Konflikte – schade um Zeit und Geld

Konflikte kosten Unternehmen jährlich viel Geld. Wie im Unternehmen mit Konflikten umgegangen wird, liegt häufig an der Kultur und am Management. Lesen Sie hier über die Auswirkungen von Konflikten und Möglichkeiten der produktiven Lösung.

Konflikte sind teuer. Die Kosten, die durch Konflikte in Unternehmen entstehen, werden in quantitative und qualitative Kosten unterschieden. Qualitative Kosten sind z. B. die Verschlechterung der Unternehmenskultur mit all ihren Auswirkungen. Unter die quantitativen Kosten fallen z.B. Kosten durch erhöhten Krankenstand einzelner Mitarbeiter oder Fluktuationskosten.
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht gibt es einige Faktoren, die für die Kosten verantwortlich sind. Der Amerikaner Daniel Dana führt sie auf 8 Faktoren zurück:

  • verschwendete Zeit
  • falsche Entscheidungen
  • verlorene Mitarbeiter
  • unnötige Restrukturierungen
  • Sabotage und Diebstahl
  • verringerte Motivation
  • verlorene Arbeitszeit
  • Gesundheitskosten

Die WKO hat im Jahr 2011 einen Artikel veröffentlicht, in dem sie berichtete, dass Manager rund 20 % ihrer Arbeitszeit mit der Lösung von Konflikten aufwenden. Andere sprechen sogar von 30 – 50 % der wöchentlichen Arbeitszeit. Damit kann man ausrechnen, wie hoch die quantitativen Konfliktkosten alleine bei den Managementgehältern sind. KMPG schreibt, dass mindestens 1 % p. a. der gesamten Mitarbeiterkosten für unverarbeitete Konflikte verloren gehen.
Dass sich nicht alle Konflikte vermeiden lassen, ist nachvollziehbar. Und oftmals regen Konflikte auch zu Innovationen an, z. B. durch das Einführen eines innerbetrieblichen Konfliktmanagementsystems oder durch Schulung von Führungskräften und Mitarbeitern.
In manchen Fällen können durch relativ günstige Konfliktpräventionsmaßnahmen teure Auswirkungen verhindert werden. Je nachdem, wie weit ein Konflikt schon fortgeschritten ist, bietet sich ein Mediationsverfahren an.

Birgit Fischer-Sitzwohl (Geschäftsführerin und Trainerin bei ­Coverdale Managementberatungs und -trainings GmbH) erklärt, worum es bei einem Mediationsverfahren geht: »Mediation nach ZivMedG ist ein Verfahren, wo es um eine friedliche Vereinbarung geht, die ›Lösung‹ des Konflikts steht dabei nicht im Vordergrund. Das heißt, im Firmenkontext kommt das Verfahren normalerweise immer dann zum Tragen, wenn eine Gerichtsverhandlung bevorsteht. Das betrifft v. a. Themen im Arbeitsrecht, bzw. bei Kunden/Lieferantenbeziehungen. Oft wird ›Mediation‹ aber auch als Synonym für einen externen Moderator verwendet. Diese Dienstleistung wird recht oft in Anspruch genommen, wenn sich die Führungskraft oder HR nicht mehr in der Lage sehen, ein konstruktives Gespräch zwischen den Streitparteien zu ermöglichen und erste Versuche bereits gescheitert sind.«

Phasenmodell nach Glasl

Der österreichische Organisationsberater und Konfliktforscher Friedrich Glasl hat bereits 1980 ein Modell zur Konflikteskalation entwickelt. Das Modell beinhaltet 9 Stufen und wird in drei Hauptphasen eingeteilt. Aus der Analyse des Konflikts und Einordnung in einer der Phasen ergeben sich jeweils Handlungsempfehlungen.
Ebenso ist aus dem Modell abzuleiten, ab wann ein Konflikt nicht mehr ohne Hilfe von außen gelöst werden kann.
Auf den ersten drei Stufen ist es noch möglich, dass beide Konfliktparteien ohne ernstzunehmen Schaden, bzw. sogar mit Gewinn aus dem Konflikt »rauskommen«. Daher nennt Glasl diese Phase »win-win«. In der zweiten Phase ist einer der beiden Parteien jedenfalls ein Verlierer – »win-lose«. Und – Sie können es sich denken – auf der dritten Ebene gibt es nur noch Verlierer – »lose-lose«.

Stufe 1 – Verhärtung
In der ersten Stufe eines Konfliktes treten erstmals Spannungen auf. Wenn sich hier die Perspektiven der einzelnen Parteien verhärten, entsteht ein Konflikt.

Stufe 2 – Polarisation & Debatte
Nun werden Argumente hervorgebracht und diskutiert. Auf dieser Stufe kann durch gegenseitiges Unverständnis ein Streit entstehen, besonders, wenn die Argumente der einzelnen Personen nicht ernst genommen werden.

