Respekt gesucht – Vertrauen gefragt

Wie gelingt es jungen Führungskräften, sich in ihrer neuen Rolle zu etablieren? Und welche Strategien können dabei helfen?

 

Stellt man sich die optimale Führungskraft vor, so entstehen schnell stereotype Assoziationen wie »Erfahrung« oder auch »Reife«. Unsere Bereitschaft, sich führen zu lassen, geht stark damit einher, ob wir der führenden Person vertrauen. Dafür ist ein Kompetenzunterschied notwendig – und dieser wird am ehesten über zugeschriebene Berufserfahrung akzeptiert. Am einfachsten ist das Etablieren einer Führungsrolle daher wohl so: Der langjährige Mitarbeiter steigt irgendwann zur Führungskraft auf, kennt die Kollegen, kennt die Strukturen, kennt das Geschäft und kann damit widerspruchslos das Ruder übernehmen. Dieses Bild spiegelt in den meisten Unternehmen allerdings nicht die Realität wider. Insbesondere in der IT-Branche erklimmen zunehmend jüngere Mitarbeiter mit noch weniger Erfahrung und Reife, aber sehr guten technischen Kenntnissen, Führungspositionen und stehen vor der Herausforderung, sich von älteren Mitarbeitern Respekt und Vertrauen zu erarbeiten. Diese jungen Talente stellen gerade in Zeiten des Fachkräftemangels wichtige Key-Player dar, die oft auch durch frühe Beförderungen ans Unternehmen gebunden werden.

In die neue Rolle hineinfinden

Egal ob alt oder jung, beim erstmaligen Aufstieg in eine leitende Position braucht es eine Übergangszeit, um die neue Rolle auszufüllen. Beth und O’Reilly (2011) definieren diesen Übergang als äußere Veränderungen (Positionswechsel) und innere Veränderungen (Rollenwechsel). Um den Rollenwechsel zu unterstützen, sind laut der Autoren folgende Schritte notwendig:
1. Loslassen: Zunächst gilt es, von der bisher gekannten Situation und der damit verbundenen eigenen Identität (als Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung) Abstand zu nehmen.
2. Neutrale Zone durchlaufen: Der zweite Schritt symbolisiert die Übergangsphase, in der alte Verhaltensmuster nicht mehr und neue noch nicht gelten. Hier ist es wichtig zu erkennen, welche Kompetenzen zum Ausfüllen der neuen Rolle noch erforderlich sind.
3. Neuanfang: Der letzte Veränderungsschritt beschreibt den Neuanfang. Die in Schritt zwei identifizierten Kompetenzen werden nun durch strategische Entwicklungspläne aufgebaut.

Wichtig ist, dass dieser Rollenwechsel vom Unternehmen gut begleitet wird. Insbesondere für junge Führungskräfte ist es essenziell, so rasch wie möglich zu erkennen, wo und wie ein eigener Kompetenzaufbau nötig und möglich ist. Ein reflexiver Umgang mit der eigenen Situation hilft im Umgang mit den Erwartungen der Teammitglieder. Das Unternehmen kann hier mit Hilfe von Führungskräfte-Coachings oder auch internen Mentoring-Programmen maßgeblich unterstützen.

Akzeptanz aufbauen

Sind diese Entwicklungsschritte gut umgesetzt worden, hat in der Regel auch die innere Haltung der jungen Führungskräfte bereits eine Wandlung vollzogen. Ein reflektierter und selbstkritischer Umgang mit der eigenen Rolle unterstützt die Glaubwürdigkeit als Führungskraft. Insbesondere kann sie den offenen Austausch mit den Mitarbeitern begünstigen – und diesen braucht es, um die Akzeptanz der älteren Teammitglieder zu gewinnen. So sind es oftmals soziale Fähigkeiten, die dabei helfen, die Führungsrolle gut auszufüllen. Rummel (2014) hat dafür folgende Faustregeln zusammengestellt:
Führung als Funktion: Die Führungsrolle darf mit einer gewissen Selbstverständlichkeit besetzt werden. Denn auch der jüngeren Führungskraft ist die neue Position begründet zugesprochen worden. D. h. die eigene Akzeptanz sollte nicht von vornherein angezweifelt werden, sondern darf im ersten Schritt vorausgesetzt werden. Dies ermöglicht einen lockereren Umgang – und verhindert, dass man aus Unsicherheit und Versagensängsten heraus von oben herab agiert.
Respektvoller Umgang: Ein wertschätzendes Miteinander sollte Grundlage jeder Teamarbeit sein. Gerade in der Konstellation »junge Führungskraft – älterer Mitarbeiter« ist es besonders ratsam, den Erfahrungsvorsprung älterer Mitarbeiter zu würdigen und ihnen in der Zusammenarbeit Raum zu geben. So wird Kontinuität im Workflow geschaffen, eine Vertrauensbasis etabliert und bestenfalls Skepsis von Anfang an entgegengewirkt.
Kommunikation auf Augenhöhe: In der Zusammenarbeit muss die Führungsposition nicht durch eine »Befehls-Kultur« manifestiert werden. Arbeitsaufträge sollten möglichst auf kollegialer Ebene weitergegeben werden. Vorsicht auch bei Leistungsbeurteilungen! Loben kann schnell als arrogant aufgefasst werden. Hier bieten sich Bewertungen über »Ich-Botschaften« an. Formulierungen wie »Ich habe davon sehr profitiert« wirken um einiges zurückhaltender und sachorientierter als »Das haben Sie aber gut gemacht«.

Wertekonflikte managen

Diese Faustregeln können also dabei helfen, eine gute Vertrauensbasis zu schaffen. Dies ist in altersdiversen Führungssituationen wohl die wichtigste Grundlage. Die junge Führungskraft tut gut daran, sich insbesondere in der Anfangsphase viel Zeit für seine Mitarbeiter zu nehmen und zu signalisieren, dass sie jeden ernst nimmt. Vertrauen aufzubauen benötigt Zeit und ist Arbeit. Was Generationen noch voneinander unterscheidet, sind neben der Arbeitserfahrung natürlich auch Werte und ein damit verbundenes Arbeitsverständnis. Diese können – bleiben sie unausgesprochen – sehr schnell zu Konflikten führen. Als Beispiel dafür seien hier Arbeitszeit und Anwesenheit genannt: Für ältere Generationen ist die Präsenz am Arbeitsplatz oft wichtig und die Leistung einer Führungskraft wird stark anhand deren Sichtbarkeit (= Anwesenheit) im Unternehmen bewertet. Dagegen legen jüngere Generationen tendenziell mehr Wert auf Flexibilität – zu welcher Tageszeit oder an welchem Ort gearbeitet wird, ist dabei weniger wichtig, als dass Aufgaben möglichst schnell erledigt werden.

Fazit
Eine junge Führungskraft sollte ihren älteren Mitarbeitern die Möglichkeit geben, den Wertewandel nachzuvollziehen. Sie sollte in Vorleistung gehen und den ersten Schritt zum Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung machen. Eine offene, kooperative Haltung dem eigenen Team gegenüber ist dabei genauso hilfreich, wie offene und transparente Kommunikation.

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Gastautorin
Brigitte Hampel
ist Academic ­Coordinator an der FHWien der WKW.
www.fh-wien.ac.at

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Gastautorin
Katharina Thill
ist Academic ­Coordinator an der FHWien der WKW.
www.fh-wien.ac.at