Falsche Hirsche und echte Blender

Woran wir Blender von wirklich erfolgreichen Menschen unterscheiden können,
und was das Ganze mit Pfauen und Hirschen zu tun hat, das beschreibt Gregor Fauma.

Warum tragen männliche Pfaue so große Schwanzfedern und Hirsche so große Geweihe, wo die doch beim Fliegen und Flüchten immens hinderlich sind? Die Antwort darauf kam von den israelischen Biologen Amotz und Avishag Zahavi: Wer es schafft, für spezielle Signale so viel Energie und Ressourcen aufzuwenden und trotzdem gegenüber anderen zu bestehen, der hat den maximalen Status innerhalb seiner Gruppe inne. Signale, die eine so große Menge an Ressourcen verschlingen, könnten nicht gefälscht werden. In der restlichen Tierwelt stimmt dies sicherlich, bei uns Menschen bin ich mir als Verhaltensbeobachter nicht so sicher. Warum?

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Von Blendern und Könnern

Es sind die Blender, die es immer wieder schaffen, durch geschickten Einsatz von »Handicap-Signalen« bei Bewerbungsgesprächen zu beeindrucken. Sie erhaschen sich eine »not appropriate«-Position – und nach drei für das Unternehmen teuren Jahren finden sie ein neues Arbeitgeberopfer. Nach über 15 Jahren Medientrainings und Kommunikationsberatung habe ich für diese Herren einen gewissen Riecher entwickelt: Beste Anzüge, sportliche Erscheinung, gut gebräunt, perfektes Gebiss und sehr, sehr entspannt. Das kommt meist von den exklusiven Hobbys und Freizeitaktivitäten an ganz speziellen Orten. »Waren Sie schon einmal bei der Olivenernte in Istrien …?« Dazu beste Manieren (eine gute Erziehung ist zeitaufwändig, erfordert viel elterliches Investment und kostet mitunter viel Geld), freundliche Zurückhaltung, immer wieder ein wenig Namedropping und hart am Bullshit Bingo … überall mitreden können – einfach ein sympathischer Auftritt, der – und da liegt die Crux – Kompetenz vermuten lässt.

Der Umgang mit Zeit

Weiters augenscheinlich ist deren Umgang mit Zeit. Denn wer ohne sich anzupatzen einen Hummer zerlegen kann, wer ein niedriges Golfhandicap vorweist, wer zu jedem Wein die besseren Jahrgänge kennt, wer im Gespräch immer wieder fallen lässt, dass er in den letzten fünf Monaten in den zehn wichtigsten Metropolen der Welt unterwegs war, tja, der hat offensichtlich viel Zeit. Zeit, die er nicht mit hartem Broterwerb verbringen muss. Er kann es sich leisten.

Die Signale des Vergeudens und des Verschwendens haben einen simplen Zweck: Sie sollen auf verborgene Qualitäten hinweisen – einen Imagetransfer vom Schein hin zum Sein bahnen. Denn die meisten menschlichen Qualitäten sind von außen nicht zu erkennen, so auch berufliche Kompetenzen nicht. Signale des Vergeudens und Verschwendens erzeugen in erster Linie Aufmerksamkeit (Hui!) und in zweiter Linie Glauben an verborgene Qualitäten. So nach dem Motto »Wer so auftritt, muss was können …«

So ehrlich die Handicap-Signale bei den restlichen Tieren sind, so einfach sind sie bei uns vorzugaukeln. Doch es gibt auch echte, ehrliche Signale in unserer beruflichen Welt.

Echte Signale

Und da sind wir wieder bei den Statushöchsten – sie zeigen, dass sie es sich bereits leisten können, auf das Angeben zu verzichten. Statussymbole haben sie nicht mehr notwendig. Auf die Frage, ob ihnen denn Macht wichtig wäre, kommen Antworten wie: »Was bedeutet schon Macht …«. Das kennt man auch von wirklich reichen Menschen, wenn man sie zur Bedeutung von Geld fragt.

Nicht mehr das Protzen und Klotzen mit Statussymbolen, sondern der bewusste Verzicht darauf wird zur Botschaft des Darüberstehens. Die Blender und Wichtigtuer kämpfen noch auf der Karriereleiter, der wirklich Erfolgreiche hat dies längst hinter sich – und zeigt das auch deutlich.

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fauma

Gastautor

Gregor Fauma

ist Biologe und Experte auf dem Gebiet der Verhaltensbiologie. Er ist Keynote-Speaker, unter anderem mit dem Vortrag »Intim im Team«. Das Thema »Statussymbole« wird in der Keynote »Unter Affen« ausgebreitet.

www.gregorfauma.com