Stufe 3 – Taten statt Worte
Wenn alle Argumente und Diskussionen nicht funktionieren, werden Taten gesetzt, die der jeweiligen anderen Partei klaren Unmut signalisieren.

Stufe 4 – Sorge um Image
Die Stufe 4 leitet die zweite Ebene der Eskalationsstufen ein, bei der es wahrscheinlich zumindest einen Verlierer geben wird. Ab hier ist eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema nicht mehr möglich. Das Ziel jeder Partei ist es jetzt, zu gewinnen.

Stufe 5 – Gesichtsverlust
Ab jetzt geht es darum, dem anderen zu schaden. Dazu ist jedes Mittel recht. Der andere soll erniedrigt und herabgewürdigt werden.

Stufe 6 – Drohstrategien
Wenn der Konflikt weiter eskaliert, werden auf Stufe 6 Drohungen ausgesprochen und mögliche Konsequenzen ausgesprochen. Wessen Konsequenzen größere Glaubwürdigkeit besitzen, der besitzt in dieser Phase mehr Macht.

Stufe 7 – Begrenzte Vernichtungsschläge
Mit dem Erreichen dieser Ebene ist der Konflikt in einem Bereich angekommen, wo es keine Gewinner mehr gibt. Hauptsache, es geht dem anderen schlecht, dafür nimmt man selbst auch Schaden in Kauf.

Stufe 8 – Zersplitterung
Jetzt geht es darum, nicht mehr nur die Konfliktpartei zu »zerstören«, sondern auch alle, die sie im Konflikt unterstützt haben.

Stufe 9 – Gemeinsam in den Abgrund
In der letzten Eskalationsstufe gibt es keinen Halt mehr. Sogar die eigene Vernichtung wird in Kauf genommen, um den »Gegner« absolut fertig zu machen. »Lieber gehen wir beide zugrunde, als dass du einen Vorteil hast«, lautet das Motto.
Brigitte Schaden (Präsidentin Projekt Management Austria – pma) über Mediationsverfahren in Projekten: »Projekte sind generell risikobehaftet. Es ist nicht möglich, zu Beginn schon alles bis zum Ende akribisch zu planen. Es lohnt sich jedoch, der Phase des Projektstarts viel Aufmerksamkeit zu widmen. Das Phasenmodell der Eskalation nach Glasl bietet ein hilfreiches Referenzsystem, ab welchem Zeitpunkt eines Konflikts eine Mediation hilfreich ist. Demnach macht Mediation ab Phase 4 Sinn. Ab dieser Phase ist mit gutem Willen alleine keine Lösung mehr zu finden. Es ist der Zeitpunkt, wo es nicht mehr um die Sache per se geht, sondern darum, den Konflikt zu gewinnen, damit der Gegner verliert. Doch auch Mediation hat nach Glasl Grenzen: Während sie sogar bis zur Eskalationsstufe 6 (Drohungen, Forderungen mit Sanktionen) noch sinnvoll ist, vermag sie – je länger der Konflikt währt und je ausgeprägter die Eskalationsphase ist (bzw. je höher die Eskalationsstufe ist) – zur Deeskalation nur bis zur Stufe 7 helfen. In jedem Fall sollte die Mediation im Sinne des Risikomanagements schon zu Beginn eingeplant werden und im Projektauftrag vereinbart und budgetiert werden. Darüber hinaus ist es wichtig, nicht wegzuschauen, wenn es ›kriselt‹ und generell eine offene Kommunikation zu pflegen. Damit sich oft relativ überschaubare Probleme in Folge nicht zu massiven Konflikten oder sogar Krisen auswachsen.«

Ablauf eines Mediationsverfahrens

Ein Mediationsverfahren verläuft in einzelnen Schritten, die meist nacheinander erfolgen.
Brigitte Schaden beschreibt den Prozess in einem Projekt: »Zu Beginn ist der Auftrag zu klären. Zu prüfen ist, welche Themen, welche Interessen und Bedürfnisse im Rahmen der Mediation herausgearbeitet werden sollen. Die Schritte des Prozesses lassen sich wie folgt zusammenfassen:
1. Auftrag klären
2. Themen herausarbeiten
3. Interessen und Bedürfnisse herausarbeiten
4. Möglichkeiten entwickeln und bewerten
5. Vereinbarung schließen
Bei der Auswahl der Mediatoren sollte darauf geachtet werden, dass die Person auch über Grundkenntnisse im Projektmanagement verfügt. In komplexeren Kontexten ist die Mediation selbst auch als Projekt zu verstehen und ist daher nach den Grundsätzen und Methoden des Projektmanagements zu führen, mit den gleichen Parametern wie z. B. Ziele definieren, Vorgehensweise abstimmen, Regeln vereinbaren.«

