Führen durch klare Ziele

Über Erfahrungen und Stolpersteine bei der Einführung von Objectives & Key Results (OKR) in Unternehmen lesen Sie in diesem Artikel.

OKR hat sich zu einer der effektivsten und beliebtesten Zielemanagement-Methoden entwickelt. Es unterstützt Unternehmen dabei, inmitten aller Komplexität, effektiv und effizient Unternehmens-, Team- und individuelle Ziele zu planen und zu erreichen. OKR steht für Objectives und Key Results. Ein Objective beschreibt das »Wo will ich hin?«, und Key Results beschreiben das »Was muss ich tun, um dort hin zu kommen – und wie kann ich das messen?«.
Ein Beispiel:
O: Wir vergrößern unsere Marketingreichweite.
KR: 25 000 monatliche Website-Visits erreicht.

Ein paar der wichtigsten Vorteile von OKR sind:

  • Transparenz
  • Iteration
  • Empowerment
  • Fokus

In der Führung braucht es heutzutage zunehmend Transparenz, um Zusammenhänge sichtbar zu machen und Prozesse zu beschleunigen. Durch die Offenlegung aller Ziele und deren aktuellen Erreichungsstand bei OKR, wird dem Team ermöglicht, selbst mehr »mitzudenken« und autonomer zu handeln.
Iteration hingegen ist essenziell, um Ergebnisse schnell und risikoarm zu erreichen und bei Bedarf Veränderungsmaßnahmen zu ergreifen. Bei OKR werden Ziele quartalsmäßig gesetzt und Fortschritte werden iterativ in All-Hands-Meetings und Jours fixes besprochen.
Empowerment bedeutet, Mitarbeitern die nötigen Informationen, Ressourcen und Möglichkeiten zu geben, um ihre Aufgaben selbstständig und motiviert abschließen zu können. Dies stellt OKR u. a. durch eine starke Bottom-up-Philosophie in der Ziele-Bestimmung sicher.
Zuletzt ist ein bekanntes Problem innovativer Teams ein Mangel an Fokus. Es gibt immer etwas Neues zu tun – wenn man sich jedoch nicht auf das Wesentliche beschränkt, läuft man Gefahr, keines der Ziele zu erreichen. OKR bietet einen Rahmen, der ein Team nicht starr macht, sondern anhand eines klaren Prozesses eine Richtungsänderung bewusst macht.

Einführung von OKR

Wir durften einige Unternehmen auf deren Weg in die digitale Transformation begleiten. Dabei hat sich herausgestellt, dass es Sinn ergibt, sich vor einer Entscheidung dafür oder dagegen folgende Fragen zu stellen:
1. Ergibt OKR für mein Unternehmen bzw. meinen Bereich Sinn?
OKR hilft dabei, Ihre Unternehmensmission zu erfüllen. Auch wenn es viele Beispiele dafür gibt, dass OKR das Gewinn- und Umsatzwachstum beflügelt, geht es bei OKR primär darum, möglichst effektiv das zu erreichen, was das Unternehmen in seiner Umwelt verbessern will, z. B. Einweg-Plastik ökologisch verträglich zu ersetzen. Ob die Einführung von OKR für Ihre Organisation Sinn ergibt, hängt davon ab, wie schnell sich Ihre Branche ändert und wie dies zu Ihrer restlichen Unternehmensphilosophie passt. Unternehmen mit hohen variablen Gehaltsanteilen, autokratischer Führung in stabilem Umfeld, werden OKR gegenüber zurückhaltender sein. Generell ist allerdings unsere Erfahrung, dass es nach den Silikon-Valley-Unternehmen in ziemlich allen Branchen erste Firmen gibt, die OKR mit Überzeugung eingeführt und beibehalten haben.

