Gutes tun und es gut tun

Zentraler Grundwert der Barmherzigen Brüder ist die »Hospitalität«. Wie spiegelt sich das in einer Krankenhausgruppe im Bereich Employee Experience wider?

Die Employee Experience ist laut gebräuchlichen Definitionen die Summe aller Erfahrungen, die Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen sammeln. Das umfasst Interaktionen, Eindrücke und Emotionen, wodurch die »Mitarbeitererfahrung« zu einem wichtigen Hebel für die Mitarbeiterzufriedenheit und -motivation wird. Sie aktiviert und inspiriert Mitarbeiter, auch Botschafter ihres Unternehmens zu sein.

Dazu Mario Filoxenidis: »Es handelt sich nicht nur um punktuelle Stimmungsbilder, sondern im Laufe eines Arbeitslebens machen Mitarbeiter auf ihrer Reise durch den Job prägende Erfahrungen in ›Momenten der Wahrheit‹. Das beginnt beim Onboarding, schließt tägliche Aufgaben und Erlebnisse ein und endet beim Austrittsgespräch. Diese Erfahrungen beeinflussen das Engagement und wirken nachhaltig und dauerhaft auf die Unternehmenskultur.«
Besondere Relevanz hat die Verbindung von Wertehaltung und Mitarbeitererfahrung in einer Krankenhausgruppe mit spirituellem Hintergrund.

Traditionsbetrieb mit Zukunftsblick

Die Barmherzigen Brüder sind mit beinahe 500 Jahren Geschichte ein »Traditionsbetrieb« mit stabilem und verlässlichem Wertegerüst. Durch die Langfrist-Perspektive wird auch nachhaltig in die Zukunft gedacht. Die ständige Neuausrichtung auf den aktuellen Bedarf der Gesellschaft und was im wahrsten Sinne des Wortes »von Nöten« ist, liegt somit in den Genen.
Der zentrale Grundwert ist die Hospitalität: »Wir nehmen alle Menschen unabhängig ihrer Herkunft und Vorgeschichte gastlich auf. Wir respektieren ihre individuelle Lebensgeschichte und begegnen ihnen mit Achtung.« Um diese Wertehaltung lebendig zu erhalten, muss sie in den alltäglichen Erfahrungen der Mitarbeiter spürbar sein.
So stellen sich die Führungskräfte unter anderem die Frage: Welchen Arbeitsrahmen benötigen Mitarbeiter für eine optimale Potenzial-Entfaltung und Freude in ihrer Arbeit? Und wie kann sichergestellt werden, dass die Wertehaltung der Barmherzigen Brüder erlebbar ist und die Mitarbeiter diesem Vorbild folgen?

Rolle von HR als Förderer der Mitarbeiterorientierung

Im Auftrag der Barmherzigen Brüder und Gesamtleiter Direktor Adolf Inzinger wurden vor beinahe 15 Jahren Stabstellen für Personalmanagement eingeführt, die sich um die Anliegen der Mitarbeiter kümmern und darauf achten, was diese für einen guten Arbeitsplatz benötigen. Dieses Konzept wurde sukzessive weiterentwickelt. Heute führen fast alle Einrichtungen der Barmherzigen Brüder Personalabteilungen, die nach dem HR-Business-Partner-Modell organisiert sind. Der im Modell vorgesehene »Employee Champion«, der das Engagement, die Leistungsbereitschaft und die Kompetenzen der Mitarbeiter fördern und sichern soll, wird bei den Barmherzigen Brüdern als »Förderer der Mitarbeiterorientierung« bezeichnet und führt die ursprüngliche Intention weiter.

Die richtigen Mitarbeiter finden

Professionelles Recruiting schafft die Basis, dem Mangel an Fachkräften in den Gesundheitsberufen entgegenzutreten.
Bereits frühzeitig werden in Ausbildung stehende Menschen begeistert und auf ihrem Weg zur Profession begleitet. So sind die Barmherzigen Brüder österreichweit Kooperationspartner von Bildungseinrichtungen, sei es als Lehrkrankenhäuser der medizinischen Universitäten oder als Praktikumsanbieter für die Studierenden der Fachhochschulen und Schulen für Gesundheits- und Sozialberufe.
Für den Langzeitpflegebereich entscheiden sich zunehmend Menschen, die ihre Liebe für den Gesundheits- und Sozialbereich im 2. Bildungsweg entdecken und somit neben beruflicher Vorerfahrung auch Lebenserfahrung mitbringen. Hier werden attraktive Konzepte zur beruflichen Umorientierung geboten.

