfristige Kurse gebucht.

3. Periodische Inputs
Damit die Motivation nicht erlahmt, können ein- oder zweistündige Follow-ups pro Quartal sehr sinnvoll sein. In diesen wird die jonglierende Belegschaft individuell betreut und mit den nächsten passenden Schritten bzw. Tricks versorgt.

Nutzen für die Mitarbeiter
Jene Mitarbeiter, die Spaß am Jonglieren haben und diese aktive Entspannungsmethode privat oder auch am Arbeitsplatz praktizieren, profitieren in mannigfaltiger Weise:

  • Die Konzentrationsfähigkeit wird gestärkt.
  • Kondition und Ausdauer werden gefördert.
  • Analytische und strategische Fähigkeiten werden geschult.
  • Disziplin und Frustrationstoleranz werden gefördert.
  • Stressreduktion wird erlebt.
  • Gelassenheit sowie Durchhaltevermögen werden gestärkt.

Nutzen für das Unternehmen

Natürlich profitiert jeder Betrieb von gesun­den und motivierten Mitarbeitern. Die Kosten durch Krankenstände und »innere Kündigung« sind sehr hoch und im Steigen begriffen. POJ fördert die körperliche Fitness und die mentale Ausgeglichenheit direkt am Arbeitsplatz, ohne erhebliche Kosten zu verursachen. Dabei kommt es, wenn POJ kontinuierlich in einem Unternehmen praktiziert wird, zu folgenden Auswirkungen im Betrieb bzw. in der Belegschaft:

  • weniger Krankenstände
  • Stressreduktion und Burn-out-Prävention
  • mehr Kreativität und Effizienz
  • bessere Kommunikation und Teamfähigkeit
  • höhere Belastbarkeit
  • bessere Fokussierung auf die Aufgabenstellung

Da es sich bei POJ um eine Mischung aus Jon­glier-Pädagogik und Coaching-Techniken han­delt, können sich gerade bei längeren Kursen auch Einzelcoachings ergeben. Selbstverständ­lich lässt sich die POJ-Methode auch im Rahmen von Teambuilding-Maßnahmen verwenden. POJ eignet sich immer dann, wenn Menschen an sich selbst arbeiten und gleichzeitig Spaß haben wollen.

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filzi

Gastautor

Mario Filzi
ist potenzialorientierter Coach, Jonglierpädagoge und Entwickler des Prozessorientierten Jonglierens.
www.filzi.at