The dark side of Leadership

Müssen erfolgreiche Führungskräfte auch ethisch fragwürdige Entscheidungen treffen?

Immer mehr Manager landen vor Gericht, Prozesse über Korruption und Missmanagement füllen weltweit die Medien. Gleichzeitig gibt es aber einen ungebrochenen Drang nach möglichst viel Profit. Die Steigerung des Shareholder Value gilt nach wie vor als das höchste Ziel in vielen Unternehmen. Und auch wir als Konsumenten suchen nach dem billigsten Preis und die Werbung lockt mit Slogans wie »Geiz ist geil«. Es verwundert also nicht, wenn Karrieren wie im Film »The Wolf of Wall Street« von Martin Scorsese aus dem Jahr 2013 unter Studierenden oft als erstrebenswert betrachtet werden. Die Gier nach Geld und Erfolg führt darin zu ethisch fragwürdigen Entscheidungen, die Organisationen von innen heraus zerstören können.

Erfolgreichen Managern werden oft ausgeprägte Persönlichkeitsmerkmale zugeschrieben, die die kanadischen Psychologen Delroy L. Paulhus und Kevin M. Williams in der »Dunklen Triade der Persönlichkeit« zusammengefasst haben. Narzissmus ist wohl das bekannteste Mitglied der dunklen Triade. Sein Namensgeber aus der griechischen Mythologie, Narziss, verliebte sich in sein eigenes Spiegelbild. Aber nicht nur Eitelkeit charakterisiert Personen mit stark ausgeprägtem Narzissmus nach heutigem Verständnis. Sie neigen auch dazu, sich selbst maßlos zu überschätzen und haben ein starkes Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Bewunderung, gepaart mit einem Mangel an Einfühlungsvermögen und Desinteresse an Menschen. Machiavellismus ist das Streben nach Macht um ihrer selbst willen. Das Führungshandeln wird manipulativ, moralische oder ethische Kategorien bleiben außen vor: Allein der Zweck heiligt die Mittel. Psychopathie zeichnet sich in ihrer unterschwelligen Form durch hohe Impulsivität, der Suche nach Nervenkitzel und ebenfalls kaum ausgeprägtem Einfühlungsvermögen aus. Verbunden werden diese drei Eigenschaften meist mit einer Reihe unbeliebter Merkmale wie Härte, Rücksichtslosigkeit, übersteigertes Selbstbewusstsein oder emotionaler Kälte. Gleichzeitig aber haben sie Merkmale wie etwa Risikoneigung, Machtstreben und den Drang nach Selbstbestätigung. Diese Eigenschaften bringen oft einen hohen Grad an Extrovertiertheit mit sich, welcher wiederum eine große Faszination auf Mitmenschen auszuüben scheint (Visionäre!). Ein gewisses Maß dieser Charakteristika scheint es Führungskräften jedoch auch erst möglich zu machen, ihre Rolle auszufüllen, z. B. Risiken einzugehen, vor Mitarbeiter und Kunden zu treten etc.

Unternehmenserfolg
und Narzissmus

Eine Studie von Chatterjee und Hambrick aus dem Jahr 2007 untersuchte narzisstische CEOs und konnte aufzeigen, dass große, risikoreiche Entscheidungen, wie beispielsweise Unternehmensübernahmen oder strategische Kursänderungen, dazu führten, dass die Organisationen dramatische Leistungsschwankungen verzeichneten, langfristig aber nicht mehr oder weniger erfolgreich waren als vergleichbare Unternehmen, welche von nicht-narzisstischen CEOs geführt wurden. Das heißt, Narzissmus auf Top-Management-Ebene kann weder als Grundlage für Erfolg noch für entstandenen Schaden (kurz- und mittelfristig) gesehen werden. Obwohl es einige Autoren gibt, welche narzisstische Verhaltenszüge von Top-Managern mit besserer Performanz von Organisationen in Verbindung bringen, argumentieren viele Forscher, dass dies langfristig gesehen nicht so ist. Langfristig leiden Unternehmenskultur, Moral und Beziehungen in den Unternehmen und untergraben so den Erfolg. An dieser Stelle sei jedoch angemerkt, dass signifikante empirische Forschungsergebnisse bislang noch fehlen.

