Managen statt administrieren

Recruiting, Personaladministration, Trennungsgespräche oder andere HR-Leistungen werden häufig von Unternehmen an externe Partner ausgelagert. Welche Vorteile das hat und welche Risiken es dabei gibt, lesen Sie in diesem Artikel.

Die Auslagerung von (Teil-)Prozessen des HR wird als HR-Outsourcing bezeichnet. Unternehmen stellen sich regelmäßig die Frage, ob sie ihre Prozesse selbst erledigen oder ob sie diese an externe Experten auslagern sollen. Das reicht von der Lohn- und Reisekostenabrechnung über die Onboarding-Planung, das Recruiting, betriebliches Gesundheitsmanagement bis hin zu Personalentwicklung und zum Führen von Trennungsgesprächen. Das sind natürlich wichtige Bereiche, daher fällt es mitunter schwer, diese Verantwortung in »fremde Hände« zu geben. Der Auswahl des richtigen Partners fällt demnach eine wichtige Rolle zu. Der Markt dafür ist gigantisch. Sowohl erfahrene Dienstleister als auch junge Start-ups bieten Lösungen an, um die HR-Prozesse zu übernehmen. HR soll so »freigespielt« werden, um sich den Aufgaben widmen zu können, die man nicht, bzw. nur schwer auslagern kann. Eine etwas ältere Studie aus 2012 aus Amerika hat aufgezeigt, dass Unternehmen, die manche Prozesse klug auslagern, um 7 bis 9 % schneller wachsen und eine um 10 bis 14 % geringere Fluktuation haben. Die Kosten der Personaladministration waren laut der Studie ebenfalls geringer.
Dabei kommt es nicht auf die Unternehmensgröße an. Man hört unterschiedliche Aussagen, sobald ein Klein- oder Mittelbetrieb sich für oder gegen das Outsourcing von HR-Leistungen entscheidet: »Wir sind viel zu klein, um etwas auszulagern« oder »Wir sind viel zu klein, um alles selbst zu machen«. Beide Ansichten sind je nach Unternehmensphilosophie gültig.
TRAiNiNG hat sich bei zwei externen Dienstleistern über Outsourcing von HR-Leistungen schlau gemacht.

Maria Macho (Geschäftsführerin SD Worx Austria GmbH) über die Unternehmensgröße: »Das Outsourcing ist schon ab dem ersten Mitarbeiter sinnvoll, da hier die Kosten vs. der benötigten Aufwände intern sowie auch für eine etwaige Software, Betrieb etc. nicht im Verhältnis stehen. Die Erfahrung zeigt, es ist nicht an einer speziellen Unternehmensgröße festzumachen, sondern richtet sich nach der strategischen Ausrichtung des Unternehmens. Natürlich erfolgt der Schritt ins Outsourcing oft auch aus einer Not heraus, weil z. B. der Personalverrechner unerwartet ausfällt und es intern kein Back-up gibt. Wir haben bereits die Erfahrung gemacht, dass die anfängliche Skepsis schnell verflogen ist.«

HR-Leistungen auslagern

Welche Leistungen sind es nun konkret, die in Österreich am häufigsten von Unternehmen ausgelagert werden und warum?

Maria Macho: »Im HR Umfeld sind es das Recruiting und die administrativen Aufgaben wie z. B. Lohn- und Gehaltsverrechnung sowie Reisekostenabrechnung, die ausgelagert werden und auch am besten dafür geeignet sind. Die Erwartungen an die Arbeit haben sich verändert und die Mitarbeiter stehen häufig im Mittelpunkt des Unternehmens, wodurch das Personalmanagement sich verstärkt auf die Mitarbeiterentwicklung konzentriert, die konkret dem Unternehmenserfolg dient – und das heißt nicht administrieren sondern managen.«

Besonders aufwändig ist die Lohnverrechnung bei internationalen Konzernen, mit unterschiedlichen Steuerregelungen in den verschiedenen Staaten. Hier können externe Partner mit ihrem Know-how sehr hilfreich sein.