2. Roll-out oder roll-in?
Roll-out bedeutet, die Unternehmensführung beschließt, OKR für das gesamte Unternehmen, meist beginnend auf Top-Ebene, einzuführen. Während bei roll-in eine Teilorganisation, wie eine Business-Unit oder Abteilung, beschließt, vorerst nur in ihrem Bereich OKR einzuführen und dass andere Unternehmensteile diesem Beispiel später folgen. Für roll-out spricht das schnellere Erreichen der Unternehmens-Agilisierung. Manche Branchen, wie z. B. die deutsche Automobilindustrie, haben nicht die Zeit für eine langsame Veränderung. Zu spürbar ist die Disruption, die von neuen Marktteilnehmern ausgelöst wird. Außerdem hat roll-out den Vorteil, dass von Anfang an alle mit dem gleichen System arbeiten und somit »methodische Glaubenskriege« vermieden werden. Und es kann von Anfang an ein optimales Alignement des Zielsystems mit anderen Systemkomponenten wie z. B. Performance-Management hergestellt werden. Trotz dieser Vorteile finden wir in der Praxis mehr Roll-in-Beispiele. Das liegt vor allem am geringeren Risiko und Ressourcenbedarf. Sollte es nicht klappen, kann man ja wieder aufhören. Die meisten, die mit OKR gestartet haben, sind jedoch auch dabei geblieben. Roll-in hat den Pilotierungsvorteil. Es gibt immer Abteilungen, in denen agile Methoden besonders viel Sinn ergeben, wie z. B. IT, Forschung und Entwicklung oder Marketing. Die anderen Abteilungen können ein paar Quartale in der ersten Reihe fußfrei zusehen, wie sich OKR auswirkt, um dann auch über den eigenen Unternehmensbereich nachzudenken.

3. Auswirkung auf andere Instrumente
Bei roll-out wird das bisherige MbO/MAG-System abgelöst. Bei roll-in muss man sich aushandeln, ob der eigene Bereich z. B. aus MbO komplett aussteigen kann, oder ob es trotzdem Jahresziele geben soll, die dann für die OKRs einen Rahmen darstellen. Wichtig ist, Mitarbeiterentwicklungsgespräche beizubehalten oder einzuführen. Diese sind oft Teil des jährlichen Mitarbeitergesprächs, das mit der Einführung von OKR oft abgeschafft wird. Leistungsbewertungssysteme, die dann eventuell auch noch zu einem individuellen Bonus führen, passen nicht recht zur DNA eines agilen Unternehmens. Die Motivation bei OKR geht über Überzeugung vom Sinn und die Transparenz des Fortschritts, während ein Bonus-System dem »Zuckerbrot und Peitsche«-Gedanken des industriellen Zeitalters entspricht. Darüber hinaus ergibt es Sinn, die Auswirkungen auf bestehende Feedback-Systeme, die Regelkommunikation und möglicherweise auch auf die Aufbauorganisation zu bedenken. Feedback sollte nicht einmal im Jahr erfolgen, sondern regelmäßig, im Anlassfall, bzw. z. B. wöchentlich getaktet. Die Regelkommunikation wird von der Einführung von OKR mit Sicherheit beeinflusst. Neben quartalsmäßigen OKR-Planungs- und monatlichen Stand-up-Meetings ist es wichtig, OKR zu einem mindestens 2-wöchentlichen festen Bestandteil von Einzel- oder Gruppen-Jours-fixes zu machen. Vieles von der alltäglichen Besprechungsagenda wird mit einem Blick auf den OKR-Fortschritt ohnehin behandelt.

4. Startzeitpunkt und Training
Wenn Sie OKR einführen wollen, sollten Sie den Startzeitpunkt bewusst wählen. Im Bankenbereich wollen Sie eventuell vermeiden, dass Sie in den ersten zwei Wochen sechs Stunden in OKR-Planungsmeetings verbringen. Daher könnten Sie den Quartalsbeginn z. B. auf Dezember oder Februar verlegen.
Das Training für die firmeninternen OKR-Master sollte direkt vor dem ersten Einsatz als Moderator eines OKR-Planungsmeetings erfolgen. Es ist empfehlenswert, sicherzustellen, dass es bei der Einführung jemanden gibt, der OKR schon aus anderen Unternehmen kennt. Ansonsten ergeben sich häufig einige Sackgassen. Dies kann ein externer Berater sein, oder ein interner Spezialist, der das Gesamtsystem von OKR gut versteht.
Eine gestaffelte Top-down-Einführung von OKR über zwei bis drei Quartale hat den Vorteil, dass einige Mitarbeiter OKR-Meetings schon erleben, bevor sie selber für eine OKR-Master-Rolle ausgebildet werden. Die OKR-Einführung und auch die regelmäßige Weiterführung brauchen einiges an Zeitressourcen. Allerdings ist der Lohn eine deutlich größere Zeitersparnis und Effektivität während des Quartals. Denken und Tun werden in gewissem Sinne zeitlich getrennt, und das führt zu einer erhöhten Fokussierung.

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Gastautor
Gunther Fürstberger
ist Geschäftsführer des MDI (Management Development Institut).
www.mdi-training.com

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Gastautor
Dominik Etzl
ist Solution Development Manager bei MDI.
www.mdi-training.com