Personalentwicklung und das Corona-Virus

Ein Seminar nach dem anderen. Zahlreiche Mitarbeiter, die sich weiterbilden wollen. Doch was passiert, wenn von einem Tag auf den anderen alles anders ist?

Wohl jeder wird sich an den 15. März 2020 erinnern. Es war das Datum, an dem das Corona-Virus unser Leben, wie wir es kannten, veränderte. Auch unser Bereich der Personalentwicklung war betroffen und wird es auch weiterhin sein. »Social Distancing« und der »Lockdown« zwangen uns dazu, umzudenken und andere Lösungen zu finden.
Seit dem »Lockdown« und unserer vermehrten Home-Office-Zeit wird uns immer wieder dieselbe Frage gestellt: Wie kann ich meine Inhalte ohne eine Präsenzveranstaltung vermitteln?
Und hier kommen wir als Personalentwicklung ins Spiel, denn unsere Rolle hat sich entscheidend geändert. Sie können sich hier die Personalentwicklung ein wenig wie Superhelden mit Umhängen vorstellen, die mit ihrer kompetenten Beratung und ihrem vielseitigem Angebot bereitstehen, um allen Führungskräften und Mitarbeitern die bestmögliche Aus- und Weiterbildung zu bieten! Das war auch schon immer so (auch wenn wir ohne Umhänge im Büro sitzen). Nur haben sich durch das Corona-Virus die Lösungen, die wir anbieten, verändert.

Die erste »Schockstarre« hielt zum Glück nicht lange an. Grund dafür war unsere Vorarbeit, die wir in den vergangenen Monaten und Jahren bereits geleistet hatten. Die digitalen Lernmedien waren bei uns bereits ins Unternehmen eingezogen und konnten somit einfach erweitert werden. Ganz so einfach, wie es klingt, ist es dann aber doch nicht, aber wir nahmen diese Chance und diese Herausforderung an und konnten uns so als moderne und zukunftsorientierte Personalentwicklung positionieren.

E-Learning als Chance

Eine dieser Chancen war für uns E-Learning. Bereits seit einigen Jahren wird es bei uns angeboten. Zwar war es bisher ein Stiefkind, das nur für verpflichtende Kurse verwendet wurde, aber immerhin war dieser Terminus kein Fremdwort mehr. Nun bestand die Herausforderung darin, den Mitarbeitern weitere E-Learning-Kurse zur freiwilligen Weiterbildung näherzubringen. Durch Kooperationen mit Herstellern digitaler Inhalte konnten wir schnell eine Vielzahl an Themen anbieten. 2 700 didaktisch wohl überlegte E-Learning-Kurse zu Themen wie Softwareprogramme, Persönlichkeitsentwicklung, Energiewirtschaft und Gesundheit haben wir nun im Angebot. Die Herausforderung, der wir uns dabei dennoch stellen mussten, ist die Nutzung von kostenlosen Inhalten und die Akzeptanz, dass Lernen eben auch digital funktionieren kann. Klingt komisch, ist aber so: Dabei hat uns das Coronavirus geholfen und viele zum Umdenken bewegt.

Auch im digitalen Lernen (oder gerade dort) sind Daten und Statistiken unabkömmlich. Um festhalten zu können, welche Inhalte besonders gerne gebucht werden oder auch um die Absolvierung verpflichtender Kurse festhalten zu können, ist es notwendig, ein Lern Management System (LMS) zu implementieren.
Bei uns war es Anfang des Jahres soweit und wir haben ein LMS eingeführt. Wie jedes System hatte auch dieses mit Kinderkrankheiten zu kämpfen und wird nie richtig »fertig sein«, da ein solches System ständig weiterentwickelt wird und sich den Gegebenheiten anpasst. In unserem VERBUND LMS konnten wir den Mitarbeitern trotz »Social Distancing« die Lerninhalte zur Verfügung stellen und somit ihre Aus- und Weiterbildung trotz des »Lockdowns« garantieren. Und ehrlich gesagt, wäre das LMS nie in einer solchen Weise wahrgenommen, genutzt und gemocht worden, wenn nicht das Coronavirus uns zur Nutzung gezwungen hätte. Und darüber sind wir froh.

