New Work – New (Future) Skills

Warum es ein Set an neuen Führungskompetenzen braucht, und was dazu der aktuelle Stand der wissenschaftlichen Forschung ist, lesen Sie in diesem Artikel.

Der Begriff New Work geht auf den österreichischen Sozialphilosophen Frithjof Bergmann zurück, der damit eine spezielle Form der selbstbestimmten Arbeit definierte. Heute steht dieser Begriff für eine grundlegende Veränderung einer zunehmend digitalisierten und hybriden Arbeitswelt, in der die Selbstbestimmung nach wie vor einen zentralen Stellenwert einnimmt. Dies forciert einen Paradigmenwechsel im Führungsverständnis und -verhalten und stellt folglich die Führungskräfteentwicklung vor die große Frage, welche Kompetenzen Führungskräften (künftig) vermittelt werden sollen.

Fünf Dimensionen von New Work

Das Verständnis von New Work ist vielfältig. Der Begriffsgebrauch umfasst Konzepte von der Raumgestaltung, der Flexibilisierung von Arbeitszeit und Arbeitsort, bis hin zu hybriden und rein digitalen Arbeitsformen. Ein praktikables Modell für eine ganzheitliche Betrachtung ist jenes in Anlehnung an Hackl et. al. (2017), bestehend aus fünf Kategorien:
1. Individualität: Unterschiede in Wert- und Lebensvorstellungen zwischen einzelnen Generationen erfordern eine Unternehmenskultur, die Selbstbestimmung fördert, z. B. durch die Beteiligung von Mitarbeitern an der Strategieentwicklung oder der Selbstdefinition von Leistungs- und Lernzielen.
2. Führung: Das klassische Verständnis von Führung als asymmetrische soziale Beziehung zwischen Vorgesetzten und Untergebenen ist ein Auslaufmodell. Im neuen Führungsparadigma werden Hierarchien hinterfragt, Führung wird neu verteilt und Führungskräfte fungieren stärker als Coach und Personalentwickler.
3. Agilität: Schnelle Entscheidungsprozesse und flache Hierarchien zielen darauf ab, den steigenden Innovationsdruck und wachsende Unsicherheiten zu managen. Digitale Möglichkeiten werden dabei in der täglichen Zusammenarbeit maximal genutzt.
4. Flexibilität: Das Prinzip der Selbstbestimmung impliziert flexible Arbeitszeit- und Arbeitsortmodelle. Neben klassischen Gleit- und Teilzeitmodellen sind ausgedehnte Home-Office-Möglichkeiten in vielen Unternehmen unabdingbar geworden.
5. Neue Bürokonzepte: Neue räumliche Formate und technische Lösungen sollen die optimale Entfaltung der Leistung der Mitarbeiter fördern. Unterschiedlichste Konzepte sollen hier den Anforderungen von New Work gerecht werden, wie z. B. »Creative« oder »Open Workspaces«.

Konsequenzen einer ganzheitlichen Betrachtung

Die 5 Kategorien sind eng miteinander verwoben, und die Ausgestaltung von New Work hängt von der jeweiligen Kultur und Erfahrungsgeschichte (Organisationslogik) eines Unternehmens ab. Daraus ergeben sich drei handlungsleitende Implikationen für die Führungsarbeit:
1. Individuelle Umsetzung: Standardisierte Konzepte sind oft wenig erfolgreich bzw. nur langfristig umsetzbar (hohe Opportunitätskosten) bzw. sollten schrittweise an die individuelle Organisationslogik angepasst werden. Demnach sollte jede Organisation ihren eigenen Weg zur Umsetzung von New Work finden.
2. Vernetzung: Zur Ausgestaltung einer einzelnen Kategorie sind bewusste Entscheidungen in Abstimmung mit den verbleibenden Kategorien sowie in Partizipation mit allen relevanten Unternehmensperspektiven zu treffen. Dabei kann auf vorhandenen Ressourcen (»auf dem, was bereits funktioniert«) und Potenzialen (»auf dem, was gut funktionieren könnte«) aufgebaut werden.
3. Grundmaxime: Selbstbestimmung und Partizipation sind handlungsleitende Maxime, die in allen Kategorien und Entscheidungen zu berücksichtigen sind.

Stand der Forschung: Führung als Schlusslicht

Der jährliche New-Work-Barometer analysiert die Anwendung von New-Work-Praktiken. Die Ergebnisse der Umfrage aus 2021 zeigen, dass Unternehmen ihre New-Work-Maßnahmen im Vergleich zum Vorjahr deutlich reduziert und beinahe ausschließlich auf Arbeitszeit und Arbeitsortautonomie fokussiert haben. Zu einem ähnlichen Befund kam Hays (2021) mit der Schulnote »Befriedigend« bei den Umsetzungsfortschritten bei »zeitlicher Flexibilisierung von Arbeit« (61 % der Befragten), mit dem Schlusslicht »Führung« (z. B. neue Führungskompetenzen, veränderte Führungsstrukturen etc.), mit der Schulnote »Genügend«. Während sich die Arbeitswelt in den vergangenen Jahren deutlich gewandelt hat, ist die typische Führungskraft so ziemlich die gleiche geblieben, laut eines kritischen Befunds des Lüneburg Institutes for Corporate Learning.

New-Work-Führungskompetenzen

Vor diesem Hintergrund übertreffen sich aktuelle Studien mit Empfehlungen und Ratschlägen, welche Führungskompetenzen es in Zukunft braucht. So unterteilt beispielsweise das Positionspapier »21 Kompetenzen für eine Welt im Wandel« vier Kategorien von Kompetenzen: klassische, digitale, technologische und vor allem transformative Kompetenzen. Die Rede ist hier von sogenannten Future Skills. Einen weiteren Ansatz zur Bewältigung von Führungsarbeit, vor allem in hybriden Teams, liefert das New C.A.R.E. Modell von Gall & Wittenberg. C.A.R.E steht für Kommunikation (Communication), Bewusstsein (Awareness), Beziehungen (Relationship) und Ermächtigung (Empowerment). Aus diesen Kompetenzfeldern für Führungskräfte werden konkrete Aufgabengebiete für eine moderne Führungsarbeit abgeleitet, wie z. B. Transparenz schaffen, Klarheit herstellen und Sinn vermitteln. Neben diesem Set an neuen Kompetenzen gewinnen vor allem Einstellungen und eine positive Grundhaltung zunehmend an Bedeutung.

Fazit
Führung wird immer mehr ein Arbeiten und eine Auseinandersetzung mit den eigenen Entwicklungspotenzialen, Stärken und Werten, sowie dem frühzeitigen Aufbau von (neuen) Kompetenzen. Individualisierung, Vernetzung, Selbstbestimmung und Partizipation sind für die Führungsarbeit in neuen Arbeitswelten prägend. Die zentralen Fragen für die Führungskräfteentwicklung sind somit erstens, welche konkreten Führungskompetenzen für den neuen Arbeitsalltag (künftig) wirksam sind und zweitens, wie diese Kompetenzen möglichst zeitnahe und transferwirksam vermittelt werden können. Diesen Fragen wird in Folgeartikeln nachgegangen – es bleibt spannend!

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Gastautor
Christina Schweiger
leitet den Studienbereich »Personal & Organisation« an der FHWien der WKW.
www.fh-wien.ac.at

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Gastautor
Stefan Teufl
Academic ­Expert &
Lecturer
www.fh-wien.ac.at

 

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