Hospitalität kennen lernen – strukturierte Entwicklung

Alle Einrichtungen bieten regelmäßig Einführungstage für neue Mitarbeiter an. Sie werden mit der Geschichte, der Mission sowie der Kultur- und Wertewelt frühzeitig vertraut gemacht, lernen die Ordens- und Hausleitung persönlich kennen und können sich so mit dem Unternehmen identifizieren. Im Zentrum steht der zentrale Grundwert, die Hospitalität.
Einführungs- und Zwischengespräche, sog. Praxisanleiter und Mentoren sind weitere Begleitmaßnahmen.
Im jährlichen Mitarbeitergespräch werden die strategische Ausrichtung des Unternehmens, die Abteilungsziele sowie die persönlichen Entwicklungsziele aufeinander abgestimmt. Der Rahmen wurde in einem interprofessionellen Gremium definiert. Ein Leitfaden dient zur Unterstützung, die Vereinbarung wird in einem Ergebnisprotokoll dokumentiert.

Regelmäßige Mitarbeiterbefragung

Gemeinsam mit EUCUSA wird seit 2009 im 3-Jahres-Intervall unter anderem die Zufriedenheit mit den gesetzten Maßnahmen wie Einführung neuer Mitarbeiter, berufliche Entwicklungsmöglichkeiten sowie Mitarbeitergespräch explizit abgefragt. Die konstant positive Entwicklung der Kennzahlen seit Beginn bestätigt die Wirksamkeit der eingesetzten Instru­mente, die Rücklaufquote von rund 75 % die hohe Akzeptanz. Der Fragebogen mit etwa 60 Aspekten blieb im Laufe der Zeit im Wesentlichen unverändert, um eine Vergleichbarkeit im Zeitverlauf zu ermöglichen und die Wirksamkeit der Maßnahmen prüfen zu können. Sowohl Führungskräfte als auch Betriebsrat sind in den Prozess einbezogen und unterstützen die Teilnahme.
Dazu Mario Filoxenidis: »Die Mitarbeiterbefragung hat sich im Laufe der Zeit als sehr willkommenes Instrument für Mitarbeiter und Führungskräfte etabliert. Für alle wird so rasch erkennbar, welche Themen tatsächlich Handlungsbedarf erfordern und auf welche Kulturelemente man stolz sein darf. Hier wird Demokratie in der Hierarchie wertschätzend gelebt!«

Der Standard für gute Führung

Eine besonders wichtige Rolle in der Begleitung, Unterstützung, Entwicklung und Führung von Mitarbeitern spielen die Führungskräfte. Darin wird im Unternehmen der Hebel schlechthin für eine positive Mitarbeitererfahrung gesehen. Im Jahr 2011 wurde der Standard für gute Führung gesetzt. In einer österreichweiten Arbeitsgruppe aus Ordensbrüdern, Führungskräften und Personalmanagern wurde ein gemeinsames Verständnis erarbeitet, das in acht Führungsgrundsätzen abgebildet wurde. Die beschreibenden Werte der Hospitalität sind die Leitplanken: Qualität, Respekt, Verantwortung und Spiritualität. In der konkreten Umsetzung sind die Führungsgrundsätze Teil des Einführungsgespräches mit Führungskräften sowie Grundlage des Führungskräfte-Entwicklungsprogrammes. Darüber hinaus finden sie in der Mitarbeiterbefragung oder in Bewerbungsgesprächen mit Führungskräften Niederschlag. Insbesondere in kritischen Führungssituationen geben sie Orientierung. Die beständige Entwicklung und Reflexion der Führung ist gut in den Ergebnissen der Mitarbeiterbefragung ablesbar – 2021 konnte trotz der Herausforderung »Covid« nochmals eine Weiterentwicklung wahrgenommen werden. Sowohl absolut, als auch im Zeitvergleich, bestätigen die Zahlen, dass die Schwerpunktsetzung auf das Thema Führung eine hohe Zufriedenheit bei den Mitarbeitern schafft.

Erfolgsrezept aus Sicht des Beraters

EUCUSA hat den Befragungsprozess begleitet. Mario Filoxenidis: »Wichtig ist, dass die Führungskräfte die erwünschte, zum Erfolg führende Unternehmenskultur vorleben. Das trägt viel zur Loyalität der Mitarbeiter bei. Als Erfolgsrezept bei den Barmherzigen Brüdern sehe ich den Dialog auf Augenhöhe. Hierarchien werden zunehmend nicht zur Machtdemonstration genutzt, sondern sorgen für klare Unterstützungswege in der Organisation. Sinnstiftung in Kombination mit wertschätzender Zusammenarbeit führt zum Erfolg.«

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Romana Gabriel
Leitung Personalmanagement der Barmherzigen Brüder Österreich.
www.barmherzige-brueder.at

Filoxenidis

Mario Filoxenidis
Geschäftsführer EUCUSA Consulting GmbH.
www.eucusa.com