Komplexes einfach dargestellt

Mit Erklärvideos haben wir ein Tool, mit dem einfach, kurz und knackig, komplexe Inhalte in einem dreiminütigem Video im Comic-Stil dargestellt werden. Denn: Online hat keiner viel Zeit bzw. will sich keiner lange Lernvideos ansehen. Diese Videos helfen uns Inhalte, wie auch die richtige Verhaltensweise in Corona-Zeiten, so darzustellen, dass die Informationen unbewusst aufgenommen und gespeichert werden. Sozusagen eine Win-win-Situation für den Produzenten (die Personalentwicklung) und die Mitarbeiter.
Trotz des Lobliedes auf die digitalen Lernmedien ist es so, dass sich nicht alles in einem Erklärvideo oder einem E-Learning abbilden lässt. Das ist auch jedem Entwickler für digitale Lernmedien bewusst. Doch wie kann ich diese Inhalte an meine Zielgruppe bringen, ohne dass sich alle Personen in einem Raum befinden? Indem ich doch auf ein längeres Video zurückgreife. Ein Video, das mir erscheint, als würde der Vortragende direkt vor mir stehen und mir seine Folien erklären. Die Lösung in Zeiten von Social Distancing ist bei uns ein 3D-Filmstudio, das wir bereits vor der Corona-Krise erworben haben und jetzt so richtig gut nutzen können. Als Ergänzung wurde eine 3D-Kamera angeschafft, um die Erlebnisse noch hautnaher zu machen. Dieses kleine Filmstudio mit Beleuchtung, Green Screen, Teleprompter und einer professionellen Kamera benötigt einen Raum von rund 4 x 3 Meter und vor allem, geringe Kenntnisse der Filmproduktion. Man muss nur wissen, wo der Computer eingeschalten wird und schon führt einen das Programm durch einen ganzen Videodreh. In unserem eigens designten Studio hat man das Gefühl, dass der Vortragende direkt auf einer unserer Staumauern steht und uns mitten in der Natur sein Wissen mitteilt. Und so hat man doch ein wenig das Gefühl einer Präsenzveranstaltung.

Die nächste Stufe der Vermittlung von Inhalten auf einem digitalen Weg ist jene, bei der auch eine Interaktion des Gegenübers erwünscht ist. Die Lösung hierfür lautet: Webinar. Egal, ob es sich um die Einführung einer neuen Software, um einen Teamworkshop oder um ein Gesundheitsthema handelt, können wir Webinare konzipieren und veranstalten. Natürlich dauert ein Webinar nicht zwei oder drei Tage, wie es oft bei Präsenzveranstaltungen der Fall war. Unsere große Stärke liegt darin, die Inhalte auch in kürzerer Zeit aufzubereiten und zur Verfügung zu stellen. Auch wenn uns irgendwann der »alte« Alltag zurückbekommt, werden Webinare weiterhin zu unserem Angebot zählen. Der Vorteil von seinem Arbeitsplatz aus (ob es an Außenstandorten, im Büro oder im Home-Office ist), ohne einen großen (Reise-)Aufwand an Informationen zu gelangen, hat einfach seinen Reiz und uns alle überzeugt.

Neue Mitarbeiter

Eine besondere Herausforderung in der Personalentwicklung war für uns auch das Onboarding neuer Mitarbeiter. Genau da war der persönliche Kontakt ja immer sehr wichtig. Aber wie bringt man das jetzt virtuell so hin? Diese Frage stellten wir nicht nur uns selbst, sondern auch den Führungskräften. Also fingen wir an, unsere Führungskräfte mit Leitfäden zum virtuellen Onboarding auszustatten, um zu erklären, wie sie auch »persönlich virtuell« neue Mitarbeiter willkommen heißen können. Für die Mitarbeiter war die Herausforderung noch größer. Sie bekamen ihr Equipment direkt ins Home-Office geliefert und erhielten einen rund 30-seitigen »Survival-Guide« für den Beginn. Das persönliche Miteinander, das wir ansonsten im »Einführungsworkshop für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter« in Präsenz abbildeten, wurde zum Webinar. Wobei es dabei weniger um die Vermittlung von Informationen ging, sondern eher um das richtige persönliche »Ankommen« in einem neuen Unternehmen und darum, dass man nicht nur die virtuelle Gestalt im Home-Office bleibt, sondern wirklich zum neuen Kollegen wird. Das Feedback der Neuankömmlinge war durchwegs positiv.

Fazit
Wir in der Personalentwicklung versuchen, das Corona-Virus und die damit einhergehende Situation als Chance zu sehen, um uns und unsere Angebote weiterzuentwickeln. Das bedeutet nicht, dass wir uns über das Virus freuen. Aber es bedeutet, dass wir dadurch neue Wege gefunden haben und auch weiterhin finden werden und wir durch diese Zeit persönlich, aber auch fachlich gewachsen sind und zukünftigen Herausforderungen anders gegenüberstehen. Und damit ist noch lange nicht Schluss – es ist erst der Beginn!

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Gastautorin
Sabine Lichtenegger
ist Expertin für ­E-Trainings und ­digitales Lernen bei der VERBUND AG (einem Forum Personal Mitgliedsunternehmen).
www.verbund.at