Erich Nepita (Managing Partner Lee Hecht Harrison/OTM Karriereberatung GmbH) kennt noch einen weiteren Punkt, der häufig ausgelagert wird: »Career Transition (= Outplacement), also Hilfestellung für gekündigte Mitarbeiter, wieder einen adäquaten Job zu finden, oder sich selbstständig zu machen, wird häufig an externe Partner mit viel Erfahrung ausgelagert. Auch Schulungen im Zusammenhang mit Restrukturierungen (insbesondere Trennungen von Mitarbeitern) werden meist externen Experten überlassen.«

Vorteile des Auslagerns

Natürlich kommt es immer auf die betriebliche Konstellation an, ob es sinnvoll ist, gewisse Teilbereiche auszulagern: Wie ist das Unternehmen aufgestellt? Welche und wie viele Menschen arbeiten in welchem Verhältnis dafür? Welche (HR-)Ressourcen und Kompetenzen sind vorhanden? Und dann stellen sich Unternehmen natürlich die Frage, welche Vorteile es hat und welche Risiken es birgt. Denn die Kosten für den externen Dienstleister sind klar definiert, während die allgemeinen Kosten für die Personalabteilung manchmal nicht klar zu den einzelnen Leistungen zuordenbar sind.
Die Vorteile von Outsourcing lassen sich in vier Punkten zusammenfassen: mögliche Kostensenkung, mehr Flexibilität, Zugang zu Expertenwissen und weniger internen bürokratischen Aufwand.

Maria Macho: »Durch das Outsourcing erhalten Unternehmen eine Unabhängigkeit von Einzelpersonen und können auf eine professionelle Betreuung durch qualifizierte Mitarbeiter zählen. Sie erhalten weiters eine gut kalkulierbare Kostenübersicht durch eine transparente Darstellung. Unter dem Strich spart die Auslagerung der Personalverrechnung in erheblichem Umfang bares Geld. Vergleichsrechnungen zeigen auf, dass das Payroll-Outsourcing nur in der Einführungsphase teurer ist, nach Etablierung der Prozesse und des Zusammenspiels allerdings deutlich günstiger wird als eine Inhouse-Lösung. Dies hat unter anderem mit einer geringeren Fehlerquote zu tun sowie mit der starken Entlastung eigener Mitarbeiter.«

Fehler in der Personalverrechnung kosten FTSE-100-Unternehmen einem britischen PwC-Bericht zufolge durchschnittlich zwischen 10 und 30 Millionen Pfund pro Jahr. Offensichtlich kann es für ein Unternehmen extrem teuer werden, wenn es in Sachen Payroll auf den falschen Anbieter setzt – möglicherweise auch mit Blick auf verlockend günstige Angebote.

Maria Macho weiter: »Jedes Unternehmen sollte die üblichen Problemstellungen in der Lohn- und Gehaltsverrechnung kennen, denn nur so können diese konsequent vermieden werden. Das Management von Risiko und Compliance ist für Unternehmen mit permanenten Problemen im Rahmen der Payroll eine wichtige Komponente. An dieser Stelle können die richtigen Investitionen in umfassende Outsourcing-Dienstleistungen die eigenen Mitarbeiter und Führungskräfte stark entlasten. Im digitalen Zeitalter spielen auch die modernsten Software-Applikationen eine wichtige Rolle, da diese eine wesentliche Unterstützung im Arbeitsalltag darstellen. Davon profitieren Unternehmen, ob klein, mittel oder groß, wie z.B. Datenimporten/Exporten, direkte Dateneingaben zur Vermeidung von zweifacher Erfassung von Daten oder Schnittstellen in ihr bestehendes HR-Core-System.«

Erich Nepita: »Das Auslagern von Career Transition an externe Experten hat mehrere Vorteile, sowohl für die Unternehmen als auch für den betroffenen Mitarbeiter.
Für das Unternehmen:

  • garantiert eine einvernehmliche Trennung
  • ein besseres Image und eine höhere Produktivität bei den Verbleibenden
  • ein besseres Image in der Öffentlichkeit, das führt gleichzeitig zu einem wichtigen Unterscheidungsmerkmal im Hinblick auf Employer Branding
  • keine eventuell kostspieligen und zeitaufwändigen gerichtlichen Auseinandersetzungen.