Eine Studie von Huppenbauer et. al. zeigt, dass es ethisch besonders integere Führungspersönlichkeiten (Ethical Leaders) für ethisch richtiges Verhalten auch riskieren, weniger Gewinn einzufahren, z. B. verweigert ganz aktuell eine Berliner Firma Grenzdraht-Lieferung an Ungarn, denn »NATO-Draht sei gegen Kriminelle und nicht gegen Flüchtlinge einzusetzen«. Ethisches Verhalten ist vielfach in eigentümergeführten Unternehmen oder jenen zu finden, in denen Top-Manager sehr nahe mit den Eigentümern zusammenarbeiten. Der Druck nach schnellem Erfolg seitens der Investoren scheint also ein großer Faktor zu sein, der ethischem Führungsverhalten gegenübersteht. Doch gerade Führungskräfte sollten eine kritische Distanz zu den Rahmenbedingungen des eigenen Unternehmens wahren und diese und das eigene Handeln permanent hinterfragen. Die aktuellen Prozesse um Korruption und Misswirtschaft zeigen aber, dass vielen Führungskräften dieser kritische Zugang fehlt. In einer Geschäftsführungsposition angelangt, trifft der natürliche Narzissmus auf den Status der Top-Position. Wir umgeben uns gerne mit Menschen, die uns ähnlich sind, d. h. auch unsere Meinungen und Ansichten teilen, was dazu führt, dass viel zu oft ein Konsens über mögliche Entscheidungen besteht. Wenn wir uns unserer narzisstischen Züge nicht bewusst sind, merken wir auch nicht, dass es kaum noch jemanden gibt, der uns widerspricht bzw. es wagt, eine andere Meinung zu äußern. Ehrliches Feedback zu bekommen und dieses auch annehmen zu können, ist für viele Manager schwierig.

HR und die »dunkle Seite«

Für HR bedeutet dies, besonders bei der Auswahl der Führungskräfte auf extreme Ausprägungen der »dunklen Persönlichkeit« zu achten und deren ethische Kompetenz zu prüfen. Hier gibt es bereits erste Ansätze aus der Forschung, Assessment-Instrumente zu entwickeln, um ethische Werte und Tugenden der Kandidaten zu messen. Bei der Entwicklung von Führungskräften sollte insbesondere das Vorbild-Lernen beachtet werden. Ethical Leaders haben Vorbilder, nach denen sie ihr Verhalten ausrichten, und wollen auch selbst Vorbild sein. Neben dem Lernen von Rollenmodellen scheint es aber auch wichtig, zukünftige Führungskräfte den Umgang mit ethischen Problemen zu lehren. Hier geht es darum, diese zu erkennen und mit z. B. Peers diskutieren zu können. Gute ethische Führung geht im Zusammenspiel mit guten Geführten und guten Rahmenbedingungen leichter. So können Unternehmen durch die Änderung der Leistungsanreize, Beurteilungs-, Honorierungs- und Beförderungssysteme verantwortungsvolles Handeln auf allen Ebenen fördern. Solange diese Systeme das rücksichtslose persönliche Erfolgsstreben unterstützen, werden Führungskräfte sehr leicht verleitet, für den schnellen Erfolg ethische Grundsätze über Bord zu werfen.

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Covarrubias

Gastautorin Barbara Covarrubias Venegas

ist Forscherin und Lektorin am Institut für Personal und Organisation, FHWien der WKW.

barbara.covarrubias@fh-wien.ac.at

Groblschegg

Gastautorin
Sabine Groblschegg

ist Bereichsleiterin und Lektorin am Institut für Personal und Organisation, FHWien der WKW.

sabine.groblschegg@fh-wien.ac.at