Birgit Fischer-Sitzwohl erklärt die Schritte aus ihrer Praxis: »Wir nutzen da praktisch immer die gleichen Schritte: Zuerst führen wir ein Vorgespräch mit den Beteiligten und dem Auftraggeber. Hier wird das Verfahren geklärt, die Ziele und auch die Konsequenzen bei einem eventuellen Scheitern. Im zweiten Schritt führen wir Gespräche mit beiden Beteiligten. In diesem Schritt stellen wir die Sichtweisen auf die Situation gegenüber und erheben die Themen, zu denen es eine Vereinbarung braucht. Am Ende werden die Vereinbarungen ausgehandelt und Kontrollpunkte festgelegt: Thema für Thema entsteht eine Vereinbarung, wie die Streitparteien in Zukunft mit dem Thema umgehen wollen.«

Verantwortung im Unternehmen

Konflikte können entweder nur zwischen zwei Personen sein, oder zwischen mehreren Personen oder gar zwischen ganzen Abteilungen. Sie treten entweder innerhalb einer Hierarchiestufe auf oder horizontal zwischen verschiedenen Stufen. Führungskräfte haben oft das Problem, dass ein brodelnder Konflikt rasch gelöscht werden muss und keine Zeit bleibt, einen Mediator zu suchen. Außerdem bedarf eine Mediation enger Abstimmung zwischen Führungskraft und Mediator und eventuell der Geschäftsleitung. Auch das kostet wieder Zeit.

Birgit Fischer-Sitzwohl über die Auftraggeber in Mediationsverfahren: »Das wird in der Praxis unterschiedlich gehandhabt. Unsere Auftraggeber sind oft in der Linie anzufinden, die uns allerdings über den Businesspartner in HR ansprechen.«

Natürlich hängt die Zuständigkeit und Verantwortung auch von Unternehmenskultur, -größe, Standort etc. ab.

Konfliktprävention

Führungskräfte tragen dafür Sorge, dass Konflikte und Unstimmigkeiten zu keiner nachhaltigen Verschlechterung im Betrieb führen. Weder dürfen unbeteiligte Mitarbeiter, noch Kunden oder Lieferanten unter einem Konflikt leiden. Viele Unternehmen haben interne Philosophien oder einen Kodex, wie miteinander umgegangen werden soll. Allerdings hilft so etwas wenig, wenn die Unternehmensphilosophie sich ausschließlich irgendwo auf der Website oder im Intranet befindet. Führungskräfte müssen hier Vorbild sein und die entsprechenden Werte tatsächlich leben, also den respektvollen Umgang miteinander, auch wenn Unstimmigkeiten auftreten.

Birgit Fischer-Sitzwohl gibt wichtige Tipps zur Konfliktprävention: »Wir empfehlen unseren Kunden, sicherzustellen, dass die Mitarbeiter Konfliktfähigkeit aufbauen. Dazu zählt für mich, mit den eigenen Emotionen umgehen zu können, bedürfnisorientiert zu kommunizieren, gut zuhören zu können und interessenbasiert zu Vereinbarungen zu kommen. In unseren Konfliktmanagement-Trainings bringen wir den Teilnehmern dann noch bei, wie sie Gespräche so führen, dass sie strukturiert zu einer Lösung kommen und sich auch nach dem Gespräch noch anschauen können. Wir bringen vor allem den Führungskräften bei, die Stufen der Konflikteskalation gut diagnostizieren zu können, um die ›richtigen‹ Interventionen zum ›richtigen‹ Zeitpunkt zu setzen. Konflikte haben nämlich die Tendenz, weiter zu eskalieren, wenn man das Falsche tut.«

Brigitte Schaden gibt weitere Tipps zur Konfliktprävention in Projekten: »Krisen-/Konfliktpotenziale müssen rasch erkannt werden. Dazu braucht es auch ein soziales Projektcontrolling und eine aktive Projektsteuerung, die auf die veränderten Bedingungen umgehend adäquat reagieren können. Zu den Maßnahmen zählen unter anderem: Einsatz von Mediationsmethoden im Vorfeld, Abklärung und Sichtbarmachung von unterschiedlichen Interessen in der Startphase eines Projektes (nicht erst wenn es schon einen Konflikt gibt). Ein schlechter Start kann kaum mehr aufgeholt werden. Es sollten daher ausreichend Zeit und Budget für den Projektstart eingeplant werden. Auch die Klärung der Ziele sowie eine transparente Kommunikation ist notwendig, um präventiv gegen Konflikte vorzugehen.«

Fazit
Es ist sehr hilfreich, sich in Unternehmen mit diesem Thema zu beschäftigen und Führungskräfte entsprechend zu schulen. Die Kosten und der Zeitverlust von ungelösten Spannungen in Unternehmen sind nicht zu unterschätzen. Sollte es dennoch zu einem Konflikt kommen, bieten professionelle Mediatoren Hilfe.

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