Für den betroffenen Mitarbeiter:

  • hohe Sicherheit, einen geeigneten Job zu finden
  • professionelle Planung und Durchführung gemeinsam mit einem Berater
  • Aufbau eines persönlichen Kontaktnetzes
  • das Trauma der Trennung wird schneller überwunden und neues Selbstbewusstsein aufgebaut.

Das Auslagern von Career-Transition-Programmen ist dabei unabhängig von der Firmengröße einsetzbar.«

Risiken des Auslagerns

Natürlich gibt es nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile und Risiken. Geht man von Inhouse ins Outsourcing, so gibt man bestimmte Kompetenzen ab – alte Gewohnheiten müssen geändert werden. Außerdem kann es zu einem stark erhöhten Kommunikationsaufwand kommen, eventuelle Kontrollmechanismen müssen eingeführt werden und es müssen möglicherweise langjährige Verträge geschlossen werden.

Maria Macho: »Oft sind die Prozesse zwar vermeintlich komplizierter geworden, aber dafür sind diese klar und auch entsprechend dokumentiert und nachvollziehbar. Man muss bedenken, dass die Zusammenarbeit mit dem Dienstleister auf einem Vertrag basiert und in diesem der Leistungsumfang festgelegt ist, Abweichungen davon können zu erheblichen Zusatzaufwänden führen. Häufig geht der Kunde auch davon aus, dass inhouse keinerlei Ressourcen mehr benötigt werden. Das ist ein Irrglaube, denn in jedem Fall benötige ich einen Koordinator im Haus, einen Ansprechpartner, Single Point of Contact für den Outsourcing-Dienstleister.«

Erste Schritte beim Auslagern

Was können und sollen Unternehmen bedenken, wenn sie sich dafür entschieden haben, manche Prozesse auszulagern?
Erich Nepita rät: »Die notwendigen Vor- und Briefing-Gespräche rechtzeitig zu führen, um eine situationsadäquate Umsetzung möglich zu machen.«
Maria Macho: »Im Rahmen eines Outsourcing-Projektes gilt es zu beachten, dass man sich die Zeit nimmt, die Leistungsbeschreibung, Tätigkeitsmatrix, Prozesse und Inhalte im Detail zu besprechen und vertraglich festzulegen. Vereinbaren Sie Leistungskennzahlen, das unterstützt beim Monitoren der Servicequalität. Das ist die Basis für das künftige Set-up und man vermeidet dadurch etwaige Unklarheiten oder gar unangenehme Überraschungen. Es muss die Bereitschaft vorhanden sein, bisherige Abläufe und Prozesse zu überdenken und eventuell neu aufzusetzen bzw. zu adaptieren. Beim Auslagern z. B. der Lohn- und Gehaltsverrechnung ist nicht nur HR, sondern auch ­Finance und IT ein wesentlicher Teil des Projektes.«

Fazit
Wer seine Prozesse gut kennt und auch über die Kosten Klarheit hat, sollte ernsthaft darüber nachdenken, gewisse Leistungen auszulagern. Führen Sie mehrere Gespräche mit verschiedenen Anbietern und wägen Sie individuell die Vorteile mit den Nachteilen und Risiken ab. Und überlegen Sie im Vorhinein, was Sie mit der gewonnenen Zeit anstellen wollen! Arbeiten am Employer Branding? Digitalisierungsprojekte? Im HR gibt es immer etwas zu tun, nun haben Sie mehr Zeit dafür.

Schreiben Sie einen Kommentar!


*

outsource inhouse